Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].143 Befinden auch wohl die Lateinische zu verbieten, welches erdenn mit Ja beantwortet, sich nochmals der Sünde schuldig ge- geben, und endlich mit der in diesem Fall gewöhnlichen Formul beschloßen, Io ne domando perdone a Dio ed a vostra paternita,. mit ferner angehängter demütigen Bitte, dieser und anderer Sünden wegen seine Beichte zu hören, und ihn zu absolviren. Der Inquisitor habe hierauf wieder die anfängliche freundliche mine angenommen, und ihn vor ein neben demselben stehen- des Bet-Pult niederknien heißen, da er denn seine Beichte gehöret, ihm mit einem Stöckgen 8 Streiche auf die Schultern gegeben und sodann die tröstliche Absolution über ihn ausge- sprochen. Nachdem der Inquisitor sich retiriret, sey ihm gantz gutes Eßen und Trincken gebracht worden, iener aber nach der Mahlzeit wieder zu ihm kommen und habe ihm eine halbstündige Vermahnung gehalten, sodann ein Creutz mit weißer Creide ihm auf die lincke Brust des Camisohles gemahlet, und [unleserliches Material]ihn seinen Weg in Friede gehen heißen, daß er also noch denselben Tag seine Freyheit wieder erlan- get. Mit gedachtem Creutz werden, wie er uns be- richtete, alle diejenigen welche in der inquisition gewesen, bezeichnet, und ist es eine besondre Gnade, wenn ihnen solches nicht auf den Rock gemacht wird, weil sie es bey Strafe des Bannes und neuer Ungele- genheit nicht abwischen dürffen, sondern so lange tragen müßen, bis es allmählich von selbsten verlöschet. Er meldete dabey, daß der Inquisitor dergleichen Creide von allerhand Couleur habe, und solche nach Unter- schied derer Verbrechen auf obgedachte Weise em- ploire. Die Veranlaßung zu der zweyten Un- gelegenheit sey eine Fischerey gewesen, welche er mit etlichen guten Freunden in der intention vorgenommen, das Gefangene zu verzehren. Weil sie aber wegen contrairen Wetters nichts gefangen, und gleichwol sehr hungrig gewesen, so habe man bey einem Bauer drey Hüner gekauft, auch solche gebraten und ge- geßen, ohnerachtet es Sonnabend und folglich Fast-Tag 143 Befinden auch wohl die Lateinische zu verbieten, welches erdenn mit Ja beantwortet, sich nochmals der Sünde schuldig ge- geben, und endlich mit der in diesem Fall gewöhnlichen Formul beschloßen, Io ne domando perdone a Dio ed a vostra paternità,. mit ferner angehängter demütigen Bitte, dieser und anderer Sünden wegen seine Beichte zu hören, und ihn zu absolviren. Der Inquisitor habe hierauf wieder die anfängliche freundliche mine angenommen, und ihn vor ein neben demselben stehen- des Bet-Pult niederknien heißen, da er denn seine Beichte gehöret, ihm mit einem Stöckgen 8 Streiche auf die Schultern gegeben und sodann die tröstliche Absolution über ihn ausge- sprochen. Nachdem der Inquisitor sich retiriret, sey ihm gantz gutes Eßen und Trincken gebracht worden, iener aber nach der Mahlzeit wieder zu ihm kommen und habe ihm eine halbstündige Vermahnung gehalten, sodann ein Creutz mit weißer Creide ihm auf die lincke Brust des Camisohles gemahlet, und [unleserliches Material]ihn seinen Weg in Friede gehen heißen, daß er also noch denselben Tag seine Freyheit wieder erlan- get. Mit gedachtem Creutz werden, wie er uns be- richtete, alle diejenigen welche in der inquisition gewesen, bezeichnet, und ist es eine besondre Gnade, wenn ihnen solches nicht auf den Rock gemacht wird, weil sie es bey Strafe des Bannes und neuer Ungele- genheit nicht abwischen dürffen, sondern so lange tragen müßen, bis es allmählich von selbsten verlöschet. Er meldete dabey, daß der Inquisitor dergleichen Creide von allerhand Couleur habe, und solche nach Unter- schied derer Verbrechen auf obgedachte Weise em- ploire. Die Veranlaßung zu der zweyten Un- gelegenheit sey eine Fischerey gewesen, welche er mit etlichen guten Freunden in der intention vorgenommen, das Gefangene zu verzehren. Weil sie aber wegen contrairen Wetters nichts gefangen, und gleichwol sehr hungrig gewesen, so habe man bey einem Bauer drey Hüner gekauft, auch solche gebraten und ge- geßen, ohnerachtet es Sonnabend und folglich Fast-Tag <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0300"/><fw type="folNum" place="top">143</fw><lb/> Befinden auch wohl die Lateinische zu verbieten, welches <persName xml:id="TidB12140" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10116">er</persName><lb/> denn mit Ja beantwortet, sich nochmals der Sünde schuldig ge-<lb/> geben, und endlich mit der in diesem Fall gewöhnlichen Formul<lb/> beschloßen, Io ne domando perdone a Dio ed a vostra paternità,.<lb/> mit ferner angehängter demütigen Bitte, dieser und anderer<lb/> Sünden wegen seine Beichte zu hören, und ihn zu absolviren.<lb/> Der <persName xml:id="TidB12141" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10116">Inquisitor</persName> habe hierauf wieder die anfängliche freundliche<lb/> mine angenommen, und ihn vor ein neben demselben stehen-<lb/> des Bet-Pult niederknien heißen, da er denn seine Beichte<lb/> gehöret, <persName xml:id="TidB12142" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10116">ihm</persName> mit einem Stöckgen 8 Streiche auf die Schultern<lb/> gegeben und sodann die tröstliche Absolution über ihn ausge-<lb/> sprochen. Nachdem der <persName xml:id="TidB12143" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10116">Inquisitor</persName> sich retiriret, sey ihm<lb/> gantz gutes Eßen und Trincken gebracht worden, iener aber<lb/> nach der Mahlzeit wieder zu ihm kommen und habe ihm eine<lb/> halbstündige Vermahnung gehalten, sodann ein Creutz<lb/> mit weißer Creide ihm auf die lincke Brust des Camisohles<lb/> gemahlet, und<hi rendition="#smaller"><hi rendition="#sup"><subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible"/></del><add place="across">ihn</add></subst></hi></hi> seinen Weg in Friede gehen heißen, daß<lb/> er also noch denselben Tag seine Freyheit wieder erlan-<lb/> get. Mit gedachtem Creutz werden, wie er uns be-<lb/> richtete, alle diejenigen welche in der <name type="subjectIndexTerm" xml:id="TidB12144" corresp="register.xml#regID_502.lemID_12591">inquisition</name><lb/> gewesen, bezeichnet, und ist es eine besondre Gnade,<lb/> wenn ihnen solches nicht auf den Rock gemacht wird,<lb/> weil sie es bey Strafe des Bannes und neuer Ungele-<lb/> genheit nicht abwischen dürffen, sondern so lange tragen<lb/> müßen, bis es allmählich von selbsten verlöschet.<lb/> Er meldete dabey, daß der <persName xml:id="TidB12145" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10116">Inquisitor</persName> dergleichen Creide<lb/> von allerhand Couleur habe, und solche nach Unter-<lb/> schied derer Verbrechen auf obgedachte Weise em-<lb/> ploire. Die Veranlaßung zu der zweyten Un-<lb/> gelegenheit sey eine Fischerey gewesen, welche er mit<lb/> etlichen guten Freunden in der intention vorgenommen,<lb/> das Gefangene zu verzehren. Weil sie aber wegen<lb/> contrairen Wetters nichts gefangen, und gleichwol<lb/> sehr hungrig gewesen, so habe man bey einem Bauer<lb/> drey Hüner gekauft, auch solche gebraten und ge-<lb/> geßen, ohnerachtet es Sonnabend und folglich Fast-Tag </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0300]
143
Befinden auch wohl die Lateinische zu verbieten, welches er
denn mit Ja beantwortet, sich nochmals der Sünde schuldig ge-
geben, und endlich mit der in diesem Fall gewöhnlichen Formul
beschloßen, Io ne domando perdone a Dio ed a vostra paternità,.
mit ferner angehängter demütigen Bitte, dieser und anderer
Sünden wegen seine Beichte zu hören, und ihn zu absolviren.
Der Inquisitor habe hierauf wieder die anfängliche freundliche
mine angenommen, und ihn vor ein neben demselben stehen-
des Bet-Pult niederknien heißen, da er denn seine Beichte
gehöret, ihm mit einem Stöckgen 8 Streiche auf die Schultern
gegeben und sodann die tröstliche Absolution über ihn ausge-
sprochen. Nachdem der Inquisitor sich retiriret, sey ihm
gantz gutes Eßen und Trincken gebracht worden, iener aber
nach der Mahlzeit wieder zu ihm kommen und habe ihm eine
halbstündige Vermahnung gehalten, sodann ein Creutz
mit weißer Creide ihm auf die lincke Brust des Camisohles
gemahlet, und ihn seinen Weg in Friede gehen heißen, daß
er also noch denselben Tag seine Freyheit wieder erlan-
get. Mit gedachtem Creutz werden, wie er uns be-
richtete, alle diejenigen welche in der inquisition
gewesen, bezeichnet, und ist es eine besondre Gnade,
wenn ihnen solches nicht auf den Rock gemacht wird,
weil sie es bey Strafe des Bannes und neuer Ungele-
genheit nicht abwischen dürffen, sondern so lange tragen
müßen, bis es allmählich von selbsten verlöschet.
Er meldete dabey, daß der Inquisitor dergleichen Creide
von allerhand Couleur habe, und solche nach Unter-
schied derer Verbrechen auf obgedachte Weise em-
ploire. Die Veranlaßung zu der zweyten Un-
gelegenheit sey eine Fischerey gewesen, welche er mit
etlichen guten Freunden in der intention vorgenommen,
das Gefangene zu verzehren. Weil sie aber wegen
contrairen Wetters nichts gefangen, und gleichwol
sehr hungrig gewesen, so habe man bey einem Bauer
drey Hüner gekauft, auch solche gebraten und ge-
geßen, ohnerachtet es Sonnabend und folglich Fast-Tag
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |