p1c_368.001 also nothwendig, daß wenn der Reim ein Wort auszeichnet, p1c_368.002 dieses Wort auch durch den Sinn ausgezeichnet sey. Daher p1c_368.003 dient der Reim sehr gut manche poetische Figuren, zum p1c_368.004 Beyspiel die Antithese, die Distribution u. s. w. bemerkbar p1c_368.005 zu machen. Freylich ist in lyrischen Gedichten hier mehr p1c_368.006 Feile nöthig, als in erzählenden, zumal scherzhafter Art. p1c_368.007 10) Da die Harmonie des Reims Mannichfaltigkeit und p1c_368.008 Einheit vereinigen muß, so darf derselbe Reim nicht zu lange p1c_368.009 beybehalten werden oder zu oft wiederkehren, weil sonst Monotonie p1c_368.010 entsteht. Drey gleiche Reime hinter einander p1c_368.011 machen zwar oft Effekt beym Starken: tuba mirum edens p1c_368.012 sonum, per sepulcra regionum, coget omnes p1c_368.013 ante thronum. Mehr als drey aber hinter einander p1c_368.014 und überhaupt mehr als drey Reime eines Schalls, geben p1c_368.015 schon Monotonie, wenn gleich andre dazwischen geschoben p1c_368.016 sind. Das Sonnet macht hiervon eine regelmüßige Ausnahme, p1c_368.017 wo von zwey Quatrains jedes vier gleiche Reime p1c_368.018 hat, und das Rondeau, wo unter dreyzehn Versen achte p1c_368.019 auf denselben Reim sind. Allein bey einem kleinen für sich p1c_368.020 bestehenden lyrischen Ganzen geht dies eher an, als bey p1c_368.021 größern Gedichten. Die männlichen Ausgänge müssen mit p1c_368.022 den weiblichen abwechseln, je nachdem mehr Stärke oder p1c_368.023 Schwäche in dem Ende der rhythmischen Reihe verlangt p1c_368.024 wird. 11) Da das Vergnügen am Einklange der Endsylbe p1c_368.025 zweyer rhythmischen Reihen mehr erreicht wird, wenn sie p1c_368.026 nicht unmittelbar auf einander folgen, so haben die Dichter p1c_368.027 durch die Ordnung, wie die Reime mit einander abwechseln, p1c_368.028 dem Reimsysteme mehr Schönheit zu geben gesucht. Hier
p1c_368.001 also nothwendig, daß wenn der Reim ein Wort auszeichnet, p1c_368.002 dieses Wort auch durch den Sinn ausgezeichnet sey. Daher p1c_368.003 dient der Reim sehr gut manche poetische Figuren, zum p1c_368.004 Beyspiel die Antithese, die Distribution u. s. w. bemerkbar p1c_368.005 zu machen. Freylich ist in lyrischen Gedichten hier mehr p1c_368.006 Feile nöthig, als in erzählenden, zumal scherzhafter Art. p1c_368.007 10) Da die Harmonie des Reims Mannichfaltigkeit und p1c_368.008 Einheit vereinigen muß, so darf derselbe Reim nicht zu lange p1c_368.009 beybehalten werden oder zu oft wiederkehren, weil sonst Monotonie p1c_368.010 entsteht. Drey gleiche Reime hinter einander p1c_368.011 machen zwar oft Effekt beym Starken: tuba mirum edens p1c_368.012 sonum, per sepulcra regionum, coget omnes p1c_368.013 ante thronum. Mehr als drey aber hinter einander p1c_368.014 und überhaupt mehr als drey Reime eines Schalls, geben p1c_368.015 schon Monotonie, wenn gleich andre dazwischen geschoben p1c_368.016 sind. Das Sonnet macht hiervon eine regelmüßige Ausnahme, p1c_368.017 wo von zwey Quatrains jedes vier gleiche Reime p1c_368.018 hat, und das Rondeau, wo unter dreyzehn Versen achte p1c_368.019 auf denselben Reim sind. Allein bey einem kleinen für sich p1c_368.020 bestehenden lyrischen Ganzen geht dies eher an, als bey p1c_368.021 größern Gedichten. Die männlichen Ausgänge müssen mit p1c_368.022 den weiblichen abwechseln, je nachdem mehr Stärke oder p1c_368.023 Schwäche in dem Ende der rhythmischen Reihe verlangt p1c_368.024 wird. 11) Da das Vergnügen am Einklange der Endsylbe p1c_368.025 zweyer rhythmischen Reihen mehr erreicht wird, wenn sie p1c_368.026 nicht unmittelbar auf einander folgen, so haben die Dichter p1c_368.027 durch die Ordnung, wie die Reime mit einander abwechseln, p1c_368.028 dem Reimsysteme mehr Schönheit zu geben gesucht. Hier
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/426>, abgerufen am 23.11.2024.
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