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[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

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nen, um dann als Vater des Volkes, das
Tedeum mit der gehörigen Würde absingen,
und die gewöhnlichen Glückwünsche deswe-
gen annehmen zu können.

Von der Wichtigkeit seines Lebens über-
zeugt, stärkte er sich täglich durch eine wohl-
geordnete Jagd. Küche und Keller wurden
Abends zuvor auf das solideste besorgt, und
es verstand sich von selbst: daß man, bey
dieser wichtigen Staatsangelegenheit, auf
einige verwüstete Saatfelder weiter keine
Rücksicht nehmen konnte.

Die Königin war vor einigen dreyßig
Jahren sehr schön, das heißt alles gewe-
sen was man vernünftiger Weise von einer
Königinn verlangen kann. "Nicht viel
verlangt
!" -- wird man sagen -- Aber
die arme Königinn mag das Gegentheil be-
weisen.

Welch ein Hals! Welch ein Mund!

nen, um dann als Vater des Volkes, das
Tedeum mit der gehoͤrigen Wuͤrde abſingen,
und die gewoͤhnlichen Gluͤckwuͤnſche deswe-
gen annehmen zu koͤnnen.

Von der Wichtigkeit ſeines Lebens uͤber-
zeugt, ſtaͤrkte er ſich taͤglich durch eine wohl-
geordnete Jagd. Kuͤche und Keller wurden
Abends zuvor auf das ſolideſte beſorgt, und
es verſtand ſich von ſelbſt: daß man, bey
dieſer wichtigen Staatsangelegenheit, auf
einige verwuͤſtete Saatfelder weiter keine
Ruͤckſicht nehmen konnte.

Die Koͤnigin war vor einigen dreyßig
Jahren ſehr ſchoͤn, das heißt alles gewe-
ſen was man vernuͤnftiger Weiſe von einer
Koͤniginn verlangen kann. »Nicht viel
verlangt
!« — wird man ſagen — Aber
die arme Koͤniginn mag das Gegentheil be-
weiſen.

Welch ein Hals! Welch ein Mund!

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[6/0010] nen, um dann als Vater des Volkes, das Tedeum mit der gehoͤrigen Wuͤrde abſingen, und die gewoͤhnlichen Gluͤckwuͤnſche deswe- gen annehmen zu koͤnnen. Von der Wichtigkeit ſeines Lebens uͤber- zeugt, ſtaͤrkte er ſich taͤglich durch eine wohl- geordnete Jagd. Kuͤche und Keller wurden Abends zuvor auf das ſolideſte beſorgt, und es verſtand ſich von ſelbſt: daß man, bey dieſer wichtigen Staatsangelegenheit, auf einige verwuͤſtete Saatfelder weiter keine Ruͤckſicht nehmen konnte. Die Koͤnigin war vor einigen dreyßig Jahren ſehr ſchoͤn, das heißt alles gewe- ſen was man vernuͤnftiger Weiſe von einer Koͤniginn verlangen kann. »Nicht viel verlangt!« — wird man ſagen — Aber die arme Koͤniginn mag das Gegentheil be- weiſen. Welch ein Hals! Welch ein Mund!

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Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/10>, abgerufen am 23.11.2024.