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Allgemeine Zeitung, Nr. 100, 10. April 1849.

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[Spaltenumbruch] an drei verschiedenen Punkten in Schleswig einrückten: 1) ins Sundewitt,
wo sie (wie schon erwähnt) die Vorhut (das erste schleswig-holsteinische
Bataillon) angriffen, unterstützt von einer Fregatte, die ungefähr 150
Schüsse that, die sich aber auf ihre Linie bis diesseits Gravenstein vor der
Uebermacht zurückzog. Der Major derselben wurde leicht an der Hand
verwundet; außerdem find 16 Verwundete hier eingebracht. Das Ganze
war jedoch nichts weiter als Tirailleurgefecht. 2) rückte eine ziemlich
starke Abtheilung, meist Infanterie, von Kolding aus auf Hadersleben
vor; das erste schleswig-holsteinische Jägerbataillon hatte einen Kampf
mit derselben in Hadersleben, der aber nicht bedeutend gewesen seyn kann,
da nur ein Mann verwundet seyn soll. 3) ist mehr westlich eine Abthei-
lung, größtentheils Cavallerie, eingerückt, worüber hier noch keine wei-
tere Nachricht. Heute ist, so viel man bis jetzt hier weiß, gar nichts vor-
gefallen. Von Hadersleben und Apenrade sind eine Menge Flüchtlinge
hier, außerdem wimmelt die Stadt von Militär aller Arten. Wie man
hier hört soll die dänische Cavallerie und Artillerie in einem sehr guten,
die Infanterie dagegen in beklagenswerthem Zustand seyn. -- Nach-
schrift
. Halb 8 Uhr. Dem officiellen Bericht zufolge beläuft sich der
ganze Verlust des gestrigen Tags auf 4 Todte und 16 Verwundete. Die
Dänen haben 4 Gefangene gemacht, 2 schleswig-holsteinische und 2 han-
sische Dragoner auf Vorposten. (Börsenh.)

Oesterreich.

Endlich eine Sieges-
botschaft aus Ungarn. Es ist der Banus der bei Czegled die Insurgenten
schlug und ihnen 12 bis 15 Kanonen abnahm. Die Details fehlen noch.
Das Hauptquartier des Fürsten war in Hatvan. -- Die neueste preußische
Circularnote macht die größte Sensation. Nach der Antwort welche der
König der Deputation gegeben, überrascht seine Annahme des Proviso-
riums, noch mehr aber die kurze Frist welche er den deutschen Regierungen
behufs ihrer Erklärungen, zwar indirect, aber deßhalb nicht weniger perem-
torisch setzt. Daß von Sympathien für den preußischen Kaiser der Deut-
schen hier keine Spur zu finden, brauche ich Ihnen nicht erst zu sagen.


Die Insurgenten rücken in der That gegen
Vesth vor. Am 2 d. waren sie bei Hatvan, 6 Meilen von Pesth. Graf
Schlickunternahm eine forcirte Recognoscirung ihrer Stellung und Stärke,
wobei heiße Vorpostengefechte und gegenseitige Geschützdemonstrationen
stattfanden; 300 gefangene Honveds wurden nach Pesth gesendet; als aber
die Insurgenten ihre zahlreiche Reiterei ganz entfalteten, zog sich Graf
Schlick, nachdem er die Brücke welche bei Hatvan über den kleinen sum-
pfigen Fluß Zagyva auf der Straße nach Back führt, abgebrannt hatte,
bis Gödöllö, wo sein Hauptquartier ist, zurück und nahm bei diesem Orte
eine ziemlich feste Stellung ein. Gödöllö, mit einem schönen Schlosse und
herrlichem Park der Fürstin Grassalkowitsch, liegt an der Poststraße, drei
Meilen von Pesth, zwischen vielen Sandhügeln an der linken Seite eines
Buchenwaldes, welcher den mehrere Meilen umfassenden Thiergarten in
dieser von Gyöngyös bis Back kothigen, dann bis Pesth sehr sandigen,
hier mit hohen Hügeln durchschnittenen Ebene bildet. Der Banus führte
gleichzeitig seine Truppen von Czegled theils über Jaßbereny, theils auf
der Eisenbahn über Pesth nach Gödöllö; ob das Ganze oder nur einen Theil
seines Corps, weiß man nicht. Er soll bei diesem Anmarsch ein bedeuten-
des Treffen siegreich bestanden und den Insurgenten 15 Kanonen abge-
nommen haben, doch fehlen noch bestimmte Nachrichten über dieses Gefecht
mit den von Szolnok anrückenden Insurgenten, die den Banus vom Schlick'-
schen Corps abschneiden wollten. Fürst Windisch-Grätz kam am 4 d. M.
nach Assod, welcher Marktflecken von Pesth über Gödöllö hinaus links, von
letzterem Orte eine Stunde entfernt, auf der Waitzner Seite, ebenfalls zwi-
schen Sandhügeln liegt. Es scheint daher daß die kaiserliche Armee die
von der Gödöllöer Straße nach Assod außerhalb des Waldes von Sand-
hügeln beherrschte Gegend besetzt hält, hierdurch jedes weitere Vordringen
gegen Pesth, oder auch Waitzen, unmöglich macht, falls die Insurgenten
keine Schlacht wagen, welche aber vielleicht schon gestern oder heute ge-
schlagen wurde. Die Insurgenten können, wenn sie auch einen Theil des
Damianitschischen Corps an sich zogen, 60,000 Mann stark seyn. Die
kaiserliche Armee zählt in den vereinigten Corps von Jellachich und Schlick
ebenfalls 60,000 Mann, doch müssen hiervon die Abtheilungen in Loschontz
und vor Szolnok abgezogen werden, so daß sie in den erwähnten vereinig-
ten Corps wohl nicht stärker als 50,000 Mann ist, was hinreicht um den
undisciplinirten Infanterieschaaren der Insurgenten eine Lection zu geben.
Kann Dembinski, der den Oberbefehl führt, das Resultat dieser Schlacht
nicht durch die Husaren erzielen, so könnte es geschehen daß er die kaiser-
liche Armee zu umgehen und von Jaßbereny aus gegen Pesth vorzudrin-
gen suchte, oder aber einen schnellen Rückzug gegen die Theiß vollführte. --
Der Aufsatz in der Allg. Zeitung vom 3 April, in welchem Ihr Corre-
spondent die Kriegsführung in Ungarn tadelt, hat hier ungemeines Auf-
sehen gemacht. Gleichzeitig erschien im Lloyd eine Rechtfertigung dieses
Feldzugs, klar, bündig und versöhnend, welche Sprache wir sonst in den
[Spaltenumbruch] halbofficiellen Artikeln vermissen. Die Saumseligkeit der bei Kapolna
operirenden Generale wird durch Ihren Correspondenten mit Sachkenntniß
und gewandter Feder geschildert, im Lloyd durch die bodenlosen Wege
und die Tapferkeit der Husaren entschuldigt. Nun, die Saumseligkeit ist
nicht zu läugnen, aber wenn man sich der Lage unsers Heeres in Italien
im Julius v. J. erinnert, so können wir eine bessere Wendung des unga-
rischen Kampfes auch hier um so früher erwarten, als es sich nicht so sehr
um die Behauptung der unterworfenen Bezirke, als um die schnellere Er-
oberung des übrigen von den Insurgenten besetzten Landes handelt. --
General Hammerstein wird mit 18 Bataillonen Infanterie und 22 Schwa-
dronen Cavallerie den 18 April an der Gränze Ober-Ungarns erwartet.
General Benedek, dessen glänzende Waffenthaten bei Mortara und Novara
als Oberst von Giulay-Infanterie bekannt sind -- ein Ungar und Sohn eines
Arztes in Oedenburg -- übernimmt eine Brigade dieses galizischen Corps.
Feldmarschall-Lieutenant Heß. Chef des Generalstabs bei Radetzky bleibt
in Italien. -- Comorn wird noch immer beschossen. -- Die Frau des in
Siebenbürgen wohnenden Engländers Paget *), eine geborne Wesselenyi,
kam von Siebenbürgen über Debreczin hieher, man vermuthete Correspon-
denzen der Insurgenten nach Paris, wohin sie reisen wollte, bei ihr zu fin-
den, und setzte sie unter polizeiliche Aufsicht: ob sich etwas vorgefunden
habe, weiß ich nicht.


So eben trifft folgende officielle Nachricht
über ein siegreiches Treffen hier ein, welches der Banus mit einem Theil
des Insurgentenheers am 4 d. bei Jaßbereny bestanden hat: "Ofen,
5 April 1849, Nachmittags 2 Uhr. Eine Brigade von dem Corps Sr.
Exc. des Banus ist gestern auf dem Wege von Jaßbereny auf eine feind-
liche Abtheilung gestoßen. Obwohl der Feind unsern Truppen an Zahl
überlegen war, wurde er sogleich angegriffen, gesprengt und demselben
stebzehn Kanonen abgenommen. Dieß der Beginn der Operationen welche
mit Vernichtung der Rebellen enden werden. Graf Wrbna, Feldmar-
schall-Lieutenant und Commandant des zweiten Armeecorps. Der Fürst
Windisch-Grätz, welcher sich am 3 in Gödöllö befand, hatte sein Haupt-
quartier am folgenden Tage nach Hatvan verlegt, und vorgestern (den
5) sollte der Hauptangriff auf der ganzen Linie stattfinden. In Pesth
vernahm man an diesem Tage deutlich den Kanonendonner in jener Rich-
tung und die nächsten Nachrichten müssen uns entscheidende Ergebnisse
bringen.

Oesterreichische Monarchie.

Während ich Ihnen schreibe, tobt der Kampf ei-
nige Stunden vor Pesth in den Ebenen, wo die Heersäulen der Insurgen-
ten urplötzlich heranrückten, wohl um einen Hauptschlag zu versuchen und
dem hartbedrängten Komorn Luft zu machen. Vorgestern Nachmittag
ging der Feldmarschall nach Gödöllö zu dem auf der Hatvaner-Straße ope-
rirenden Armeecorps ab. Das erste Armeecorps unter dem Ban, welches
gegen Süden bis Ketskemet stand, zieht sich gegen Pesth herauf und scheint
zur Reserve bestimmt. Abtheilungen desselben marschirten bereits herein.
Gestern rechnete man auf eine Schlacht. Eine schwüle, gährende Bewe-
gung strich aber durch die Stadt, als gegen Abend die Brückenequipagen,
leere Munitionswagen, Reservelaffetten, und dazwischen kleine Haufen
von Soldaten hereineilten, in denen die exaltirten Zuschauer Flüchtlinge
sehen wollten. Während der Nacht kam einige Stunden lang unermeßlicher
Bagagetransport herein, heute früh eine lange Wagenreihe mit Verwun-
deten, und wieder kleine Häuflein von Kriegern, zum Theil mit 2 bis 3 Ge-
wehren und mehreren Ausrüstungsstücken belastet. So viel scheint sicher
daß ein heftiger Kampf stattgefunden hatte, aus dem Hereinschicken der Ba-
gage dürfte aber auf die Absicht zu schließen seyn eine vordringende Ar-
mee beweglicher zu machen. Die Unruhe der Bevölkerung wächst, das
Armeecommando schweigt hartnäckig. Zudem kommt daß den Bewohnern
der Häuser, welche an den Verschanzungen und Pallisaden der Kettenbrücke
und des Neugebäudes (befestigte Caserne) stehen, angesagt wurde beim er-
sten Allarmschuß binnen sechs Stunden ihre Wohnungen zu räumen. Bei
all' diesen Vorkehrungen aber ist die nothwendige Vorsicht der offene
Grund, und noch fehlen uns alle Angaben welche auf ein Zurückweichen
der kaiserlichen Truppen deuten. -- Die bösen Nachrichten aus Sieben-
bürgen, wonach die Russen Kronstadt verlassen und Bem sich anschickte die-
sen letzten Halt der kaiserlichen Macht zu besetzen, lauten verzweiflungsvoll.
Das alles konnte man vor vier Monaten voraussehen, und doch zögerte
man den treuesten Bürgern Oesterreichs Hülfe zu senden. Die Zukunft
wird die Gründe dieser Zögerung aufdecken, die Armee war im Januar
mächtig, siegesfreudig, die Insurgenten waren zerstreut, unmächtig, demo-
ralisirt, ein allgemeines Vorwärts hätte im Sturm der Sache ein Ende
gemacht -- statt dessen verhielt man sich unthätig in Ofen, dictirte Fe-
stungsstrafen für mißleitete Officiere und Schriftsteller, und sah gelassen

*) Bekannt ist dessen Werk über Siebenbürgen und Ungarn.

[Spaltenumbruch] an drei verſchiedenen Punkten in Schleswig einrückten: 1) ins Sundewitt,
wo ſie (wie ſchon erwähnt) die Vorhut (das erſte ſchleswig-holſteiniſche
Bataillon) angriffen, unterſtützt von einer Fregatte, die ungefähr 150
Schüſſe that, die ſich aber auf ihre Linie bis dieſſeits Gravenſtein vor der
Uebermacht zurückzog. Der Major derſelben wurde leicht an der Hand
verwundet; außerdem find 16 Verwundete hier eingebracht. Das Ganze
war jedoch nichts weiter als Tirailleurgefecht. 2) rückte eine ziemlich
ſtarke Abtheilung, meiſt Infanterie, von Kolding aus auf Hadersleben
vor; das erſte ſchleswig-holſteiniſche Jägerbataillon hatte einen Kampf
mit derſelben in Hadersleben, der aber nicht bedeutend geweſen ſeyn kann,
da nur ein Mann verwundet ſeyn ſoll. 3) iſt mehr weſtlich eine Abthei-
lung, größtentheils Cavallerie, eingerückt, worüber hier noch keine wei-
tere Nachricht. Heute iſt, ſo viel man bis jetzt hier weiß, gar nichts vor-
gefallen. Von Hadersleben und Apenrade ſind eine Menge Flüchtlinge
hier, außerdem wimmelt die Stadt von Militär aller Arten. Wie man
hier hört ſoll die däniſche Cavallerie und Artillerie in einem ſehr guten,
die Infanterie dagegen in beklagenswerthem Zuſtand ſeyn. — Nach-
ſchrift
. Halb 8 Uhr. Dem officiellen Bericht zufolge beläuft ſich der
ganze Verluſt des geſtrigen Tags auf 4 Todte und 16 Verwundete. Die
Dänen haben 4 Gefangene gemacht, 2 ſchleswig-holſteiniſche und 2 han-
ſiſche Dragoner auf Vorpoſten. (Börſenh.)

Oeſterreich.

Endlich eine Sieges-
botſchaft aus Ungarn. Es iſt der Banus der bei Czegled die Inſurgenten
ſchlug und ihnen 12 bis 15 Kanonen abnahm. Die Details fehlen noch.
Das Hauptquartier des Fürſten war in Hatvan. — Die neueſte preußiſche
Circularnote macht die größte Senſation. Nach der Antwort welche der
König der Deputation gegeben, überraſcht ſeine Annahme des Proviſo-
riums, noch mehr aber die kurze Friſt welche er den deutſchen Regierungen
behufs ihrer Erklärungen, zwar indirect, aber deßhalb nicht weniger perem-
toriſch ſetzt. Daß von Sympathien für den preußiſchen Kaiſer der Deut-
ſchen hier keine Spur zu finden, brauche ich Ihnen nicht erſt zu ſagen.


Die Inſurgenten rücken in der That gegen
Veſth vor. Am 2 d. waren ſie bei Hatvan, 6 Meilen von Peſth. Graf
Schlickunternahm eine forcirte Recognoscirung ihrer Stellung und Stärke,
wobei heiße Vorpoſtengefechte und gegenſeitige Geſchützdemonſtrationen
ſtattfanden; 300 gefangene Honveds wurden nach Peſth geſendet; als aber
die Inſurgenten ihre zahlreiche Reiterei ganz entfalteten, zog ſich Graf
Schlick, nachdem er die Brücke welche bei Hatvan über den kleinen ſum-
pfigen Fluß Zagyva auf der Straße nach Back führt, abgebrannt hatte,
bis Gödöllö, wo ſein Hauptquartier iſt, zurück und nahm bei dieſem Orte
eine ziemlich feſte Stellung ein. Gödöllö, mit einem ſchönen Schloſſe und
herrlichem Park der Fürſtin Graſſalkowitſch, liegt an der Poſtſtraße, drei
Meilen von Peſth, zwiſchen vielen Sandhügeln an der linken Seite eines
Buchenwaldes, welcher den mehrere Meilen umfaſſenden Thiergarten in
dieſer von Gyöngyös bis Back kothigen, dann bis Peſth ſehr ſandigen,
hier mit hohen Hügeln durchſchnittenen Ebene bildet. Der Banus führte
gleichzeitig ſeine Truppen von Czegled theils über Jaßbereny, theils auf
der Eiſenbahn über Peſth nach Gödöllö; ob das Ganze oder nur einen Theil
ſeines Corps, weiß man nicht. Er ſoll bei dieſem Anmarſch ein bedeuten-
des Treffen ſiegreich beſtanden und den Inſurgenten 15 Kanonen abge-
nommen haben, doch fehlen noch beſtimmte Nachrichten über dieſes Gefecht
mit den von Szolnok anrückenden Inſurgenten, die den Banus vom Schlick’-
ſchen Corps abſchneiden wollten. Fürſt Windiſch-Grätz kam am 4 d. M.
nach Aſſod, welcher Marktflecken von Peſth über Gödöllö hinaus links, von
letzterem Orte eine Stunde entfernt, auf der Waitzner Seite, ebenfalls zwi-
ſchen Sandhügeln liegt. Es ſcheint daher daß die kaiſerliche Armee die
von der Gödöllöer Straße nach Aſſod außerhalb des Waldes von Sand-
hügeln beherrſchte Gegend beſetzt hält, hierdurch jedes weitere Vordringen
gegen Peſth, oder auch Waitzen, unmöglich macht, falls die Inſurgenten
keine Schlacht wagen, welche aber vielleicht ſchon geſtern oder heute ge-
ſchlagen wurde. Die Inſurgenten können, wenn ſie auch einen Theil des
Damianitſchiſchen Corps an ſich zogen, 60,000 Mann ſtark ſeyn. Die
kaiſerliche Armee zählt in den vereinigten Corps von Jellachich und Schlick
ebenfalls 60,000 Mann, doch müſſen hiervon die Abtheilungen in Loſchontz
und vor Szolnok abgezogen werden, ſo daß ſie in den erwähnten vereinig-
ten Corps wohl nicht ſtärker als 50,000 Mann iſt, was hinreicht um den
undisciplinirten Infanterieſchaaren der Inſurgenten eine Lection zu geben.
Kann Dembinski, der den Oberbefehl führt, das Reſultat dieſer Schlacht
nicht durch die Huſaren erzielen, ſo könnte es geſchehen daß er die kaiſer-
liche Armee zu umgehen und von Jaßbereny aus gegen Peſth vorzudrin-
gen ſuchte, oder aber einen ſchnellen Rückzug gegen die Theiß vollführte. —
Der Aufſatz in der Allg. Zeitung vom 3 April, in welchem Ihr ⊙ Corre-
ſpondent die Kriegsführung in Ungarn tadelt, hat hier ungemeines Auf-
ſehen gemacht. Gleichzeitig erſchien im Lloyd eine Rechtfertigung dieſes
Feldzugs, klar, bündig und verſöhnend, welche Sprache wir ſonſt in den
[Spaltenumbruch] halbofficiellen Artikeln vermiſſen. Die Saumſeligkeit der bei Kapolna
operirenden Generale wird durch Ihren Correſpondenten mit Sachkenntniß
und gewandter Feder geſchildert, im Lloyd durch die bodenloſen Wege
und die Tapferkeit der Huſaren entſchuldigt. Nun, die Saumſeligkeit iſt
nicht zu läugnen, aber wenn man ſich der Lage unſers Heeres in Italien
im Julius v. J. erinnert, ſo können wir eine beſſere Wendung des unga-
riſchen Kampfes auch hier um ſo früher erwarten, als es ſich nicht ſo ſehr
um die Behauptung der unterworfenen Bezirke, als um die ſchnellere Er-
oberung des übrigen von den Inſurgenten beſetzten Landes handelt. —
General Hammerſtein wird mit 18 Bataillonen Infanterie und 22 Schwa-
dronen Cavallerie den 18 April an der Gränze Ober-Ungarns erwartet.
General Benedek, deſſen glänzende Waffenthaten bei Mortara und Novara
als Oberſt von Giulay-Infanterie bekannt ſind — ein Ungar und Sohn eines
Arztes in Oedenburg — übernimmt eine Brigade dieſes galiziſchen Corps.
Feldmarſchall-Lieutenant Heß. Chef des Generalſtabs bei Radetzky bleibt
in Italien. — Comorn wird noch immer beſchoſſen. — Die Frau des in
Siebenbürgen wohnenden Engländers Paget *), eine geborne Weſſelenyi,
kam von Siebenbürgen über Debreczin hieher, man vermuthete Correſpon-
denzen der Inſurgenten nach Paris, wohin ſie reiſen wollte, bei ihr zu fin-
den, und ſetzte ſie unter polizeiliche Aufſicht: ob ſich etwas vorgefunden
habe, weiß ich nicht.


So eben trifft folgende officielle Nachricht
über ein ſiegreiches Treffen hier ein, welches der Banus mit einem Theil
des Inſurgentenheers am 4 d. bei Jaßbereny beſtanden hat: „Ofen,
5 April 1849, Nachmittags 2 Uhr. Eine Brigade von dem Corps Sr.
Exc. des Banus iſt geſtern auf dem Wege von Jaßbereny auf eine feind-
liche Abtheilung geſtoßen. Obwohl der Feind unſern Truppen an Zahl
überlegen war, wurde er ſogleich angegriffen, geſprengt und demſelben
ſtebzehn Kanonen abgenommen. Dieß der Beginn der Operationen welche
mit Vernichtung der Rebellen enden werden. Graf Wrbna, Feldmar-
ſchall-Lieutenant und Commandant des zweiten Armeecorps. Der Fürſt
Windiſch-Grätz, welcher ſich am 3 in Gödöllö befand, hatte ſein Haupt-
quartier am folgenden Tage nach Hatvan verlegt, und vorgeſtern (den
5) ſollte der Hauptangriff auf der ganzen Linie ſtattfinden. In Peſth
vernahm man an dieſem Tage deutlich den Kanonendonner in jener Rich-
tung und die nächſten Nachrichten müſſen uns entſcheidende Ergebniſſe
bringen.

Oeſterreichiſche Monarchie.

Während ich Ihnen ſchreibe, tobt der Kampf ei-
nige Stunden vor Peſth in den Ebenen, wo die Heerſäulen der Inſurgen-
ten urplötzlich heranrückten, wohl um einen Hauptſchlag zu verſuchen und
dem hartbedrängten Komorn Luft zu machen. Vorgeſtern Nachmittag
ging der Feldmarſchall nach Gödöllö zu dem auf der Hatvaner-Straße ope-
rirenden Armeecorps ab. Das erſte Armeecorps unter dem Ban, welches
gegen Süden bis Ketskemet ſtand, zieht ſich gegen Peſth herauf und ſcheint
zur Reſerve beſtimmt. Abtheilungen desſelben marſchirten bereits herein.
Geſtern rechnete man auf eine Schlacht. Eine ſchwüle, gährende Bewe-
gung ſtrich aber durch die Stadt, als gegen Abend die Brückenequipagen,
leere Munitionswagen, Reſervelaffetten, und dazwiſchen kleine Haufen
von Soldaten hereineilten, in denen die exaltirten Zuſchauer Flüchtlinge
ſehen wollten. Während der Nacht kam einige Stunden lang unermeßlicher
Bagagetransport herein, heute früh eine lange Wagenreihe mit Verwun-
deten, und wieder kleine Häuflein von Kriegern, zum Theil mit 2 bis 3 Ge-
wehren und mehreren Ausrüſtungsſtücken belaſtet. So viel ſcheint ſicher
daß ein heftiger Kampf ſtattgefunden hatte, aus dem Hereinſchicken der Ba-
gage dürfte aber auf die Abſicht zu ſchließen ſeyn eine vordringende Ar-
mee beweglicher zu machen. Die Unruhe der Bevölkerung wächst, das
Armeecommando ſchweigt hartnäckig. Zudem kommt daß den Bewohnern
der Häuſer, welche an den Verſchanzungen und Palliſaden der Kettenbrücke
und des Neugebäudes (befeſtigte Caſerne) ſtehen, angeſagt wurde beim er-
ſten Allarmſchuß binnen ſechs Stunden ihre Wohnungen zu räumen. Bei
all’ dieſen Vorkehrungen aber iſt die nothwendige Vorſicht der offene
Grund, und noch fehlen uns alle Angaben welche auf ein Zurückweichen
der kaiſerlichen Truppen deuten. — Die böſen Nachrichten aus Sieben-
bürgen, wonach die Ruſſen Kronſtadt verlaſſen und Bem ſich anſchickte die-
ſen letzten Halt der kaiſerlichen Macht zu beſetzen, lauten verzweiflungsvoll.
Das alles konnte man vor vier Monaten vorausſehen, und doch zögerte
man den treueſten Bürgern Oeſterreichs Hülfe zu ſenden. Die Zukunft
wird die Gründe dieſer Zögerung aufdecken, die Armee war im Januar
mächtig, ſiegesfreudig, die Inſurgenten waren zerſtreut, unmächtig, demo-
raliſirt, ein allgemeines Vorwärts hätte im Sturm der Sache ein Ende
gemacht — ſtatt deſſen verhielt man ſich unthätig in Ofen, dictirte Fe-
ſtungsſtrafen für mißleitete Officiere und Schriftſteller, und ſah gelaſſen

*) Bekannt iſt deſſen Werk über Siebenbürgen und Ungarn.
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[1528/0004] an drei verſchiedenen Punkten in Schleswig einrückten: 1) ins Sundewitt, wo ſie (wie ſchon erwähnt) die Vorhut (das erſte ſchleswig-holſteiniſche Bataillon) angriffen, unterſtützt von einer Fregatte, die ungefähr 150 Schüſſe that, die ſich aber auf ihre Linie bis dieſſeits Gravenſtein vor der Uebermacht zurückzog. Der Major derſelben wurde leicht an der Hand verwundet; außerdem find 16 Verwundete hier eingebracht. Das Ganze war jedoch nichts weiter als Tirailleurgefecht. 2) rückte eine ziemlich ſtarke Abtheilung, meiſt Infanterie, von Kolding aus auf Hadersleben vor; das erſte ſchleswig-holſteiniſche Jägerbataillon hatte einen Kampf mit derſelben in Hadersleben, der aber nicht bedeutend geweſen ſeyn kann, da nur ein Mann verwundet ſeyn ſoll. 3) iſt mehr weſtlich eine Abthei- lung, größtentheils Cavallerie, eingerückt, worüber hier noch keine wei- tere Nachricht. Heute iſt, ſo viel man bis jetzt hier weiß, gar nichts vor- gefallen. Von Hadersleben und Apenrade ſind eine Menge Flüchtlinge hier, außerdem wimmelt die Stadt von Militär aller Arten. Wie man hier hört ſoll die däniſche Cavallerie und Artillerie in einem ſehr guten, die Infanterie dagegen in beklagenswerthem Zuſtand ſeyn. — Nach- ſchrift. Halb 8 Uhr. Dem officiellen Bericht zufolge beläuft ſich der ganze Verluſt des geſtrigen Tags auf 4 Todte und 16 Verwundete. Die Dänen haben 4 Gefangene gemacht, 2 ſchleswig-holſteiniſche und 2 han- ſiſche Dragoner auf Vorpoſten. (Börſenh.) Oeſterreich. A Wien, 7 April. Mittags. Endlich eine Sieges- botſchaft aus Ungarn. Es iſt der Banus der bei Czegled die Inſurgenten ſchlug und ihnen 12 bis 15 Kanonen abnahm. Die Details fehlen noch. Das Hauptquartier des Fürſten war in Hatvan. — Die neueſte preußiſche Circularnote macht die größte Senſation. Nach der Antwort welche der König der Deputation gegeben, überraſcht ſeine Annahme des Proviſo- riums, noch mehr aber die kurze Friſt welche er den deutſchen Regierungen behufs ihrer Erklärungen, zwar indirect, aber deßhalb nicht weniger perem- toriſch ſetzt. Daß von Sympathien für den preußiſchen Kaiſer der Deut- ſchen hier keine Spur zu finden, brauche ich Ihnen nicht erſt zu ſagen. ◬ Wien, 7 April. Die Inſurgenten rücken in der That gegen Veſth vor. Am 2 d. waren ſie bei Hatvan, 6 Meilen von Peſth. Graf Schlickunternahm eine forcirte Recognoscirung ihrer Stellung und Stärke, wobei heiße Vorpoſtengefechte und gegenſeitige Geſchützdemonſtrationen ſtattfanden; 300 gefangene Honveds wurden nach Peſth geſendet; als aber die Inſurgenten ihre zahlreiche Reiterei ganz entfalteten, zog ſich Graf Schlick, nachdem er die Brücke welche bei Hatvan über den kleinen ſum- pfigen Fluß Zagyva auf der Straße nach Back führt, abgebrannt hatte, bis Gödöllö, wo ſein Hauptquartier iſt, zurück und nahm bei dieſem Orte eine ziemlich feſte Stellung ein. Gödöllö, mit einem ſchönen Schloſſe und herrlichem Park der Fürſtin Graſſalkowitſch, liegt an der Poſtſtraße, drei Meilen von Peſth, zwiſchen vielen Sandhügeln an der linken Seite eines Buchenwaldes, welcher den mehrere Meilen umfaſſenden Thiergarten in dieſer von Gyöngyös bis Back kothigen, dann bis Peſth ſehr ſandigen, hier mit hohen Hügeln durchſchnittenen Ebene bildet. Der Banus führte gleichzeitig ſeine Truppen von Czegled theils über Jaßbereny, theils auf der Eiſenbahn über Peſth nach Gödöllö; ob das Ganze oder nur einen Theil ſeines Corps, weiß man nicht. Er ſoll bei dieſem Anmarſch ein bedeuten- des Treffen ſiegreich beſtanden und den Inſurgenten 15 Kanonen abge- nommen haben, doch fehlen noch beſtimmte Nachrichten über dieſes Gefecht mit den von Szolnok anrückenden Inſurgenten, die den Banus vom Schlick’- ſchen Corps abſchneiden wollten. Fürſt Windiſch-Grätz kam am 4 d. M. nach Aſſod, welcher Marktflecken von Peſth über Gödöllö hinaus links, von letzterem Orte eine Stunde entfernt, auf der Waitzner Seite, ebenfalls zwi- ſchen Sandhügeln liegt. Es ſcheint daher daß die kaiſerliche Armee die von der Gödöllöer Straße nach Aſſod außerhalb des Waldes von Sand- hügeln beherrſchte Gegend beſetzt hält, hierdurch jedes weitere Vordringen gegen Peſth, oder auch Waitzen, unmöglich macht, falls die Inſurgenten keine Schlacht wagen, welche aber vielleicht ſchon geſtern oder heute ge- ſchlagen wurde. Die Inſurgenten können, wenn ſie auch einen Theil des Damianitſchiſchen Corps an ſich zogen, 60,000 Mann ſtark ſeyn. Die kaiſerliche Armee zählt in den vereinigten Corps von Jellachich und Schlick ebenfalls 60,000 Mann, doch müſſen hiervon die Abtheilungen in Loſchontz und vor Szolnok abgezogen werden, ſo daß ſie in den erwähnten vereinig- ten Corps wohl nicht ſtärker als 50,000 Mann iſt, was hinreicht um den undisciplinirten Infanterieſchaaren der Inſurgenten eine Lection zu geben. Kann Dembinski, der den Oberbefehl führt, das Reſultat dieſer Schlacht nicht durch die Huſaren erzielen, ſo könnte es geſchehen daß er die kaiſer- liche Armee zu umgehen und von Jaßbereny aus gegen Peſth vorzudrin- gen ſuchte, oder aber einen ſchnellen Rückzug gegen die Theiß vollführte. — Der Aufſatz in der Allg. Zeitung vom 3 April, in welchem Ihr ⊙ Corre- ſpondent die Kriegsführung in Ungarn tadelt, hat hier ungemeines Auf- ſehen gemacht. Gleichzeitig erſchien im Lloyd eine Rechtfertigung dieſes Feldzugs, klar, bündig und verſöhnend, welche Sprache wir ſonſt in den halbofficiellen Artikeln vermiſſen. Die Saumſeligkeit der bei Kapolna operirenden Generale wird durch Ihren Correſpondenten mit Sachkenntniß und gewandter Feder geſchildert, im Lloyd durch die bodenloſen Wege und die Tapferkeit der Huſaren entſchuldigt. Nun, die Saumſeligkeit iſt nicht zu läugnen, aber wenn man ſich der Lage unſers Heeres in Italien im Julius v. J. erinnert, ſo können wir eine beſſere Wendung des unga- riſchen Kampfes auch hier um ſo früher erwarten, als es ſich nicht ſo ſehr um die Behauptung der unterworfenen Bezirke, als um die ſchnellere Er- oberung des übrigen von den Inſurgenten beſetzten Landes handelt. — General Hammerſtein wird mit 18 Bataillonen Infanterie und 22 Schwa- dronen Cavallerie den 18 April an der Gränze Ober-Ungarns erwartet. General Benedek, deſſen glänzende Waffenthaten bei Mortara und Novara als Oberſt von Giulay-Infanterie bekannt ſind — ein Ungar und Sohn eines Arztes in Oedenburg — übernimmt eine Brigade dieſes galiziſchen Corps. Feldmarſchall-Lieutenant Heß. Chef des Generalſtabs bei Radetzky bleibt in Italien. — Comorn wird noch immer beſchoſſen. — Die Frau des in Siebenbürgen wohnenden Engländers Paget *), eine geborne Weſſelenyi, kam von Siebenbürgen über Debreczin hieher, man vermuthete Correſpon- denzen der Inſurgenten nach Paris, wohin ſie reiſen wollte, bei ihr zu fin- den, und ſetzte ſie unter polizeiliche Aufſicht: ob ſich etwas vorgefunden habe, weiß ich nicht. L Wien, 7 April. So eben trifft folgende officielle Nachricht über ein ſiegreiches Treffen hier ein, welches der Banus mit einem Theil des Inſurgentenheers am 4 d. bei Jaßbereny beſtanden hat: „Ofen, 5 April 1849, Nachmittags 2 Uhr. Eine Brigade von dem Corps Sr. Exc. des Banus iſt geſtern auf dem Wege von Jaßbereny auf eine feind- liche Abtheilung geſtoßen. Obwohl der Feind unſern Truppen an Zahl überlegen war, wurde er ſogleich angegriffen, geſprengt und demſelben ſtebzehn Kanonen abgenommen. 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Die Zukunft wird die Gründe dieſer Zögerung aufdecken, die Armee war im Januar mächtig, ſiegesfreudig, die Inſurgenten waren zerſtreut, unmächtig, demo- raliſirt, ein allgemeines Vorwärts hätte im Sturm der Sache ein Ende gemacht — ſtatt deſſen verhielt man ſich unthätig in Ofen, dictirte Fe- ſtungsſtrafen für mißleitete Officiere und Schriftſteller, und ſah gelaſſen *) Bekannt iſt deſſen Werk über Siebenbürgen und Ungarn.

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 100, 10. April 1849, S. 1528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine100_1849/4>, abgerufen am 23.11.2024.