haben beiderseits eine rothe Grundfarbe, schwarze Räuder und schwarzes Geäder, außerdem weiße Flecke. Die Fühler erreichen halbe Körperlänge, die kurzen Taster laufen nach vorn aus einander, und die Vorderbeine fangen hier an gegen die übrigen in der Entwickelung zurückzubleiben; an ihren Tarsen zählt man beim Männchen nur zwei, beim Weibchen vier Glieder. Die Puppen der Danaiden hängen mit dem Kopfe nach unten, werden mithin von keiner Schleife um die Mitte des Leibes gehalten. -- Die nur dem tropischen Amerika eigenen Heliconier (Heliconia) sind Falter mit auffällig schmalen und laugen Flügeln, deren vorderste man beinahe spatelförmig nennen könnte, wenn nicht der Jnnenrand ausgeschweift wäre; die hinteren sind eiförmig. Die weit aus einander laufenden Taster reichen bis zur Stirn, selbst die Augen strecken sich in die Länge, und die Fühler kommen fast dem schmalen, schmächtigen Körper gleich. Alle Theile zeigen hier mithin das Streben, den Längendurchmesser auf Kosten der Breite zu vergrößern. Die Männchen haben gar nur eine eingliederige Vordertarse. Ein Theil dieser ungemein zahlreichen Falter hat blendend sammetschwarze mit karminrothen, oder weißen oder blaßgelben Flecken, Fleckenreihen und Binden in den verschiedensten Mustern oben wie unten gezierte Flügel. Jhre schlanke Gestalt, die blendenden Farben, der langsame, segelnde Flug in der unteren, der Strauch- region der Wälder, machen sie zu lieblichen Erscheinungen, ja ihre Menge verleiht dem Walde einen gewissen Charakter und ersetzt die dort mangelnden Blumen.
Die größten und schönsten unserer heimatlichen Tagschmetterlinge, welche nicht zu den bereits besprochenen gehören, haben mit noch viel zahlreicheren ausländischen die zu sogenannten Putz- pfoten verkümmerten Vorderbeine gemein, große, schräg vorgestreckte Freßspitzen, gleichmäßig entwickelte Flügel, auf deren hintersten Rippe 6 und 7 gesondert aus der Mittelzelle entspringen, und bilden die Sippe der Nymphaliden. Jene verkümmerten, am Ende gekürzten Vorderbeine tragen beim Männchen von den Schienen an dichte Frausen. Die Puppen der Sippe hängen gestürzt mit dem Kopfe nach unten und haben öfter prächtige Gold- oder Silberflecke.
Allbekannt sind die Perlmutterfalter (Argynnis), welche der Unterseite der Hinterflügel ihren Namen verdanken. Hier stehen in mehreren Reihen Flecke oder Striemen von dem Silber- glanze der Perlmutter, während schwarze, damenbrettähnliche Zeichnungen den orangerothen Grund auf der Oberseite bedecken, darunter schlecht geschriebenen Ziffern vergleichbare hinter dem Vorderrande der Vorderflügel. Sie sind Bewohner des Waldes und seiner Umgebungen. Einzelne Arten oder mehrere, untermischt mit anderen Sommervögeln, besuchen das blühende Haidekraut, den Rasen des rothen Thymians auf freien Waldplätzen oder dürren Triften. Jm heißen Sonnenscheine umflattern sie die genannten und andere Honigquellen, daß man, wenn ihrer viele vorhanden, manchmal den Flügelschlag vernehmen kann. An den Tausenden von Blüthchen löst einer den andern ab, um jenen die Süßigkeiten zu entlocken. Spielend und tändelnd fliegt dieser jenem nach; weit ab vom reichen Weideplatze schwinden sie unserm Blick. Bald ist der eine von dieser, der andere von jener Seite wieder da, verjagt eine gleichfalls durstige Fliege, einen andern Kameraden von der Blüthe, auf welche er sich niederläßt, oder kehrt auf den Blättern eines benachbarten Eichengebüsches die volle Fläche seiner Schwingen der Sonne zu, welche sie als Gold zurückstrahlt. Jn diesem bunten Durcheinander gibt es weder Ruhe noch Nast, denn jenes Liebäugeln mit der Sonne ist eben auch nur ein Spiel von kurzer Dauer. Und doch, welch ein Contraft zwischen dieser Geschäftigkeit und der der emsigen Viene, der streitbaren Wespe, der sorgsamen Wegwespe und anderer Hymonepteren, welche an solchen Stellen nicht minder vertreten sind! Jetzt verbirgt sich die Beherrscherin des Tages hinter einer dicken Wolke. Plötzlich ist das Bild sixirt. Alles sitzt still, es sei denn, daß allzu große Nähe eine kleine Balgerei zur Folge hat. Verweilen wir bei einem und dem andern jener Geschäftigen, um seine Lebensgeschichte sammt seiner Person etwas genauer kennen zu lernen.
Unser größter Perlmutterfalter ist der Silberstrich oder Kaisermantel (A. paphia), der zwei Zoll und darüber spannt. Die orangerothen Flügel führen im Saumfelde drei
Citronenfalter. Heliconier. Silberſtrich.
haben beiderſeits eine rothe Grundfarbe, ſchwarze Räuder und ſchwarzes Geäder, außerdem weiße Flecke. Die Fühler erreichen halbe Körperlänge, die kurzen Taſter laufen nach vorn aus einander, und die Vorderbeine fangen hier an gegen die übrigen in der Entwickelung zurückzubleiben; an ihren Tarſen zählt man beim Männchen nur zwei, beim Weibchen vier Glieder. Die Puppen der Danaiden hängen mit dem Kopfe nach unten, werden mithin von keiner Schleife um die Mitte des Leibes gehalten. — Die nur dem tropiſchen Amerika eigenen Heliconier (Heliconia) ſind Falter mit auffällig ſchmalen und laugen Flügeln, deren vorderſte man beinahe ſpatelförmig nennen könnte, wenn nicht der Jnnenrand ausgeſchweift wäre; die hinteren ſind eiförmig. Die weit aus einander laufenden Taſter reichen bis zur Stirn, ſelbſt die Augen ſtrecken ſich in die Länge, und die Fühler kommen faſt dem ſchmalen, ſchmächtigen Körper gleich. Alle Theile zeigen hier mithin das Streben, den Längendurchmeſſer auf Koſten der Breite zu vergrößern. Die Männchen haben gar nur eine eingliederige Vordertarſe. Ein Theil dieſer ungemein zahlreichen Falter hat blendend ſammetſchwarze mit karminrothen, oder weißen oder blaßgelben Flecken, Fleckenreihen und Binden in den verſchiedenſten Muſtern oben wie unten gezierte Flügel. Jhre ſchlanke Geſtalt, die blendenden Farben, der langſame, ſegelnde Flug in der unteren, der Strauch- region der Wälder, machen ſie zu lieblichen Erſcheinungen, ja ihre Menge verleiht dem Walde einen gewiſſen Charakter und erſetzt die dort mangelnden Blumen.
Die größten und ſchönſten unſerer heimatlichen Tagſchmetterlinge, welche nicht zu den bereits beſprochenen gehören, haben mit noch viel zahlreicheren ausländiſchen die zu ſogenannten Putz- pfoten verkümmerten Vorderbeine gemein, große, ſchräg vorgeſtreckte Freßſpitzen, gleichmäßig entwickelte Flügel, auf deren hinterſten Rippe 6 und 7 geſondert aus der Mittelzelle entſpringen, und bilden die Sippe der Nymphaliden. Jene verkümmerten, am Ende gekürzten Vorderbeine tragen beim Männchen von den Schienen an dichte Frauſen. Die Puppen der Sippe hängen geſtürzt mit dem Kopfe nach unten und haben öfter prächtige Gold- oder Silberflecke.
Allbekannt ſind die Perlmutterfalter (Argynnis), welche der Unterſeite der Hinterflügel ihren Namen verdanken. Hier ſtehen in mehreren Reihen Flecke oder Striemen von dem Silber- glanze der Perlmutter, während ſchwarze, damenbrettähnliche Zeichnungen den orangerothen Grund auf der Oberſeite bedecken, darunter ſchlecht geſchriebenen Ziffern vergleichbare hinter dem Vorderrande der Vorderflügel. Sie ſind Bewohner des Waldes und ſeiner Umgebungen. Einzelne Arten oder mehrere, untermiſcht mit anderen Sommervögeln, beſuchen das blühende Haidekraut, den Raſen des rothen Thymians auf freien Waldplätzen oder dürren Triften. Jm heißen Sonnenſcheine umflattern ſie die genannten und andere Honigquellen, daß man, wenn ihrer viele vorhanden, manchmal den Flügelſchlag vernehmen kann. An den Tauſenden von Blüthchen löſt einer den andern ab, um jenen die Süßigkeiten zu entlocken. Spielend und tändelnd fliegt dieſer jenem nach; weit ab vom reichen Weideplatze ſchwinden ſie unſerm Blick. Bald iſt der eine von dieſer, der andere von jener Seite wieder da, verjagt eine gleichfalls durſtige Fliege, einen andern Kameraden von der Blüthe, auf welche er ſich niederläßt, oder kehrt auf den Blättern eines benachbarten Eichengebüſches die volle Fläche ſeiner Schwingen der Sonne zu, welche ſie als Gold zurückſtrahlt. Jn dieſem bunten Durcheinander gibt es weder Ruhe noch Naſt, denn jenes Liebäugeln mit der Sonne iſt eben auch nur ein Spiel von kurzer Dauer. Und doch, welch ein Contraft zwiſchen dieſer Geſchäftigkeit und der der emſigen Viene, der ſtreitbaren Wespe, der ſorgſamen Wegwespe und anderer Hymonepteren, welche an ſolchen Stellen nicht minder vertreten ſind! Jetzt verbirgt ſich die Beherrſcherin des Tages hinter einer dicken Wolke. Plötzlich iſt das Bild ſixirt. Alles ſitzt ſtill, es ſei denn, daß allzu große Nähe eine kleine Balgerei zur Folge hat. Verweilen wir bei einem und dem andern jener Geſchäftigen, um ſeine Lebensgeſchichte ſammt ſeiner Perſon etwas genauer kennen zu lernen.
Unſer größter Perlmutterfalter iſt der Silberſtrich oder Kaiſermantel (A. paphia), der zwei Zoll und darüber ſpannt. Die orangerothen Flügel führen im Saumfelde drei
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Citronenfalter. Heliconier. Silberſtrich.
haben beiderſeits eine rothe Grundfarbe, ſchwarze Räuder und ſchwarzes Geäder, außerdem weiße
Flecke. Die Fühler erreichen halbe Körperlänge, die kurzen Taſter laufen nach vorn aus einander,
und die Vorderbeine fangen hier an gegen die übrigen in der Entwickelung zurückzubleiben; an
ihren Tarſen zählt man beim Männchen nur zwei, beim Weibchen vier Glieder. Die Puppen
der Danaiden hängen mit dem Kopfe nach unten, werden mithin von keiner Schleife um die
Mitte des Leibes gehalten. — Die nur dem tropiſchen Amerika eigenen Heliconier (Heliconia)
ſind Falter mit auffällig ſchmalen und laugen Flügeln, deren vorderſte man beinahe ſpatelförmig
nennen könnte, wenn nicht der Jnnenrand ausgeſchweift wäre; die hinteren ſind eiförmig. Die
weit aus einander laufenden Taſter reichen bis zur Stirn, ſelbſt die Augen ſtrecken ſich in die
Länge, und die Fühler kommen faſt dem ſchmalen, ſchmächtigen Körper gleich. Alle Theile zeigen
hier mithin das Streben, den Längendurchmeſſer auf Koſten der Breite zu vergrößern. Die
Männchen haben gar nur eine eingliederige Vordertarſe. Ein Theil dieſer ungemein zahlreichen
Falter hat blendend ſammetſchwarze mit karminrothen, oder weißen oder blaßgelben Flecken,
Fleckenreihen und Binden in den verſchiedenſten Muſtern oben wie unten gezierte Flügel. Jhre
ſchlanke Geſtalt, die blendenden Farben, der langſame, ſegelnde Flug in der unteren, der Strauch-
region der Wälder, machen ſie zu lieblichen Erſcheinungen, ja ihre Menge verleiht dem Walde
einen gewiſſen Charakter und erſetzt die dort mangelnden Blumen.
Die größten und ſchönſten unſerer heimatlichen Tagſchmetterlinge, welche nicht zu den bereits
beſprochenen gehören, haben mit noch viel zahlreicheren ausländiſchen die zu ſogenannten Putz-
pfoten verkümmerten Vorderbeine gemein, große, ſchräg vorgeſtreckte Freßſpitzen, gleichmäßig
entwickelte Flügel, auf deren hinterſten Rippe 6 und 7 geſondert aus der Mittelzelle entſpringen,
und bilden die Sippe der Nymphaliden. Jene verkümmerten, am Ende gekürzten Vorderbeine
tragen beim Männchen von den Schienen an dichte Frauſen. Die Puppen der Sippe hängen
geſtürzt mit dem Kopfe nach unten und haben öfter prächtige Gold- oder Silberflecke.
Allbekannt ſind die Perlmutterfalter (Argynnis), welche der Unterſeite der Hinterflügel
ihren Namen verdanken. Hier ſtehen in mehreren Reihen Flecke oder Striemen von dem Silber-
glanze der Perlmutter, während ſchwarze, damenbrettähnliche Zeichnungen den orangerothen
Grund auf der Oberſeite bedecken, darunter ſchlecht geſchriebenen Ziffern vergleichbare hinter dem
Vorderrande der Vorderflügel. Sie ſind Bewohner des Waldes und ſeiner Umgebungen. Einzelne
Arten oder mehrere, untermiſcht mit anderen Sommervögeln, beſuchen das blühende Haidekraut,
den Raſen des rothen Thymians auf freien Waldplätzen oder dürren Triften. Jm heißen
Sonnenſcheine umflattern ſie die genannten und andere Honigquellen, daß man, wenn ihrer viele
vorhanden, manchmal den Flügelſchlag vernehmen kann. An den Tauſenden von Blüthchen löſt
einer den andern ab, um jenen die Süßigkeiten zu entlocken. Spielend und tändelnd fliegt dieſer
jenem nach; weit ab vom reichen Weideplatze ſchwinden ſie unſerm Blick. Bald iſt der eine von
dieſer, der andere von jener Seite wieder da, verjagt eine gleichfalls durſtige Fliege, einen andern
Kameraden von der Blüthe, auf welche er ſich niederläßt, oder kehrt auf den Blättern eines benachbarten
Eichengebüſches die volle Fläche ſeiner Schwingen der Sonne zu, welche ſie als Gold zurückſtrahlt.
Jn dieſem bunten Durcheinander gibt es weder Ruhe noch Naſt, denn jenes Liebäugeln mit der
Sonne iſt eben auch nur ein Spiel von kurzer Dauer. Und doch, welch ein Contraft zwiſchen
dieſer Geſchäftigkeit und der der emſigen Viene, der ſtreitbaren Wespe, der ſorgſamen Wegwespe
und anderer Hymonepteren, welche an ſolchen Stellen nicht minder vertreten ſind! Jetzt verbirgt
ſich die Beherrſcherin des Tages hinter einer dicken Wolke. Plötzlich iſt das Bild ſixirt. Alles
ſitzt ſtill, es ſei denn, daß allzu große Nähe eine kleine Balgerei zur Folge hat. Verweilen wir
bei einem und dem andern jener Geſchäftigen, um ſeine Lebensgeſchichte ſammt ſeiner Perſon
etwas genauer kennen zu lernen.
Unſer größter Perlmutterfalter iſt der Silberſtrich oder Kaiſermantel (A. paphia),
der zwei Zoll und darüber ſpannt. Die orangerothen Flügel führen im Saumfelde drei
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/327>, abgerufen am 23.11.2024.
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