Lehmann, Henni: Das Kunst-Studium der Frauen. Darmstadt, 1914.II. a) Die Einwendung, daß die Ausbildung auf den Akademien über- haupt nicht zweckmäßig sei, kann nicht gelten, solange die akademische Ausbildung der vom Staat organisierte Bildungs- weg für männliche Künstler ist und Vorbedingung ist für Be- setzung gewisser Stellen. b) Die Akademie gewährt systematische Ausbildung in der hand- werklichen Grundlage und zwingt zu geordnetem und einheit- lichem Studiengang. III. Wie weit Frauen in der Kunst originell schöpferisch und zu Höchst- leistungen befähigt sind, ist nicht zu beurteilen, solange ihnen nicht volle Ausbildungsmöglichkeiten offen stehen. IV. Das gemeinsame Aktstudium von Männern und Frauen kann nicht als Unmöglichkeit bezeichnet werden, da es an vielen Orten durch- geführt ist, ohne daß sich Mißstände ergeben haben. V. Die Forderung der Öffnung der Kunstakademien ist eine Forderung innerer Gerechtigkeit, die für die Frauen den vollen Anteil an dem geistigen Besitz des Volkes verlangt. II. a) Die Einwendung, daß die Ausbildung auf den Akademien über- haupt nicht zweckmäßig sei, kann nicht gelten, solange die akademische Ausbildung der vom Staat organisierte Bildungs- weg für männliche Künstler ist und Vorbedingung ist für Be- setzung gewisser Stellen. b) Die Akademie gewährt systematische Ausbildung in der hand- werklichen Grundlage und zwingt zu geordnetem und einheit- lichem Studiengang. III. Wie weit Frauen in der Kunst originell schöpferisch und zu Höchst- leistungen befähigt sind, ist nicht zu beurteilen, solange ihnen nicht volle Ausbildungsmöglichkeiten offen stehen. IV. Das gemeinsame Aktstudium von Männern und Frauen kann nicht als Unmöglichkeit bezeichnet werden, da es an vielen Orten durch- geführt ist, ohne daß sich Mißstände ergeben haben. V. Die Forderung der Öffnung der Kunstakademien ist eine Forderung innerer Gerechtigkeit, die für die Frauen den vollen Anteil an dem geistigen Besitz des Volkes verlangt. <TEI> <text> <back> <div type="appendix"> <list> <pb facs="#f0033" n="27"/> <item><hi rendition="#aq">II</hi>. <list><item><hi rendition="#aq">a</hi>) Die Einwendung, daß die Ausbildung auf den Akademien über-<lb/> haupt nicht zweckmäßig sei, kann nicht gelten, solange die<lb/> akademische Ausbildung der vom Staat organisierte Bildungs-<lb/> weg für männliche Künstler ist und Vorbedingung ist für Be-<lb/> setzung gewisser Stellen.</item><lb/><item><hi rendition="#aq">b</hi>) Die Akademie gewährt systematische Ausbildung in der hand-<lb/> werklichen Grundlage und zwingt zu geordnetem und einheit-<lb/> lichem Studiengang.</item><lb/></list></item> <item><hi rendition="#aq">III</hi>. Wie weit Frauen in der Kunst originell schöpferisch und zu Höchst-<lb/> leistungen befähigt sind, ist nicht zu beurteilen, solange ihnen nicht<lb/> volle Ausbildungsmöglichkeiten offen stehen.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">IV</hi>. Das gemeinsame Aktstudium von Männern und Frauen kann nicht<lb/> als Unmöglichkeit bezeichnet werden, da es an vielen Orten durch-<lb/> geführt ist, ohne daß sich Mißstände ergeben haben.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">V</hi>. Die Forderung der Öffnung der Kunstakademien ist eine Forderung<lb/> innerer Gerechtigkeit, die für die Frauen den vollen Anteil an dem<lb/> geistigen Besitz des Volkes verlangt.</item><lb/> </list> <byline> <hi rendition="#right"> <hi rendition="#b">Henni Lehmann.</hi> </hi> </byline><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </back> </text> </TEI> [27/0033]
II. a) Die Einwendung, daß die Ausbildung auf den Akademien über-
haupt nicht zweckmäßig sei, kann nicht gelten, solange die
akademische Ausbildung der vom Staat organisierte Bildungs-
weg für männliche Künstler ist und Vorbedingung ist für Be-
setzung gewisser Stellen.
b) Die Akademie gewährt systematische Ausbildung in der hand-
werklichen Grundlage und zwingt zu geordnetem und einheit-
lichem Studiengang.
III. Wie weit Frauen in der Kunst originell schöpferisch und zu Höchst-
leistungen befähigt sind, ist nicht zu beurteilen, solange ihnen nicht
volle Ausbildungsmöglichkeiten offen stehen.
IV. Das gemeinsame Aktstudium von Männern und Frauen kann nicht
als Unmöglichkeit bezeichnet werden, da es an vielen Orten durch-
geführt ist, ohne daß sich Mißstände ergeben haben.
V. Die Forderung der Öffnung der Kunstakademien ist eine Forderung
innerer Gerechtigkeit, die für die Frauen den vollen Anteil an dem
geistigen Besitz des Volkes verlangt.
Henni Lehmann.
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Zitationshilfe: | Lehmann, Henni: Das Kunst-Studium der Frauen. Darmstadt, 1914, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_kunststudium_1913/33>, abgerufen am 16.02.2025. |