Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954.von seinem Schaffen nicht ausruht, sondern noch segnender fortfährt. Ihr 5Jean Paul Fr. Richter 293. An Karoline Richter. Bamberg am Mittwoch [2. Juli] 1817Das erste was ich hier nach dem Stuhle genommen, ist eine Feder, Und doch neckte mich wieder das Morgen-Schicksal, daß mein Würzburg am Donnerstag Schon heute um 61/2 Uhr langt' ich hier an, ob ich gleich um von ſeinem Schaffen nicht ausruht, ſondern noch ſegnender fortfährt. Ihr 5Jean Paul Fr. Richter 293. An Karoline Richter. Bamberg am Mittwoch [2. Juli] 1817Das erſte was ich hier nach dem Stuhle genommen, iſt eine Feder, Und doch neckte mich wieder das Morgen-Schickſal, daß mein Würzburg am Donnerstag Schon heute um 6½ Uhr langt’ ich hier an, ob ich gleich um <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0123" n="117"/> von ſeinem Schaffen nicht ausruht, ſondern noch ſegnender fortfährt.<lb/> Nehmen Sie hier gütig meinen Dank, meine Liebe und meine Ver-<lb/> ehrung auf.</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Ihr<lb/> Jean Paul Fr. Richter</hi> </salute> <lb n="5"/> </closer> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>293. An <hi rendition="#g">Karoline Richter.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Bamberg</hi> am Mittwoch [2. Juli] 1817</hi> </dateline><lb/> <p>Das erſte was ich hier nach dem Stuhle genommen, iſt eine Feder,<lb/> um dir zu ſchreiben, daß freilich mein Regensburger Kutſcher ſehr<lb/> gut war, aber mein jetziger und ſein Gaul zehnmal beſſer. Gegen<lb n="10"/> 5 Uhr reiſete ich von <hi rendition="#aq">Baireut</hi> d.h. von dir ab und kam um 8¼ in<lb/><hi rendition="#aq">Holfeld</hi> an — ein ſechs Stunden-Weg — und um 11¼ in <hi rendition="#aq">Würg-<lb/> gau,</hi> von wo aus noch zwei Flugſtunden nach <hi rendition="#aq">Bamberg</hi> ſind. Extra-<lb/> poſt iſt Schneckenpoſt dagegen. Mein Kutſcher, der wie der vorige<lb/> in preußiſchen und franzöſiſchen Dienſten geweſen, übertrifft dieſen.<lb n="15"/> Das Wetter ſinnt ordentlich darauf, ſeinen Schönmaler und Sil-<lb/> houetteur in etwas zu belohnen. Schon morgen werd’ ich in <hi rendition="#aq">Würz-<lb/> burg</hi> ankommen, um nicht doppelte Wirthshäuſer zu bezahlen. In<lb/><hi rendition="#aq">Holfeld</hi> ließ der edle Kutſcher weder ſich noch ſeinem Pferde geben,<lb/> aber ich gab beiden zu eſſen und zu freſſen und der Bach und mein<lb n="20"/> Krug zu ſaufen.</p><lb/> <p>Und doch neckte mich wieder das Morgen-Schickſal, daß mein<lb/> Kutſcher durch meine Mixturen von Wein und Likör zwar vernünftig<lb/> blieb, bis er in <hi rendition="#aq">Würgau</hi> vom Bocke ſtieg; aber nachher erkrankte<lb/> und zuletzt neben mir im Wagen ſitzen mußte. Jetzo haben wir uns<lb n="25"/> beide etwas Geſcheiteres vorgeſetzt; und eben ſchläft er.</p><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Würzburg</hi> am Donnerstag</hi> </dateline><lb/> <p>Schon heute um 6½ Uhr langt’ ich hier an, ob ich gleich um<lb/> 5 Uhr ausgefahren. Denn der Gaul macht 4 Poſtſtunden ſtets in 2,<lb/> ja zuweilen in 1⅔. Das Wetter iſt kühl, hell und göttlich. Aber hier<lb n="30"/> neckte mich wieder das Schickſal ſo gar arg und unerwartet — und doch<lb/> bleib ich bei meiner alten Hoffnung auf ganz beſondere Freuden —<lb/> daß ich morgen Nachmittag abfliege, alſo ſchon Sonnabends in<lb/><hi rendition="#aq">Heidelberg</hi> abſteige. Erſtlich durch eine falſche Empfehlung unter-<lb/> wegs gerieth ich in einen ſchlechten Gaſthof (zum Adler), der gleich-<lb n="35"/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [117/0123]
von ſeinem Schaffen nicht ausruht, ſondern noch ſegnender fortfährt.
Nehmen Sie hier gütig meinen Dank, meine Liebe und meine Ver-
ehrung auf.
Ihr
Jean Paul Fr. Richter 5
293. An Karoline Richter.
Bamberg am Mittwoch [2. Juli] 1817
Das erſte was ich hier nach dem Stuhle genommen, iſt eine Feder,
um dir zu ſchreiben, daß freilich mein Regensburger Kutſcher ſehr
gut war, aber mein jetziger und ſein Gaul zehnmal beſſer. Gegen 10
5 Uhr reiſete ich von Baireut d.h. von dir ab und kam um 8¼ in
Holfeld an — ein ſechs Stunden-Weg — und um 11¼ in Würg-
gau, von wo aus noch zwei Flugſtunden nach Bamberg ſind. Extra-
poſt iſt Schneckenpoſt dagegen. Mein Kutſcher, der wie der vorige
in preußiſchen und franzöſiſchen Dienſten geweſen, übertrifft dieſen. 15
Das Wetter ſinnt ordentlich darauf, ſeinen Schönmaler und Sil-
houetteur in etwas zu belohnen. Schon morgen werd’ ich in Würz-
burg ankommen, um nicht doppelte Wirthshäuſer zu bezahlen. In
Holfeld ließ der edle Kutſcher weder ſich noch ſeinem Pferde geben,
aber ich gab beiden zu eſſen und zu freſſen und der Bach und mein 20
Krug zu ſaufen.
Und doch neckte mich wieder das Morgen-Schickſal, daß mein
Kutſcher durch meine Mixturen von Wein und Likör zwar vernünftig
blieb, bis er in Würgau vom Bocke ſtieg; aber nachher erkrankte
und zuletzt neben mir im Wagen ſitzen mußte. Jetzo haben wir uns 25
beide etwas Geſcheiteres vorgeſetzt; und eben ſchläft er.
Würzburg am Donnerstag
Schon heute um 6½ Uhr langt’ ich hier an, ob ich gleich um
5 Uhr ausgefahren. Denn der Gaul macht 4 Poſtſtunden ſtets in 2,
ja zuweilen in 1⅔. Das Wetter iſt kühl, hell und göttlich. Aber hier 30
neckte mich wieder das Schickſal ſo gar arg und unerwartet — und doch
bleib ich bei meiner alten Hoffnung auf ganz beſondere Freuden —
daß ich morgen Nachmittag abfliege, alſo ſchon Sonnabends in
Heidelberg abſteige. Erſtlich durch eine falſche Empfehlung unter-
wegs gerieth ich in einen ſchlechten Gaſthof (zum Adler), der gleich- 35
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(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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