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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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Brüder vorhanden sind, auch die Tochter eines Königs
Anrecht auf den Thron *). Wenn diese wiederum kinder-
los stirbt, so ist der Gatte derselben ihr gesetzlicher Nach-
folger. Amasis ist ein Kronenräuber, während Hophra
und seine Nachkommen durch das Recht der Geburt An-
sprüche auf die Herrscherwürde haben. Psamtik verliert
jedes Recht auf das Szepter, sobald sich ein Bruder, ein
Sohn, eine Tochter oder ein Eidam des Hophra findet.
Also begrüße ich in meinem Könige den zukünftigen Herrn
meines schönen Vaterlandes."

Kambyses lächelte selbstgefällig, und Onuphis fuhr
fort:

"Auch habe ich in den Sternen gelesen, daß Psamtik
untergehen wird; Dir aber die Krone von Aegypten be-
schieden ist."

"Die Sterne sollen Recht behalten!" rief Kambyses;
"Dir aber, Du freigebiger Alter, befehle ich, einen Wunsch,
derselbe möge lauten, wie er wolle, auszusprechen."

"Laß mich Deinem Heerzuge in einem Wagen folgen.
Jch sehne mich darnach, meine Augen am Nil zu schließen."

"So sei es! Verlaßt mich jetzt, ihr Freunde, und
sorgt dafür, daß alle Tischgenossen zum heutigen Schmause
erscheinen. Wir wollen beim süßen Weine Kriegsrath
halten. Ein Feldzug nach Aegypten scheint mir lohnen-
der zu sein, als ein Kampf mit den Massageten!"

"Sieg dem Könige!" riefen die Anwesenden mit
lautem Jubel und entfernten sich, während Kambyses seine
An- und Auskleider rufen ließ, um, zum Erstenmale, die
Trauergewänder mit den prunkenden Königskleidern zu
vertauschen.



*) S. III. Theil. Anmerk. 7.

Brüder vorhanden ſind, auch die Tochter eines Königs
Anrecht auf den Thron *). Wenn dieſe wiederum kinder-
los ſtirbt, ſo iſt der Gatte derſelben ihr geſetzlicher Nach-
folger. Amaſis iſt ein Kronenräuber, während Hophra
und ſeine Nachkommen durch das Recht der Geburt An-
ſprüche auf die Herrſcherwürde haben. Pſamtik verliert
jedes Recht auf das Szepter, ſobald ſich ein Bruder, ein
Sohn, eine Tochter oder ein Eidam des Hophra findet.
Alſo begrüße ich in meinem Könige den zukünftigen Herrn
meines ſchönen Vaterlandes.“

Kambyſes lächelte ſelbſtgefällig, und Onuphis fuhr
fort:

„Auch habe ich in den Sternen geleſen, daß Pſamtik
untergehen wird; Dir aber die Krone von Aegypten be-
ſchieden iſt.“

„Die Sterne ſollen Recht behalten!“ rief Kambyſes;
„Dir aber, Du freigebiger Alter, befehle ich, einen Wunſch,
derſelbe möge lauten, wie er wolle, auszuſprechen.“

„Laß mich Deinem Heerzuge in einem Wagen folgen.
Jch ſehne mich darnach, meine Augen am Nil zu ſchließen.“

„So ſei es! Verlaßt mich jetzt, ihr Freunde, und
ſorgt dafür, daß alle Tiſchgenoſſen zum heutigen Schmauſe
erſcheinen. Wir wollen beim ſüßen Weine Kriegsrath
halten. Ein Feldzug nach Aegypten ſcheint mir lohnen-
der zu ſein, als ein Kampf mit den Maſſageten!“

„Sieg dem Könige!“ riefen die Anweſenden mit
lautem Jubel und entfernten ſich, während Kambyſes ſeine
An- und Auskleider rufen ließ, um, zum Erſtenmale, die
Trauergewänder mit den prunkenden Königskleidern zu
vertauſchen.



*) S. III. Theil. Anmerk. 7.
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[53/0063] Brüder vorhanden ſind, auch die Tochter eines Königs Anrecht auf den Thron *). Wenn dieſe wiederum kinder- los ſtirbt, ſo iſt der Gatte derſelben ihr geſetzlicher Nach- folger. Amaſis iſt ein Kronenräuber, während Hophra und ſeine Nachkommen durch das Recht der Geburt An- ſprüche auf die Herrſcherwürde haben. Pſamtik verliert jedes Recht auf das Szepter, ſobald ſich ein Bruder, ein Sohn, eine Tochter oder ein Eidam des Hophra findet. Alſo begrüße ich in meinem Könige den zukünftigen Herrn meines ſchönen Vaterlandes.“ Kambyſes lächelte ſelbſtgefällig, und Onuphis fuhr fort: „Auch habe ich in den Sternen geleſen, daß Pſamtik untergehen wird; Dir aber die Krone von Aegypten be- ſchieden iſt.“ „Die Sterne ſollen Recht behalten!“ rief Kambyſes; „Dir aber, Du freigebiger Alter, befehle ich, einen Wunſch, derſelbe möge lauten, wie er wolle, auszuſprechen.“ „Laß mich Deinem Heerzuge in einem Wagen folgen. Jch ſehne mich darnach, meine Augen am Nil zu ſchließen.“ „So ſei es! Verlaßt mich jetzt, ihr Freunde, und ſorgt dafür, daß alle Tiſchgenoſſen zum heutigen Schmauſe erſcheinen. Wir wollen beim ſüßen Weine Kriegsrath halten. Ein Feldzug nach Aegypten ſcheint mir lohnen- der zu ſein, als ein Kampf mit den Maſſageten!“ „Sieg dem Könige!“ riefen die Anweſenden mit lautem Jubel und entfernten ſich, während Kambyſes ſeine An- und Auskleider rufen ließ, um, zum Erſtenmale, die Trauergewänder mit den prunkenden Königskleidern zu vertauſchen. *) S. III. Theil. Anmerk. 7.

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/63>, abgerufen am 23.11.2024.