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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Allgemeine Thierzuchtlehre.
Brühfutter beigegeben, oder wenn in Nothjahren mit den vorhandenen Mengen
möglichst gespart werden soll. Am gewöhnlichsten wird das Stroh gehäckselt.
Für Rinder und Schafe darf der Häcksel nicht zu kurz, höchstens 2.5 Cm. lang
sein, weil dasselbe sonst ungekaut und uneingespeichelt verschluckt wird. Bei Pferden
hindert ein kürzerer, 1.5--2 Cm. langer Häcksel das gierige Verschlingen der Körner.
Noch feiner geschnittener Häcksel verursacht dagegen sehr hartnäckige Kolik. Das
Zerkleinern des Wurzelwerkes, der Rüben, Kartoffeln, erleichtert gleichfalls das Ab-
mengen mit anderem Futter und die Ausnutzung. Scheibenförmige Schnitte bleiben
seltener im Schlunde der Thiere stecken, kleben jedoch leichter als cylindrische oder
würfelförmige Stücke in Klumpen zusammen. Die Umwandlung des Wurzelwerkes
in Brei oder Muß ist dagegen nicht zu empfehlen.

Dem Einweichen und Quellen werden sowohl das Rauhfutter als die
Körnerfrüchte unterzogen. Das Heu wird in warmem Wasser eingeweicht, jedoch in
diesem Zustande nur an kranke Thiere verfüttert. Häufig läßt man die Hülsen-
früchte, besonders Bohnen, Erbsen, Roggen und Mais, durch 12--24 Stunden im
Wasser einquellen, um das Kauen derselben zu erleichtern.

Das Kochen, Dämpfen, Anbrühen soll hartstengliges, schwerverdauliches,
verdorbenes Futter genießbarer machen und dessen Verdaulichkeit befördern. Diesen
Zubereitungen werden namentlich saures, hartes Heu, Spreu, Wintergetreidestroh,
Rapsschoten, Kartoffeln etc. unterworfen. Nach neueren Fütterungsversuchen wird
durch diese Zubereitungen der Nähreffect der Futtermittel nicht erhöht, sondern nur
das Futter schmackhafter und somit leichter aufnehmbar gemacht. Das Kochen oder
das billigere Dämpfen empfiehlt sich namentlich bei der Verfütterung von Kartoffeln
an Rinder oder zur trankartigen Zubereitung des Futters für Schweine. Das
Anbrühen von hartstengligem Heu, Stroh mit heißem Wasser oder Schlempe eignet
sich für Milch- und Mastvieh.

Nach Untersuchungen von E. Heiden, O. v. Gruber und L. Brunner 1) hat die
Fütterung mit rohen oder gedämpften Kartoffeln weder auf die Quantität noch auf die
Qualität der Milch einen Einfluß. 4 Kühe Oldenburger Race von durchschnittlich 560.5
Kilogr. Lebendgewicht erhielten neben 1 Kilogr. Rapskuchen, 1.5 Kilogr. Roggenkleie, 2.5 Kilogr.
Wiesenheu, 20 Kilogr. Haferstroh und 4 Kilogr. Weizenstreu 12.5 Kilogr. gedämpfte oder rohe
Kartoffeln per Stück und Tag.

[Tabelle]
1) Georgika, 1873, 161.

Allgemeine Thierzuchtlehre.
Brühfutter beigegeben, oder wenn in Nothjahren mit den vorhandenen Mengen
möglichſt geſpart werden ſoll. Am gewöhnlichſten wird das Stroh gehäckſelt.
Für Rinder und Schafe darf der Häckſel nicht zu kurz, höchſtens 2.5 Cm. lang
ſein, weil daſſelbe ſonſt ungekaut und uneingeſpeichelt verſchluckt wird. Bei Pferden
hindert ein kürzerer, 1.5—2 Cm. langer Häckſel das gierige Verſchlingen der Körner.
Noch feiner geſchnittener Häckſel verurſacht dagegen ſehr hartnäckige Kolik. Das
Zerkleinern des Wurzelwerkes, der Rüben, Kartoffeln, erleichtert gleichfalls das Ab-
mengen mit anderem Futter und die Ausnutzung. Scheibenförmige Schnitte bleiben
ſeltener im Schlunde der Thiere ſtecken, kleben jedoch leichter als cylindriſche oder
würfelförmige Stücke in Klumpen zuſammen. Die Umwandlung des Wurzelwerkes
in Brei oder Muß iſt dagegen nicht zu empfehlen.

Dem Einweichen und Quellen werden ſowohl das Rauhfutter als die
Körnerfrüchte unterzogen. Das Heu wird in warmem Waſſer eingeweicht, jedoch in
dieſem Zuſtande nur an kranke Thiere verfüttert. Häufig läßt man die Hülſen-
früchte, beſonders Bohnen, Erbſen, Roggen und Mais, durch 12—24 Stunden im
Waſſer einquellen, um das Kauen derſelben zu erleichtern.

Das Kochen, Dämpfen, Anbrühen ſoll hartſtengliges, ſchwerverdauliches,
verdorbenes Futter genießbarer machen und deſſen Verdaulichkeit befördern. Dieſen
Zubereitungen werden namentlich ſaures, hartes Heu, Spreu, Wintergetreideſtroh,
Rapsſchoten, Kartoffeln ꝛc. unterworfen. Nach neueren Fütterungsverſuchen wird
durch dieſe Zubereitungen der Nähreffect der Futtermittel nicht erhöht, ſondern nur
das Futter ſchmackhafter und ſomit leichter aufnehmbar gemacht. Das Kochen oder
das billigere Dämpfen empfiehlt ſich namentlich bei der Verfütterung von Kartoffeln
an Rinder oder zur trankartigen Zubereitung des Futters für Schweine. Das
Anbrühen von hartſtengligem Heu, Stroh mit heißem Waſſer oder Schlempe eignet
ſich für Milch- und Maſtvieh.

Nach Unterſuchungen von E. Heiden, O. v. Gruber und L. Brunner 1) hat die
Fütterung mit rohen oder gedämpften Kartoffeln weder auf die Quantität noch auf die
Qualität der Milch einen Einfluß. 4 Kühe Oldenburger Race von durchſchnittlich 560.5
Kilogr. Lebendgewicht erhielten neben 1 Kilogr. Rapskuchen, 1.5 Kilogr. Roggenkleie, 2.5 Kilogr.
Wieſenheu, 20 Kilogr. Haferſtroh und 4 Kilogr. Weizenſtreu 12.5 Kilogr. gedämpfte oder rohe
Kartoffeln per Stück und Tag.

[Tabelle]
1) Georgika, 1873, 161.
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[54/0070] Allgemeine Thierzuchtlehre. Brühfutter beigegeben, oder wenn in Nothjahren mit den vorhandenen Mengen möglichſt geſpart werden ſoll. Am gewöhnlichſten wird das Stroh gehäckſelt. Für Rinder und Schafe darf der Häckſel nicht zu kurz, höchſtens 2.5 Cm. lang ſein, weil daſſelbe ſonſt ungekaut und uneingeſpeichelt verſchluckt wird. Bei Pferden hindert ein kürzerer, 1.5—2 Cm. langer Häckſel das gierige Verſchlingen der Körner. Noch feiner geſchnittener Häckſel verurſacht dagegen ſehr hartnäckige Kolik. Das Zerkleinern des Wurzelwerkes, der Rüben, Kartoffeln, erleichtert gleichfalls das Ab- mengen mit anderem Futter und die Ausnutzung. Scheibenförmige Schnitte bleiben ſeltener im Schlunde der Thiere ſtecken, kleben jedoch leichter als cylindriſche oder würfelförmige Stücke in Klumpen zuſammen. Die Umwandlung des Wurzelwerkes in Brei oder Muß iſt dagegen nicht zu empfehlen. Dem Einweichen und Quellen werden ſowohl das Rauhfutter als die Körnerfrüchte unterzogen. Das Heu wird in warmem Waſſer eingeweicht, jedoch in dieſem Zuſtande nur an kranke Thiere verfüttert. Häufig läßt man die Hülſen- früchte, beſonders Bohnen, Erbſen, Roggen und Mais, durch 12—24 Stunden im Waſſer einquellen, um das Kauen derſelben zu erleichtern. Das Kochen, Dämpfen, Anbrühen ſoll hartſtengliges, ſchwerverdauliches, verdorbenes Futter genießbarer machen und deſſen Verdaulichkeit befördern. Dieſen Zubereitungen werden namentlich ſaures, hartes Heu, Spreu, Wintergetreideſtroh, Rapsſchoten, Kartoffeln ꝛc. unterworfen. Nach neueren Fütterungsverſuchen wird durch dieſe Zubereitungen der Nähreffect der Futtermittel nicht erhöht, ſondern nur das Futter ſchmackhafter und ſomit leichter aufnehmbar gemacht. Das Kochen oder das billigere Dämpfen empfiehlt ſich namentlich bei der Verfütterung von Kartoffeln an Rinder oder zur trankartigen Zubereitung des Futters für Schweine. Das Anbrühen von hartſtengligem Heu, Stroh mit heißem Waſſer oder Schlempe eignet ſich für Milch- und Maſtvieh. Nach Unterſuchungen von E. Heiden, O. v. Gruber und L. Brunner 1) hat die Fütterung mit rohen oder gedämpften Kartoffeln weder auf die Quantität noch auf die Qualität der Milch einen Einfluß. 4 Kühe Oldenburger Race von durchſchnittlich 560.5 Kilogr. Lebendgewicht erhielten neben 1 Kilogr. Rapskuchen, 1.5 Kilogr. Roggenkleie, 2.5 Kilogr. Wieſenheu, 20 Kilogr. Haferſtroh und 4 Kilogr. Weizenſtreu 12.5 Kilogr. gedämpfte oder rohe Kartoffeln per Stück und Tag. 1) Georgika, 1873, 161.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/70>, abgerufen am 23.11.2024.