Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.Der Abschied. Das Abendroth war schon zerflossen, Wir standen an des Weihers Rand, Und ich hielt ihre Hand geschlossen So fest in meiner kalten Hand: So müssen wir denn morgen scheiden, Das Schicksal würfelt mit uns beiden, Wir sind wie herrenloses Land. Von keines Hauses Pflicht gebunden, Meint Jeder nur, wir seien grad Für sein Bedürfniß nur erfunden, In Noth das hülfbereite Rad. Was hilft es uns, daß frei wir stehen, Auf keines Menschen Hände sehen, Man zeichnet täglich uns den Pfad. Der Abſchied. Das Abendroth war ſchon zerfloſſen, Wir ſtanden an des Weihers Rand, Und ich hielt ihre Hand geſchloſſen So feſt in meiner kalten Hand: So müſſen wir denn morgen ſcheiden, Das Schickſal würfelt mit uns beiden, Wir ſind wie herrenloſes Land. Von keines Hauſes Pflicht gebunden, Meint Jeder nur, wir ſeien grad Für ſein Bedürfniß nur erfunden, In Noth das hülfbereite Rad. Was hilft es uns, daß frei wir ſtehen, Auf keines Menſchen Hände ſehen, Man zeichnet täglich uns den Pfad. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0061" n="45"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Der Abſchied</hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>as Abendroth war ſchon zerfloſſen,</l><lb/> <l>Wir ſtanden an des Weihers Rand,</l><lb/> <l>Und ich hielt ihre Hand geſchloſſen</l><lb/> <l>So feſt in meiner kalten Hand:</l><lb/> <l>So müſſen wir denn morgen ſcheiden,</l><lb/> <l>Das Schickſal würfelt mit uns beiden,</l><lb/> <l>Wir ſind wie herrenloſes Land.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Von keines Hauſes Pflicht gebunden,</l><lb/> <l>Meint Jeder nur, wir ſeien grad</l><lb/> <l>Für ſein Bedürfniß nur erfunden,</l><lb/> <l>In Noth das hülfbereite Rad.</l><lb/> <l>Was hilft es uns, daß frei wir ſtehen,</l><lb/> <l>Auf keines Menſchen Hände ſehen,</l><lb/> <l>Man zeichnet täglich uns den Pfad.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0061]
Der Abſchied.
Das Abendroth war ſchon zerfloſſen,
Wir ſtanden an des Weihers Rand,
Und ich hielt ihre Hand geſchloſſen
So feſt in meiner kalten Hand:
So müſſen wir denn morgen ſcheiden,
Das Schickſal würfelt mit uns beiden,
Wir ſind wie herrenloſes Land.
Von keines Hauſes Pflicht gebunden,
Meint Jeder nur, wir ſeien grad
Für ſein Bedürfniß nur erfunden,
In Noth das hülfbereite Rad.
Was hilft es uns, daß frei wir ſtehen,
Auf keines Menſchen Hände ſehen,
Man zeichnet täglich uns den Pfad.
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