Und wie deutlich leuchtet er nicht aus der wundervollen Erzeugung und Fortpflanzung al- ler Thierarten hervor? Alle Thiere, bey denen ein zwiefaches Geschlecht bemerkt wird, empfin- den auch einen mächtigen Trieb, sich zu paaren und zu begatten, und alle, die diesen Trieb em- pfinden, finden ein Geschlecht, mit dem sie sich paaren und Junge erzeugen können. Zu diesem Endzwecke stimmet alles überein. Alle wissen die bequemste Zeit ihrer Begattung; jedes kennt den Gatten seiner Art, und unterscheidet ihn von al- len andern Lebendigen, obgleich unter den man- nichfaltigen Arten von vierfüßigen Thieren, be- sonders unter den Vögeln, Fischen und Jnsekten eine solche Aehnlichkeit anzutreffen ist, daß die Menschen sie kaum durch die sorgfältigste Beob- achtung von einander unterscheiden können. Wo- her haben sie diese genaue Kenntniß? Warum verwechseln sie einander nicht? Warum entstehet unter den verschiednen Arten der Thiere, so lange sie ihre natürliche Freyheit behalten, keine solche Vermischung, wodurch sie ausarten, und die er- sten Gattungen ganz von der Erde verschwinden könnten! Jst es nicht ein Wunder der Weisheit, daß die Thiere, wo Weiblein und Männlein einander weder an Gestalt noch Farbe gleichen, sich doch nicht von einander verirren? Wer lehrt
sie
P 3
Und wie deutlich leuchtet er nicht aus der wundervollen Erzeugung und Fortpflanzung al- ler Thierarten hervor? Alle Thiere, bey denen ein zwiefaches Geſchlecht bemerkt wird, empfin- den auch einen mächtigen Trieb, ſich zu paaren und zu begatten, und alle, die dieſen Trieb em- pfinden, finden ein Geſchlecht, mit dem ſie ſich paaren und Junge erzeugen können. Zu dieſem Endzwecke ſtimmet alles überein. Alle wiſſen die bequemſte Zeit ihrer Begattung; jedes kennt den Gatten ſeiner Art, und unterſcheidet ihn von al- len andern Lebendigen, obgleich unter den man- nichfaltigen Arten von vierfüßigen Thieren, be- ſonders unter den Vögeln, Fiſchen und Jnſekten eine ſolche Aehnlichkeit anzutreffen iſt, daß die Menſchen ſie kaum durch die ſorgfältigſte Beob- achtung von einander unterſcheiden können. Wo- her haben ſie dieſe genaue Kenntniß? Warum verwechſeln ſie einander nicht? Warum entſtehet unter den verſchiednen Arten der Thiere, ſo lange ſie ihre natürliche Freyheit behalten, keine ſolche Vermiſchung, wodurch ſie ausarten, und die er- ſten Gattungen ganz von der Erde verſchwinden könnten! Jſt es nicht ein Wunder der Weisheit, daß die Thiere, wo Weiblein und Männlein einander weder an Geſtalt noch Farbe gleichen, ſich doch nicht von einander verirren? Wer lehrt
ſie
P 3
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0243"n="229"/><p>Und wie deutlich leuchtet er nicht aus der<lb/>
wundervollen Erzeugung und Fortpflanzung al-<lb/>
ler Thierarten hervor? Alle Thiere, bey denen<lb/>
ein zwiefaches Geſchlecht bemerkt wird, empfin-<lb/>
den auch einen mächtigen Trieb, ſich zu paaren<lb/>
und zu begatten, und alle, die dieſen Trieb em-<lb/>
pfinden, finden ein Geſchlecht, mit dem ſie ſich<lb/>
paaren und Junge erzeugen können. Zu dieſem<lb/>
Endzwecke ſtimmet alles überein. Alle wiſſen die<lb/>
bequemſte Zeit ihrer Begattung; jedes kennt den<lb/>
Gatten ſeiner Art, und unterſcheidet ihn von al-<lb/>
len andern Lebendigen, obgleich unter den man-<lb/>
nichfaltigen Arten von vierfüßigen Thieren, be-<lb/>ſonders unter den Vögeln, Fiſchen und Jnſekten<lb/>
eine ſolche Aehnlichkeit anzutreffen iſt, daß die<lb/>
Menſchen ſie kaum durch die ſorgfältigſte Beob-<lb/>
achtung von einander unterſcheiden können. Wo-<lb/>
her haben ſie dieſe genaue Kenntniß? Warum<lb/>
verwechſeln ſie einander nicht? Warum entſtehet<lb/>
unter den verſchiednen Arten der Thiere, ſo lange<lb/>ſie ihre natürliche Freyheit behalten, keine ſolche<lb/>
Vermiſchung, wodurch ſie ausarten, und die er-<lb/>ſten Gattungen ganz von der Erde verſchwinden<lb/>
könnten! Jſt es nicht ein Wunder der Weisheit,<lb/>
daß die Thiere, wo Weiblein und Männlein<lb/>
einander weder an Geſtalt noch Farbe gleichen,<lb/>ſich doch nicht von einander verirren? Wer lehrt<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſie</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[229/0243]
Und wie deutlich leuchtet er nicht aus der
wundervollen Erzeugung und Fortpflanzung al-
ler Thierarten hervor? Alle Thiere, bey denen
ein zwiefaches Geſchlecht bemerkt wird, empfin-
den auch einen mächtigen Trieb, ſich zu paaren
und zu begatten, und alle, die dieſen Trieb em-
pfinden, finden ein Geſchlecht, mit dem ſie ſich
paaren und Junge erzeugen können. Zu dieſem
Endzwecke ſtimmet alles überein. Alle wiſſen die
bequemſte Zeit ihrer Begattung; jedes kennt den
Gatten ſeiner Art, und unterſcheidet ihn von al-
len andern Lebendigen, obgleich unter den man-
nichfaltigen Arten von vierfüßigen Thieren, be-
ſonders unter den Vögeln, Fiſchen und Jnſekten
eine ſolche Aehnlichkeit anzutreffen iſt, daß die
Menſchen ſie kaum durch die ſorgfältigſte Beob-
achtung von einander unterſcheiden können. Wo-
her haben ſie dieſe genaue Kenntniß? Warum
verwechſeln ſie einander nicht? Warum entſtehet
unter den verſchiednen Arten der Thiere, ſo lange
ſie ihre natürliche Freyheit behalten, keine ſolche
Vermiſchung, wodurch ſie ausarten, und die er-
ſten Gattungen ganz von der Erde verſchwinden
könnten! Jſt es nicht ein Wunder der Weisheit,
daß die Thiere, wo Weiblein und Männlein
einander weder an Geſtalt noch Farbe gleichen,
ſich doch nicht von einander verirren? Wer lehrt
ſie
P 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/243>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.