man ihn auch sammt dem Bette wegtragen. Lar- kens nahm gleich den Schließer auf die Seite, ließ sich die nächstgelegenen Zimmer weisen und kam bald mit der lustigen Botschaft wieder, er habe nur we- nige Schritte von Theobalds Zelle ein Lokal ent- deckt, darüber in der Welt Nichts gehe: einen kleinen getäfelten Rittersaal mit einem Erker, der die schönste Aussicht im ganzen Schloß darbiete. Sodann beschrieb er den alterthümlichen Reiz der vielfach verzierten eichenen Wände, eine Reihe von lebensgroß in Holz geschnizten Grafen und Herzogen mit ihren Wappen- schildern und Sinnsprüchen, die hölzerne Decke, auf welcher, in gleiche Quadrate getheilt, die halbe bib- lische Historie in rührender Geschmacklosigkeit gemalt zu schauen, zwei riesenhafte Ofen, die man im Noth- fall beide heitzen würde; daneben in einer Ecke lehne ein Haufen rostiger Waffen, an deren Schwere der Patient von Tag zu Tage seine zunehmenden Kräfte prüfen müsse; auch stünden ein paar kleine Feuer- spritzen bereit, und er behalte sich vor, dieselben an dem Tage, wo man Befreiung und Genesung festlich begehen würde, mit Tokaier füllen zu lassen, denn da müsse der Wein recht eigentlich in Strömen fließen. Sprach er das Leztere im Scherz, so war es ihm mit der Verlegung Noltens in den bezeichneten Saal so vollkommen Ernst, daß er noch jenen Mor- gen die Erlaubniß hiezu von Seiten des Verwalters einholte und Anstalt machte, Alles recht sauber und
man ihn auch ſammt dem Bette wegtragen. Lar- kens nahm gleich den Schließer auf die Seite, ließ ſich die nächſtgelegenen Zimmer weiſen und kam bald mit der luſtigen Botſchaft wieder, er habe nur we- nige Schritte von Theobalds Zelle ein Lokal ent- deckt, darüber in der Welt Nichts gehe: einen kleinen getäfelten Ritterſaal mit einem Erker, der die ſchönſte Ausſicht im ganzen Schloß darbiete. Sodann beſchrieb er den alterthümlichen Reiz der vielfach verzierten eichenen Wände, eine Reihe von lebensgroß in Holz geſchnizten Grafen und Herzogen mit ihren Wappen- ſchildern und Sinnſprüchen, die hölzerne Decke, auf welcher, in gleiche Quadrate getheilt, die halbe bib- liſche Hiſtorie in rührender Geſchmackloſigkeit gemalt zu ſchauen, zwei rieſenhafte Ofen, die man im Noth- fall beide heitzen würde; daneben in einer Ecke lehne ein Haufen roſtiger Waffen, an deren Schwere der Patient von Tag zu Tage ſeine zunehmenden Kräfte prüfen müſſe; auch ſtünden ein paar kleine Feuer- ſpritzen bereit, und er behalte ſich vor, dieſelben an dem Tage, wo man Befreiung und Geneſung feſtlich begehen würde, mit Tokaier füllen zu laſſen, denn da müſſe der Wein recht eigentlich in Strömen fließen. Sprach er das Leztere im Scherz, ſo war es ihm mit der Verlegung Noltens in den bezeichneten Saal ſo vollkommen Ernſt, daß er noch jenen Mor- gen die Erlaubniß hiezu von Seiten des Verwalters einholte und Anſtalt machte, Alles recht ſauber und
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[326/0012]
man ihn auch ſammt dem Bette wegtragen. Lar-
kens nahm gleich den Schließer auf die Seite, ließ
ſich die nächſtgelegenen Zimmer weiſen und kam bald
mit der luſtigen Botſchaft wieder, er habe nur we-
nige Schritte von Theobalds Zelle ein Lokal ent-
deckt, darüber in der Welt Nichts gehe: einen kleinen
getäfelten Ritterſaal mit einem Erker, der die ſchönſte
Ausſicht im ganzen Schloß darbiete. Sodann beſchrieb
er den alterthümlichen Reiz der vielfach verzierten
eichenen Wände, eine Reihe von lebensgroß in Holz
geſchnizten Grafen und Herzogen mit ihren Wappen-
ſchildern und Sinnſprüchen, die hölzerne Decke, auf
welcher, in gleiche Quadrate getheilt, die halbe bib-
liſche Hiſtorie in rührender Geſchmackloſigkeit gemalt
zu ſchauen, zwei rieſenhafte Ofen, die man im Noth-
fall beide heitzen würde; daneben in einer Ecke lehne
ein Haufen roſtiger Waffen, an deren Schwere der
Patient von Tag zu Tage ſeine zunehmenden Kräfte
prüfen müſſe; auch ſtünden ein paar kleine Feuer-
ſpritzen bereit, und er behalte ſich vor, dieſelben an
dem Tage, wo man Befreiung und Geneſung feſtlich
begehen würde, mit Tokaier füllen zu laſſen, denn da
müſſe der Wein recht eigentlich in Strömen fließen.
Sprach er das Leztere im Scherz, ſo war es ihm
mit der Verlegung Noltens in den bezeichneten
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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/12>, abgerufen am 23.11.2024.
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