In der transcendentalen Aesthetik also werden wir zuerst die Sinnlichkeit isoliren, dadurch, daß wir alles absondern, was der Verstand durch seine Begriffe dabey denkt, damit nichts als empirische Anschauung übrig bleibe. Zweitens werden wir von dieser noch alles, was zur Em- pfindung gehört, abtrennen, damit nichts als reine An- schauung und die blosse Form der Erscheinungen übrig bleibe, welches das einzige ist, das die Sinnlichkeit a priori liefern kan. Bey dieser Untersuchung wird sich finden, daß es zwey reine Formen sinnlicher Anschauung, als Principien der Erkentniß a priori gebe, nemlich, Raum und Zeit, mit deren Erwegung wir uns jezt beschäftigen werden.
Der Transscendentalen Aesthetik Erster Abschnitt. Von dem Raume.
Vermittelst des äusseren Sinnes, (einer Eigenschaft unsres Gemüths) stellen wir uns Gegenstände als ausser uns, und diese insgesamt im Raume vor. Dar- innen ist ihre Gestalt, Größe und Verhältniß gegen ein- ander bestimmt, oder bestimmbar. Der innere Sinn, ver- mittelst dessen das Gemüth sich selbst, oder seinen inneren Zustand anschauet, giebt zwar keine Anschauung von der Seele selbst, als einem Obiect, allein es ist doch eine be-
stimmte
Elementarlehre. I. Th. Transſc. Aeſthetik.
In der tranſcendentalen Aeſthetik alſo werden wir zuerſt die Sinnlichkeit iſoliren, dadurch, daß wir alles abſondern, was der Verſtand durch ſeine Begriffe dabey denkt, damit nichts als empiriſche Anſchauung uͤbrig bleibe. Zweitens werden wir von dieſer noch alles, was zur Em- pfindung gehoͤrt, abtrennen, damit nichts als reine An- ſchauung und die bloſſe Form der Erſcheinungen uͤbrig bleibe, welches das einzige iſt, das die Sinnlichkeit a priori liefern kan. Bey dieſer Unterſuchung wird ſich finden, daß es zwey reine Formen ſinnlicher Anſchauung, als Principien der Erkentniß a priori gebe, nemlich, Raum und Zeit, mit deren Erwegung wir uns jezt beſchaͤftigen werden.
Der Transſcendentalen Aeſthetik Erſter Abſchnitt. Von dem Raume.
Vermittelſt des aͤuſſeren Sinnes, (einer Eigenſchaft unſres Gemuͤths) ſtellen wir uns Gegenſtaͤnde als auſſer uns, und dieſe insgeſamt im Raume vor. Dar- innen iſt ihre Geſtalt, Groͤße und Verhaͤltniß gegen ein- ander beſtimmt, oder beſtimmbar. Der innere Sinn, ver- mittelſt deſſen das Gemuͤth ſich ſelbſt, oder ſeinen inneren Zuſtand anſchauet, giebt zwar keine Anſchauung von der Seele ſelbſt, als einem Obiect, allein es iſt doch eine be-
ſtimmte
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Elementarlehre. I. Th. Transſc. Aeſthetik.
In der tranſcendentalen Aeſthetik alſo werden wir
zuerſt die Sinnlichkeit iſoliren, dadurch, daß wir alles
abſondern, was der Verſtand durch ſeine Begriffe dabey
denkt, damit nichts als empiriſche Anſchauung uͤbrig bleibe.
Zweitens werden wir von dieſer noch alles, was zur Em-
pfindung gehoͤrt, abtrennen, damit nichts als reine An-
ſchauung und die bloſſe Form der Erſcheinungen uͤbrig
bleibe, welches das einzige iſt, das die Sinnlichkeit
a priori liefern kan. Bey dieſer Unterſuchung wird ſich
finden, daß es zwey reine Formen ſinnlicher Anſchauung,
als Principien der Erkentniß a priori gebe, nemlich, Raum
und Zeit, mit deren Erwegung wir uns jezt beſchaͤftigen
werden.
Der
Transſcendentalen Aeſthetik
Erſter Abſchnitt.
Von dem Raume.
Vermittelſt des aͤuſſeren Sinnes, (einer Eigenſchaft
unſres Gemuͤths) ſtellen wir uns Gegenſtaͤnde als
auſſer uns, und dieſe insgeſamt im Raume vor. Dar-
innen iſt ihre Geſtalt, Groͤße und Verhaͤltniß gegen ein-
ander beſtimmt, oder beſtimmbar. Der innere Sinn, ver-
mittelſt deſſen das Gemuͤth ſich ſelbſt, oder ſeinen inneren
Zuſtand anſchauet, giebt zwar keine Anſchauung von der
Seele ſelbſt, als einem Obiect, allein es iſt doch eine be-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/52>, abgerufen am 23.11.2024.
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