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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

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Ueber die Prüfung
ist, so ist diese begleitende Empfindung von Lust
oder Unlust unausbleiblich.

Zum andern die Art von Gegenständen zu be-
stimmen, zu denen jede Seele die beste Anlage
hat, nämlich für die, wo sie am leichtesten und
genauesten das Gute nicht nur vom Schlechten,
sondern auch vom Mittelmäßigen unterscheidet,
wo ihre Unterscheidungen die feinsten, und ihr
Vergnügen und ihre Unlust die lebhaftesten sind.
Es würde diese Art von Prüfung weit vollkomm-
ner werden, wenn es möglich wäre, von jeder
Art der sinnlichen Gegenstände dem Kinde die
schönsten und vortreflichsten vorzustellen, um an
ihnen seine Empfindung zu prüfen. Wenigstens
wäre es doch billig, anstatt das Auge und das
Ohr des Kindes von Jugend auf an Mißgestal-
ten und Disharmonie zu gewöhnen, und es gegen
den natürlichen Ekel davor abzuhärten, es lieber
durch richtige Zeichnung und wohlklingende Töne
schon zuvor einzunehmen, und ihm seine ersten
Vergnügungen zu einem Muster zu machen, nach

Ueber die Pruͤfung
iſt, ſo iſt dieſe begleitende Empfindung von Luſt
oder Unluſt unausbleiblich.

Zum andern die Art von Gegenſtaͤnden zu be-
ſtimmen, zu denen jede Seele die beſte Anlage
hat, naͤmlich fuͤr die, wo ſie am leichteſten und
genaueſten das Gute nicht nur vom Schlechten,
ſondern auch vom Mittelmaͤßigen unterſcheidet,
wo ihre Unterſcheidungen die feinſten, und ihr
Vergnuͤgen und ihre Unluſt die lebhafteſten ſind.
Es wuͤrde dieſe Art von Pruͤfung weit vollkomm-
ner werden, wenn es moͤglich waͤre, von jeder
Art der ſinnlichen Gegenſtaͤnde dem Kinde die
ſchoͤnſten und vortreflichſten vorzuſtellen, um an
ihnen ſeine Empfindung zu pruͤfen. Wenigſtens
waͤre es doch billig, anſtatt das Auge und das
Ohr des Kindes von Jugend auf an Mißgeſtal-
ten und Disharmonie zu gewoͤhnen, und es gegen
den natuͤrlichen Ekel davor abzuhaͤrten, es lieber
durch richtige Zeichnung und wohlklingende Toͤne
ſchon zuvor einzunehmen, und ihm ſeine erſten
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[22/0028] Ueber die Pruͤfung iſt, ſo iſt dieſe begleitende Empfindung von Luſt oder Unluſt unausbleiblich. Zum andern die Art von Gegenſtaͤnden zu be- ſtimmen, zu denen jede Seele die beſte Anlage hat, naͤmlich fuͤr die, wo ſie am leichteſten und genaueſten das Gute nicht nur vom Schlechten, ſondern auch vom Mittelmaͤßigen unterſcheidet, wo ihre Unterſcheidungen die feinſten, und ihr Vergnuͤgen und ihre Unluſt die lebhafteſten ſind. Es wuͤrde dieſe Art von Pruͤfung weit vollkomm- ner werden, wenn es moͤglich waͤre, von jeder Art der ſinnlichen Gegenſtaͤnde dem Kinde die ſchoͤnſten und vortreflichſten vorzuſtellen, um an ihnen ſeine Empfindung zu pruͤfen. Wenigſtens waͤre es doch billig, anſtatt das Auge und das Ohr des Kindes von Jugend auf an Mißgeſtal- ten und Disharmonie zu gewoͤhnen, und es gegen den natuͤrlichen Ekel davor abzuhaͤrten, es lieber durch richtige Zeichnung und wohlklingende Toͤne ſchon zuvor einzunehmen, und ihm ſeine erſten Vergnuͤgungen zu einem Muſter zu machen, nach

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Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/28>, abgerufen am 23.11.2024.