Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

Bild:
<< vorherige Seite

Eilfter Gesang.

Und die verhaßte Wahrheit zu sagen: der Ewige werde
Niederfahren vom Himmel mit seiner Heiligen Schaaren,
Sie zu richten; ihn hat in einer balsamischen Wolke
750Mit geflügelten Rossen der Ewge von ihnen entrücket,

Daß er mit ihm in den Höfen der Wonn' in Seeligkeit wandle.
Und vom Tode befreyet sey, dir, Adam, zu zeigen,
Was für ein Lohn die Frommen erwartet, und welche Bestrafung
Jene Verruchten verfolgt; sieh auf! du wirst es erblicken.

755
Adam sah auf, und sah, daß sich die Scene der Dinge
Plötzlich verändert. Der eiserne Schlund des tobenden Krieges
Brüllte nicht mehr; es hatte sich alles in Scherz und in Freuden,
Und zu schwelgrischen Festen, und üppigen Tänzen, verwandelt.
Heyrath, Nothzucht herrscheten nun, Entführung und Ehbruch,
760Wie die vorübergehende Schöne dazu sie verführte.

Bald darauf kam es von Bechern der Lust zu innerer Zwietracht;
Aber ein ehrfurchtswürdiger Mann trat unter denselben
Wider sie auf; er gab sein äußerstes Misvergnügen
Ueber ihr Thun zu erkennen, und zeugte mit muthiger Tugend
765Gegen ihre sündlichen Wege. Bey ihren Banketen,

Wenn sie sich zu Triumphen und Festen in Freuden versammelt,
Tritt er oft unter sie hin, und predigt diesen Verstockten
Buß und Bekehrung [Spaltenumbruch] u), als Seelen zum nahen Gerichte geweihet;
Aber
u) Dieß gründet sich auf 1 Petr.
III. 19. 20. Er hat geprediget den
Geistern im Gefängniß, die etwa
[Spaltenumbruch] nicht glaubeten, da Gott einsmals
harrete, und Gednld hatte zu den
Zeiten Noäh.

Eilfter Geſang.

Und die verhaßte Wahrheit zu ſagen: der Ewige werde
Niederfahren vom Himmel mit ſeiner Heiligen Schaaren,
Sie zu richten; ihn hat in einer balſamiſchen Wolke
750Mit gefluͤgelten Roſſen der Ewge von ihnen entruͤcket,

Daß er mit ihm in den Hoͤfen der Wonn’ in Seeligkeit wandle.
Und vom Tode befreyet ſey, dir, Adam, zu zeigen,
Was fuͤr ein Lohn die Frommen erwartet, und welche Beſtrafung
Jene Verruchten verfolgt; ſieh auf! du wirſt es erblicken.

755
Adam ſah auf, und ſah, daß ſich die Scene der Dinge
Ploͤtzlich veraͤndert. Der eiſerne Schlund des tobenden Krieges
Bruͤllte nicht mehr; es hatte ſich alles in Scherz und in Freuden,
Und zu ſchwelgriſchen Feſten, und uͤppigen Taͤnzen, verwandelt.
Heyrath, Nothzucht herrſcheten nun, Entfuͤhrung und Ehbruch,
760Wie die voruͤbergehende Schoͤne dazu ſie verfuͤhrte.

Bald darauf kam es von Bechern der Luſt zu innerer Zwietracht;
Aber ein ehrfurchtswuͤrdiger Mann trat unter denſelben
Wider ſie auf; er gab ſein aͤußerſtes Misvergnuͤgen
Ueber ihr Thun zu erkennen, und zeugte mit muthiger Tugend
765Gegen ihre ſuͤndlichen Wege. Bey ihren Banketen,

Wenn ſie ſich zu Triumphen und Feſten in Freuden verſammelt,
Tritt er oft unter ſie hin, und predigt dieſen Verſtockten
Buß und Bekehrung [Spaltenumbruch] u), als Seelen zum nahen Gerichte geweihet;
Aber
u) Dieß gruͤndet ſich auf 1 Petr.
III. 19. 20. Er hat geprediget den
Geiſtern im Gefängniß, die etwa
[Spaltenumbruch] nicht glaubeten, da Gott einsmals
harrete, und Gednld hatte zu den
Zeiten Noäh.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="42">
            <l>
              <pb facs="#f0231" n="207"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Eilfter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw>
            </l><lb/>
            <l>Und die verhaßte Wahrheit zu &#x017F;agen: der Ewige werde</l><lb/>
            <l>Niederfahren vom Himmel mit &#x017F;einer Heiligen Schaaren,</l><lb/>
            <l>Sie zu richten; ihn hat in einer bal&#x017F;ami&#x017F;chen Wolke<lb/><note place="left">750</note>Mit geflu&#x0364;gelten Ro&#x017F;&#x017F;en der Ewge von ihnen entru&#x0364;cket,</l><lb/>
            <l>Daß er mit ihm in den Ho&#x0364;fen der Wonn&#x2019; in Seeligkeit wandle.</l><lb/>
            <l>Und vom Tode befreyet &#x017F;ey, dir, <hi rendition="#fr">Adam,</hi> zu zeigen,</l><lb/>
            <l>Was fu&#x0364;r ein Lohn die Frommen erwartet, und welche Be&#x017F;trafung</l><lb/>
            <l>Jene Verruchten verfolgt; &#x017F;ieh auf! du wir&#x017F;t es erblicken.</l>
          </lg><lb/>
          <note place="left">755</note>
          <lg n="43">
            <l><hi rendition="#fr">Adam</hi> &#x017F;ah auf, und &#x017F;ah, daß &#x017F;ich die Scene der Dinge</l><lb/>
            <l>Plo&#x0364;tzlich vera&#x0364;ndert. Der ei&#x017F;erne Schlund des tobenden Krieges</l><lb/>
            <l>Bru&#x0364;llte nicht mehr; es hatte &#x017F;ich alles in Scherz und in Freuden,</l><lb/>
            <l>Und zu &#x017F;chwelgri&#x017F;chen Fe&#x017F;ten, und u&#x0364;ppigen Ta&#x0364;nzen, verwandelt.</l><lb/>
            <l>Heyrath, Nothzucht herr&#x017F;cheten nun, Entfu&#x0364;hrung und Ehbruch,<lb/><note place="left">760</note>Wie die voru&#x0364;bergehende Scho&#x0364;ne dazu &#x017F;ie verfu&#x0364;hrte.</l><lb/>
            <l>Bald darauf kam es von Bechern der Lu&#x017F;t zu innerer Zwietracht;</l><lb/>
            <l>Aber ein ehrfurchtswu&#x0364;rdiger Mann trat unter den&#x017F;elben</l><lb/>
            <l>Wider &#x017F;ie auf; er gab &#x017F;ein a&#x0364;ußer&#x017F;tes Misvergnu&#x0364;gen</l><lb/>
            <l>Ueber ihr Thun zu erkennen, und zeugte mit muthiger Tugend<lb/><note place="left">765</note>Gegen ihre &#x017F;u&#x0364;ndlichen Wege. Bey ihren Banketen,</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ie &#x017F;ich zu Triumphen und Fe&#x017F;ten in Freuden ver&#x017F;ammelt,</l><lb/>
            <l>Tritt er oft unter &#x017F;ie hin, und predigt die&#x017F;en Ver&#x017F;tockten</l><lb/>
            <l>Buß und Bekehrung <cb/>
<note place="foot" n="u)">Dieß gru&#x0364;ndet &#x017F;ich auf 1 Petr.<lb/><hi rendition="#aq">III.</hi> 19. 20. <hi rendition="#fr">Er hat geprediget den<lb/>
Gei&#x017F;tern im Gefängniß, die etwa<lb/><cb/>
nicht glaubeten, da Gott einsmals<lb/>
harrete, und Gednld hatte zu den<lb/>
Zeiten Noäh.</hi></note>, als Seelen zum nahen Gerichte geweihet;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Aber</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0231] Eilfter Geſang. Und die verhaßte Wahrheit zu ſagen: der Ewige werde Niederfahren vom Himmel mit ſeiner Heiligen Schaaren, Sie zu richten; ihn hat in einer balſamiſchen Wolke Mit gefluͤgelten Roſſen der Ewge von ihnen entruͤcket, Daß er mit ihm in den Hoͤfen der Wonn’ in Seeligkeit wandle. Und vom Tode befreyet ſey, dir, Adam, zu zeigen, Was fuͤr ein Lohn die Frommen erwartet, und welche Beſtrafung Jene Verruchten verfolgt; ſieh auf! du wirſt es erblicken. Adam ſah auf, und ſah, daß ſich die Scene der Dinge Ploͤtzlich veraͤndert. Der eiſerne Schlund des tobenden Krieges Bruͤllte nicht mehr; es hatte ſich alles in Scherz und in Freuden, Und zu ſchwelgriſchen Feſten, und uͤppigen Taͤnzen, verwandelt. Heyrath, Nothzucht herrſcheten nun, Entfuͤhrung und Ehbruch, Wie die voruͤbergehende Schoͤne dazu ſie verfuͤhrte. Bald darauf kam es von Bechern der Luſt zu innerer Zwietracht; Aber ein ehrfurchtswuͤrdiger Mann trat unter denſelben Wider ſie auf; er gab ſein aͤußerſtes Misvergnuͤgen Ueber ihr Thun zu erkennen, und zeugte mit muthiger Tugend Gegen ihre ſuͤndlichen Wege. Bey ihren Banketen, Wenn ſie ſich zu Triumphen und Feſten in Freuden verſammelt, Tritt er oft unter ſie hin, und predigt dieſen Verſtockten Buß und Bekehrung u), als Seelen zum nahen Gerichte geweihet; Aber u) Dieß gruͤndet ſich auf 1 Petr. III. 19. 20. Er hat geprediget den Geiſtern im Gefängniß, die etwa nicht glaubeten, da Gott einsmals harrete, und Gednld hatte zu den Zeiten Noäh.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/231
Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/231>, abgerufen am 23.11.2024.