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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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in Preußen war der Haupt-Innhalt aller Gespräche, und erzehlte
der Cardinal insbesondre als etwas lobwürdiges, daß der König
die declaration in Wien thun laßen, wie er seiner erhaltenen
avantage ungeachtet, zum Frieden geneigt sey und weiter
nichts, als seine 4 Fürstenthümer mit denen fructibus perceptis
und denen Kriegs-Kosten praetendire. Mit einem seiner ge-
lehrten Cavalier Monsieur de Liancourt disputirete er weitläuffig
über die materie, wie weit große Herren an ihre Tractaten ge-
bunden, und in wie ferne ihnen die Exception, daß sie dazu
gezwungen worden, zu statten kommen könne. Da denn die
morale des Cardinals in diesem punct ziemlich lax und
mehr der unter großen Herren üblichen praxi, als denen
principiis des natürlichen Rechts ähnlich zu seyn schiene.
Nachdem wir bey Monsieurde Ramsay einen Augenblick abgetreten,
besichtigten wir, dem prince de Turenne zu Gefallen und
in deßen Gesellschaft; nochmals die unterm 28d April
beschriebene Automates, da denn die Endte ihre lectiones auf
das geschickteste machte, und wir Gelegenheit hatten, wahr-
zunehmen, daß der Leib derselben voller Räder und Ketten,
mithin einem Uhrwerck in so ferne vollkommen ähnlich
sey. Einige vornehme Dames, welche mit gegenwärtig
waren, schienen eine sehr lebhafte Einbildungs-Kraft zu
haben, weil sie das, was die Endte von sich gegeben, gleich,
natürlichen Excrementis verabscheueten, und gar nicht an-
sehen, vielweniger anrühren oder auf andre Weise approfon-
diren wolten. Es wurde uns nebst dem Printzen Hoffnung
gemacht, das Interieur dieser und derer übrigen machinen
künftig en particulier zu sehen, davon wir den Effect erwarten
müßen. In der retour passireten wir zwar die Häuser des
Comte d'Evreux, der Marquise de Montbrun, [unleserliches Material]des Duc de Gesvres, des
Comte de Treme und des Comte de Chabot, fanden aber Niemanden
zu Hause und begaben uns also mit dem eingebrochenen Abend
nach unserm Hotel.

Den 13 May.

Heute sind wir häußlicher Verrichtungen wegen nicht ausgefahren,
haben aber von dem Duc de Valentinois und dem Monsieur Milsoneau
Visite gehabt. Der erstere redete unter andern Kleinigkeiten
von seinen Gemählden, und wie er viele Jahre darüber colligi-
ret, auch ein gewißes jährlich dazu ausgesetzet habe. Der letzte
gab uns von der hiesigen Process-Art und litterariis mancherley

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in Preußen war der Haupt-Innhalt aller Gespräche, und erzehlte
der Cardinal insbesondre als etwas lobwürdiges, daß der König
die declaration in Wien thun laßen, wie er seiner erhaltenen
avantage ungeachtet, zum Frieden geneigt sey und weiter
nichts, als seine 4 Fürstenthümer mit denen fructibus perceptis
und denen Kriegs-Kosten praetendire. Mit einem seiner ge-
lehrten Cavalier Monsieur de Liancourt disputirete er weitläuffig
über die materie, wie weit große Herren an ihre Tractaten ge-
bunden, und in wie ferne ihnen die Exception, daß sie dazu
gezwungen worden, zu statten kommen könne. Da denn die
morale des Cardinals in diesem punct ziemlich lax und
mehr der unter großen Herren üblichen praxi, als denen
principiis des natürlichen Rechts ähnlich zu seyn schiene.
Nachdem wir bey Monsieurde Ramsay einen Augenblick abgetreten,
besichtigten wir, dem prince de Turenne zu Gefallen und
in deßen Gesellschaft; nochmals die unterm 28d April
beschriebene Automates, da denn die Endte ihre lectiones auf
das geschickteste machte, und wir Gelegenheit hatten, wahr-
zunehmen, daß der Leib derselben voller Räder und Ketten,
mithin einem Uhrwerck in so ferne vollkommen ähnlich
sey. Einige vornehme Dames, welche mit gegenwärtig
waren, schienen eine sehr lebhafte Einbildungs-Kraft zu
haben, weil sie das, was die Endte von sich gegeben, gleich,
natürlichen Excrementis verabscheueten, und gar nicht an-
sehen, vielweniger anrühren oder auf andre Weise approfon-
diren wolten. Es wurde uns nebst dem Printzen Hoffnung
gemacht, das Interieur dieser und derer übrigen machinen
künftig en particulier zu sehen, davon wir den Effect erwarten
müßen. In der retour passireten wir zwar die Häuser des
Comte d’Evreux, der Marquise de Montbrun, [unleserliches Material]des Duc de Gesvres, des
Comte de Trême und des Comte de Chabot, fanden aber Niemanden
zu Hause und begaben uns also mit dem eingebrochenen Abend
nach unserm Hotel.

Den 13 May.

Heute sind wir häußlicher Verrichtungen wegen nicht ausgefahren,
haben aber von dem Duc de Valentinois und dem Monsieur Milsoneau
Visite gehabt. Der erstere redete unter andern Kleinigkeiten
von seinen Gemählden, und wie er viele Jahre darüber colligi-
ret, auch ein gewißes jährlich dazu ausgesetzet habe. Der letzte
gab uns von der hiesigen Process-Art und litterariis mancherley

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[0298] 142 in Preußen war der Haupt-Innhalt aller Gespräche, und erzehlte der Cardinal insbesondre als etwas lobwürdiges, daß der König die declaration in Wien thun laßen, wie er seiner erhaltenen avantage ungeachtet, zum Frieden geneigt sey und weiter nichts, als seine 4 Fürstenthümer mit denen fructibus perceptis und denen Kriegs-Kosten praetendire. Mit einem seiner ge- lehrten Cavalier Mr. de Liancourt disputirete er weitläuffig über die materie, wie weit große Hhln an ihre Tractaten ge- bunden, und in wie ferne ihnen die Exception, daß sie dazu gezwungen worden, zu statten kommen könne. Da denn die morale des Cardinals in diesem punct ziemlich lax und mehr der unter großen Hhln üblichen praxi, als denen principiis des natürlichen Rechts ähnlich zu seyn schiene. Nachdem wir bey Mr.de Ramsay einen Augenblick abgetreten, besichtigten wir, dem prince de Turenne zu Gefallen und in deßen Gesellschaft; nochmals die unterm 28d April beschriebene Automates, da denn die Endte ihre lectiones auf das geschickteste machte, und wir Gelegenheit hatten, wahr- zunehmen, daß der Leib derselben voller Räder und Ketten, mithin einem Uhrwerck in so ferne vollkommen ähnlich sey. Einige vornehme Dames, welche mit gegenwärtig waren, schienen eine sehr lebhafte Einbildungs-Kraft zu haben, weil sie das, was die Endte von sich gegeben, gleich, natürlichen Excrementis verabscheueten, und gar nicht an- sehen, vielweniger anrühren oder auf andre Weise approfon- diren wolten. Es wurde uns nebst dem Printzen Hoffnung gemacht, das Interieur dieser und derer übrigen machinen künftig en particulier zu sehen, davon wir den Effect erwarten müßen. In der retour passireten wir zwar die Häuser des Comte d’Evreux, der Marquise de Montbrun, des Duc de Gesvres, des Comte de Trême und des Comte de Chabot, fanden aber Niemanden zu Hause und begaben uns also mit dem eingebrochenen Abend nach unserm Hotel. Den 13 May. Heute sind wir häußlicher Verrichtungen wegen nicht ausgefahren, haben aber von dem Duc de Valentinois und dem Mr. Milsoneau Visite gehabt. Der erstere redete unter andern Kleinigkeiten von seinen Gemählden, und wie er viele Jahre darüber colligi- ret, auch ein gewißes jährlich dazu ausgesetzet habe. Der letzte gab uns von der hiesigen Process-Art und litterariis mancherley

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/298>, abgerufen am 23.11.2024.