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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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unsern Weg weiter fort, und oblegeten also legten 1/4 Stunde oberhalb der Stadt die
Provintz Guienne zurück. Je weiter man sich von Bordeaux entfernet,
ie rarer wird der Weinwachs in dieser provintz, und iemehr nimmt hin-
gegen der Wiesenwachs und Fruchtbau zu. Nichts desto weniger aber ist we-
der Butter noch Käse in diesem Lande zu haben, weil man die Kühe, so-
bald sie gekalbet, und die Kälber tüchtig sind, weiter nicht melcket, son-
dern, gleich denen Ochsen, zum aufspannen gebrauchet, welches von
der Beschaffenheit des Grases herrühren soll, wodurch die Kühe zwar
Fett du starck, aber nicht Milchreich werden. Wie uns denn erzehlet
worden, daß man Kühe aus Bretagne mit Mägden kommen laße aus diesem
Lande kommen laßen, demnach aber nicht länger als 3 bis 4 Monathe Butter und Käse machen können,
weil nach der Zeit die Kühe versiegen. Die Ochsen dieses Landes sind zur
Feldarbeit vortrefflich, und schnein schneiden die meisten HausWirthe
ihnen das eine Horn ab, damit sie mit sie mit denen Köpfen desto näher
an ein Joch zusammen gespannet werden können, und praetendiret mann,
daß diese Operation dem Viehe sehr gesund sey, und durch das abgeschnittene
Horn mancherley böse Feuchtigkeiten abgeführet werden sollen. Die Ochsen=
Knechte führen keine Peitschen, sondern regieren und treiben ihre unterge-
bene mit einer langen Stange, welche oben mit einem kurtzen stumpfen
Stachel versehen ist. Die Pflüge haben keine Räder, auch nur eine handhabe
oder Horn, und sehen einem Rührhacken gleich. Egen sind gar nicht bekant,
und wird diese Art der Feld=Arbeit durch Menschen-Hände vermittelst ei-
nes eisernen instruments verrichtet. Die Tauben=Häuser stehen nicht,
wie bey uns, in denen Vorwercken, sondern mehrentheils gantz separi-
ret, entweder vor denen Höfen, oder im Felde, und haben oben im
Dach nur etliche wenige Löcher zum Aus= und Einfliegen, übrigens aber,
außer der Thür, nicht die geringste Öffnung, daß also die Tauben auf -
solche Weise in diesem ohnedies warmen Lande in sehr großer Hitze wohnen,
welches, wie wir berichtet worden, zu ihrer desto häufigern Vermehrung viel
beytragen soll. Aber aus der Wirthschaft wieder auf die Post-Straße
zu kommen, so führete uns dieselbe, wie gedacht 1/4 Stunde hinter
Montauban in die Provintz Languedoc. Die vortrefliche

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unsern Weg weiter fort, und oblegeten also legten ¼ Stunde oberhalb der Stadt die
Provintz Guienne zurück. Je weiter man sich von Bordeaux entfernet,
ie rarer wird der Weinwachs in dieser provintz, und iemehr nimmt hin-
gegen der Wiesenwachs und Fruchtbau zu. Nichts desto weniger aber ist we-
der Butter noch Käse in diesem Lande zu haben, weil man die Kühe, so-
bald sie gekalbet, und die Kälber tüchtig sind, weiter nicht melcket, son-
dern, gleich denen Ochsen, zum aufspannen gebrauchet, welches von
der Beschaffenheit des Grases herrühren soll, wodurch die Kühe zwar
Fett du starck, aber nicht Milchreich werden. Wie uns denn erzehlet
worden, daß man Kühe aus Bretagne mit Mägden kommen laße aus diesem
Lande kommen laßen, demnach aber nicht länger als 3 bis 4 Monathe Butter und Käse machen können,
weil nach der Zeit die Kühe versiegen. Die Ochsen dieses Landes sind zur
Feldarbeit vortrefflich, und schnein schneiden die meisten HausWirthe
ihnen das eine Horn ab, damit sie mit sie mit denen Köpfen desto näher
an ein Joch zusammen gespannet werden können, und praetendiret mann,
daß diese Operation dem Viehe sehr gesund sey, und durch das abgeschnittene
Horn mancherley böse Feuchtigkeiten abgeführet werden sollen. Die Ochsen=
Knechte führen keine Peitschen, sondern regieren und treiben ihre unterge-
bene mit einer langen Stange, welche oben mit einem kurtzen stumpfen
Stachel versehen ist. Die Pflüge haben keine Räder, auch nur eine handhabe
oder Horn, und sehen einem Rührhacken gleich. Egen sind gar nicht bekant,
und wird diese Art der Feld=Arbeit durch Menschen-Hände vermittelst ei-
nes eisernen instruments verrichtet. Die Tauben=Häuser stehen nicht,
wie bey uns, in denen Vorwercken, sondern mehrentheils gantz separi-
ret, entweder vor denen Höfen, oder im Felde, und haben oben im
Dach nur etliche wenige Löcher zum Aus= und Einfliegen, übrigens aber,
außer der Thür, nicht die geringste Öffnung, daß also die Tauben auf -
solche Weise in diesem ohnedies warmen Lande in sehr großer Hitze wohnen,
welches, wie wir berichtet worden, zu ihrer desto häufigern Vermehrung viel
beytragen soll. Aber aus der Wirthschaft wieder auf die Post-Straße
zu kommen, so führete uns dieselbe, wie gedacht ¼ Stunde hinter
Montauban in die Provintz Languedoc. Die vortrefliche

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[0380] 183 unsern Weg weiter fort, und legten ¼ Stunde oberhalb der Stadt die Provintz Guienne zurück. Je weiter man sich von Bordeaux entfernet, ie rarer wird der Weinwachs in dieser provintz, und iemehr nimmt hin- gegen der Wiesenwachs und Fruchtbau zu. Nichts desto weniger aber ist we- der Butter noch Käse in diesem Lande zu haben, weil man die Kühe, so- bald sie gekalbet, und die Kälber tüchtig sind, weiter nicht melcket, son- dern, gleich denen Ochsen, zum aufspannen gebrauchet, welches von der Beschaffenheit des Grases herrühren soll, wodurch die Kühe zwar Fett du starck, aber nicht Milchreich werden. Wie uns denn erzehlet worden, daß man Kühe aus Bretagne mit Mägden aus diesem Lande kommen laßen, demnach aber nicht länger als 3 bis 4 Monathe Butter und Käse machen können, weil nach der Zeit die Kühe versiegen. Die Ochsen dieses Landes sind zur Feldarbeit vortrefflich, und schneiden die meisten HausWirthe ihnen das eine Horn ab, damit sie mit denen Köpfen desto näher an ein Joch zusammen gespannet werden können, und praetendiret man, daß diese Operation dem Viehe sehr gesund sey, und durch das abgeschnittene Horn mancherley böse Feuchtigkeiten abgeführet werden sollen. Die Ochsen= Knechte führen keine Peitschen, sondern regieren und treiben ihre unterge- bene mit einer langen Stange, welche oben mit einem kurtzen stumpfen Stachel versehen ist. Die Pflüge haben keine Räder, auch nur eine handhabe oder Horn, und sehen einem Rührhacken gleich. Egen sind gar nicht bekant, und wird diese Art der Feld=Arbeit durch Menschen-Hände vermittelst ei- nes eisernen instruments verrichtet. Die Tauben=Häuser stehen nicht, wie bey uns, in denen Vorwercken, sondern mehrentheils gantz separi- ret, entweder vor denen Höfen, oder im Felde, und haben oben im Dach nur etliche wenige Löcher zum Aus= und Einfliegen, übrigens aber, außer der Thür, nicht die geringste Öffnung, daß also die Tauben auf - solche Weise in diesem ohnedies warmen Lande in sehr großer Hitze wohnen, welches, wie wir berichtet worden, zu ihrer desto häufigern Vermehrung viel beytragen soll. Aber aus der Wirthschaft wieder auf die Post-Straße zu kommen, so führete uns dieselbe, wie gedacht ¼ Stunde hinter Montauban in die Provintz Languedoc. Die vortrefliche

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/380>, abgerufen am 23.11.2024.