Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].308 Bogen oben eine Oeffnung bleibet, damit die Cardinäle auf be-sagter Galerie zwar promeniren, doch aber keine weitere Communication ins freye haben können. Den Eingang zu diesem großen Cardinals-Gefängniß machet eine breite Treppe, welche zur Wahl-Zeit mit einer starcken Soldaten- Wache besetzet, auch von dieser, vermittelst eines aufgerichteten Schranckens, so weit eingenommen wird, daß nicht 2 oder mehrere Personen neben einander hinauf und hinunter kommen können, sondern nur ein eintzeler Mensch auf- und absteigen kan. Die sogenannte Sala Regia, in welche man nach über- stiegener Treppe hineintritt, ist gleichsam die general antichambre von dem gantzen Conclave, und der eintzige Zugang zu denen schon beschriebenen Behältnißen der Cardi- näle. In diesem Saal finden sich die famosen großen Ge- mählde, auf deren Auskratzung alle christliche, wenigstens catholischer weltlicher Potentaten einmütig dringen solten. Das eine repaesentiret die, bekanter|maßen, zu Venedig geschehene Submission Kaysers Friedrichs des 1sten an Pabst Gregorium. Der Pabst sitzet auf einem Thron, und setzet dem vor ihm auf den Knien gebückt liegenden Kayser seinen rechten Fuß auf die lincke Schulter. Das Scepter des Kaysers liegt auf der Erde, und die Crone wird von einem neben demselben stehenden Herrn, welcher mit einem schwartzen Mantel= Kleide angethan ist, in denen Händen gehalten. Die unter diesem Bilde stehende lateinische Schrift ist aus andern Büchern bekannt. Nach der Vorstellung eines andern Gemähldes, hat der auf dem Thron sitzende Pabst einen nackenden, und mit einem Gewand halb bedeckten Menschen auf den Knien vor sich liegen, welcher mit der Hand an die Brust schläget, und den Kopf tief neiget. Neben diesem Menschen lieget ein mit der frantzösischen Lilie geziertes Scepter auf der Erde, hinter ihm aber hält ein Page eine Machine in den Händen, welche halb einem Helm, und halt einer Crone ähnlich siehet. Neben dem Pabst stehen 2 Geistliche, welche eine Schrift mit anhän- gendem Siegel, wodurch vermuthlich eine absolutions-Bulle angedeutet werden soll, in den Händen halten. Die Schrift unter diesem Gemählde ist ausgelöschet, und sind davon nur noch die beyden Worte zu lesen: Gregorius und Supplicem. Allen Umständen nach, soll der arme nackende Sünder den großen Henri IV, und das gantze Bild seine Submission unter 308 Bogen oben eine Oeffnung bleibet, damit die Cardinäle auf be-sagter Galerie zwar promeniren, doch aber keine weitere Communication ins freye haben können. Den Eingang zu diesem großen Cardinals-Gefängniß machet eine breite Treppe, welche zur Wahl-Zeit mit einer starcken Soldaten- Wache besetzet, auch von dieser, vermittelst eines aufgerichteten Schranckens, so weit eingenommen wird, daß nicht 2 oder mehrere Personen neben einander hinauf und hinunter kommen können, sondern nur ein eintzeler Mensch auf- und absteigen kan. Die sogenannte Sala Regia, in welche man nach über- stiegener Treppe hineintritt, ist gleichsam die general antichambre von dem gantzen Conclave, und der eintzige Zugang zu denen schon beschriebenen Behältnißen der Cardi- näle. In diesem Saal finden sich die famosen großen Ge- mählde, auf deren Auskratzung alle christliche, wenigstens catholischer weltlicher Potentaten einmütig dringen solten. Das eine repaesentiret die, bekanter|maßen, zu Venedig geschehene Submission Kaysers Friedrichs des 1sten an Pabst Gregorium. Der Pabst sitzet auf einem Thron, und setzet dem vor ihm auf den Knien gebückt liegenden Kayser seinen rechten Fuß auf die lincke Schulter. Das Scepter des Kaysers liegt auf der Erde, und die Crone wird von einem neben demselben stehenden Herrn, welcher mit einem schwartzen Mantel= Kleide angethan ist, in denen Händen gehalten. Die unter diesem Bilde stehende lateinische Schrift ist aus andern Büchern bekannt. Nach der Vorstellung eines andern Gemähldes, hat der auf dem Thron sitzende Pabst einen nackenden, und mit einem Gewand halb bedeckten Menschen auf den Knien vor sich liegen, welcher mit der Hand an die Brust schläget, und den Kopf tief neiget. Neben diesem Menschen lieget ein mit der frantzösischen Lilie geziertes Scepter auf der Erde, hinter ihm aber hält ein Page eine Machine in den Händen, welche halb einem Helm, und halt einer Crone ähnlich siehet. Neben dem Pabst stehen 2 Geistliche, welche eine Schrift mit anhän- gendem Siegel, wodurch vermuthlich eine absolutions-Bulle angedeutet werden soll, in den Händen halten. Die Schrift unter diesem Gemählde ist ausgelöschet, und sind davon nur noch die beyden Worte zu lesen: Gregorius und Supplicem. Allen Umständen nach, soll der arme nackende Sünder den großen Henri IV, und das gantze Bild seine Submission unter <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0630"/><fw type="folNum" place="top">308</fw><lb/> Bogen oben eine Oeffnung bleibet, damit die Cardinäle auf be-<lb/> sagter Galerie zwar promeniren, doch aber keine weitere<lb/> Communication ins freye haben können. 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Bogen oben eine Oeffnung bleibet, damit die Cardinäle auf be-
sagter Galerie zwar promeniren, doch aber keine weitere
Communication ins freye haben können. Den Eingang zu
diesem großen Cardinals-Gefängniß machet eine breite
Treppe, welche zur Wahl-Zeit mit einer starcken Soldaten-
Wache besetzet, auch von dieser, vermittelst eines aufgerichteten
Schranckens, so weit eingenommen wird, daß nicht 2 oder mehrere
Personen neben einander hinauf und hinunter kommen
können, sondern nur ein eintzeler Mensch auf- und absteigen
kan. Die sogenannte Sala Regia, in welche man nach über-
stiegener Treppe hineintritt, ist gleichsam die general
antichambre von dem gantzen Conclave, und der eintzige
Zugang zu denen schon beschriebenen Behältnißen der Cardi-
näle. In diesem Saal finden sich die famosen großen Ge-
mählde, auf deren Auskratzung alle christliche, wenigstens cathol:r
weltl:r Potentaten einmütig dringen solten. Das eine
repaesentiret die, bekanter|maßen, zu Venedig geschehene
Submission Kaysers Friedrichs des 1sten an Pabst Gregorium.
Der Pabst sitzet auf einem Thron, und setzet dem vor ihm auf
den Knien gebückt liegenden Kayser seinen rechten Fuß
auf die lincke Schulter. Das Scepter des Kaysers liegt auf
der Erde, und die Crone wird von einem neben demselben
stehenden Herrn, welcher mit einem schwartzen Mantel=
Kleide angethan ist, in denen Händen gehalten. Die unter
diesem Bilde stehende lateinl: Schrift ist aus andern Büchern
bekannt. Nach der Vorstellung eines andern Gemähldes, hat
der auf dem Thron sitzende Pabst einen nackenden, und mit
einem Gewand halb bedeckten Menschen auf den Knien
vor sich liegen, welcher mit der Hand an die Brust schläget,
und den Kopf tief neiget. Neben diesem Menschen lieget ein
mit der frantzöl:n Lilie geziertes Scepter auf der Erde, hinter
ihm aber hält ein Page eine Machine in den Händen, welche
halb einem Helm, und halt einer Crone ähnlich siehet. Neben
dem Pabst stehen 2 Geistliche, welche eine Schrift mit anhän-
gendem Siegel, wodurch vermuthlich eine absolutions-Bulle
angedeutet werden soll, in den Händen halten. Die Schrift
unter diesem Gemählde ist ausgelöschet, und sind davon
nur noch die beyden Worte zu lesen: Gregorius und Supplicem.
Allen Umständen nach, soll der arme nackende Sünder den
großen Henri IV, und das gantze Bild seine Submission unter
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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