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Kopisch, August: Der Träumer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–67. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Unrecht auf mich lüde! Die Tochter ist des Vaters; ich hätte wenig Segen davon, der alte Strintillo aber den Tod, und Angiolina würde nimmer froh. Nein, besser ist schlicht und recht. Ich will Gott bitten, daß er mir seinen heiligen Engel herniedersende und mich und Angiolinen aus der Verzweiflung erlöse, gleichwie er mich und dich hier wunderbar gerettet. Thöricht war es von mir, einen Augenblick an seiner Allmacht zu zweifeln. Hiemit schüttelte Giovanni Checco's Hand und ging vor ihm den Berg hinab. Checco aber blieb betroffen stehen, dann rief er ihm feurig nach: Geh, braver Knabe. Gott wird dir helfen, wunderbar, wie er uns hier gerettet! Aus diesem Baum, der uns Beide trug, will ich ein Kreuz machen, bei dem will ich oft beten. Gott erhalte dich! Sage Niemanden, daß du mich gesehen! -- Ich will es verschweigen, sagte Giovanni und ging. Checco aber sprach rasch zu den Seinen gewendet: Laßt uns gehen, Gesellen, ich muß mich gegen Giovanni dankbar beweisen. Holt das Leder, worauf ihr zu prellen pflegt, und folgt mir. Festen Trittes ging er ihnen voran, und sie merkten an seinen blitzenden Augen, daß er irgend einen Plan gefaßt. Einer lief und holte das Leder. Schweigend gingen sie durch den Wald von schattigen Steineichen und Kastanien. Alle sahen sich jedoch verwundert an, als sie merkten, daß Checco seine Schritte nach einer Einsiedelei wendete, welche sehr einsam und entfernt von allen andern Häusern lag. Der Träger des Leders

Unrecht auf mich lüde! Die Tochter ist des Vaters; ich hätte wenig Segen davon, der alte Strintillo aber den Tod, und Angiolina würde nimmer froh. Nein, besser ist schlicht und recht. Ich will Gott bitten, daß er mir seinen heiligen Engel herniedersende und mich und Angiolinen aus der Verzweiflung erlöse, gleichwie er mich und dich hier wunderbar gerettet. Thöricht war es von mir, einen Augenblick an seiner Allmacht zu zweifeln. Hiemit schüttelte Giovanni Checco's Hand und ging vor ihm den Berg hinab. Checco aber blieb betroffen stehen, dann rief er ihm feurig nach: Geh, braver Knabe. Gott wird dir helfen, wunderbar, wie er uns hier gerettet! Aus diesem Baum, der uns Beide trug, will ich ein Kreuz machen, bei dem will ich oft beten. Gott erhalte dich! Sage Niemanden, daß du mich gesehen! — Ich will es verschweigen, sagte Giovanni und ging. Checco aber sprach rasch zu den Seinen gewendet: Laßt uns gehen, Gesellen, ich muß mich gegen Giovanni dankbar beweisen. Holt das Leder, worauf ihr zu prellen pflegt, und folgt mir. Festen Trittes ging er ihnen voran, und sie merkten an seinen blitzenden Augen, daß er irgend einen Plan gefaßt. Einer lief und holte das Leder. Schweigend gingen sie durch den Wald von schattigen Steineichen und Kastanien. Alle sahen sich jedoch verwundert an, als sie merkten, daß Checco seine Schritte nach einer Einsiedelei wendete, welche sehr einsam und entfernt von allen andern Häusern lag. Der Träger des Leders

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[0036] Unrecht auf mich lüde! Die Tochter ist des Vaters; ich hätte wenig Segen davon, der alte Strintillo aber den Tod, und Angiolina würde nimmer froh. Nein, besser ist schlicht und recht. Ich will Gott bitten, daß er mir seinen heiligen Engel herniedersende und mich und Angiolinen aus der Verzweiflung erlöse, gleichwie er mich und dich hier wunderbar gerettet. Thöricht war es von mir, einen Augenblick an seiner Allmacht zu zweifeln. Hiemit schüttelte Giovanni Checco's Hand und ging vor ihm den Berg hinab. Checco aber blieb betroffen stehen, dann rief er ihm feurig nach: Geh, braver Knabe. Gott wird dir helfen, wunderbar, wie er uns hier gerettet! Aus diesem Baum, der uns Beide trug, will ich ein Kreuz machen, bei dem will ich oft beten. Gott erhalte dich! Sage Niemanden, daß du mich gesehen! — Ich will es verschweigen, sagte Giovanni und ging. Checco aber sprach rasch zu den Seinen gewendet: Laßt uns gehen, Gesellen, ich muß mich gegen Giovanni dankbar beweisen. Holt das Leder, worauf ihr zu prellen pflegt, und folgt mir. Festen Trittes ging er ihnen voran, und sie merkten an seinen blitzenden Augen, daß er irgend einen Plan gefaßt. Einer lief und holte das Leder. Schweigend gingen sie durch den Wald von schattigen Steineichen und Kastanien. Alle sahen sich jedoch verwundert an, als sie merkten, daß Checco seine Schritte nach einer Einsiedelei wendete, welche sehr einsam und entfernt von allen andern Häusern lag. Der Träger des Leders

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Zitationshilfe: Kopisch, August: Der Träumer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–67. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_traeumer_1910/36>, abgerufen am 28.03.2024.