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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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Nothanker, in dem Kopfe eines solchen Menschen,
wie der ungenannte Verfasser ist, existiren mag.

Die unächte Fortsetzung kann übrigens noch
einen andern Nutzen haben. Jn dem ächten zwey-
ten Bande
wird man, der Wahrheit gemaß, sehr
viele Meinungen und nur sehr wenige Handlun-
gen
antreffen, weil der ehrliche Sebaldus wirklich
meistens nur gedacht, aber nicht gehandelt hat.
Sollte es nun Leser geben, welche wünschten, daß
man ihnen lieber Handlungen, als Meinungen, er-
zähle, so könnten sie versuchen, ob sie vielleicht bey
dem unächten zweyten Bande ihre Rechnung fin-
den möchten, in welchem alles voll Bewegung und
Handlungen ist, und zwar voll ganz ungemein merk-
würdiger Handlungen. Z. B. ,Wie Sebaldus,
"nachdem ihm die Räuber auf dem Postwagen ein
"Loch in den Kopf geschlagen hatten, ein Glas
"Kirschbrandwein trinkt, welches alle Grillen ver-
"trieb.
-- Wie Tuffelins seines Schulmeisters Frau
"verführt, welcher ihn dafür durchs ganze Dorf
"peitscht. -- Wie sich eine alte Jungfer Sibylle,
"in Sebaldus verliebt, und ihn des Nachts in sei-
"nem Bette besucht. -- Wie Säugling mit Ma-
"rianen
heimliche Zusammenkünfte hält, wobey die

"Ver-



Nothanker, in dem Kopfe eines ſolchen Menſchen,
wie der ungenannte Verfaſſer iſt, exiſtiren mag.

Die unaͤchte Fortſetzung kann uͤbrigens noch
einen andern Nutzen haben. Jn dem aͤchten zwey-
ten Bande
wird man, der Wahrheit gemaß, ſehr
viele Meinungen und nur ſehr wenige Handlun-
gen
antreffen, weil der ehrliche Sebaldus wirklich
meiſtens nur gedacht, aber nicht gehandelt hat.
Sollte es nun Leſer geben, welche wuͤnſchten, daß
man ihnen lieber Handlungen, als Meinungen, er-
zaͤhle, ſo koͤnnten ſie verſuchen, ob ſie vielleicht bey
dem unaͤchten zweyten Bande ihre Rechnung fin-
den moͤchten, in welchem alles voll Bewegung und
Handlungen iſt, und zwar voll ganz ungemein merk-
wuͤrdiger Handlungen. Z. B. ‚Wie Sebaldus,
”nachdem ihm die Raͤuber auf dem Poſtwagen ein
”Loch in den Kopf geſchlagen hatten, ein Glas
Kirſchbrandwein trinkt, welches alle Grillen ver-
”trieb.
— Wie Tuffelins ſeines Schulmeiſters Frau
”verfuͤhrt, welcher ihn dafuͤr durchs ganze Dorf
”peitſcht. — Wie ſich eine alte Jungfer Sibylle,
”in Sebaldus verliebt, und ihn des Nachts in ſei-
”nem Bette beſucht. — Wie Saͤugling mit Ma-
”rianen
heimliche Zuſammenkuͤnfte haͤlt, wobey die

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[283/0297] Nothanker, in dem Kopfe eines ſolchen Menſchen, wie der ungenannte Verfaſſer iſt, exiſtiren mag. Die unaͤchte Fortſetzung kann uͤbrigens noch einen andern Nutzen haben. Jn dem aͤchten zwey- ten Bande wird man, der Wahrheit gemaß, ſehr viele Meinungen und nur ſehr wenige Handlun- gen antreffen, weil der ehrliche Sebaldus wirklich meiſtens nur gedacht, aber nicht gehandelt hat. Sollte es nun Leſer geben, welche wuͤnſchten, daß man ihnen lieber Handlungen, als Meinungen, er- zaͤhle, ſo koͤnnten ſie verſuchen, ob ſie vielleicht bey dem unaͤchten zweyten Bande ihre Rechnung fin- den moͤchten, in welchem alles voll Bewegung und Handlungen iſt, und zwar voll ganz ungemein merk- wuͤrdiger Handlungen. Z. B. ‚Wie Sebaldus, ”nachdem ihm die Raͤuber auf dem Poſtwagen ein ”Loch in den Kopf geſchlagen hatten, ein Glas ”Kirſchbrandwein trinkt, welches alle Grillen ver- ”trieb. — Wie Tuffelins ſeines Schulmeiſters Frau ”verfuͤhrt, welcher ihn dafuͤr durchs ganze Dorf ”peitſcht. — Wie ſich eine alte Jungfer Sibylle, ”in Sebaldus verliebt, und ihn des Nachts in ſei- ”nem Bette beſucht. — Wie Saͤugling mit Ma- ”rianen heimliche Zuſammenkuͤnfte haͤlt, wobey die ”Ver-

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/297>, abgerufen am 23.11.2024.