Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

Jst es nicht die unendliche Weisheit ihres Schö-
pfers? Was für eine Kunst offenbaret sie nicht
in dem Baue der fliegenden Thiere, ihres Kör-
pers, und besonders ihrer Flügel! Wie geschickt
ist ihr ganzer Leib dazu! Vorwärts ist er schmal
und spitzig, die Luft zu durchschneiden, hinter-
wärts wird er immer völliger und dicker. Die
Federn sind in einer wunderbaren Ordnung ohne
alle Verwirrung über einander, dem Körper zu-
gleich zur Bewegung und zur Bedeckung zu die-
nen, alle geschlossen und doch auch fähig, sich
auszubreiten, sich in die Höhe zu sträuben, oder
den Körper aufzublasen, nachdem es die Bedürf-
niß des Vogels fodert. Die Flügel, als das
vornehmste Werkzeug des Fluges sind an dem be-
quemsten Orte des Leibes angebracht, um dem
Leibe in einer so feinen Materie, als die Luft ist,
das richtige Gleichgewicht zu geben! Wie künst-
lich ist nicht bloß jede Feder desselben gebildet!
Der Kiel ist stark und unten hohl, damit er bey
seiner Stärke auch leicht seyn möge. Das breite
Gewebe der Feder ist auf der einen Seite breiter,
auf der andern schmäler, damit die Federn in den
Flügeln desto fester zusammen schließen, und der
Vogel sich schneller fortbewegen könne. Welch ein
Ebenmaß beobachtet man nicht in der Einsetzung
der Federn nach dem Verhältnisse ihrer verschied-

nen

Jſt es nicht die unendliche Weisheit ihres Schö-
pfers? Was für eine Kunſt offenbaret ſie nicht
in dem Baue der fliegenden Thiere, ihres Kör-
pers, und beſonders ihrer Flügel! Wie geſchickt
iſt ihr ganzer Leib dazu! Vorwärts iſt er ſchmal
und ſpitzig, die Luft zu durchſchneiden, hinter-
wärts wird er immer völliger und dicker. Die
Federn ſind in einer wunderbaren Ordnung ohne
alle Verwirrung über einander, dem Körper zu-
gleich zur Bewegung und zur Bedeckung zu die-
nen, alle geſchloſſen und doch auch fähig, ſich
auszubreiten, ſich in die Höhe zu ſträuben, oder
den Körper aufzublaſen, nachdem es die Bedürf-
niß des Vogels fodert. Die Flügel, als das
vornehmſte Werkzeug des Fluges ſind an dem be-
quemſten Orte des Leibes angebracht, um dem
Leibe in einer ſo feinen Materie, als die Luft iſt,
das richtige Gleichgewicht zu geben! Wie künſt-
lich iſt nicht bloß jede Feder deſſelben gebildet!
Der Kiel iſt ſtark und unten hohl, damit er bey
ſeiner Stärke auch leicht ſeyn möge. Das breite
Gewebe der Feder iſt auf der einen Seite breiter,
auf der andern ſchmäler, damit die Federn in den
Flügeln deſto feſter zuſammen ſchließen, und der
Vogel ſich ſchneller fortbewegen könne. Welch ein
Ebenmaß beobachtet man nicht in der Einſetzung
der Federn nach dem Verhältniſſe ihrer verſchied-

nen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0235" n="221"/>
J&#x017F;t es nicht die unendliche Weisheit ihres Schö-<lb/>
pfers? Was für eine Kun&#x017F;t offenbaret &#x017F;ie nicht<lb/>
in dem Baue der fliegenden Thiere, ihres Kör-<lb/>
pers, und be&#x017F;onders ihrer Flügel! Wie ge&#x017F;chickt<lb/>
i&#x017F;t ihr ganzer Leib dazu! Vorwärts i&#x017F;t er &#x017F;chmal<lb/>
und &#x017F;pitzig, die Luft zu durch&#x017F;chneiden, hinter-<lb/>
wärts wird er immer völliger und dicker. Die<lb/>
Federn &#x017F;ind in einer wunderbaren Ordnung ohne<lb/>
alle Verwirrung über einander, dem Körper zu-<lb/>
gleich zur Bewegung und zur Bedeckung zu die-<lb/>
nen, alle ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en und doch auch fähig, &#x017F;ich<lb/>
auszubreiten, &#x017F;ich in die Höhe zu &#x017F;träuben, oder<lb/>
den Körper aufzubla&#x017F;en, nachdem es die Bedürf-<lb/>
niß des Vogels fodert. Die Flügel, als das<lb/>
vornehm&#x017F;te Werkzeug des Fluges &#x017F;ind an dem be-<lb/>
quem&#x017F;ten Orte des Leibes angebracht, um dem<lb/>
Leibe in einer &#x017F;o feinen Materie, als die Luft i&#x017F;t,<lb/>
das richtige Gleichgewicht zu geben! Wie kün&#x017F;t-<lb/>
lich i&#x017F;t nicht bloß jede Feder de&#x017F;&#x017F;elben gebildet!<lb/>
Der Kiel i&#x017F;t &#x017F;tark und unten hohl, damit er bey<lb/>
&#x017F;einer Stärke auch leicht &#x017F;eyn möge. Das breite<lb/>
Gewebe der Feder i&#x017F;t auf der einen Seite breiter,<lb/>
auf der andern &#x017F;chmäler, damit die Federn in den<lb/>
Flügeln de&#x017F;to fe&#x017F;ter zu&#x017F;ammen &#x017F;chließen, und der<lb/>
Vogel &#x017F;ich &#x017F;chneller fortbewegen könne. Welch ein<lb/>
Ebenmaß beobachtet man nicht in der Ein&#x017F;etzung<lb/>
der Federn nach dem Verhältni&#x017F;&#x017F;e ihrer ver&#x017F;chied-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0235] Jſt es nicht die unendliche Weisheit ihres Schö- pfers? Was für eine Kunſt offenbaret ſie nicht in dem Baue der fliegenden Thiere, ihres Kör- pers, und beſonders ihrer Flügel! Wie geſchickt iſt ihr ganzer Leib dazu! Vorwärts iſt er ſchmal und ſpitzig, die Luft zu durchſchneiden, hinter- wärts wird er immer völliger und dicker. Die Federn ſind in einer wunderbaren Ordnung ohne alle Verwirrung über einander, dem Körper zu- gleich zur Bewegung und zur Bedeckung zu die- nen, alle geſchloſſen und doch auch fähig, ſich auszubreiten, ſich in die Höhe zu ſträuben, oder den Körper aufzublaſen, nachdem es die Bedürf- niß des Vogels fodert. Die Flügel, als das vornehmſte Werkzeug des Fluges ſind an dem be- quemſten Orte des Leibes angebracht, um dem Leibe in einer ſo feinen Materie, als die Luft iſt, das richtige Gleichgewicht zu geben! Wie künſt- lich iſt nicht bloß jede Feder deſſelben gebildet! Der Kiel iſt ſtark und unten hohl, damit er bey ſeiner Stärke auch leicht ſeyn möge. Das breite Gewebe der Feder iſt auf der einen Seite breiter, auf der andern ſchmäler, damit die Federn in den Flügeln deſto feſter zuſammen ſchließen, und der Vogel ſich ſchneller fortbewegen könne. Welch ein Ebenmaß beobachtet man nicht in der Einſetzung der Federn nach dem Verhältniſſe ihrer verſchied- nen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/235
Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/235>, abgerufen am 23.11.2024.