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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Lustschlössern, Landhäusern, Gartengebäuden etc.
sind; die Höhe beträgt 162 Fuß. Inwendig liegen vier große Höfe. Die Vor-
derseite hat 34 Fenster und drey Haupteingänge, die vermittelst eben so vieler Gänge
durch das ganze Gebäude führen, und die vier Höfe mit dem Garten verbinden.
Die ganze innere Einrichtung ist vortrefflich, und der Reichthum und die Pracht,
die darinn herrscht, besonders die Kostbarkeit der schönsten Marmorarten steigt bis
zur Bewunderung. Kein andrer König kann so prächtig bauen, weil nirgends so
reiche Marmorbrüche, und in einer solchen Abwechselung und Schönheit sich finden,
als in Neapel und Sicilien. Hier sind allein auf 53 verschiedene einländische
Marmorarten gebraucht. Allein die symmetrischen Gartenanlagen kommen bey der
Schönheit dieses Gebäudes nicht in Betrachtung *).

Wir wenden von hier unsern Blick nach Sicilien. Nichts kann reizender
seyn, als die Gegend von Palermo. Sie vereinigt mit den Annehmlichkeiten der
Natur alle Verschönerungen der Kunst. Fruchtbare Hügel mit Weinstöcken und
mancherley Fruchtbäumen, blumenreiche mit vielen Bächen bewässerte Ebenen,
bald dicke Gebüsche, bald weite prächtige Aussichten auf der einen Seite contrastiren
lebhaft gegen kahle Berge, die gegenüber ihre Spitzen in den Wolken ruhen lassen,
gegen tiefe Höhlen und andere rauhe und fürchterliche Scenen der Natur. Man
erblickt hier eine Menge von Landhäusern in einem sehr mannichfaltigen Geschmack;
das eine scheint mit seinem Nachbar um Reichthum und Schönheit zu wetteifern,
das andre einfach und ländlich, wie die Wohnung des Weisen, sich in seinen Schat-
ten zu hüllen. Doch der größte Theil der adelichen Landhäuser ist theils östlich
a la Bagaria, einem kleinen Dorfe, zwölf Meilen von Palermo, theils west-
lich il Colle, sieben Meilen von der Stadt. In der letztern Gegend ist das Land-
haus des Prinzen Resutano eines der schönsten. Bey Bagaria haben die Prin-
zen von Castelnuova und Valguarnera sehr schöne Landsitze; der letzte hat in seinen
Gärten die Schönheiten zu vereinigen gesucht, die er auf seinen Reisen zu bemerken
Gelegenheit gehabt. In dieser Gegend sieht man auch den Palast des Prinzen von
Palagonia, der durch die abentheuerlichen Ausschweifungen seiner Verzierungen,
wovon außer andern Reisenden Brydone **) eine so komische Beschreibung giebt,

überall
*) Eine ausführliche Beschreibung die-
ses Lustschlosses giebt Volkmann im 3ten B.
seiner Nachrichten von Italien, S. 335
u. s. w., und eine Abbildung davon findet
man in dem seltnen Werke: Dechirazione
dei disegni del Reale Palazzo di Caserta.
[Spaltenumbruch] fol. In Napoli
1756. Auch hat der Dich-
ter Orazio Capelli zwey angenehme Ge-
sänge unter dem Titel: Caserta, 1778 in 8.
zu Neapel herausgegeben.
**) Reise durch Sicilien und Malta. 24
Br. Man vergleiche damit ein paar Ab-
bildun-
V Band. J i

Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.
ſind; die Hoͤhe betraͤgt 162 Fuß. Inwendig liegen vier große Hoͤfe. Die Vor-
derſeite hat 34 Fenſter und drey Haupteingaͤnge, die vermittelſt eben ſo vieler Gaͤnge
durch das ganze Gebaͤude fuͤhren, und die vier Hoͤfe mit dem Garten verbinden.
Die ganze innere Einrichtung iſt vortrefflich, und der Reichthum und die Pracht,
die darinn herrſcht, beſonders die Koſtbarkeit der ſchoͤnſten Marmorarten ſteigt bis
zur Bewunderung. Kein andrer Koͤnig kann ſo praͤchtig bauen, weil nirgends ſo
reiche Marmorbruͤche, und in einer ſolchen Abwechſelung und Schoͤnheit ſich finden,
als in Neapel und Sicilien. Hier ſind allein auf 53 verſchiedene einlaͤndiſche
Marmorarten gebraucht. Allein die ſymmetriſchen Gartenanlagen kommen bey der
Schoͤnheit dieſes Gebaͤudes nicht in Betrachtung *).

Wir wenden von hier unſern Blick nach Sicilien. Nichts kann reizender
ſeyn, als die Gegend von Palermo. Sie vereinigt mit den Annehmlichkeiten der
Natur alle Verſchoͤnerungen der Kunſt. Fruchtbare Huͤgel mit Weinſtoͤcken und
mancherley Fruchtbaͤumen, blumenreiche mit vielen Baͤchen bewaͤſſerte Ebenen,
bald dicke Gebuͤſche, bald weite praͤchtige Ausſichten auf der einen Seite contraſtiren
lebhaft gegen kahle Berge, die gegenuͤber ihre Spitzen in den Wolken ruhen laſſen,
gegen tiefe Hoͤhlen und andere rauhe und fuͤrchterliche Scenen der Natur. Man
erblickt hier eine Menge von Landhaͤuſern in einem ſehr mannichfaltigen Geſchmack;
das eine ſcheint mit ſeinem Nachbar um Reichthum und Schoͤnheit zu wetteifern,
das andre einfach und laͤndlich, wie die Wohnung des Weiſen, ſich in ſeinen Schat-
ten zu huͤllen. Doch der groͤßte Theil der adelichen Landhaͤuſer iſt theils oͤſtlich
a la Bagaria, einem kleinen Dorfe, zwoͤlf Meilen von Palermo, theils weſt-
lich il Colle, ſieben Meilen von der Stadt. In der letztern Gegend iſt das Land-
haus des Prinzen Reſutano eines der ſchoͤnſten. Bey Bagaria haben die Prin-
zen von Caſtelnuova und Valguarnera ſehr ſchoͤne Landſitze; der letzte hat in ſeinen
Gaͤrten die Schoͤnheiten zu vereinigen geſucht, die er auf ſeinen Reiſen zu bemerken
Gelegenheit gehabt. In dieſer Gegend ſieht man auch den Palaſt des Prinzen von
Palagonia, der durch die abentheuerlichen Ausſchweifungen ſeiner Verzierungen,
wovon außer andern Reiſenden Brydone **) eine ſo komiſche Beſchreibung giebt,

uͤberall
*) Eine ausfuͤhrliche Beſchreibung die-
ſes Luſtſchloſſes giebt Volkmann im 3ten B.
ſeiner Nachrichten von Italien, S. 335
u. ſ. w., und eine Abbildung davon findet
man in dem ſeltnen Werke: Dechirazione
dei diſegni del Reale Palazzo di Caſerta.
[Spaltenumbruch] fol. In Napoli
1756. Auch hat der Dich-
ter Orazio Capelli zwey angenehme Ge-
ſaͤnge unter dem Titel: Caſerta, 1778 in 8.
zu Neapel herausgegeben.
**) Reiſe durch Sicilien und Malta. 24
Br. Man vergleiche damit ein paar Ab-
bildun-
V Band. J i
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[249/0257] Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. ſind; die Hoͤhe betraͤgt 162 Fuß. Inwendig liegen vier große Hoͤfe. Die Vor- derſeite hat 34 Fenſter und drey Haupteingaͤnge, die vermittelſt eben ſo vieler Gaͤnge durch das ganze Gebaͤude fuͤhren, und die vier Hoͤfe mit dem Garten verbinden. Die ganze innere Einrichtung iſt vortrefflich, und der Reichthum und die Pracht, die darinn herrſcht, beſonders die Koſtbarkeit der ſchoͤnſten Marmorarten ſteigt bis zur Bewunderung. Kein andrer Koͤnig kann ſo praͤchtig bauen, weil nirgends ſo reiche Marmorbruͤche, und in einer ſolchen Abwechſelung und Schoͤnheit ſich finden, als in Neapel und Sicilien. Hier ſind allein auf 53 verſchiedene einlaͤndiſche Marmorarten gebraucht. Allein die ſymmetriſchen Gartenanlagen kommen bey der Schoͤnheit dieſes Gebaͤudes nicht in Betrachtung *). Wir wenden von hier unſern Blick nach Sicilien. Nichts kann reizender ſeyn, als die Gegend von Palermo. Sie vereinigt mit den Annehmlichkeiten der Natur alle Verſchoͤnerungen der Kunſt. Fruchtbare Huͤgel mit Weinſtoͤcken und mancherley Fruchtbaͤumen, blumenreiche mit vielen Baͤchen bewaͤſſerte Ebenen, bald dicke Gebuͤſche, bald weite praͤchtige Ausſichten auf der einen Seite contraſtiren lebhaft gegen kahle Berge, die gegenuͤber ihre Spitzen in den Wolken ruhen laſſen, gegen tiefe Hoͤhlen und andere rauhe und fuͤrchterliche Scenen der Natur. Man erblickt hier eine Menge von Landhaͤuſern in einem ſehr mannichfaltigen Geſchmack; das eine ſcheint mit ſeinem Nachbar um Reichthum und Schoͤnheit zu wetteifern, das andre einfach und laͤndlich, wie die Wohnung des Weiſen, ſich in ſeinen Schat- ten zu huͤllen. Doch der groͤßte Theil der adelichen Landhaͤuſer iſt theils oͤſtlich a la Bagaria, einem kleinen Dorfe, zwoͤlf Meilen von Palermo, theils weſt- lich il Colle, ſieben Meilen von der Stadt. In der letztern Gegend iſt das Land- haus des Prinzen Reſutano eines der ſchoͤnſten. Bey Bagaria haben die Prin- zen von Caſtelnuova und Valguarnera ſehr ſchoͤne Landſitze; der letzte hat in ſeinen Gaͤrten die Schoͤnheiten zu vereinigen geſucht, die er auf ſeinen Reiſen zu bemerken Gelegenheit gehabt. In dieſer Gegend ſieht man auch den Palaſt des Prinzen von Palagonia, der durch die abentheuerlichen Ausſchweifungen ſeiner Verzierungen, wovon außer andern Reiſenden Brydone **) eine ſo komiſche Beſchreibung giebt, uͤberall *) Eine ausfuͤhrliche Beſchreibung die- ſes Luſtſchloſſes giebt Volkmann im 3ten B. ſeiner Nachrichten von Italien, S. 335 u. ſ. w., und eine Abbildung davon findet man in dem ſeltnen Werke: Dechirazione dei diſegni del Reale Palazzo di Caſerta. fol. In Napoli 1756. Auch hat der Dich- ter Orazio Capelli zwey angenehme Ge- ſaͤnge unter dem Titel: Caſerta, 1778 in 8. zu Neapel herausgegeben. **) Reiſe durch Sicilien und Malta. 24 Br. Man vergleiche damit ein paar Ab- bildun- V Band. J i

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/257>, abgerufen am 23.11.2024.