verderbte Aussprache so sehr sollten umgestaltet wor- den seyn, daß auch nicht die geringste Spur von dem, was sie ehedem waren, übrig geblieben wäre. Klein, griechisch Mikros, lateinisch parvus, franzö- sisch petit, ungarisch kiß, englisch little, slavisch maly.
§. 21.
Man wird bemerkt haben, daß die Sprachen einander am liebsten die Benennung der Zahlen ab- geborgt haben. Man halte die Zahlen aller euro- päischen Sprachen, nur die ungarische und einige der Rußischen Ländereyen ausgenommen, gegen ein- ander, so wird man eine gar auffallende Aehnlich- keit gewahr werden. Geht man aber weiter, und sucht die Zahlen bey weit von einander entlegenen Völkern, die einander vermuthlich nie gekannt ha- ben, in anderen Welttheilen auf, so wird man eine eben so auffallende Ungleichheit finden. Es dürfte manchem Leser nicht unangenehm seyn, hier einige überzeugende Beyspiele zu finden, wie verschieden andere Völker ihre Zahlen benennen.
Unga-
C 5
uͤber den Urſprung der Sprachen.
verderbte Ausſprache ſo ſehr ſollten umgeſtaltet wor- den ſeyn, daß auch nicht die geringſte Spur von dem, was ſie ehedem waren, uͤbrig geblieben waͤre. Klein, griechiſch Μικρος, lateiniſch parvus, franzoͤ- ſiſch petit, ungariſch kiß, engliſch little, ſlaviſch maly.
§. 21.
Man wird bemerkt haben, daß die Sprachen einander am liebſten die Benennung der Zahlen ab- geborgt haben. Man halte die Zahlen aller euro- paͤiſchen Sprachen, nur die ungariſche und einige der Rußiſchen Laͤndereyen ausgenommen, gegen ein- ander, ſo wird man eine gar auffallende Aehnlich- keit gewahr werden. Geht man aber weiter, und ſucht die Zahlen bey weit von einander entlegenen Voͤlkern, die einander vermuthlich nie gekannt ha- ben, in anderen Welttheilen auf, ſo wird man eine eben ſo auffallende Ungleichheit finden. Es duͤrfte manchem Leſer nicht unangenehm ſeyn, hier einige uͤberzeugende Beyſpiele zu finden, wie verſchieden andere Voͤlker ihre Zahlen benennen.
Unga-
C 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0069"n="41"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">uͤber den Urſprung der Sprachen</hi>.</fw><lb/>
verderbte Ausſprache ſo ſehr ſollten umgeſtaltet wor-<lb/>
den ſeyn, daß auch nicht die geringſte Spur von<lb/>
dem, was ſie ehedem waren, uͤbrig geblieben waͤre.<lb/><hirendition="#g">Klein</hi>, griechiſch <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Μικρος</hi></hi>, lateiniſch <hirendition="#aq"><hirendition="#i">parvus</hi></hi>, franzoͤ-<lb/>ſiſch <hirendition="#aq"><hirendition="#i">petit</hi></hi>, ungariſch <hirendition="#aq"><hirendition="#i">kiß</hi></hi>, engliſch <hirendition="#aq"><hirendition="#i">little</hi></hi>, ſlaviſch <hirendition="#aq"><hirendition="#i">maly</hi></hi>.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 21.</head><lb/><p>Man wird bemerkt haben, daß die Sprachen<lb/>
einander am liebſten die Benennung der Zahlen ab-<lb/>
geborgt haben. Man halte die Zahlen aller euro-<lb/>
paͤiſchen Sprachen, nur die ungariſche und einige<lb/>
der Rußiſchen Laͤndereyen ausgenommen, gegen ein-<lb/>
ander, ſo wird man eine gar auffallende Aehnlich-<lb/>
keit gewahr werden. Geht man aber weiter, und<lb/>ſucht die Zahlen bey weit von einander entlegenen<lb/>
Voͤlkern, die einander vermuthlich nie gekannt ha-<lb/>
ben, in anderen Welttheilen auf, ſo wird man eine<lb/>
eben ſo auffallende Ungleichheit finden. Es duͤrfte<lb/>
manchem Leſer nicht unangenehm ſeyn, hier einige<lb/>
uͤberzeugende Beyſpiele zu finden, wie verſchieden<lb/>
andere Voͤlker ihre Zahlen benennen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Unga-</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[41/0069]
uͤber den Urſprung der Sprachen.
verderbte Ausſprache ſo ſehr ſollten umgeſtaltet wor-
den ſeyn, daß auch nicht die geringſte Spur von
dem, was ſie ehedem waren, uͤbrig geblieben waͤre.
Klein, griechiſch Μικρος, lateiniſch parvus, franzoͤ-
ſiſch petit, ungariſch kiß, engliſch little, ſlaviſch maly.
§. 21.
Man wird bemerkt haben, daß die Sprachen
einander am liebſten die Benennung der Zahlen ab-
geborgt haben. Man halte die Zahlen aller euro-
paͤiſchen Sprachen, nur die ungariſche und einige
der Rußiſchen Laͤndereyen ausgenommen, gegen ein-
ander, ſo wird man eine gar auffallende Aehnlich-
keit gewahr werden. Geht man aber weiter, und
ſucht die Zahlen bey weit von einander entlegenen
Voͤlkern, die einander vermuthlich nie gekannt ha-
ben, in anderen Welttheilen auf, ſo wird man eine
eben ſo auffallende Ungleichheit finden. Es duͤrfte
manchem Leſer nicht unangenehm ſeyn, hier einige
uͤberzeugende Beyſpiele zu finden, wie verſchieden
andere Voͤlker ihre Zahlen benennen.
Unga-
C 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/69>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.