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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Die Entwickelung der Principien der Dynamik.
früher zurückgelegt wird, so müsste der Rest augen-
blicklich (ohne messbare Zeit) zurückgelegt werden.
Leicht folgt dann, dass die Fallbewegung überhaupt
eine momentane wäre.

Die Fehlschlüsse liegen hier klar zu Tage. Integra-
tionen im Kopfe waren natürlich Galilei nicht geläufig,
und er musste bei dem Fehlen aller Methode nothwen-
dig irren, sobald die Verhältnisse etwas complicirter
waren. Nennen wir s den Weg, t die Zeit, so lautet
die Galilei'sche Annahme in unserer heutigen Sprache
[Formel 1] , woraus folgt s=Aeat, wobei a eine Er-
fahrungs- und A eine Integrationsconstante wäre. Dies
ist eine ganz andere Folgerung als diejenige, welche
Galilei gezogen hat. Sie passt allerdings zur Erfahrung
nicht, und Galilei hätte wahrscheinlich Anstoss daran
genommen, dass für t=o doch s von o verschieden
sein muss, wenn überhaupt Bewegung eintreten soll.
Allein sich selbst widerspricht die Annahme keineswegs.

Nehmen wir an, Kepler hätte sich dieselbe Frage ge-
stellt. Während Galilei stets nur nach dem Einfachsten
griff, und eine Annahme sofort fallen liess, wenn sie
nicht passte, zeigt Kepler eine ganz andere Natur. Er
scheut sich vor den complicirtesten Annahmen nicht,
und gelangt, dieselben fort und fort allmählich ab-
ändernd, zum Ziel, wie dies die Geschichte der Auf-
findung seiner Gesetze der Planetenbewegung hinreichend
darthut. Kepler hätte also wahrscheinlich, wenn die
Annahme [Formel 2] nicht gepasst hätte, eine Unzahl
anderer, darunter wahrscheinlich auch die richtige
[Formel 3] versucht. Damit würde aber die Dynamik
einen wesentlich andern Entwickelungsgang genommen
haben.

Unserer Meinung nach hat nun diesem geringfügigen
historischen Umstand der Begriff "Arbeit" die Mühe zu

Die Entwickelung der Principien der Dynamik.
früher zurückgelegt wird, so müsste der Rest augen-
blicklich (ohne messbare Zeit) zurückgelegt werden.
Leicht folgt dann, dass die Fallbewegung überhaupt
eine momentane wäre.

Die Fehlschlüsse liegen hier klar zu Tage. Integra-
tionen im Kopfe waren natürlich Galilei nicht geläufig,
und er musste bei dem Fehlen aller Methode nothwen-
dig irren, sobald die Verhältnisse etwas complicirter
waren. Nennen wir s den Weg, t die Zeit, so lautet
die Galilei’sche Annahme in unserer heutigen Sprache
[Formel 1] , woraus folgt s=Aeat, wobei a eine Er-
fahrungs- und A eine Integrationsconstante wäre. Dies
ist eine ganz andere Folgerung als diejenige, welche
Galilei gezogen hat. Sie passt allerdings zur Erfahrung
nicht, und Galilei hätte wahrscheinlich Anstoss daran
genommen, dass für t=o doch s von o verschieden
sein muss, wenn überhaupt Bewegung eintreten soll.
Allein sich selbst widerspricht die Annahme keineswegs.

Nehmen wir an, Kepler hätte sich dieselbe Frage ge-
stellt. Während Galilei stets nur nach dem Einfachsten
griff, und eine Annahme sofort fallen liess, wenn sie
nicht passte, zeigt Kepler eine ganz andere Natur. Er
scheut sich vor den complicirtesten Annahmen nicht,
und gelangt, dieselben fort und fort allmählich ab-
ändernd, zum Ziel, wie dies die Geschichte der Auf-
findung seiner Gesetze der Planetenbewegung hinreichend
darthut. Kepler hätte also wahrscheinlich, wenn die
Annahme [Formel 2] nicht gepasst hätte, eine Unzahl
anderer, darunter wahrscheinlich auch die richtige
[Formel 3] versucht. Damit würde aber die Dynamik
einen wesentlich andern Entwickelungsgang genommen
haben.

Unserer Meinung nach hat nun diesem geringfügigen
historischen Umstand der Begriff „Arbeit‟ die Mühe zu

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[231/0243] Die Entwickelung der Principien der Dynamik. früher zurückgelegt wird, so müsste der Rest augen- blicklich (ohne messbare Zeit) zurückgelegt werden. Leicht folgt dann, dass die Fallbewegung überhaupt eine momentane wäre. Die Fehlschlüsse liegen hier klar zu Tage. Integra- tionen im Kopfe waren natürlich Galilei nicht geläufig, und er musste bei dem Fehlen aller Methode nothwen- dig irren, sobald die Verhältnisse etwas complicirter waren. Nennen wir s den Weg, t die Zeit, so lautet die Galilei’sche Annahme in unserer heutigen Sprache [FORMEL], woraus folgt s=Aeat, wobei a eine Er- fahrungs- und A eine Integrationsconstante wäre. Dies ist eine ganz andere Folgerung als diejenige, welche Galilei gezogen hat. Sie passt allerdings zur Erfahrung nicht, und Galilei hätte wahrscheinlich Anstoss daran genommen, dass für t=o doch s von o verschieden sein muss, wenn überhaupt Bewegung eintreten soll. Allein sich selbst widerspricht die Annahme keineswegs. Nehmen wir an, Kepler hätte sich dieselbe Frage ge- stellt. Während Galilei stets nur nach dem Einfachsten griff, und eine Annahme sofort fallen liess, wenn sie nicht passte, zeigt Kepler eine ganz andere Natur. Er scheut sich vor den complicirtesten Annahmen nicht, und gelangt, dieselben fort und fort allmählich ab- ändernd, zum Ziel, wie dies die Geschichte der Auf- findung seiner Gesetze der Planetenbewegung hinreichend darthut. Kepler hätte also wahrscheinlich, wenn die Annahme [FORMEL] nicht gepasst hätte, eine Unzahl anderer, darunter wahrscheinlich auch die richtige [FORMEL] versucht. Damit würde aber die Dynamik einen wesentlich andern Entwickelungsgang genommen haben. Unserer Meinung nach hat nun diesem geringfügigen historischen Umstand der Begriff „Arbeit‟ die Mühe zu

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/243>, abgerufen am 23.11.2024.