Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.immerzu. -- Auf einmal aber ging die Thüre aus der Da war ein Duften und Schimmern und Jubili¬ Auf einmal hörte ich in einiger Entfernung im Schweigt der Menschen laute Lust:
Rauscht die Erde wie in Träumen Wunderbar mit allen Bäumen, Was dem Herzen kaum bewußt, Alte Zeiten, linde Trauer, Und es schweifen leise Schauer Wetterleuchtend durch die Brust. immerzu. — Auf einmal aber ging die Thuͤre aus der Da war ein Duften und Schimmern und Jubili¬ Auf einmal hoͤrte ich in einiger Entfernung im Schweigt der Menſchen laute Luſt:
Rauſcht die Erde wie in Traͤumen Wunderbar mit allen Baͤumen, Was dem Herzen kaum bewußt, Alte Zeiten, linde Trauer, Und es ſchweifen leiſe Schauer Wetterleuchtend durch die Bruſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0135" n="125"/> immerzu. — Auf einmal aber ging die Thuͤre aus der<lb/> Stube auf, und ein alter, langer Einnehmer in meinem<lb/> punktirten Schlafrock trat herein! Er blieb in der<lb/> Thuͤre ſtehen, wie er mich ſo unverſehens erblickte,<lb/> nahm ſchnell die Brille von der Naſe, und ſah mich<lb/> grimmig an. Ich aber erſchrack nicht wenig daruͤber,<lb/> ſprang, ohne ein Wort zu ſagen, auf, und lief aus der<lb/> Hausthuͤr durch den kleinen Garten fort, wo ich mich<lb/> noch bald mit den Fuͤßen in dem fatalen Kartoffelkraut<lb/> verwickelt haͤtte, das der alte Einnehmer nunmehr, wie<lb/> ich ſah, nach des Portiers Rath ſtatt meiner Blumen<lb/> angepflanzt hatte. Ich hoͤrte noch, wie er vor die Thuͤr<lb/> herausfuhr und hinter mir drein ſchimpfte, aber ich<lb/> ſaß ſchon oben auf der hohen Gartenmauer, und ſchaute<lb/> mit klopfendem Herzen in den Schloßgarten hinein.</p><lb/> <p>Da war ein Duften und Schimmern und Jubili¬<lb/> ren von allen Voͤglein; die Plaͤtze und Gaͤnge waren<lb/> leer, aber die vergoldeten Wipfel neigten ſich im Abend¬<lb/> winde vor mir, als wollten ſie mich bewillkommnen, und<lb/> ſeitwaͤrts aus dem tiefen Grunde blitzte zuweilen die<lb/> Donau zwiſchen den Baͤumen nach mir herauf.</p><lb/> <p>Auf einmal hoͤrte ich in einiger Entfernung im<lb/> Garten ſingen:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Schweigt der Menſchen laute Luſt:</l><lb/> <l>Rauſcht die Erde wie in Traͤumen</l><lb/> <l>Wunderbar mit allen Baͤumen,</l><lb/> <l>Was dem Herzen kaum bewußt,</l><lb/> <l>Alte Zeiten, linde Trauer,</l><lb/> <l>Und es ſchweifen leiſe Schauer</l><lb/> <l>Wetterleuchtend durch die Bruſt.</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [125/0135]
immerzu. — Auf einmal aber ging die Thuͤre aus der
Stube auf, und ein alter, langer Einnehmer in meinem
punktirten Schlafrock trat herein! Er blieb in der
Thuͤre ſtehen, wie er mich ſo unverſehens erblickte,
nahm ſchnell die Brille von der Naſe, und ſah mich
grimmig an. Ich aber erſchrack nicht wenig daruͤber,
ſprang, ohne ein Wort zu ſagen, auf, und lief aus der
Hausthuͤr durch den kleinen Garten fort, wo ich mich
noch bald mit den Fuͤßen in dem fatalen Kartoffelkraut
verwickelt haͤtte, das der alte Einnehmer nunmehr, wie
ich ſah, nach des Portiers Rath ſtatt meiner Blumen
angepflanzt hatte. Ich hoͤrte noch, wie er vor die Thuͤr
herausfuhr und hinter mir drein ſchimpfte, aber ich
ſaß ſchon oben auf der hohen Gartenmauer, und ſchaute
mit klopfendem Herzen in den Schloßgarten hinein.
Da war ein Duften und Schimmern und Jubili¬
ren von allen Voͤglein; die Plaͤtze und Gaͤnge waren
leer, aber die vergoldeten Wipfel neigten ſich im Abend¬
winde vor mir, als wollten ſie mich bewillkommnen, und
ſeitwaͤrts aus dem tiefen Grunde blitzte zuweilen die
Donau zwiſchen den Baͤumen nach mir herauf.
Auf einmal hoͤrte ich in einiger Entfernung im
Garten ſingen:
Schweigt der Menſchen laute Luſt:
Rauſcht die Erde wie in Traͤumen
Wunderbar mit allen Baͤumen,
Was dem Herzen kaum bewußt,
Alte Zeiten, linde Trauer,
Und es ſchweifen leiſe Schauer
Wetterleuchtend durch die Bruſt.
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