Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864."Und Dein andres Kind?" "Das Mädchen ist heute noch in seiner Gewalt." "Aber man wird der Armen ein Leid anthun, wenn "Sie möge sterben. Lieber kinderlos, als ohne Rache "Jch verstehe Dich und kann Dir nicht mehr zürnen. Bei diesen Worten drückte der Greis die Rechte des "Und doch scheint mir die höchste Aufgabe eines "Es gehört eben mehr Muth dazu, Blut zu ver- "Aber mehr Güte und Klugheit, Wunden zu heilen, "Keineswegs. Jch habe ihn jedoch gewarnt und ihm *) S. I. Theil. Anmerk. 16 u. 17.
„Und Dein andres Kind?“ „Das Mädchen iſt heute noch in ſeiner Gewalt.“ „Aber man wird der Armen ein Leid anthun, wenn „Sie möge ſterben. Lieber kinderlos, als ohne Rache „Jch verſtehe Dich und kann Dir nicht mehr zürnen. Bei dieſen Worten drückte der Greis die Rechte des „Und doch ſcheint mir die höchſte Aufgabe eines „Es gehört eben mehr Muth dazu, Blut zu ver- „Aber mehr Güte und Klugheit, Wunden zu heilen, „Keineswegs. Jch habe ihn jedoch gewarnt und ihm *) S. I. Theil. Anmerk. 16 u. 17.
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„Und Dein andres Kind?“
„Das Mädchen iſt heute noch in ſeiner Gewalt.“
„Aber man wird der Armen ein Leid anthun, wenn
man erfährt ....“
„Sie möge ſterben. Lieber kinderlos, als ohne Rache
zu Grabe gehen!“
„Jch verſtehe Dich und kann Dir nicht mehr zürnen.
Das Blut Deines Knaben muß gerochen werden.“
Bei dieſen Worten drückte der Greis die Rechte des
Atheners, der, nachdem er ſeine Thränen getrocknet hatte
und ſeiner Gemüthsbewegung Herr geworden war, aus-
rief: „Komm’ jetzt zum Kriegsrathe! Niemand darf den
Schandthaten des Pſamtik dankbarer ſein, als Kambyſes.
Dieſer Mann der ſchnellen Leidenſchaft paßt nicht zum
Friedensfürſten.“
„Und doch ſcheint mir die höchſte Aufgabe eines
Königs die zu ſein, an der inneren Wohlfahrt ſeines
Reiches zu arbeiten. Aber die Menſchen ſind einmal ſo,
daß ſie ihre Schlächter höher preiſen, als ihre Wohlthäter.
Wie viele Geſänge ertönten dem Achill; wem aber iſt es
eingefallen, die weiſe Regierung des Pittakos in Liedern *)
zu feiern?“
„Es gehört eben mehr Muth dazu, Blut zu ver-
gießen, als Bäume zu pflanzen.“
„Aber mehr Güte und Klugheit, Wunden zu heilen,
als Wunden zu ſchlagen. — Doch ehe wir die Halle be-
treten, muß ich Dir eine dringende Frage vorlegen. Wird
Bartja, wenn Amaſis die Pläne des Königs erfährt, ohne
Gefahr zu Naukratis bleiben können?“
„Keineswegs. Jch habe ihn jedoch gewarnt und ihm
*) S. I. Theil. Anmerk. 16 u. 17.
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