Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.Cartagena de Indias lag und eine Total-Finsterniß beobachtete, war es mir überaus auffallend, wie viel leuchtender die rothe Mondscheibe unter dem Tropenhimmel erscheint als in meinem nördlichen Vaterlande.27 Das ganze Phänomen ist bekanntlich eine Folge der Strahlenbrechung: da, wie Kepler sich sehr richtig ausdrückt (Paralip., Astron. pars optica p. 893), die Sonnenstrahlen bei ihrem Durchgange durch die Atmosphäre der Erde inflectirt28 und in den Schattenkegel geworfen werden. Die geröthete oder glühende Scheibe ist übrigens nie gleichförmig farbig. Einige Stellen zeigen sich immer dunkler und dabei fortschreitend farbeändernd. Die Griechen hatten sich eine eigene, wundersame Theorie gebildet über die verschiedenen Farben, welche der verfinsterte Mond zeigen soll, je nachdem die Finsterniß zu anderen Stunden eintritt.29 In dem langen Streite über die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit einer atmosphärischen Umhüllung des Mondes haben genaue Occultations-Beobachtungen erwiesen, daß keine Strahlenbrechung am Mondrande statt hat, und daß sich demnach die Schröter'schen Annahmen30 einer Mond-Atmosphäre und Mond-Dämmerung widerlegt finden. "Die Vergleichung der beiden Werthe des Mond-Halbmessers, welche man einerseits aus directer Messung, andererseits aus der Dauer des Verweilens vor einem Fixstern während der Bedeckung ableiten kann, lehrt, daß das Licht eines Fixsterns in dem Augenblick, in welchem letzterer den Mondrand berührt, nicht für uns merklich von seiner geradlinigen Bewegung abgelenkt wird. Wäre eine Strahlenbrechung am Rand des Mondes vorhanden, so müßte die zweite Bestimmung den Halbmesser um das Doppelte derselben kleiner ergeben als die erste; wogegen aber bei mehrfachen Versuchen beide Bestimmungen Cartagena de Indias lag und eine Total-Finsterniß beobachtete, war es mir überaus auffallend, wie viel leuchtender die rothe Mondscheibe unter dem Tropenhimmel erscheint als in meinem nördlichen Vaterlande.27 Das ganze Phänomen ist bekanntlich eine Folge der Strahlenbrechung: da, wie Kepler sich sehr richtig ausdrückt (Paralip., Astron. pars optica p. 893), die Sonnenstrahlen bei ihrem Durchgange durch die Atmosphäre der Erde inflectirt28 und in den Schattenkegel geworfen werden. Die geröthete oder glühende Scheibe ist übrigens nie gleichförmig farbig. Einige Stellen zeigen sich immer dunkler und dabei fortschreitend farbeändernd. Die Griechen hatten sich eine eigene, wundersame Theorie gebildet über die verschiedenen Farben, welche der verfinsterte Mond zeigen soll, je nachdem die Finsterniß zu anderen Stunden eintritt.29 In dem langen Streite über die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit einer atmosphärischen Umhüllung des Mondes haben genaue Occultations-Beobachtungen erwiesen, daß keine Strahlenbrechung am Mondrande statt hat, und daß sich demnach die Schröter'schen Annahmen30 einer Mond-Atmosphäre und Mond-Dämmerung widerlegt finden. „Die Vergleichung der beiden Werthe des Mond-Halbmessers, welche man einerseits aus directer Messung, andererseits aus der Dauer des Verweilens vor einem Fixstern während der Bedeckung ableiten kann, lehrt, daß das Licht eines Fixsterns in dem Augenblick, in welchem letzterer den Mondrand berührt, nicht für uns merklich von seiner geradlinigen Bewegung abgelenkt wird. 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Cartagena de Indias lag und eine Total-Finsterniß beobachtete, war es mir überaus auffallend, wie viel leuchtender die rothe Mondscheibe unter dem Tropenhimmel erscheint als in meinem nördlichen Vaterlande.
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Das ganze Phänomen ist bekanntlich eine Folge der Strahlenbrechung: da, wie Kepler sich sehr richtig ausdrückt (Paralip., Astron. pars optica p. 893), die Sonnenstrahlen bei ihrem Durchgange durch die Atmosphäre der Erde inflectirt
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und in den Schattenkegel geworfen werden. Die geröthete oder glühende Scheibe ist übrigens nie gleichförmig farbig. Einige Stellen zeigen sich immer dunkler und dabei fortschreitend farbeändernd. Die Griechen hatten sich eine eigene, wundersame Theorie gebildet über die verschiedenen Farben, welche der verfinsterte Mond zeigen soll, je nachdem die Finsterniß zu anderen Stunden eintritt.
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In dem langen Streite über die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit einer atmosphärischen Umhüllung des Mondes haben genaue Occultations-Beobachtungen erwiesen, daß keine Strahlenbrechung am Mondrande statt hat, und daß sich demnach die Schröter'schen Annahmen
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einer Mond-Atmosphäre und Mond-Dämmerung widerlegt finden. „Die Vergleichung der beiden Werthe des Mond-Halbmessers, welche man einerseits aus directer Messung, andererseits aus der Dauer des Verweilens vor einem Fixstern während der Bedeckung ableiten kann, lehrt, daß das Licht eines Fixsterns in dem Augenblick, in welchem letzterer den Mondrand berührt, nicht für uns merklich von seiner geradlinigen Bewegung abgelenkt wird. Wäre eine Strahlenbrechung am Rand des Mondes vorhanden, so müßte die zweite Bestimmung den Halbmesser um das Doppelte derselben kleiner ergeben als die erste; wogegen aber bei mehrfachen Versuchen beide Bestimmungen
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