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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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zur Linken die gedachte Puselle Jeanne d'Arc. Beyde sind in völligem Harnisch mit dem
degen an der Seite. Der König hat das französische Wagen, Crone, und Casquet, und die Pucelle
gleichfals ihr casquet neben sich stehen, diese letzte auch die Haare dichte am Genick zusammen-
gebunden, und sodann lang und breit über den Rücken herunter hangen, alles vorgedachte aus
dem Postament stehende ist von Pronce, doch nicht recht völlig in Lebens größe gegosen. jährlich
wird den 12 Mäy Hier eine Solenne Procession gehalten, weil eben die Engelländer an diesem
Tage durch dieses Mädgen genöthiget worden die Belagerung von Orleans auf zu heben.

5.) den sogenannten Hafen, der aber nichts anders, als die Gegend des Flußes Loire ist, wo die Kaufmanns
Schiffe liegen, welche mit allerhand Waren zwischen hier und Nantes auf der Loire ab und zu
fahren. Sie sind aber weder gar groß noch recht gebauet, gehen iedoch alle mit Seegeln.
Die ehemals sonderlich auch in Facultata juridira berühmt gewesenen Universitat alhier
ist iezo in völliges decadance und kein Professor vorhanden, deßen Nahme außer der
Stadt bekant wäre. Wir wollten noch nachdem sogenannten hource fahren, woselbst
die Loiret, oder klein Loire welche bald in die große Loire fält, so gleich bey der Quelle der-
maaßen stark ist, daß sie ein Schiff tragen kann, und sollten dabey etliche wohlgebaute
Landhäuser seyn. Weil es aber 2 Stunden von der Stadt entfernt, wir auch mit dem
massonischen Frauenzimmer uns nicht behangen wollten, unterblieb es. Die Stadt ist
groß, aber schlecht und räuchrich und voller Armuth, eine Anzahl Kaufleute aus-
genommen, wie denn in allen französischen Provintzien unter dem gemeinen Land und Stadt-Volk
die miserie fast überhand genommen hat. Die Uhrsachen sind der letzte Winter, so dann daß -
in 5 Jahren weder Wein noch Frucht recht gerathen, und endlich gleichwohl aber die Gaben nicht
vermindert worden, die interruption des Americanischen commercii durch den Englyschen Krieg
mit Spanien, welcher Zufall, da Frankreich das meiste Gold und Silber über Spanien aus Ame-
rica bekommen muß den Geld Mangel verursacht. Die Werbung ist sonst dermahlen hier
wie in allen großen Städten sehr starck, und ist die Land-Straße allenthalben mit recrouten, welche=
nach Paris abgeführet worden, angefüllet.

den 22 Juny

hielten wir in Orleans Rasttag, um alles was von rückständiger Arbeit oder Schreiberey
in Paris nicht fertig werden können in völlige Richtigkeit zu bringen, und Illustrissimus profi-
tierten von der Gelegenheit des khe kühlen Kellers in Ihnen dienlich scheinendes laxans
zu nehmen, welches Ihnen auch vollkommen wohl bekam, und wir

den 23 Juni

nach vorher bey Monsieur Masson genommenen Abschied auch von demselben empfangenen
Presant an 4 bouteilles Alicanten-Wein, unserer Reise über Chambor, welches nur eine
Post außer der ordentlichen route ist, recht frisch und gesund fort setzeten.
Chambor, wo selbst der König Stanislaus bey seiner ersten Aufnahme in Frankreich
bekanntermaaßen 9. Jahr gewohnet, ist von Francisco I. mitten in einem
Großen Parc erbauet. Das Gebäude ist zwar a la Gothique durchaus von quader-Stücken und

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zur Linken die gedachte Puselle Jeanne d’Arc. Beyde sind in völligem Harnisch mit dem
degen an der Seite. Der König hat das französische Wagen, Crone, und Casquet, und die Pucelle
gleichfals ihr casquet neben sich stehen, diese letzte auch die Haare dichte am Genick zusammen-
gebunden, und sodann lang und breit über den Rücken herunter hangen, alles vorgedachte aus
dem Postament stehende ist von Pronce, doch nicht recht völlig in Lebens größe gegosen. jährlich
wird den 12 Mäy Hier eine Solenne Procession gehalten, weil eben die Engelländer an diesem
Tage durch dieses Mädgen genöthiget worden die Belagerung von Orleans auf zu heben.

5.) den sogenannten Hafen, der aber nichts anders, als die Gegend des Flußes Loire ist, wo die Kaufmanns
Schiffe liegen, welche mit allerhand Waren zwischen hier und Nantes auf der Loire ab und zu
fahren. Sie sind aber weder gar groß noch recht gebauet, gehen iedoch alle mit Seegeln.
Die ehemals sonderlich auch in Facultata juridira berühmt gewesenen Universitat alhier
ist iezo in völliges decadance und kein Professor vorhanden, deßen Nahme außer der
Stadt bekant wäre. Wir wollten noch nachdem sogenannten hource fahren, woselbst
die Loiret, oder klein Loire welche bald in die große Loire fält, so gleich bey der Quelle der-
maaßen stark ist, daß sie ein Schiff tragen kann, und sollten dabey etliche wohlgebaute
Landhäuser seyn. Weil es aber 2 Stunden von der Stadt entfernt, wir auch mit dem
massonischen Frauenzimmer uns nicht behangen wollten, unterblieb es. Die Stadt ist
groß, aber schlecht und räuchrich und voller Armuth, eine Anzahl Kaufleute aus-
genommen, wie denn in allen französischen Provintzien unter dem gemeinen Land und Stadt-Volk
die miserie fast überhand genommen hat. Die Uhrsachen sind der letzte Winter, so dann daß -
in 5 Jahren weder Wein noch Frucht recht gerathen, und endlich gleichwohl aber die Gaben nicht
vermindert worden, die interruption des Americanischen commercii durch den Englyschen Krieg
mit Spanien, welcher Zufall, da Frankreich das meiste Gold und Silber über Spanien aus Ame-
rica bekommen muß den Geld Mangel verursacht. Die Werbung ist sonst dermahlen hier
wie in allen großen Städten sehr starck, und ist die Land-Straße allenthalben mit recrouten, welche= 
nach Paris abgeführet worden, angefüllet.

den 22 Juny

hielten wir in Orleans Rasttag, um alles was von rückständiger Arbeit oder Schreiberey
in Paris nicht fertig werden können in völlige Richtigkeit zu bringen, und Illustrissimus profi-
tierten von der Gelegenheit des khe kühlen Kellers in Ihnen dienlich scheinendes laxans
zu nehmen, welches Ihnen auch vollkommen wohl bekam, und wir

den 23 Juni

nach vorher bey Monsieur Masson genommenen Abschied auch von demselben empfangenen
Presant an 4 bouteilles Alicanten-Wein, unserer Reise über Chambor, welches nur eine
Post außer der ordentlichen route ist, recht frisch und gesund fort setzeten.
Chambor, wo selbst der König Stanislaus bey seiner ersten Aufnahme in Frankreich
bekanntermaaßen 9. Jahr gewohnet, ist von Francisco I. mitten in einem
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[0356] 171 zur Linken die gedachte Puselle Jeanne d’Arc. Beyde sind in völligem Harnisch mit dem degen an der Seite. Der König hat das französische Wagen, Crone, und Casquet, und die Pucelle gleichfals ihr casquet neben sich stehen, diese letzte auch die Haare dichte am Genick zusammen- gebunden, und sodann lang und breit über den Rücken herunter hangen, alles vorgedachte aus dem Postament stehende ist von Pronce, doch nicht recht völlig in Lebens größe gegosen. Jährl. wird den 12 Mäy Hier eine Solenne Procession gehalten, weil eben die Engelländer an diesem Tage durch dieses Mädgen genöthiget worden die Belagerung von Orleans auf zu heben. 5.) den sogenannten Hafen, der aber nichts anders, als die Gegend des Flußes Loire ist, wo die Kaufmanns Schiffe liegen, welche mit allerhand Waren zwischen hier und Nantes auf der Loire ab und zu fahren. Sie sind aber weder gar groß noch recht gebauet, gehen iedoch alle mit Seegeln. Die ehemals sonderlich auch in Facultata juridira berühmt gewesenen Universitat alhier ist iezo in völliges decadance und kein Professor vorhanden, deßen Nahme außer der Stadt bekant wäre. Wir wollten noch nachdem sogenannten hource fahren, woselbst die Loiret, oder klein Loire welche bald in die große Loire fält, so gleich bey der Quelle der- maaßen stark ist, daß sie ein Schiff tragen kann, und sollten dabey etliche wohlgebaute Landhäuser seyn. Weil es aber 2 Stunden von der Stadt entfernt, wir auch mit dem massonischen Frauenzimmer uns nicht behangen wollten, unterblieb es. Die Stadt ist groß, aber schlecht und räuchrich und voller Armuth, eine Anzahl Kaufleute aus- genommen, wie denn in allen französischen Provintzien unter dem gemeinen Land und Stadt-Volk die miserie fast überhand genommen hat. Die Uhrsachen sind der letzte Winter, so dann daß - in 5 Jahren weder Wein noch Frucht recht gerathen, und endlich gleichwohl aber die Gaben nicht vermindert worden, die interruption des Americanischen commercii durch den Englyschen Krieg mit Spanien, welcher Zufall, da Frankreich das meiste Gold und Silber über Spanien aus Ame- rica bekommen muß den Geld Mangel verursacht. Die Werbung ist sonst dermahlen hier wie in allen großen Städten sehr starck, und ist die Land-Straße allenthalben mit recrouten, welche=  nach Paris abgeführet worden, angefüllet. den 22 Juny hielten wir in Orleans Rasttag, um alles was von rückständiger Arbeit oder Schreiberey in Paris nicht fertig werden können in völlige Richtigkeit zu bringen, und Illmus profi- tierten von der Gelegenheit des kühlen Kellers in Ihnen dienlich scheinendes laxans zu nehmen, welches Ihnen auch vollkommen wohl bekam, und wir den 23 Jun. nach vorher bey Mr. Masson genommenen Abschied auch von demselben empfangenen Presant an 4 bout. Alicanten-Wein, unserer Reise über Chambor, welches nur eine Post außer der ordentlichen route ist, recht frisch und gesund fort setzeten. Chambor, wo selbst der König Stanislaus bey seiner ersten Aufnahme in Frankreich bekanntermaaßen 9. Jahr gewohnet, ist von Francisco I. mitten in einem Großen Parc erbauet. Das Gebäude ist zwar à la Gothique durchaus von quader-Stücken und

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/356>, abgerufen am 23.11.2024.