p1c_436.001 schlecht gelesen haben. Vielleicht sind sie aber schon um deswillen p1c_436.002 minder musikalisch, als die des Racine.
p1c_436.003 Anmerk. 4. Sokrates im Jon des Plato scheint p1c_436.004 an der Möglichkeit einer Theorie der Deklamation zu p1c_436.005 zweifeln. Er hält den Deklamator, wie den Dichter, für p1c_436.006 einen Begeisterten durch die Götter, der sich von seiner Kunst p1c_436.007 keine Rechenschaft geben könne. Allein der platonische Sokrates p1c_436.008 ist in diesem Dialog, wie überhaupt sehr oft, etwas p1c_436.009 Sophist. Das sieht man schon aus der Behauptung, daß p1c_436.010 ein gemeiner nichtsnutziger Mensch durch die Hülfe des Gottes p1c_436.011 ein schönes Gedicht hervorbringen könne. Ohne Hoheit p1c_436.012 des Charakters ist keine Empfänglichkeit für den schöpferischen p1c_436.013 Funken der Poesie denkbar. Uebrigens zeigen allerdings p1c_436.014 die vielen Schwächen in den Charakteren der Dichter, p1c_436.015 daß die Musen sich den eigentlichen Ruhm des göttlichen p1c_436.016 Produkts vorbehalten. Aber es ist ein großer Unterschied p1c_436.017 zwischen Schwächen und Niedrigkeit. (dia tou phaulotatou p1c_436.018 poietou to kalliston melos esen.) Was insbesondre den p1c_436.019 Deklamator betrifft, so muß er freylich die Genialität des p1c_436.020 Dichters theilen, und den zweyten Grad der Begeisterung, p1c_436.021 eine besondere Empfänglichkeit für das Schöne haben. So p1c_436.022 wie man durch Regeln keinen Dichter macht, wird man auch p1c_436.023 keinen vorzüglichen Deklamator durch Kunst bilden. Klopstock p1c_436.024 erhebt in seiner Ode: Teone, die Deklamation zu einer p1c_436.025 Göttin. Die kleinste Kunst des Gesangs, sagt er, ist Teonen p1c_436.026 nicht verborgen. Sie bildet das Lied dem Ohre. Jhrer p1c_436.027 Stimme Wendungen sind Melodieen, verwebt mit des Herzens
p1c_436.001 schlecht gelesen haben. Vielleicht sind sie aber schon um deswillen p1c_436.002 minder musikalisch, als die des Racine.
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/494>, abgerufen am 23.11.2024.
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