darüber anheim, ob die Worte des Herrn Akademiedirektors ganz das Verständnis für den Geist der Jetztzeit und die Würde des Ausdrucks zeigen, wie man bei Behandlung einer ernsthaften Frage in einem deutschen Parlament bei einem Herrn in solch hervorragender Stellung für wünschenswert erachten möchte.
Von privater kompetenter Seite sind mir endlich gegen die Öffnung der Akademien Gründe geltend gemacht worden, die sich gegen die ge- meinsame künstlerische Arbeit der Geschlechter überhaupt richten; vor allem wird die Gefahr der Berührung mit der männlichen Boheme betont, die ja unter den bildenden Künstlern nicht fehlt, und es wird auf die unangenehmen Elemente hingewiesen, die sich in manchen Ateliers finden. Es wird nicht geleugnet werden können, daß hierin Wahres ist, nur glaube ich, daß diese Gefahr jetzt in den unkontrollierten Privatateliers viel größer ist, als sie es auf der Akademie sein würde. Auf letzterer würde möglicherweise die Mitarbeit weiblicher Schüler gerade den Ton heben. Diese Gefahr der Bohemisierung ist natürlich auf den nur von Frauen besuchten Schulen zu München, Karlsruhe, Berlin kaum vor- handen, deshalb werden für manche Charaktere diese Schulen das Rechte sein, andrerseits darf aber auch nicht verkannt werden, daß eine allzu hermetische Abschließung der vollen Entfaltung der künstlerischen Persönlichkeit hinderlich ist, und daß die gemeinsame Arbeit von männ- lichen und weiblichen Künstlern, die gegenseitige Anregung, das Messen des Könnens an einander geeignet ist, die Werdenden außerordentlich zu fördern. Man lernt oft mehr aus der Arbeit der Mitschüler als aus der Belehrung des Unterrichtenden. Jch glaube deshalb nicht, daß auch diese Bedenken gegen Öffnung der Akademien ausschlaggebend sein dürfen, und davon abhalten dürfen, erneut in allen Bundesstaaten um Öffnung der Akademien zu bitten. Jch bitte und hoffe, daß Sie auf Grund meiner Ausführungen dieser meiner Meinung beitreten und viel- leicht eine Kommission mit der Fertigstellung der betreffenden Petitionen beauftragen werden. Und für diese Öffnung spricht außer den prak-
darüber anheim, ob die Worte des Herrn Akademiedirektors ganz das Verständnis für den Geist der Jetztzeit und die Würde des Ausdrucks zeigen, wie man bei Behandlung einer ernsthaften Frage in einem deutschen Parlament bei einem Herrn in solch hervorragender Stellung für wünschenswert erachten möchte.
Von privater kompetenter Seite sind mir endlich gegen die Öffnung der Akademien Gründe geltend gemacht worden, die sich gegen die ge- meinsame künstlerische Arbeit der Geschlechter überhaupt richten; vor allem wird die Gefahr der Berührung mit der männlichen Bohême betont, die ja unter den bildenden Künstlern nicht fehlt, und es wird auf die unangenehmen Elemente hingewiesen, die sich in manchen Ateliers finden. Es wird nicht geleugnet werden können, daß hierin Wahres ist, nur glaube ich, daß diese Gefahr jetzt in den unkontrollierten Privatateliers viel größer ist, als sie es auf der Akademie sein würde. Auf letzterer würde möglicherweise die Mitarbeit weiblicher Schüler gerade den Ton heben. Diese Gefahr der Bohêmisierung ist natürlich auf den nur von Frauen besuchten Schulen zu München, Karlsruhe, Berlin kaum vor- handen, deshalb werden für manche Charaktere diese Schulen das Rechte sein, andrerseits darf aber auch nicht verkannt werden, daß eine allzu hermetische Abschließung der vollen Entfaltung der künstlerischen Persönlichkeit hinderlich ist, und daß die gemeinsame Arbeit von männ- lichen und weiblichen Künstlern, die gegenseitige Anregung, das Messen des Könnens an einander geeignet ist, die Werdenden außerordentlich zu fördern. Man lernt oft mehr aus der Arbeit der Mitschüler als aus der Belehrung des Unterrichtenden. Jch glaube deshalb nicht, daß auch diese Bedenken gegen Öffnung der Akademien ausschlaggebend sein dürfen, und davon abhalten dürfen, erneut in allen Bundesstaaten um Öffnung der Akademien zu bitten. Jch bitte und hoffe, daß Sie auf Grund meiner Ausführungen dieser meiner Meinung beitreten und viel- leicht eine Kommission mit der Fertigstellung der betreffenden Petitionen beauftragen werden. Und für diese Öffnung spricht außer den prak-
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[24/0030]
darüber anheim, ob die Worte des Herrn Akademiedirektors ganz das
Verständnis für den Geist der Jetztzeit und die Würde des Ausdrucks
zeigen, wie man bei Behandlung einer ernsthaften Frage in einem
deutschen Parlament bei einem Herrn in solch hervorragender Stellung
für wünschenswert erachten möchte.
Von privater kompetenter Seite sind mir endlich gegen die Öffnung
der Akademien Gründe geltend gemacht worden, die sich gegen die ge-
meinsame künstlerische Arbeit der Geschlechter überhaupt richten; vor
allem wird die Gefahr der Berührung mit der männlichen Bohême betont,
die ja unter den bildenden Künstlern nicht fehlt, und es wird auf die
unangenehmen Elemente hingewiesen, die sich in manchen Ateliers finden.
Es wird nicht geleugnet werden können, daß hierin Wahres ist, nur
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viel größer ist, als sie es auf der Akademie sein würde. Auf letzterer
würde möglicherweise die Mitarbeit weiblicher Schüler gerade den Ton
heben. Diese Gefahr der Bohêmisierung ist natürlich auf den nur von
Frauen besuchten Schulen zu München, Karlsruhe, Berlin kaum vor-
handen, deshalb werden für manche Charaktere diese Schulen das
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allzu hermetische Abschließung der vollen Entfaltung der künstlerischen
Persönlichkeit hinderlich ist, und daß die gemeinsame Arbeit von männ-
lichen und weiblichen Künstlern, die gegenseitige Anregung, das Messen
des Könnens an einander geeignet ist, die Werdenden außerordentlich
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Lehmann, Henni: Das Kunst-Studium der Frauen. Darmstadt, 1914, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_kunststudium_1913/30>, abgerufen am 16.02.2025.
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