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Lehmann, Henni: Das Kunst-Studium der Frauen. Darmstadt, 1914.

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der Dilettantinnen gezüchtet, die ohne Selbstkritik ihre Schöpfungen in
die Welt schleudern, den Geschmack verderben und die ernsthafte Frauen-
kunst als solche diskreditieren. Dilettantinnen sind oft mit sich recht
zufrieden und auch glücklich in ihrer minderwertigen Arbeit. Das ist
wenigstens für sie selbst nett. Traurig aber ist es für solche, die zur Selbst-
kritik gelangen, die zu spät erkennen, nach unablässigem Ringen und Ent-
täuschungen, daß sie ihre beste Kraft, ihr heißestes Wollen verschwendet
haben an eine falsche Hoffnung. Solche späte Erkenntnis hat die Tragik
mehr als eines Frauenlebens geschaffen, und diese Tragik hätte ver-
mieden werden können, wenn gleich im Beginn der Laufbahn die Mangel-
haftigkeit des Talents klar gestellt worden wäre. Die Aufnahmeprüfungen
der Akademien gewähren hierin für den Durchschnitt eine gewisse Sicher-
heit, soweit Prüfungen überhaupt eine Sicherheit gewähren können. Jrr-
tümer unterlaufen bei jeder Prüfung, und ein Talent und seine Entwicke-
lungen voraus zu berechnen ist oft unmöglich. Es gibt da die merkwürdigsten
Überraschungen. Vielverheißende Talente bleiben stecken, wenn sie bis
zu einem gewissen Punkt gelangt sind, andere, die zuerst wenig Hoffnung
gaben, nehmen plötzlich einen ungeahnten Aufschwung. Sie kennen alle
die Berichte von großen Künstlern, die wegen völliger Talentlosigkeit von
der Aufnahme ausgeschlossen wurden. Doch von solchen Ausnahmen ab-
gesehen bietet, wie ich sagte, für den Durchschnitt die Prüfung im Beginn
und später die Versetzung in die höheren Klassen eine gewisse Gewähr.
Jch möchte, um nicht mißverstanden zu werden, ausdrücklich betonen, daß
auch an privaten Lehranstalten selbstverständlich die Leiter zumeist durch-
aus gewissenhaft vorgehen in ihrer Beurteilung des Talents, doch auch
sehr Gewissenhafte geben ihre Meinung häufig nur ab, wenn sie direkt
befragt werden, nach einer gewissen Studienzeit. Und naturgemäß zwingt
das pekuniäre Jnteresse die Leiter privater Schulen oft, bei der Auf-
nahme nicht rigoros vorzugehen.

Wenn ich die Nachteile des Privatateliers zusammenfasse gegenüber
dem akademischen Unterricht, so kann ich das in drei Sätzen tun: der

der Dilettantinnen gezüchtet, die ohne Selbstkritik ihre Schöpfungen in
die Welt schleudern, den Geschmack verderben und die ernsthafte Frauen-
kunst als solche diskreditieren. Dilettantinnen sind oft mit sich recht
zufrieden und auch glücklich in ihrer minderwertigen Arbeit. Das ist
wenigstens für sie selbst nett. Traurig aber ist es für solche, die zur Selbst-
kritik gelangen, die zu spät erkennen, nach unablässigem Ringen und Ent-
täuschungen, daß sie ihre beste Kraft, ihr heißestes Wollen verschwendet
haben an eine falsche Hoffnung. Solche späte Erkenntnis hat die Tragik
mehr als eines Frauenlebens geschaffen, und diese Tragik hätte ver-
mieden werden können, wenn gleich im Beginn der Laufbahn die Mangel-
haftigkeit des Talents klar gestellt worden wäre. Die Aufnahmeprüfungen
der Akademien gewähren hierin für den Durchschnitt eine gewisse Sicher-
heit, soweit Prüfungen überhaupt eine Sicherheit gewähren können. Jrr-
tümer unterlaufen bei jeder Prüfung, und ein Talent und seine Entwicke-
lungen voraus zu berechnen ist oft unmöglich. Es gibt da die merkwürdigsten
Überraschungen. Vielverheißende Talente bleiben stecken, wenn sie bis
zu einem gewissen Punkt gelangt sind, andere, die zuerst wenig Hoffnung
gaben, nehmen plötzlich einen ungeahnten Aufschwung. Sie kennen alle
die Berichte von großen Künstlern, die wegen völliger Talentlosigkeit von
der Aufnahme ausgeschlossen wurden. Doch von solchen Ausnahmen ab-
gesehen bietet, wie ich sagte, für den Durchschnitt die Prüfung im Beginn
und später die Versetzung in die höheren Klassen eine gewisse Gewähr.
Jch möchte, um nicht mißverstanden zu werden, ausdrücklich betonen, daß
auch an privaten Lehranstalten selbstverständlich die Leiter zumeist durch-
aus gewissenhaft vorgehen in ihrer Beurteilung des Talents, doch auch
sehr Gewissenhafte geben ihre Meinung häufig nur ab, wenn sie direkt
befragt werden, nach einer gewissen Studienzeit. Und naturgemäß zwingt
das pekuniäre Jnteresse die Leiter privater Schulen oft, bei der Auf-
nahme nicht rigoros vorzugehen.

Wenn ich die Nachteile des Privatateliers zusammenfasse gegenüber
dem akademischen Unterricht, so kann ich das in drei Sätzen tun: der

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[8/0014] der Dilettantinnen gezüchtet, die ohne Selbstkritik ihre Schöpfungen in die Welt schleudern, den Geschmack verderben und die ernsthafte Frauen- kunst als solche diskreditieren. Dilettantinnen sind oft mit sich recht zufrieden und auch glücklich in ihrer minderwertigen Arbeit. Das ist wenigstens für sie selbst nett. Traurig aber ist es für solche, die zur Selbst- kritik gelangen, die zu spät erkennen, nach unablässigem Ringen und Ent- täuschungen, daß sie ihre beste Kraft, ihr heißestes Wollen verschwendet haben an eine falsche Hoffnung. Solche späte Erkenntnis hat die Tragik mehr als eines Frauenlebens geschaffen, und diese Tragik hätte ver- mieden werden können, wenn gleich im Beginn der Laufbahn die Mangel- haftigkeit des Talents klar gestellt worden wäre. Die Aufnahmeprüfungen der Akademien gewähren hierin für den Durchschnitt eine gewisse Sicher- heit, soweit Prüfungen überhaupt eine Sicherheit gewähren können. Jrr- tümer unterlaufen bei jeder Prüfung, und ein Talent und seine Entwicke- lungen voraus zu berechnen ist oft unmöglich. Es gibt da die merkwürdigsten Überraschungen. Vielverheißende Talente bleiben stecken, wenn sie bis zu einem gewissen Punkt gelangt sind, andere, die zuerst wenig Hoffnung gaben, nehmen plötzlich einen ungeahnten Aufschwung. Sie kennen alle die Berichte von großen Künstlern, die wegen völliger Talentlosigkeit von der Aufnahme ausgeschlossen wurden. Doch von solchen Ausnahmen ab- gesehen bietet, wie ich sagte, für den Durchschnitt die Prüfung im Beginn und später die Versetzung in die höheren Klassen eine gewisse Gewähr. Jch möchte, um nicht mißverstanden zu werden, ausdrücklich betonen, daß auch an privaten Lehranstalten selbstverständlich die Leiter zumeist durch- aus gewissenhaft vorgehen in ihrer Beurteilung des Talents, doch auch sehr Gewissenhafte geben ihre Meinung häufig nur ab, wenn sie direkt befragt werden, nach einer gewissen Studienzeit. Und naturgemäß zwingt das pekuniäre Jnteresse die Leiter privater Schulen oft, bei der Auf- nahme nicht rigoros vorzugehen. Wenn ich die Nachteile des Privatateliers zusammenfasse gegenüber dem akademischen Unterricht, so kann ich das in drei Sätzen tun: der

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Frauenstudium, betreut von Andreas Neumann und Anna Pfundt, FSU Jena und JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2022-07-11T15:25:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Lehmann, Henni: Das Kunst-Studium der Frauen. Darmstadt, 1914, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_kunststudium_1913/14>, abgerufen am 23.11.2024.