schließen, zerrissen sind, und dieser Wurzeln ge- schlagen hat, worauf der künftige Halm ruhen kann, so wagt sich die Saat erst als ein schwa- ches Fäserlein aus der Erde hervor und ist doch gleich gegen alle Witterung gehärtet, so zart sie auch noch ist. Dann wächst sie nach und nach zu einem knotigten Halme und erfrischt mit ihrer Farbe das Auge des Menschen. Aus diesem steigt die Frucht noch in Blätter, wie in Schei- den eingehüllt, bis sie stark genug ist, sich ganz hervorzudrängen, aber mit Spitzen, als mit ei- nem Wall zur Sicherheit vor den Vögeln ver- wahrt. Jst hier nicht Absicht? Jst hier nicht Ordnung, Verhältniß und Regel? Offenbaret sich hier nicht ein unendlicher Verstand? O daß ich doch keinen beschattenden Baum, keine wal- lende Saat, keine blumenvolle Wiese, keinen prächtigen Wald sehen, keine Blume brechen, in keinen Garten treten möchte, ohne zu bedenken, daß es Gott, ein Wesen von einem unerforschlich gros- sem Verstande ist, durch den der Baum kühlende Schatten wirft; Gott, durch den die Blumen sol- che süße Gerüche aushauchen; Gott, durch den Wälder und Wiesen, Berge und Thäler mit ei- nem so anmuthigen Grün bekleidet werden; Gott, durch den Wein, Oel und Most aus der Erde wächst, das Herz des Menschen zu erfreuen, ohne
aus-
ſchließen, zerriſſen ſind, und dieſer Wurzeln ge- ſchlagen hat, worauf der künftige Halm ruhen kann, ſo wagt ſich die Saat erſt als ein ſchwa- ches Fäſerlein aus der Erde hervor und iſt doch gleich gegen alle Witterung gehärtet, ſo zart ſie auch noch iſt. Dann wächſt ſie nach und nach zu einem knotigten Halme und erfriſcht mit ihrer Farbe das Auge des Menſchen. Aus dieſem ſteigt die Frucht noch in Blätter, wie in Schei- den eingehüllt, bis ſie ſtark genug iſt, ſich ganz hervorzudrängen, aber mit Spitzen, als mit ei- nem Wall zur Sicherheit vor den Vögeln ver- wahrt. Jſt hier nicht Abſicht? Jſt hier nicht Ordnung, Verhältniß und Regel? Offenbaret ſich hier nicht ein unendlicher Verſtand? O daß ich doch keinen beſchattenden Baum, keine wal- lende Saat, keine blumenvolle Wieſe, keinen prächtigen Wald ſehen, keine Blume brechen, in keinen Garten treten möchte, ohne zu bedenken, daß es Gott, ein Weſen von einem unerforſchlich groſ- ſem Verſtande iſt, durch den der Baum kühlende Schatten wirft; Gott, durch den die Blumen ſol- che ſüße Gerüche aushauchen; Gott, durch den Wälder und Wieſen, Berge und Thäler mit ei- nem ſo anmuthigen Grün bekleidet werden; Gott, durch den Wein, Oel und Moſt aus der Erde wächſt, das Herz des Menſchen zu erfreuen, ohne
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ſchließen, zerriſſen ſind, und dieſer Wurzeln ge-
ſchlagen hat, worauf der künftige Halm ruhen
kann, ſo wagt ſich die Saat erſt als ein ſchwa-
ches Fäſerlein aus der Erde hervor und iſt doch
gleich gegen alle Witterung gehärtet, ſo zart ſie
auch noch iſt. Dann wächſt ſie nach und nach
zu einem knotigten Halme und erfriſcht mit ihrer
Farbe das Auge des Menſchen. Aus dieſem
ſteigt die Frucht noch in Blätter, wie in Schei-
den eingehüllt, bis ſie ſtark genug iſt, ſich ganz
hervorzudrängen, aber mit Spitzen, als mit ei-
nem Wall zur Sicherheit vor den Vögeln ver-
wahrt. Jſt hier nicht Abſicht? Jſt hier nicht
Ordnung, Verhältniß und Regel? Offenbaret
ſich hier nicht ein unendlicher Verſtand? O daß
ich doch keinen beſchattenden Baum, keine wal-
lende Saat, keine blumenvolle Wieſe, keinen
prächtigen Wald ſehen, keine Blume brechen, in
keinen Garten treten möchte, ohne zu bedenken, daß
es Gott, ein Weſen von einem unerforſchlich groſ-
ſem Verſtande iſt, durch den der Baum kühlende
Schatten wirft; Gott, durch den die Blumen ſol-
che ſüße Gerüche aushauchen; Gott, durch den
Wälder und Wieſen, Berge und Thäler mit ei-
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/217>, abgerufen am 23.11.2024.
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