Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.würdigen Feuers zu bergen schienen, gerne näher untersucht; Die Pflanzer bahnten mit ihren Sklaven einen Weg würdigen Feuers zu bergen ſchienen, gerne näher unterſucht; Die Pflanzer bahnten mit ihren Sklaven einen Weg <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0259" n="243"/> würdigen Feuers zu bergen ſchienen, gerne näher unterſucht;<lb/> aber die üppige Vegetation, die ineinander geſchlungenen<lb/> Lianen und Dornſträucher ließen uns nicht vorwärts kommen.<lb/> Zum Glück nahmen die Bewohner des Thals lebhaften An-<lb/> teil an unſeren Forſchungen, nicht ſowohl weil ſie ſich vor<lb/> einem vulkaniſchen Ausbruch fürchteten, als weil ſie ſich in<lb/> den Kopf geſetzt hatten, der Risco del Cuchivano enthalte<lb/> eine Goldgrube. Es half nichts, daß wir ihnen auseinander-<lb/> ſetzten, warum wir an Gold im Muſchelkalk nicht glauben<lb/> könnten; ſie wollten einmal wiſſen, „was der deutſche Berg-<lb/> mann vom Reichtum des Erzgangs halte“. Seit Karls <hi rendition="#aq">V.</hi><lb/> Zeit und ſeit die Welſer, die Alſinger und Sailer in Coro<lb/> und Caracas als Statthalter geſeſſen, hat ſich in Terra Firma<lb/> im Volk der Glaube an das beſondere bergmänniſche Ge-<lb/> ſchick der Deutſchen erhalten. Wohin ich in Südamerika kam,<lb/> überall, ſobald man erfuhr, wo ich her ſei, zeigte man mir<lb/> Muſter von Erzen. In den Kolonien iſt jeder Franzoſe ein<lb/> Arzt, jeder Deutſche ein Bergmann.</p><lb/> <p>Die Pflanzer bahnten mit ihren Sklaven einen Weg<lb/> durch den Wald bis zum erſten Fall des Rio Juagua, und<lb/> am 10. September machten wir unſeren Ausflug nach dem<lb/> Risco del Cuchivano. Kaum hatten wir die Schlucht be-<lb/> treten, ſo merkten wir, daß Tiger in der Nähe waren, ſowohl<lb/> an einem friſch zerriſſenen Stachelſchwein, als am Geſtank<lb/> ihres Kotes, der dem der europäiſchen Katze gleicht. Zur<lb/> Vorſicht gingen die Indianer nach dem Hof zurück und brachten<lb/> Hunde von ſehr kleiner Raſſe mit. Man behauptet, wenn<lb/> man dem Jaguar auf ſchmalem Pfad begegne, ſpringe er<lb/> zuerſt auf den Hund los, nicht auf den Menſchen. Wir<lb/> ſtiegen nicht am Ufer des Baches, ſondern an der Felswand<lb/> über dem Waſſer hinauf. Man geht an einem 65 bis 100 <hi rendition="#aq">m</hi><lb/> tiefen Abgrund hin auf einem ganz ſchmalen Vorſprung, wie<lb/> auf dem Wege von Grindelwald am Mettenberg hin zum<lb/> großen Gletſcher. Wird der Vorſprung ſo ſchmal, daß man<lb/> nicht mehr weiß, wohin man den Fuß ſetzen ſoll, ſo ſteigt<lb/> man zum Bach hinunter, watet durch oder läßt ſich von einem<lb/> Sklaven hinübertragen und klimmt an der anderen Bergwand<lb/> weiter. Das Niederklettern iſt ziemlich mühſelig, und man<lb/> darf ſich nicht auf die Lianen verlaſſen, die wie große Stricke<lb/> von den Baumgipfeln niederhängen. Die Ranken- und<lb/> Schmarotzergewächſe hängen nur locker an den Aeſten, die ſie<lb/> umſchlingen; ihre Stengel haben zuſammen ein ganz anſehn-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [243/0259]
würdigen Feuers zu bergen ſchienen, gerne näher unterſucht;
aber die üppige Vegetation, die ineinander geſchlungenen
Lianen und Dornſträucher ließen uns nicht vorwärts kommen.
Zum Glück nahmen die Bewohner des Thals lebhaften An-
teil an unſeren Forſchungen, nicht ſowohl weil ſie ſich vor
einem vulkaniſchen Ausbruch fürchteten, als weil ſie ſich in
den Kopf geſetzt hatten, der Risco del Cuchivano enthalte
eine Goldgrube. Es half nichts, daß wir ihnen auseinander-
ſetzten, warum wir an Gold im Muſchelkalk nicht glauben
könnten; ſie wollten einmal wiſſen, „was der deutſche Berg-
mann vom Reichtum des Erzgangs halte“. Seit Karls V.
Zeit und ſeit die Welſer, die Alſinger und Sailer in Coro
und Caracas als Statthalter geſeſſen, hat ſich in Terra Firma
im Volk der Glaube an das beſondere bergmänniſche Ge-
ſchick der Deutſchen erhalten. Wohin ich in Südamerika kam,
überall, ſobald man erfuhr, wo ich her ſei, zeigte man mir
Muſter von Erzen. In den Kolonien iſt jeder Franzoſe ein
Arzt, jeder Deutſche ein Bergmann.
Die Pflanzer bahnten mit ihren Sklaven einen Weg
durch den Wald bis zum erſten Fall des Rio Juagua, und
am 10. September machten wir unſeren Ausflug nach dem
Risco del Cuchivano. Kaum hatten wir die Schlucht be-
treten, ſo merkten wir, daß Tiger in der Nähe waren, ſowohl
an einem friſch zerriſſenen Stachelſchwein, als am Geſtank
ihres Kotes, der dem der europäiſchen Katze gleicht. Zur
Vorſicht gingen die Indianer nach dem Hof zurück und brachten
Hunde von ſehr kleiner Raſſe mit. Man behauptet, wenn
man dem Jaguar auf ſchmalem Pfad begegne, ſpringe er
zuerſt auf den Hund los, nicht auf den Menſchen. Wir
ſtiegen nicht am Ufer des Baches, ſondern an der Felswand
über dem Waſſer hinauf. Man geht an einem 65 bis 100 m
tiefen Abgrund hin auf einem ganz ſchmalen Vorſprung, wie
auf dem Wege von Grindelwald am Mettenberg hin zum
großen Gletſcher. Wird der Vorſprung ſo ſchmal, daß man
nicht mehr weiß, wohin man den Fuß ſetzen ſoll, ſo ſteigt
man zum Bach hinunter, watet durch oder läßt ſich von einem
Sklaven hinübertragen und klimmt an der anderen Bergwand
weiter. Das Niederklettern iſt ziemlich mühſelig, und man
darf ſich nicht auf die Lianen verlaſſen, die wie große Stricke
von den Baumgipfeln niederhängen. Die Ranken- und
Schmarotzergewächſe hängen nur locker an den Aeſten, die ſie
umſchlingen; ihre Stengel haben zuſammen ein ganz anſehn-
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