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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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Die mich gehöret haben, wissen, daß ich diese Rede ohne alle
Hitze als welche mein edeles Gemüth nicht beweget, mit fertigen
Lippen und freudigem Munde vorgebracht habe
&c.

Item. Die Sorgfalt des grossen GOttes für unsere Schule
ist ungemein; ungemein ist auch die Wachsamkeit unserer
Patronen
für derselben Wohlfarth. Kaum hat derjenige, so bisher das
Amt eines Rectoris verwaltet, dieses zeitliche gesegnet, als die-
se verledigte Stelle mir wieder ist aufgetragen worden.

Meine Zunge und Feder ist muthig, daß aus denselben ein
grosser Strohm der Weisheit herfürquillet, der die Gemüther der
Menschen befeuchtet.

Weil ich nunmehro en bon train bin, und den, in einem Gänsse-Flügel ge-
wachsenen, Degen gegen alle gelehrte Narren en general, sie mögen nun entwe-
der, an statt, daß sie auf Universitaeten hätten klug werden sollen, vor Hoch-
muth und Stoltz, od er aus Einfalt närrisch seyn, gezogen habe, kan ich
mich nicht entbrechen, annoch verschiedene Histörchen, die ich sowohl von stol-
tzen Gelehrten, als einfältigen gelehrten Matzen und Lappen, theils da und dor-
ten aufgezeichnet gefunden, theils erzehlen hören, theils aber mit Augen gese-
hen, allhier mit einzurücken, in der Hoffnung, daß sie den geneigten und un-
passionirten Leser contentiren werden.

Einstmals kam ein gelehrter Vagant zu einem gelehrten Dorff-Schulmei-
ster, und begehrte vermittelst einer langen Lateinischen Oration, von ihm ein
Viaticum oder Zehr-Pfennig. Nachdem er etwas bekommen, und wider hin-
weg gegangen war, sprach des Schulmeisters Frau zu ihrem Mann: Dieser
Tölpel hat euch so lange mit seinem Latein aufgehalten, daß das Essen
unterdessen gantz kalt geworden. Da antwortete der Schulmeister:
Warlich Frau! ihr habt unrecht gethan, daß ihr mir nicht eher gesa-
get, daß der Kerl Latein geredet. Ich wolte wacker mit ihme
dispu-
ti
ret haben.

Magister N. Pfarrer in dem Städtlein N. als ihm gesaget ward, Pro-

fessor
G 2

Die mich gehoͤret haben, wiſſen, daß ich dieſe Rede ohne alle
Hitze als welche mein edeles Gemuͤth nicht beweget, mit fertigen
Lippen und freudigem Munde vorgebracht habe
&c.

Item. Die Sorgfalt des groſſen GOttes fuͤr unſere Schule
iſt ungemein; ungemein iſt auch die Wachſamkeit unſerer
Patronen
fuͤr derſelben Wohlfarth. Kaum hat derjenige, ſo bisher das
Amt eines Rectoris verwaltet, dieſes zeitliche geſegnet, als die-
ſe verledigte Stelle mir wieder iſt aufgetragen worden.

Meine Zunge und Feder iſt muthig, daß aus denſelben ein
groſſer Strohm der Weisheit herfuͤrquillet, der die Gemuͤther der
Menſchen befeuchtet.

Weil ich nunmehro en bon train bin, und den, in einem Gaͤnſſe-Fluͤgel ge-
wachſenen, Degen gegen alle gelehrte Narren en general, ſie moͤgen nun entwe-
der, an ſtatt, daß ſie auf Univerſitæten haͤtten klug werden ſollen, vor Hoch-
muth und Stoltz, od er aus Einfalt naͤrriſch ſeyn, gezogen habe, kan ich
mich nicht entbrechen, annoch verſchiedene Hiſtoͤrchen, die ich ſowohl von ſtol-
tzen Gelehrten, als einfaͤltigen gelehrten Matzen und Lappen, theils da und dor-
ten aufgezeichnet gefunden, theils erzehlen hoͤren, theils aber mit Augen geſe-
hen, allhier mit einzuruͤcken, in der Hoffnung, daß ſie den geneigten und un-
paſſionirten Leſer contentiren werden.

Einſtmals kam ein gelehrter Vagant zu einem gelehrten Dorff-Schulmei-
ſter, und begehrte vermittelſt einer langen Lateiniſchen Oration, von ihm ein
Viaticum oder Zehr-Pfennig. Nachdem er etwas bekommen, und wider hin-
weg gegangen war, ſprach des Schulmeiſters Frau zu ihrem Mann: Dieſer
Toͤlpel hat euch ſo lange mit ſeinem Latein aufgehalten, daß das Eſſen
unterdeſſen gantz kalt geworden. Da antwortete der Schulmeiſter:
Warlich Frau! ihr habt unrecht gethan, daß ihr mir nicht eher geſa-
get, daß der Kerl Latein geredet. Ich wolte wacker mit ihme
diſpu-
ti
ret haben.

Magiſter N. Pfarrer in dem Staͤdtlein N. als ihm geſaget ward, Pro-

feſſor
G 2
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[51/0095] Die mich gehoͤret haben, wiſſen, daß ich dieſe Rede ohne alle Hitze als welche mein edeles Gemuͤth nicht beweget, mit fertigen Lippen und freudigem Munde vorgebracht habe &c. Item. Die Sorgfalt des groſſen GOttes fuͤr unſere Schule iſt ungemein; ungemein iſt auch die Wachſamkeit unſerer Patronen fuͤr derſelben Wohlfarth. Kaum hat derjenige, ſo bisher das Amt eines Rectoris verwaltet, dieſes zeitliche geſegnet, als die- ſe verledigte Stelle mir wieder iſt aufgetragen worden. Meine Zunge und Feder iſt muthig, daß aus denſelben ein groſſer Strohm der Weisheit herfuͤrquillet, der die Gemuͤther der Menſchen befeuchtet. Weil ich nunmehro en bon train bin, und den, in einem Gaͤnſſe-Fluͤgel ge- wachſenen, Degen gegen alle gelehrte Narren en general, ſie moͤgen nun entwe- der, an ſtatt, daß ſie auf Univerſitæten haͤtten klug werden ſollen, vor Hoch- muth und Stoltz, od er aus Einfalt naͤrriſch ſeyn, gezogen habe, kan ich mich nicht entbrechen, annoch verſchiedene Hiſtoͤrchen, die ich ſowohl von ſtol- tzen Gelehrten, als einfaͤltigen gelehrten Matzen und Lappen, theils da und dor- ten aufgezeichnet gefunden, theils erzehlen hoͤren, theils aber mit Augen geſe- hen, allhier mit einzuruͤcken, in der Hoffnung, daß ſie den geneigten und un- paſſionirten Leſer contentiren werden. Einſtmals kam ein gelehrter Vagant zu einem gelehrten Dorff-Schulmei- ſter, und begehrte vermittelſt einer langen Lateiniſchen Oration, von ihm ein Viaticum oder Zehr-Pfennig. Nachdem er etwas bekommen, und wider hin- weg gegangen war, ſprach des Schulmeiſters Frau zu ihrem Mann: Dieſer Toͤlpel hat euch ſo lange mit ſeinem Latein aufgehalten, daß das Eſſen unterdeſſen gantz kalt geworden. Da antwortete der Schulmeiſter: Warlich Frau! ihr habt unrecht gethan, daß ihr mir nicht eher geſa- get, daß der Kerl Latein geredet. Ich wolte wacker mit ihme diſpu- tiret haben. Magiſter N. Pfarrer in dem Staͤdtlein N. als ihm geſaget ward, Pro- feſſor G 2

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/95>, abgerufen am 30.11.2024.