German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Fünfftes Buch. argwohnet/ was ich ihrentwegen vom Knecht ge-dachte/ und dorfft doch nichts ahnden/ dann ich hätte ihr sonst vorgehalten/ daß ich in einer Stund nicht zugleich bey ihr und der Magd seyn können. Jndessen wurde ich mit dieser Anfechtung hefftig gepeiniget/ daß ich meinem Knecht ein Kind auffziehen/ und die Meinige nicht meine Erben seyn solten/ und daß ich noch darzustill schweigen/ und froh seyn muste/ daß gleichwol sonst niemand nichts darvon wuste. Mit solchen Gedancken martert ich mich täglich/ Das X. Capitel. DA ich mich nun wieder solcher gestalt in meine Clei- Z vj
Fuͤnfftes Buch. argwohnet/ was ich ihrentwegen vom Knecht ge-dachte/ und dorfft doch nichts ahnden/ dann ich haͤtte ihr ſonſt vorgehalten/ daß ich in einer Stund nicht zugleich bey ihr und der Magd ſeyn koͤnnen. Jndeſſen wurde ich mit dieſer Anfechtung hefftig gepeiniget/ daß ich meinem Knecht ein Kind auffziehen/ und die Meinige nicht meine Erben ſeyn ſolten/ und daß ich noch darzuſtill ſchweigen/ und froh ſeyn muſte/ daß gleichwol ſonſt niemand nichts darvon wuſte. Mit ſolchen Gedancken martert ich mich taͤglich/ Das X. Capitel. DA ich mich nun wieder ſolcher geſtalt in meine Clei- Z vj
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Fuͤnfftes Buch.
argwohnet/ was ich ihrentwegen vom Knecht ge-
dachte/ und dorfft doch nichts anden/ dann ich haͤtte
ihr ſonſt vorgehalten/ daß ich in einer Stund nicht
zugleich bey ihr und der Magd ſeyn koͤnnen. Jndeſſen
wurde ich mit dieſer Anfechtung hefftig gepeiniget/
daß ich meinem Knecht ein Kind auffziehen/ und die
Meinige nicht meine Erben ſeyn ſolten/ und daß ich
noch darzuſtill ſchweigen/ und froh ſeyn muſte/ daß
gleichwol ſonſt niemand nichts darvon wuſte.
Mit ſolchen Gedancken martert ich mich taͤglich/
aber mein Weid delectrte ſich ſtuͤndlich mit Wein/
denn ſie hatte ihr das Kaͤnngen ſint unſerer Hochzeit
dergeſtalt angewehnt/ daß es ihr ſelten vom Maul/
und ſie ſelbſten gleichſam keine Nacht ohne ein zimli-
chen Rauſch ſchlaffen gieng/ darvon ſoff ſie ihrem
Kind zeitlich das Leben ab/ und entzuͤndet ihr ſelbſten
das Gehenck dergeſtalt/ daß es ihr auch bald hernach
entfiele/ und mich wiederum zu einem Witwer mach-
te/ welches mir ſo zu Hertzen gienge/ daß ich mich faſt
kranck hieruͤber gelacht haͤtte.
Das X. Capitel.
DA ich mich nun wieder ſolcher geſtalt in meine
erſte Freyheit gefetzt befande/ mein Beutel aber
von Geld zimlich gelaͤeret/ hingegen meine groſſe
Haußhaltung mit vielem Viehe und Geſind beladen/
nam ich meinen Petter Melchior vor einen Vatter/
meine Goͤth/ ſeine Frau/ vor meine Mutter/ und den
Banckert Simplicium, der mir vor die Thuͤr geleget
worden/ vor meinen Erben an/ und uͤbergab dieſen
beyden Alten Hauß und Hof/ ſampt meinem gantzen
Vermoͤgen/ biß auff gar wenig gelbe Batzen und
Clei-
Z vj
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