Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite



Ehrerbietung gegen die Gottheit zu verhindern.
Alles, was göttlich ist, sagten die heidnischen
Weltweisen, welche sich der Ausbreitung des
Christenthums widersetzten, ist unbekannt; nur
die Gottheit kennt sich selbst; es schickt sich nicht
für so geringe Wesen, als wir sind, über so er-
habne Dinge zu vernünfteln; man muß den Al-
ten glauben, und jeder ist deswegen schuldig, bey
der Religion zu bleiben, die in seinem Lande ein-
geführt und durch die Gesetze bestätigt ist. Diese
so groben Jrrthümer machten das Uebel der Ab-
götterey unheilbar, und die Stimme der Natur,
welche den wahren Gott verkündigte, wurde über-
schrien und betäubt. Und ist nicht noch in un-
sern Zeiten eben dieß die Sprache vieler, welche
sich für Weise halten, und gern die edeln und
erhabnen Vorstellungen von Gott, die wir der
Offenbarung zu danken haben, von der Erde und
aus dem Verstande der Menschen verdrängen
wollen?

Auf wie vielerley Einfälle geriethen nicht
die Weltweisen unter den Heiden, um die Ehre
der Abgötterey zu erhalten, oder vielmehr den
völligen Verfall derselben zu verhüten, als das
Licht des christlichen Glaubens sich immer weiter
ausbreitete? Die Einheit Gottes fieng an, den

Men-
Erster Theil. J



Ehrerbietung gegen die Gottheit zu verhindern.
Alles, was göttlich iſt, ſagten die heidniſchen
Weltweiſen, welche ſich der Ausbreitung des
Chriſtenthums widerſetzten, iſt unbekannt; nur
die Gottheit kennt ſich ſelbſt; es ſchickt ſich nicht
für ſo geringe Weſen, als wir ſind, über ſo er-
habne Dinge zu vernünfteln; man muß den Al-
ten glauben, und jeder iſt deswegen ſchuldig, bey
der Religion zu bleiben, die in ſeinem Lande ein-
geführt und durch die Geſetze beſtätigt iſt. Dieſe
ſo groben Jrrthümer machten das Uebel der Ab-
götterey unheilbar, und die Stimme der Natur,
welche den wahren Gott verkündigte, wurde über-
ſchrien und betäubt. Und iſt nicht noch in un-
ſern Zeiten eben dieß die Sprache vieler, welche
ſich für Weiſe halten, und gern die edeln und
erhabnen Vorſtellungen von Gott, die wir der
Offenbarung zu danken haben, von der Erde und
aus dem Verſtande der Menſchen verdrängen
wollen?

Auf wie vielerley Einfälle geriethen nicht
die Weltweiſen unter den Heiden, um die Ehre
der Abgötterey zu erhalten, oder vielmehr den
völligen Verfall derſelben zu verhüten, als das
Licht des chriſtlichen Glaubens ſich immer weiter
ausbreitete? Die Einheit Gottes fieng an, den

Men-
Erſter Theil. J
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0143" n="129"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Ehrerbietung gegen die Gottheit zu verhindern.<lb/>
Alles, was göttlich i&#x017F;t, &#x017F;agten die heidni&#x017F;chen<lb/>
Weltwei&#x017F;en, welche &#x017F;ich der Ausbreitung des<lb/>
Chri&#x017F;tenthums wider&#x017F;etzten, i&#x017F;t unbekannt; nur<lb/>
die Gottheit kennt &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t; es &#x017F;chickt &#x017F;ich nicht<lb/>
für &#x017F;o geringe We&#x017F;en, als wir &#x017F;ind, über &#x017F;o er-<lb/>
habne Dinge zu vernünfteln; man muß den Al-<lb/>
ten glauben, und jeder i&#x017F;t deswegen &#x017F;chuldig, bey<lb/>
der Religion zu bleiben, die in &#x017F;einem Lande ein-<lb/>
geführt und durch die Ge&#x017F;etze be&#x017F;tätigt i&#x017F;t. Die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;o groben Jrrthümer machten das Uebel der Ab-<lb/>
götterey unheilbar, und die Stimme der Natur,<lb/>
welche den wahren Gott verkündigte, wurde über-<lb/>
&#x017F;chrien und betäubt. Und i&#x017F;t nicht noch in un-<lb/>
&#x017F;ern Zeiten eben dieß die Sprache vieler, welche<lb/>
&#x017F;ich für Wei&#x017F;e halten, und gern die edeln und<lb/>
erhabnen Vor&#x017F;tellungen von Gott, die wir der<lb/>
Offenbarung zu danken haben, von der Erde und<lb/>
aus dem Ver&#x017F;tande der Men&#x017F;chen verdrängen<lb/>
wollen?</p><lb/>
        <p>Auf wie vielerley Einfälle geriethen nicht<lb/>
die Weltwei&#x017F;en unter den Heiden, um die Ehre<lb/>
der Abgötterey zu erhalten, oder vielmehr den<lb/>
völligen Verfall der&#x017F;elben zu verhüten, als das<lb/>
Licht des chri&#x017F;tlichen Glaubens &#x017F;ich immer weiter<lb/>
ausbreitete? Die Einheit Gottes fieng an, den<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. J</fw><fw place="bottom" type="catch">Men-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0143] Ehrerbietung gegen die Gottheit zu verhindern. Alles, was göttlich iſt, ſagten die heidniſchen Weltweiſen, welche ſich der Ausbreitung des Chriſtenthums widerſetzten, iſt unbekannt; nur die Gottheit kennt ſich ſelbſt; es ſchickt ſich nicht für ſo geringe Weſen, als wir ſind, über ſo er- habne Dinge zu vernünfteln; man muß den Al- ten glauben, und jeder iſt deswegen ſchuldig, bey der Religion zu bleiben, die in ſeinem Lande ein- geführt und durch die Geſetze beſtätigt iſt. Dieſe ſo groben Jrrthümer machten das Uebel der Ab- götterey unheilbar, und die Stimme der Natur, welche den wahren Gott verkündigte, wurde über- ſchrien und betäubt. Und iſt nicht noch in un- ſern Zeiten eben dieß die Sprache vieler, welche ſich für Weiſe halten, und gern die edeln und erhabnen Vorſtellungen von Gott, die wir der Offenbarung zu danken haben, von der Erde und aus dem Verſtande der Menſchen verdrängen wollen? Auf wie vielerley Einfälle geriethen nicht die Weltweiſen unter den Heiden, um die Ehre der Abgötterey zu erhalten, oder vielmehr den völligen Verfall derſelben zu verhüten, als das Licht des chriſtlichen Glaubens ſich immer weiter ausbreitete? Die Einheit Gottes fieng an, den Men- Erſter Theil. J

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/143
Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/143>, abgerufen am 23.11.2024.