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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 7. Tit. §. 150.
dern, hat den ganz natürlichen Grund, weil es nicht
genug ist, daß jemand Kinder zeugen könne, sondern dabey
auch in einem solchen Alter stehen muß, daß nach rechtlicher
Fiction angenommen werden kann, er habe das Adoptiv-
kind selbst gezeugt. Wird nun gleich eine Mannsperson
nach zurückgelegten vierzehnden Jahre für tüchtig gehalten,
Kinder zu erzeugen, so hat man doch selten schon vor
dem achtzehenden Jahre Kinder 48). Jedoch will Pu-
fendorf
49) behaupten, daß heutiges Tages auf jenes
gesetzlich vorgeschriebene Alter nicht mehr so genau geach-
tet, sondern für hinreichend gehalten werde, wenn nur
der Adoptivvater Alters halber das angenommene Kind
zu gouverniren vermöge.

3) Darf auch die Adoption nicht auf bestimmte
Zeit in ihrer Wirkung eingeschränkt werden. Denn man
zeugt nicht Kinder, daß sie nur auf gewisse Zeit es seyn
sollen 50). Jedoch hindert dieses keinesweges, daß man
Adoptivkinder wieder emancipiren kann. Nur können
sie alsdann nicht von neuen an Kindesstatt angenommen

wer-
48) Ant. faber in Iurisprud. Papinian. Tit. X. Princ. III. Il-
lat. 2. -- Vel ipso naturae exemplo induci necesse fuit,
sagt
dieser elegante Rechtsgelehrte, ut non tam cito, nec ante ple-
nam pubertatem filium per adoptionem habuisse quis videretur,
siquidem in eo plus potest adoptio, quam matrimonium, quod
filium certo et indubitato facit, qui ex matrimonio cum con-
trahitur, tantum speratur. Atqui certum est, saltem post
plenam pubertatem esse quemlibet capacem generandi.
49) in Observat. iur. univ. Tom. IV. Obs. 63. §. 5.
50) Nec enim moribus nostris convenit, sagt Paulus L. 34.
in fin. D. h. t. filium temporalem habere. Faber in Iurispr.
Papinian.
a. a. O. Illat. IV. erklärt die Worte moribus no-
stris
von den moribus populi romani; allein ich verstehe es
überhaupt von der Natur und Sitten der Menschen.

1. Buch. 7. Tit. §. 150.
dern, hat den ganz natuͤrlichen Grund, weil es nicht
genug iſt, daß jemand Kinder zeugen koͤnne, ſondern dabey
auch in einem ſolchen Alter ſtehen muß, daß nach rechtlicher
Fiction angenommen werden kann, er habe das Adoptiv-
kind ſelbſt gezeugt. Wird nun gleich eine Mannsperſon
nach zuruͤckgelegten vierzehnden Jahre fuͤr tuͤchtig gehalten,
Kinder zu erzeugen, ſo hat man doch ſelten ſchon vor
dem achtzehenden Jahre Kinder 48). Jedoch will Pu-
fendorf
49) behaupten, daß heutiges Tages auf jenes
geſetzlich vorgeſchriebene Alter nicht mehr ſo genau geach-
tet, ſondern fuͤr hinreichend gehalten werde, wenn nur
der Adoptivvater Alters halber das angenommene Kind
zu gouverniren vermoͤge.

3) Darf auch die Adoption nicht auf beſtimmte
Zeit in ihrer Wirkung eingeſchraͤnkt werden. Denn man
zeugt nicht Kinder, daß ſie nur auf gewiſſe Zeit es ſeyn
ſollen 50). Jedoch hindert dieſes keinesweges, daß man
Adoptivkinder wieder emancipiren kann. Nur koͤnnen
ſie alsdann nicht von neuen an Kindesſtatt angenommen

wer-
48) Ant. faber in Iurisprud. Papinian. Tit. X. Princ. III. Il-
lat. 2. — Vel ipſo naturae exemplo induci neceſſe fuit,
ſagt
dieſer elegante Rechtsgelehrte, ut non tam cito, nec ante ple-
nam pubertatem filium per adoptionem habuiſſe quis videretur,
ſiquidem in eo plus poteſt adoptio, quam matrimonium, quod
filium certo et indubitato facit, qui ex matrimonio cum con-
trahitur, tantum ſperatur. Atqui certum eſt, ſaltem poſt
plenam pubertatem eſſe quemlibet capacem generandi.
49) in Obſervat. iur. univ. Tom. IV. Obſ. 63. §. 5.
50) Nec enim moribus noſtris convenit, ſagt Paulus L. 34.
in fin. D. h. t. filium temporalem habere. Faber in Iurispr.
Papinian.
a. a. O. Illat. IV. erklaͤrt die Worte moribus no-
ſtris
von den moribus populi romani; allein ich verſtehe es
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[304/0318] 1. Buch. 7. Tit. §. 150. dern, hat den ganz natuͤrlichen Grund, weil es nicht genug iſt, daß jemand Kinder zeugen koͤnne, ſondern dabey auch in einem ſolchen Alter ſtehen muß, daß nach rechtlicher Fiction angenommen werden kann, er habe das Adoptiv- kind ſelbſt gezeugt. Wird nun gleich eine Mannsperſon nach zuruͤckgelegten vierzehnden Jahre fuͤr tuͤchtig gehalten, Kinder zu erzeugen, ſo hat man doch ſelten ſchon vor dem achtzehenden Jahre Kinder 48). Jedoch will Pu- fendorf 49) behaupten, daß heutiges Tages auf jenes geſetzlich vorgeſchriebene Alter nicht mehr ſo genau geach- tet, ſondern fuͤr hinreichend gehalten werde, wenn nur der Adoptivvater Alters halber das angenommene Kind zu gouverniren vermoͤge. 3) Darf auch die Adoption nicht auf beſtimmte Zeit in ihrer Wirkung eingeſchraͤnkt werden. Denn man zeugt nicht Kinder, daß ſie nur auf gewiſſe Zeit es ſeyn ſollen 50). Jedoch hindert dieſes keinesweges, daß man Adoptivkinder wieder emancipiren kann. Nur koͤnnen ſie alsdann nicht von neuen an Kindesſtatt angenommen wer- 48) Ant. faber in Iurisprud. Papinian. Tit. X. Princ. III. Il- lat. 2. — Vel ipſo naturae exemplo induci neceſſe fuit, ſagt dieſer elegante Rechtsgelehrte, ut non tam cito, nec ante ple- nam pubertatem filium per adoptionem habuiſſe quis videretur, ſiquidem in eo plus poteſt adoptio, quam matrimonium, quod filium certo et indubitato facit, qui ex matrimonio cum con- trahitur, tantum ſperatur. Atqui certum eſt, ſaltem poſt plenam pubertatem eſſe quemlibet capacem generandi. 49) in Obſervat. iur. univ. Tom. IV. Obſ. 63. §. 5. 50) Nec enim moribus noſtris convenit, ſagt Paulus L. 34. in fin. D. h. t. filium temporalem habere. Faber in Iurispr. Papinian. a. a. O. Illat. IV. erklaͤrt die Worte moribus no- ſtris von den moribus populi romani; allein ich verſtehe es uͤberhaupt von der Natur und Sitten der Menſchen.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/318>, abgerufen am 23.11.2024.