Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.zum Herrschen besitzen, also ein Wort aus Erfah¬ 6 *
zum Herrſchen beſitzen, alſo ein Wort aus Erfah¬ 6 *
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0133" n="123"/> zum Herrſchen beſitzen, alſo ein Wort aus Erfah¬<lb/> rung darüber reden können, muß dieſer Vandalis¬<lb/> mus gräulich ſein. Das klagte die Fürſtin, und es<lb/> beſchlich ſie, nachdem die Schärfe des Worts lange ge¬<lb/> nug gemäht hatte, eine leiſe Wehmuth, die ihr ſonſt<lb/> gar nicht eigen, darum aber doppelt verführeriſch an<lb/> ihr war. Männerſehnſucht, Männertrauer, Thränen<lb/> nach Männern ſind die ſchärfſten Waffen eines ſtolzen<lb/> Weibes. Sie erobert, indem ſie um Gnade bittet.<lb/> Ich fühlte die reiche Armuth des einſamen, hochgeſtell¬<lb/> ten Weibes, ich fühlte meine Kraft ſie zu halten und<lb/> zu beglücken. „Arme reiche Frau“ — ſprach ich, blieb<lb/> vor ihr ſtehen, faßte ihre beiden Hände, führte ſie an<lb/> meine Lippen, und ſah ihr drängend tief in die Au¬<lb/> gen hinein. Sie legte ihre Arme auf meine Schultern<lb/> und gab mir die Blicke feucht und redlich zurück. Aber<lb/> es war, als kämen ſie aus einer weiten, fernen Däm¬<lb/> merung, als wären ſie Träume von reizenden Stern¬<lb/> bildern; ſie ſchauten wie aus den Wogen tiefer Ge¬<lb/> danken, ſie ſahen träumeriſch, aber unendlich glücklich<lb/> aus, dieſe Blicke. Es war, als bückte ſich die Seele<lb/> des hohen Weibes tief vor ihnen. Die ſtarren Kräfte<lb/> des kalten ſchönen Geſichts waren gebrochen, die Züge<lb/> <fw place="bottom" type="sig">6 *<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0133]
zum Herrſchen beſitzen, alſo ein Wort aus Erfah¬
rung darüber reden können, muß dieſer Vandalis¬
mus gräulich ſein. Das klagte die Fürſtin, und es
beſchlich ſie, nachdem die Schärfe des Worts lange ge¬
nug gemäht hatte, eine leiſe Wehmuth, die ihr ſonſt
gar nicht eigen, darum aber doppelt verführeriſch an
ihr war. Männerſehnſucht, Männertrauer, Thränen
nach Männern ſind die ſchärfſten Waffen eines ſtolzen
Weibes. Sie erobert, indem ſie um Gnade bittet.
Ich fühlte die reiche Armuth des einſamen, hochgeſtell¬
ten Weibes, ich fühlte meine Kraft ſie zu halten und
zu beglücken. „Arme reiche Frau“ — ſprach ich, blieb
vor ihr ſtehen, faßte ihre beiden Hände, führte ſie an
meine Lippen, und ſah ihr drängend tief in die Au¬
gen hinein. Sie legte ihre Arme auf meine Schultern
und gab mir die Blicke feucht und redlich zurück. Aber
es war, als kämen ſie aus einer weiten, fernen Däm¬
merung, als wären ſie Träume von reizenden Stern¬
bildern; ſie ſchauten wie aus den Wogen tiefer Ge¬
danken, ſie ſahen träumeriſch, aber unendlich glücklich
aus, dieſe Blicke. Es war, als bückte ſich die Seele
des hohen Weibes tief vor ihnen. Die ſtarren Kräfte
des kalten ſchönen Geſichts waren gebrochen, die Züge
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