[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.des griechischen Sylbenmasses im Deutschen. hat den grossen, und der Harmonie wesentlichen Vorzug derMannichfaltigkeit. Da er aus sechs verschiednen Stücken, oder Füssen, besteht; so kann er sich immer durch vier, bis- weilen auch durch fünf Verändrungen, von dem vorherge- henden oder nachfolgenden Verse unterscheiden. Und da diese Füsse bald zwo bald drey Sylben haben; so entsteht da- her eine neue Abwechslung. Durch das, so ich bisher angeführt habe, und dann Es kömmt uns izt darauf an, zu untersuchen, wie nahe wurf )( 3
des griechiſchen Sylbenmaſſes im Deutſchen. hat den groſſen, und der Harmonie weſentlichen Vorzug derMannichfaltigkeit. Da er aus ſechs verſchiednen Stuͤcken, oder Fuͤſſen, beſteht; ſo kann er ſich immer durch vier, bis- weilen auch durch fuͤnf Veraͤndrungen, von dem vorherge- henden oder nachfolgenden Verſe unterſcheiden. Und da dieſe Fuͤſſe bald zwo bald drey Sylben haben; ſo entſteht da- her eine neue Abwechslung. Durch das, ſo ich bisher angefuͤhrt habe, und dann Es koͤmmt uns izt darauf an, zu unterſuchen, wie nahe wurf )( 3
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des griechiſchen Sylbenmaſſes im Deutſchen.
hat den groſſen, und der Harmonie weſentlichen Vorzug der
Mannichfaltigkeit. Da er aus ſechs verſchiednen Stuͤcken,
oder Fuͤſſen, beſteht; ſo kann er ſich immer durch vier, bis-
weilen auch durch fuͤnf Veraͤndrungen, von dem vorherge-
henden oder nachfolgenden Verſe unterſcheiden. Und da
dieſe Fuͤſſe bald zwo bald drey Sylben haben; ſo entſteht da-
her eine neue Abwechslung.
Durch das, ſo ich bisher angefuͤhrt habe, und dann
durch die gluͤckliche Wahl der Sylbentoͤne, und ihrer Ver-
haͤltniſſe gegen einander; und durch den abwechſelnden Ab-
ſchnitt des Verſes, bey welchem der Leſer bald laͤngere bald
kuͤrzere Zeit innehalten muß, erreicht der homeriſche Vers
eine Harmonie, die izt fließt, dann ſtroͤmt, hier ſanft klingt,
dort majeſtaͤtiſch toͤnt. Denn dieß alles in dem hoͤchſten
Grade des Wohlklangs, und nach den feinſten Grundſaͤtzen
deſſelben, hervorzubringen, ſind vorzuͤglich die griechiſche,
und dann auch die roͤmiſche Sprache am geſchickteſten. Die
Anzahl ihrer Buchſtaben und Toͤne iſt beynahe einander
gleich, und iedes einzelne Wort hat daher ſchon viel Wohl-
klang, eh es noch durch die Stelle, die es in der Verbin-
dung des Verſes bekoͤmmt, wenn ich ſo ſagen darf, in den
Strom der Harmonie einfließt, und dadurch ſeinen beſtimm-
teſten und vollſten Wohlklang hoͤren laͤßt.
Es koͤmmt uns izt darauf an, zu unterſuchen, wie nahe
wir dieſem groſſen Originale kommen koͤnnen? Der weſent-
liche Charakter unſrer Sprache, in Abſicht auf ihren Klang,
ſcheint mir zu ſeyn, daß ſie voll und maͤnnlich klingt, und
mit einer gewiſſen geſetzten Staͤrke ausgeſprochen ſeyn will.
Wer ihr Schuld giebt, daß ſie rauh klinge, der hat ſie ent-
weder niemals recht ausſprechen gehoͤrt; oder er ſagt es nur,
weil es einige ſeiner Nation auch geſagt haben. Mit groͤſ-
ſerm Rechte koͤnnte man der franzoͤſiſchen Sprache den Vor-
wurf
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