Gattung sich durch die Individuen darlebt, denn allerdings würde eigentlich auch hier erst der ganze Inbegriff aller der Millionen solcher Monaden, welche doch immer wieder schwinden und im Fortleben immer wieder entstehen, das eigentliche Individuum darstellen, dahingegen das In¬ dividuum, welches wir als einzelne zeitliche Erscheinung erfassen (ich mag z. B. den Menschen jetzt als Kind, jetzt als Mann, jetzt als Greis betrachten), immer nur ein Fragment von dem ganzen ideellen Individuum bleibt. Die Idee der Gattung lebt sich also dar, indem sie sich möglicherweise unendliche Male in einzelnen Individuen ver¬ wirklicht, so wie hinwiederum die Idee des Individuums sich darlebt, indem sie sich möglicherweise unendliche Male als einzelne Urzelle, als Monas, setzt. Von Theilung der Ideen kann daher bei Vervielfältigung der Individuen, oder Monaden, eben so wenig die Rede sein, als die Idee eines Dreiecks sich theilt dadurch daß eine Menge besonde¬ rer Dreiecke wirklich werden. Wie übrigens jedes wirklich werdende Dreieck, eben weil in ihm nun die Idee zeitlich und räumlich in dem stets ziehenden Strome der Elemente offenbar wird, und folglich unter immer etwas anderen Verhältnissen offenbar wird, auch allemal selbst von jedem andern wirklich gewordenen Dreieck in irgend etwas, wenn auch vielleicht unendlich wenig, sich unterscheidet, so wird auch jede Verwirklichung der Idee der Gattung als Indi¬ viduum, und jede Verwirklichung der Idee des Individuums als Monade, irgend wie, wenn auch vielleicht unendlich wenig von der andern sich unterscheiden. Nach diesem Allen kann man diese Wahrheiten nun in folgendem Satze nochmals zusammenfassen: Idee der Gattung, Idee des Einzelwesens, und Idee der Monade, d. h. eines Elemen¬ targebildes des Einzelwesens, sind überall zuerst zu unter¬ scheiden. Jeder dieser Ideen kommt die Möglichkeit zu, sich unendlich vielfältig zu offenbaren. Es kann in einem Wesenkreise unendlich vielfache Gattungen,
Gattung ſich durch die Individuen darlebt, denn allerdings würde eigentlich auch hier erſt der ganze Inbegriff aller der Millionen ſolcher Monaden, welche doch immer wieder ſchwinden und im Fortleben immer wieder entſtehen, das eigentliche Individuum darſtellen, dahingegen das In¬ dividuum, welches wir als einzelne zeitliche Erſcheinung erfaſſen (ich mag z. B. den Menſchen jetzt als Kind, jetzt als Mann, jetzt als Greis betrachten), immer nur ein Fragment von dem ganzen ideellen Individuum bleibt. Die Idee der Gattung lebt ſich alſo dar, indem ſie ſich möglicherweiſe unendliche Male in einzelnen Individuen ver¬ wirklicht, ſo wie hinwiederum die Idee des Individuums ſich darlebt, indem ſie ſich möglicherweiſe unendliche Male als einzelne Urzelle, als Monas, ſetzt. Von Theilung der Ideen kann daher bei Vervielfältigung der Individuen, oder Monaden, eben ſo wenig die Rede ſein, als die Idee eines Dreiecks ſich theilt dadurch daß eine Menge beſonde¬ rer Dreiecke wirklich werden. Wie übrigens jedes wirklich werdende Dreieck, eben weil in ihm nun die Idee zeitlich und räumlich in dem ſtets ziehenden Strome der Elemente offenbar wird, und folglich unter immer etwas anderen Verhältniſſen offenbar wird, auch allemal ſelbſt von jedem andern wirklich gewordenen Dreieck in irgend etwas, wenn auch vielleicht unendlich wenig, ſich unterſcheidet, ſo wird auch jede Verwirklichung der Idee der Gattung als Indi¬ viduum, und jede Verwirklichung der Idee des Individuums als Monade, irgend wie, wenn auch vielleicht unendlich wenig von der andern ſich unterſcheiden. Nach dieſem Allen kann man dieſe Wahrheiten nun in folgendem Satze nochmals zuſammenfaſſen: Idee der Gattung, Idee des Einzelweſens, und Idee der Monade, d. h. eines Elemen¬ targebildes des Einzelweſens, ſind überall zuerſt zu unter¬ ſcheiden. Jeder dieſer Ideen kommt die Möglichkeit zu, ſich unendlich vielfältig zu offenbaren. Es kann in einem Weſenkreiſe unendlich vielfache Gattungen,
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Gattung ſich durch die Individuen darlebt, denn allerdings
würde eigentlich auch hier erſt der ganze Inbegriff aller
der Millionen ſolcher Monaden, welche doch immer wieder
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eigentliche Individuum darſtellen, dahingegen das In¬
dividuum, welches wir als einzelne zeitliche Erſcheinung
erfaſſen (ich mag z. B. den Menſchen jetzt als Kind, jetzt
als Mann, jetzt als Greis betrachten), immer nur ein
Fragment von dem ganzen ideellen Individuum bleibt.
Die Idee der Gattung lebt ſich alſo dar, indem ſie ſich
möglicherweiſe unendliche Male in einzelnen Individuen ver¬
wirklicht, ſo wie hinwiederum die Idee des Individuums
ſich darlebt, indem ſie ſich möglicherweiſe unendliche Male
als einzelne Urzelle, als Monas, ſetzt. Von Theilung
der Ideen kann daher bei Vervielfältigung der Individuen,
oder Monaden, eben ſo wenig die Rede ſein, als die Idee
eines Dreiecks ſich theilt dadurch daß eine Menge beſonde¬
rer Dreiecke wirklich werden. Wie übrigens jedes wirklich
werdende Dreieck, eben weil in ihm nun die Idee zeitlich
und räumlich in dem ſtets ziehenden Strome der Elemente
offenbar wird, und folglich unter immer etwas anderen
Verhältniſſen offenbar wird, auch allemal ſelbſt von jedem
andern wirklich gewordenen Dreieck in irgend etwas, wenn
auch vielleicht unendlich wenig, ſich unterſcheidet, ſo wird
auch jede Verwirklichung der Idee der Gattung als Indi¬
viduum, und jede Verwirklichung der Idee des Individuums
als Monade, irgend wie, wenn auch vielleicht unendlich
wenig von der andern ſich unterſcheiden. Nach dieſem
Allen kann man dieſe Wahrheiten nun in folgendem Satze
nochmals zuſammenfaſſen: Idee der Gattung, Idee des
Einzelweſens, und Idee der Monade, d. h. eines Elemen¬
targebildes des Einzelweſens, ſind überall zuerſt zu unter¬
ſcheiden. Jeder dieſer Ideen kommt die Möglichkeit zu,
ſich unendlich vielfältig zu offenbaren. Es kann in
einem Weſenkreiſe unendlich vielfache Gattungen,
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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/70>, abgerufen am 23.11.2024.
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