Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.1. Buch. 8. Tit. §. 180. erlangen pflegt (causam acquirendi s. possidendi) 60). Die-sem Rechtstitel muß aber noch b) die bona fides des Be- sitzers beytreten, welche in einer iusta oder probabili opi- nione dominii ad se translati bestehet. Einen solchen Civilbesitz hätte also nur der wahre Eigenthümer, und derjenige Nichteigenthümer, welcher bonae fidei posses- sessor ist, d. i. welcher zwar eine fremde Sache besitzt, allein sie aus gerechter Ursach als sein Eigenthum ansie- het, und so lange ansehen kann, als kein anderer die Sa- che in Anspruch genommen hat. Diese Vorstellungsart gründet sich hauptsächlich auf die L. 10. Cod. de acquir. et retinenda possess in welcher der Kr. Constantin an einen gewissen Maternus folgendergestalt rescribirt: Nemo ambigit, possessionis duplicem esse rationem, aliam, quae iure consistit, aliam, quae corpore. Utramque autem ita demum esse legitimam, cum omnium adversario- rum silentio et taciturnitate firmatur. Interpellatione vero et controversia progressa, non posse eum intelligi possessorem, qui licet (possessionem) corpore teneat; tamen ex interposita contestatione super iure possessionis vacillet ac dubitet. Man beziehet dieses Gesetz nicht, wie gewöhnlich, auf die Ein- theilung der Posseßion in civilem und naturalem, son- dern versteht solches von den angeführten beyden Haupt- fundamenten eines zur Verjährung erforderlichen Civil- besitzes, nämlich der körperlichen Detention, und der gerechten Meinung des Besitzers, daß er Eigenthümer sey, welche aus dem iusto titulo cum bona fide coniuncto entsteht. Von diesen Attributen werde daher der Civilbesitz eine possessio legitima genennet, quae iure consistit 61). Einen blos natürlichen Be- sitz 60) L. 3. §. 21. D. de acquir. vel amitt. possess. 61) S. galvanus a. a. O. pag. 478. u. 479. Add. meril-
lius Observation. lib. II. cap. 32. 1. Buch. 8. Tit. §. 180. erlangen pflegt (cauſam acquirendi ſ. poſſidendi) 60). Die-ſem Rechtstitel muß aber noch b) die bona fides des Be- ſitzers beytreten, welche in einer iuſta oder probabili opi- nione dominii ad ſe translati beſtehet. Einen ſolchen Civilbeſitz haͤtte alſo nur der wahre Eigenthuͤmer, und derjenige Nichteigenthuͤmer, welcher bonae fidei poſſeſ- ſeſſor iſt, d. i. welcher zwar eine fremde Sache beſitzt, allein ſie aus gerechter Urſach als ſein Eigenthum anſie- het, und ſo lange anſehen kann, als kein anderer die Sa- che in Anſpruch genommen hat. Dieſe Vorſtellungsart gruͤndet ſich hauptſaͤchlich auf die L. 10. Cod. de acquir. et retinenda poſſeſſ in welcher der Kr. Conſtantin an einen gewiſſen Maternus folgendergeſtalt reſcribirt: Nemo ambigit, poſſeſſionis duplicem eſſe rationem, aliam, quae iure conſiſtit, aliam, quae corpore. Utramque autem ita demum eſſe legitimam, cum omnium adverſario- rum ſilentio et taciturnitate firmatur. Interpellatione vero et controverſia progreſſa, non poſſe eum intelligi poſſeſſorem, qui licet (poſſeſſionem) corpore teneat; tamen ex interpoſita conteſtatione ſuper iure poſſeſſionis vacillet ac dubitet. Man beziehet dieſes Geſetz nicht, wie gewoͤhnlich, auf die Ein- theilung der Poſſeßion in civilem und naturalem, ſon- dern verſteht ſolches von den angefuͤhrten beyden Haupt- fundamenten eines zur Verjaͤhrung erforderlichen Civil- beſitzes, naͤmlich der koͤrperlichen Detention, und der gerechten Meinung des Beſitzers, daß er Eigenthuͤmer ſey, welche aus dem iuſto titulo cum bona fide coniuncto entſteht. Von dieſen Attributen werde daher der Civilbeſitz eine poſſeſſio legitima genennet, quae iure conſiſtit 61). Einen blos natuͤrlichen Be- ſitz 60) L. 3. §. 21. D. de acquir. vel amitt. poſſeſſ. 61) S. galvanus a. a. O. pag. 478. u. 479. Add. meril-
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ſem Rechtstitel muß aber noch b) die bona fides des Be-
ſitzers beytreten, welche in einer iuſta oder probabili opi-
nione dominii ad ſe translati beſtehet. Einen ſolchen
Civilbeſitz haͤtte alſo nur der wahre Eigenthuͤmer, und
derjenige Nichteigenthuͤmer, welcher bonae fidei poſſeſ-
ſeſſor iſt, d. i. welcher zwar eine fremde Sache beſitzt,
allein ſie aus gerechter Urſach als ſein Eigenthum anſie-
het, und ſo lange anſehen kann, als kein anderer die Sa-
che in Anſpruch genommen hat. Dieſe Vorſtellungsart
gruͤndet ſich hauptſaͤchlich auf die L. 10. Cod. de acquir.
et retinenda poſſeſſ in welcher der Kr. Conſtantin an
einen gewiſſen Maternus folgendergeſtalt reſcribirt:
Nemo ambigit, poſſeſſionis duplicem eſſe rationem, aliam,
quae iure conſiſtit, aliam, quae corpore. Utramque
autem ita demum eſſe legitimam, cum omnium adverſario-
rum ſilentio et taciturnitate firmatur. Interpellatione vero
et controverſia progreſſa, non poſſe eum intelligi poſſeſſorem,
qui licet (poſſeſſionem) corpore teneat; tamen ex interpoſita
conteſtatione ſuper iure poſſeſſionis vacillet ac dubitet. Man
beziehet dieſes Geſetz nicht, wie gewoͤhnlich, auf die Ein-
theilung der Poſſeßion in civilem und naturalem, ſon-
dern verſteht ſolches von den angefuͤhrten beyden Haupt-
fundamenten eines zur Verjaͤhrung erforderlichen Civil-
beſitzes, naͤmlich der koͤrperlichen Detention, und
der gerechten Meinung des Beſitzers, daß er
Eigenthuͤmer ſey, welche aus dem iuſto titulo cum
bona fide coniuncto entſteht. Von dieſen Attributen
werde daher der Civilbeſitz eine poſſeſſio legitima genennet,
quae iure conſiſtit 61). Einen blos natuͤrlichen Be-
ſitz
60) L. 3. §. 21. D. de acquir. vel amitt. poſſeſſ.
61) S. galvanus a. a. O. pag. 478. u. 479. Add. meril-
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