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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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De his, qui sui vel alieni iuris sunt.
lich wozu brauchten die römischen Gesetzgeber den Behelf
einer Fiction, die die Legitimation als eine Wohlthat für
den Vater einführten? War ihr Wille allein nicht kräftig
genug? Zwar bedienten sich die römischen Rechtsgelehrten
solcher Erdichtungen öfters, wenn sie von der Strenge
der Gesetze abwichen, um ihre aufgestellten Sätze damit
zu coloriren 66); allein nicht von diesen, sondern von den
römischen Kaisern selbst ist ja die Legitimation eingeführt
worden. Konnten nun diese nicht ohne Fiction kraft
ihrer gesetzgebenden Gewalt den unehelichen Kindern
die Rechte ehelich gebohrner unter gewissen Bestim-
mungen beylegen? Zweytens würde, wenn man eine
solche retrotractivische Fiction annehmen wollte, hier-
aus offenbar folgen, daß die aus einem Stuprum erzeug-
te Kinder (spurii) nach dem Civilrecht hätten legiti-
mirt werden können, weil deren Eltern zur Zeit des
Beyschlafs die Ehe frey stund; und doch erstreckte sich die
Wohlthat der Legitimation auf diese nach römischen Rech-
ten nicht. Drittens hat Justinian vermöge der Nov. 78.
cap.
4. sogar die Legitimation durch nachfolgende Ehe zu-
gelassen, wenn gleich die Mutter zur Zeit der Conception
oder der Geburt der Kinder noch Sclavin gewesen, wie reimt
sich dieß mit jener retrotractivischen Erdichtung zusam-
men? Selbst diejenigen, welche sie annehmen, müssen

daher
dectar. h. t. §. 11. besonders aber I. H. boehmer in Diss.
de legitimat. ex damnato coitu nator.
§. 14. und Car. Seb.
berardus in Commentar. in Ius Eccles. univ. Tom. III.
Dissert. VI. Qu. 2. pag.
174.
66) Ant. Dad. alteserra de fictionibus iuris, Paris 1659. 4.
et ex recens. eisenharti Halae 1769. 8. Christ. Iac. zahn
Diss. de fictionibus iuris Rom. Tubingae 1787. praeside Christ.
gmelin defensa.
Q 5

De his, qui ſui vel alieni iuris ſunt.
lich wozu brauchten die roͤmiſchen Geſetzgeber den Behelf
einer Fiction, die die Legitimation als eine Wohlthat fuͤr
den Vater einfuͤhrten? War ihr Wille allein nicht kraͤftig
genug? Zwar bedienten ſich die roͤmiſchen Rechtsgelehrten
ſolcher Erdichtungen oͤfters, wenn ſie von der Strenge
der Geſetze abwichen, um ihre aufgeſtellten Saͤtze damit
zu coloriren 66); allein nicht von dieſen, ſondern von den
roͤmiſchen Kaiſern ſelbſt iſt ja die Legitimation eingefuͤhrt
worden. Konnten nun dieſe nicht ohne Fiction kraft
ihrer geſetzgebenden Gewalt den unehelichen Kindern
die Rechte ehelich gebohrner unter gewiſſen Beſtim-
mungen beylegen? Zweytens wuͤrde, wenn man eine
ſolche retrotractiviſche Fiction annehmen wollte, hier-
aus offenbar folgen, daß die aus einem Stuprum erzeug-
te Kinder (ſpurii) nach dem Civilrecht haͤtten legiti-
mirt werden koͤnnen, weil deren Eltern zur Zeit des
Beyſchlafs die Ehe frey ſtund; und doch erſtreckte ſich die
Wohlthat der Legitimation auf dieſe nach roͤmiſchen Rech-
ten nicht. Drittens hat Juſtinian vermoͤge der Nov. 78.
cap.
4. ſogar die Legitimation durch nachfolgende Ehe zu-
gelaſſen, wenn gleich die Mutter zur Zeit der Conception
oder der Geburt der Kinder noch Sclavin geweſen, wie reimt
ſich dieß mit jener retrotractiviſchen Erdichtung zuſam-
men? Selbſt diejenigen, welche ſie annehmen, muͤſſen

daher
dectar. h. t. §. 11. beſonders aber I. H. boehmer in Diſſ.
de legitimat. ex damnato coitu nator.
§. 14. und Car. Seb.
berardus in Commentar. in Ius Eccleſ. univ. Tom. III.
Diſſert. VI. Qu. 2. pag.
174.
66) Ant. Dad. alteserra de fictionibus iuris, Paris 1659. 4.
et ex recenſ. eisenharti Halae 1769. 8. Chriſt. Iac. zahn
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Q 5
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[249/0263] De his, qui ſui vel alieni iuris ſunt. lich wozu brauchten die roͤmiſchen Geſetzgeber den Behelf einer Fiction, die die Legitimation als eine Wohlthat fuͤr den Vater einfuͤhrten? War ihr Wille allein nicht kraͤftig genug? Zwar bedienten ſich die roͤmiſchen Rechtsgelehrten ſolcher Erdichtungen oͤfters, wenn ſie von der Strenge der Geſetze abwichen, um ihre aufgeſtellten Saͤtze damit zu coloriren 66); allein nicht von dieſen, ſondern von den roͤmiſchen Kaiſern ſelbſt iſt ja die Legitimation eingefuͤhrt worden. Konnten nun dieſe nicht ohne Fiction kraft ihrer geſetzgebenden Gewalt den unehelichen Kindern die Rechte ehelich gebohrner unter gewiſſen Beſtim- mungen beylegen? Zweytens wuͤrde, wenn man eine ſolche retrotractiviſche Fiction annehmen wollte, hier- aus offenbar folgen, daß die aus einem Stuprum erzeug- te Kinder (ſpurii) nach dem Civilrecht haͤtten legiti- mirt werden koͤnnen, weil deren Eltern zur Zeit des Beyſchlafs die Ehe frey ſtund; und doch erſtreckte ſich die Wohlthat der Legitimation auf dieſe nach roͤmiſchen Rech- ten nicht. Drittens hat Juſtinian vermoͤge der Nov. 78. cap. 4. ſogar die Legitimation durch nachfolgende Ehe zu- gelaſſen, wenn gleich die Mutter zur Zeit der Conception oder der Geburt der Kinder noch Sclavin geweſen, wie reimt ſich dieß mit jener retrotractiviſchen Erdichtung zuſam- men? Selbſt diejenigen, welche ſie annehmen, muͤſſen daher 65) 66) Ant. Dad. alteserra de fictionibus iuris, Paris 1659. 4. et ex recenſ. eisenharti Halae 1769. 8. Chriſt. Iac. zahn Diſſ. de fictionibus iuris Rom. Tubingae 1787. praeſide Chriſt. gmelin defenſa. 65) dectar. h. t. §. 11. beſonders aber I. H. boehmer in Diſſ. de legitimat. ex damnato coitu nator. §. 14. und Car. Seb. berardus in Commentar. in Ius Eccleſ. univ. Tom. III. Diſſert. VI. Qu. 2. pag. 174. Q 5

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/263>, abgerufen am 23.11.2024.