Dieses Blatt soll dem hessischen Lande die Wahrheit melden, aber wer die Wahrheit sagt, wird gehenkt; ja sogar der, welcher die Wahrheit liest, wird durch meineidige Richter vielleicht gestraft. Darum haben die, welchen dies Blatt zukommt, Folgendes zu be- obachten:
1. Sie müssen das Blatt sorgfältig außerhalb ihres Hauses vor der Polizei verwahren;
2. sie dürfen es nur an treue Freunde mittheilen;
3. denen, welchen sie nicht trauen, wie sich selbst, dürfen sie es nur heimlich hinlegen;
4. würde das Blatt dennoch bei einem gefunden, der es gelesen hat, so muß er gestehen, daß er es eben dem Kreisrath habe bringen wollen;
5. wer das Blatt nicht gelesen hat, wenn man es bei ihm findet, der ist natürlich ohne Schuld.
Friede den Hütten! Krieg den Pallästen!
Im Jahre 1834 siehet es aus, als würde die Bibel Lügen gestraft. Es sieht aus, als hätte Gott die Bauern und Handwerker am fünften Tage und die Fürsten und Vor-
Der Heſſiſche Landbote.
Erſte Botſchaft.
Darmſtadt, im Juli 1834.
Vorbericht.
Dieſes Blatt ſoll dem heſſiſchen Lande die Wahrheit melden, aber wer die Wahrheit ſagt, wird gehenkt; ja ſogar der, welcher die Wahrheit lieſt, wird durch meineidige Richter vielleicht geſtraft. Darum haben die, welchen dies Blatt zukommt, Folgendes zu be- obachten:
1. Sie müſſen das Blatt ſorgfältig außerhalb ihres Hauſes vor der Polizei verwahren;
2. ſie dürfen es nur an treue Freunde mittheilen;
3. denen, welchen ſie nicht trauen, wie ſich ſelbſt, dürfen ſie es nur heimlich hinlegen;
4. würde das Blatt dennoch bei einem gefunden, der es geleſen hat, ſo muß er geſtehen, daß er es eben dem Kreisrath habe bringen wollen;
5. wer das Blatt nicht geleſen hat, wenn man es bei ihm findet, der iſt natürlich ohne Schuld.
Friede den Hütten! Krieg den Palläſten!
Im Jahre 1834 ſiehet es aus, als würde die Bibel Lügen geſtraft. Es ſieht aus, als hätte Gott die Bauern und Handwerker am fünften Tage und die Fürſten und Vor-
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Der Heſſiſche Landbote.
Erſte Botſchaft.
Darmſtadt, im Juli 1834.
Vorbericht.
Dieſes Blatt ſoll dem heſſiſchen Lande die Wahrheit melden,
aber wer die Wahrheit ſagt, wird gehenkt; ja ſogar der, welcher die
Wahrheit lieſt, wird durch meineidige Richter vielleicht geſtraft.
Darum haben die, welchen dies Blatt zukommt, Folgendes zu be-
obachten:
1. Sie müſſen das Blatt ſorgfältig außerhalb ihres Hauſes vor
der Polizei verwahren;
2. ſie dürfen es nur an treue Freunde mittheilen;
3. denen, welchen ſie nicht trauen, wie ſich ſelbſt, dürfen ſie es
nur heimlich hinlegen;
4. würde das Blatt dennoch bei einem gefunden, der es geleſen
hat, ſo muß er geſtehen, daß er es eben dem Kreisrath habe
bringen wollen;
5. wer das Blatt nicht geleſen hat, wenn man es bei ihm findet,
der iſt natürlich ohne Schuld.
Friede den Hütten! Krieg den Palläſten!
Im Jahre 1834 ſiehet es aus, als würde die Bibel
Lügen geſtraft. Es ſieht aus, als hätte Gott die Bauern
und Handwerker am fünften Tage und die Fürſten und Vor-
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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. [265]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/461>, abgerufen am 23.11.2024.
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