Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Gedichte.
Und ließ das Heldenlied sich in die Seele dringen,
Und fing den nächsten Tag den Schäfern auf der Flur
Ein neues Lied an vorzusingen.
Er sang die Schönheit der Natur,
Sang den Citronenwald, fruchtbare Feigenbäume,
Den Weinstock und ein blühend Thal.
Er zählte Sylben, und fand Reime,
Ohn daß ein Lehrer ihm die Wahl
Des schönen Ausdrucks wieß. Die Zärtlichkeit
befahl
In ihm oft den Gesang. Er dichtete sich Träume,
Und bracht sie in das Lied, das er der Hirtin sang,
So rührend, daß er sie zu seiner Liebe zwang.
Mit jedem Tag ward ein Gesang
Dem Schäfervolk bekannt. Oft prieß er in dem Liede
Etruriens Glückseligkeit;
Denn eben zu derselben Zeit
War weit umher ein tiefer Friede!
Vermiſchte Gedichte.
Und ließ das Heldenlied ſich in die Seele dringen,
Und fing den naͤchſten Tag den Schaͤfern auf der Flur
Ein neues Lied an vorzuſingen.
Er ſang die Schoͤnheit der Natur,
Sang den Citronenwald, fruchtbare Feigenbaͤume,
Den Weinſtock und ein bluͤhend Thal.
Er zaͤhlte Sylben, und fand Reime,
Ohn daß ein Lehrer ihm die Wahl
Des ſchoͤnen Ausdrucks wieß. Die Zaͤrtlichkeit
befahl
In ihm oft den Geſang. Er dichtete ſich Traͤume,
Und bracht ſie in das Lied, das er der Hirtin ſang,
So ruͤhrend, daß er ſie zu ſeiner Liebe zwang.
Mit jedem Tag ward ein Geſang
Dem Schaͤfervolk bekannt. Oft prieß er in dem Liede
Etruriens Gluͤckſeligkeit;
Denn eben zu derſelben Zeit
War weit umher ein tiefer Friede!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem" n="1">
            <l><pb facs="#f0356" n="312"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</hi></fw><lb/>
Und ließ das Heldenlied &#x017F;ich in die Seele dringen,<lb/>
Und fing den na&#x0364;ch&#x017F;ten Tag den Scha&#x0364;fern auf der Flur<lb/>
Ein neues Lied an vorzu&#x017F;ingen.<lb/>
Er &#x017F;ang die Scho&#x0364;nheit der Natur,<lb/>
Sang den Citronenwald, fruchtbare Feigenba&#x0364;ume,<lb/>
Den Wein&#x017F;tock und ein blu&#x0364;hend Thal.<lb/>
Er za&#x0364;hlte Sylben, und fand Reime,<lb/>
Ohn daß ein Lehrer ihm die Wahl<lb/>
Des &#x017F;cho&#x0364;nen Ausdrucks wieß. Die Za&#x0364;rtlichkeit<lb/><hi rendition="#et">befahl</hi><lb/>
In ihm oft den Ge&#x017F;ang. Er dichtete &#x017F;ich Tra&#x0364;ume,<lb/>
Und bracht &#x017F;ie in das Lied, das er der Hirtin &#x017F;ang,<lb/>
So ru&#x0364;hrend, daß er &#x017F;ie zu &#x017F;einer Liebe zwang.<lb/>
Mit jedem Tag ward ein Ge&#x017F;ang<lb/>
Dem Scha&#x0364;fervolk bekannt. Oft prieß er in dem Liede<lb/>
Etruriens Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit;<lb/>
Denn eben zu der&#x017F;elben Zeit<lb/>
War weit umher ein tiefer Friede!<lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0356] Vermiſchte Gedichte. Und ließ das Heldenlied ſich in die Seele dringen, Und fing den naͤchſten Tag den Schaͤfern auf der Flur Ein neues Lied an vorzuſingen. Er ſang die Schoͤnheit der Natur, Sang den Citronenwald, fruchtbare Feigenbaͤume, Den Weinſtock und ein bluͤhend Thal. Er zaͤhlte Sylben, und fand Reime, Ohn daß ein Lehrer ihm die Wahl Des ſchoͤnen Ausdrucks wieß. Die Zaͤrtlichkeit befahl In ihm oft den Geſang. Er dichtete ſich Traͤume, Und bracht ſie in das Lied, das er der Hirtin ſang, So ruͤhrend, daß er ſie zu ſeiner Liebe zwang. Mit jedem Tag ward ein Geſang Dem Schaͤfervolk bekannt. Oft prieß er in dem Liede Etruriens Gluͤckſeligkeit; Denn eben zu derſelben Zeit War weit umher ein tiefer Friede!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/356
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/356>, abgerufen am 23.11.2024.