Lehrplan ist nicht voll umfassend und gibt nicht Gelegenheit zu vielseitiger Ausbildung, die Ausbildung auf privaten Lehranstalten ist erheblich kost- spieliger als auf staatlichen Akademien, die Ausbildung festigt oft die Grundlagen nicht genügend und ist nicht hinreichend systematisch, die Aufnahme bietet keine ausreichende Gewähr für die Beurteilung des Talents und ist deshalb geeignet, die Schar der Dilettanten und Halb- künstler zu mehren.
Jch komme nun zu den drei schon genannten subventionierten Schulen, der Schule des Vereins Berliner Künstlerinnen, der Münchner Damen- akademie, der Karlsruher Malerinnenschule, die als gemeinnützige, nicht als Erwerbsinstitute anzusprechen sind.
Was diese Schulen bahnbrechend geleistet haben in einer Zeit, als jeder beruflichen Frauenarbeit schwere Hindernisse entgegenstanden, kann nicht dankbar genug anerkannt werden. Was sie auch heut tatsächlich leisten, ist gleicher Anerkennung wert. Es wäre sehr bedauerlich, wenn sie verschwinden würden, und es unterliegt keinem Zweifel, daß man in ihnen zu künstlerischer Ausbildung gelangen kann. Sie haben zum Teil vorzügliche Lehrkräfte und können ungeeignete leichter abstoßen als die staatlichen Akademien, die immer mit dem festangestellten Beamten zu rechnen haben und auch den unfähigen oder unzeitgemäßen Lehrer - auch letzteres fällt bei dem künstlerischen Unterricht ins Gewicht - liebe- voll bis in ein hohes Alter konservieren. (Andrerseits freilich vermögen sie tüchtige Lehrkräfte nicht zu halten, wenn sich eine festere Stellung für solche bietet, und die Münchner Damenakademie hat wiederholt die Erfahrung gemacht, daß Lehrkräfte, die sich bei ihr besonders be- währten, dann von den staatlichen Akademien fortgeholt wurden.) Auch ist in der Verwaltung und Leitung dieser Frauenschulen - besonders in München und Berlin - der weibliche Einfluß gewahrt, und dadurch wird, wie überall unter Frauenleitung, individueller, weniger schematisch gearbeitet, mehr ein persönliches Verhältnis des Lernenden zu der ganzen Anstalt geschaffen. Das gleiche aber wie eine große staatliche
Lehrplan ist nicht voll umfassend und gibt nicht Gelegenheit zu vielseitiger Ausbildung, die Ausbildung auf privaten Lehranstalten ist erheblich kost- spieliger als auf staatlichen Akademien, die Ausbildung festigt oft die Grundlagen nicht genügend und ist nicht hinreichend systematisch, die Aufnahme bietet keine ausreichende Gewähr für die Beurteilung des Talents und ist deshalb geeignet, die Schar der Dilettanten und Halb- künstler zu mehren.
Jch komme nun zu den drei schon genannten subventionierten Schulen, der Schule des Vereins Berliner Künstlerinnen, der Münchner Damen- akademie, der Karlsruher Malerinnenschule, die als gemeinnützige, nicht als Erwerbsinstitute anzusprechen sind.
Was diese Schulen bahnbrechend geleistet haben in einer Zeit, als jeder beruflichen Frauenarbeit schwere Hindernisse entgegenstanden, kann nicht dankbar genug anerkannt werden. Was sie auch heut tatsächlich leisten, ist gleicher Anerkennung wert. Es wäre sehr bedauerlich, wenn sie verschwinden würden, und es unterliegt keinem Zweifel, daß man in ihnen zu künstlerischer Ausbildung gelangen kann. Sie haben zum Teil vorzügliche Lehrkräfte und können ungeeignete leichter abstoßen als die staatlichen Akademien, die immer mit dem festangestellten Beamten zu rechnen haben und auch den unfähigen oder unzeitgemäßen Lehrer – auch letzteres fällt bei dem künstlerischen Unterricht ins Gewicht – liebe- voll bis in ein hohes Alter konservieren. (Andrerseits freilich vermögen sie tüchtige Lehrkräfte nicht zu halten, wenn sich eine festere Stellung für solche bietet, und die Münchner Damenakademie hat wiederholt die Erfahrung gemacht, daß Lehrkräfte, die sich bei ihr besonders be- währten, dann von den staatlichen Akademien fortgeholt wurden.) Auch ist in der Verwaltung und Leitung dieser Frauenschulen – besonders in München und Berlin – der weibliche Einfluß gewahrt, und dadurch wird, wie überall unter Frauenleitung, individueller, weniger schematisch gearbeitet, mehr ein persönliches Verhältnis des Lernenden zu der ganzen Anstalt geschaffen. Das gleiche aber wie eine große staatliche
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Lehrplan ist nicht voll umfassend und gibt nicht Gelegenheit zu vielseitiger
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spieliger als auf staatlichen Akademien, die Ausbildung festigt oft die
Grundlagen nicht genügend und ist nicht hinreichend systematisch, die
Aufnahme bietet keine ausreichende Gewähr für die Beurteilung des
Talents und ist deshalb geeignet, die Schar der Dilettanten und Halb-
künstler zu mehren.
Jch komme nun zu den drei schon genannten subventionierten Schulen,
der Schule des Vereins Berliner Künstlerinnen, der Münchner Damen-
akademie, der Karlsruher Malerinnenschule, die als gemeinnützige, nicht
als Erwerbsinstitute anzusprechen sind.
Was diese Schulen bahnbrechend geleistet haben in einer Zeit, als
jeder beruflichen Frauenarbeit schwere Hindernisse entgegenstanden, kann
nicht dankbar genug anerkannt werden. Was sie auch heut tatsächlich
leisten, ist gleicher Anerkennung wert. Es wäre sehr bedauerlich, wenn
sie verschwinden würden, und es unterliegt keinem Zweifel, daß man
in ihnen zu künstlerischer Ausbildung gelangen kann. Sie haben zum
Teil vorzügliche Lehrkräfte und können ungeeignete leichter abstoßen
als die staatlichen Akademien, die immer mit dem festangestellten Beamten
zu rechnen haben und auch den unfähigen oder unzeitgemäßen Lehrer –
auch letzteres fällt bei dem künstlerischen Unterricht ins Gewicht – liebe-
voll bis in ein hohes Alter konservieren. (Andrerseits freilich vermögen
sie tüchtige Lehrkräfte nicht zu halten, wenn sich eine festere Stellung für
solche bietet, und die Münchner Damenakademie hat wiederholt die
Erfahrung gemacht, daß Lehrkräfte, die sich bei ihr besonders be-
währten, dann von den staatlichen Akademien fortgeholt wurden.)
Auch ist in der Verwaltung und Leitung dieser Frauenschulen – besonders
in München und Berlin – der weibliche Einfluß gewahrt, und dadurch
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Lehmann, Henni: Das Kunst-Studium der Frauen. Darmstadt, 1914, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_kunststudium_1913/15>, abgerufen am 16.02.2025.
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