Allgemeine Zeitung, Nr. 14, 17. Januar 1929.Donnerstag, den 17. Januar "AZ am Abend" Nr. 14 Filmen mit Hindernissen Abenteuer einer Filmexpedition bei den Lappen Lappland und seine Bewohner sind dem Einige Amerikaner, die zudringlich Nach ihrer Rückkehr erfährt man einiges Als ein paar Wochen vergangen und die Die beiden Engländer machten von ihrer war es mit der Freundschaft vorbei. Als die Aufnahmen sich dem Ende näher- Aber auch diese Schwierigkeit wurde Die Aufnahmen waren ein fortgesetzter BUECHER UND SCHRIFTEN Ludwig Finckh: Das Vogelnest. Unter diesem Titel erscheint im G. Franzschen Der Fall Uzarski. Eine grausige Kriminal- [irrelevantes Material] [Spaltenumbruch] Der Meisterschuß Der Oberst lief an das offene Fenster, Der junge Offizier tat, wie ihm gesagt. "Der erste Kontakt. Er öffnet die Linse Der Scherz war zu dünn; keiner der Her- "Und die Aufnahme heute nacht ist ge- Der General nickte dem gelben Mann mit Der Oberst atmete auf. "Diese Diebstähle Ein Major fuhr auf. "Exzellenz, in dieser Der General begriff; er sah sich um. Der Der Hauptmann salutierte; dann ging er. Er überquerte den Hof und schritt durch Am Fenster des Beratungszimmers stan- Ueber den Hof kam der eingeborene Kammermusik aus vier Jahrhunderten Freitag, den 18. Januar, 8 Uhr, im Bayer. Ausführende: Gabriele von Lottner (Cembalo) Karten bei Bauer, Halbreiter, Schmid und im [irrelevantes Material] Donnerstag, den 17. Januar „AZ am Abend“ Nr. 14 Filmen mit Hinderniſſen Abenteuer einer Filmexpedition bei den Lappen Lappland und ſeine Bewohner ſind dem Einige Amerikaner, die zudringlich Nach ihrer Rückkehr erfährt man einiges Als ein paar Wochen vergangen und die Die beiden Engländer machten von ihrer war es mit der Freundſchaft vorbei. Als die Aufnahmen ſich dem Ende näher- Aber auch dieſe Schwierigkeit wurde Die Aufnahmen waren ein fortgeſetzter BUECHER UND SCHRIFTEN Ludwig Finckh: Das Vogelneſt. Unter dieſem Titel erſcheint im G. Franzſchen Der Fall Uzarſki. Eine grauſige Kriminal- [irrelevantes Material] [Spaltenumbruch] Der Meiſterſchuß Der Oberſt lief an das offene Fenſter, Der junge Offizier tat, wie ihm geſagt. „Der erſte Kontakt. Er öffnet die Linſe Der Scherz war zu dünn; keiner der Her- „Und die Aufnahme heute nacht iſt ge- Der General nickte dem gelben Mann mit Der Oberſt atmete auf. „Dieſe Diebſtähle Ein Major fuhr auf. „Exzellenz, in dieſer Der General begriff; er ſah ſich um. Der Der Hauptmann ſalutierte; dann ging er. Er überquerte den Hof und ſchritt durch Am Fenſter des Beratungszimmers ſtan- Ueber den Hof kam der eingeborene Kammermuſik aus vier Jahrhunderten Freitag, den 18. Januar, 8 Uhr, im Bayer. Ausführende: Gabriele von Lottner (Cembalo) Karten bei Bauer, Halbreiter, Schmid und im [irrelevantes Material] <TEI> <text> <body> <div type="jCulturalNews" n="1"> <pb facs="#f0011" n="Seite 11[11]"/> <fw place="top" type="header">Donnerstag, den 17. Januar „AZ am Abend“ Nr. 14</fw><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Filmen mit Hinderniſſen</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Abenteuer einer Filmexpedition bei den Lappen</hi> </p> </argument><lb/> <p>Lappland und ſeine Bewohner ſind dem<lb/> Publikum bisher auf der lebenden Lein-<lb/> wand noch nicht vorgeſtellt worden. Man<lb/> hat Indianer, Neger, Malayen und alle<lb/> nur erdenkbaren Völkerſchaften gefilmt, aber<lb/> noch keine Lappländer. Dies hat einen<lb/> religiöſen Grund. Die Lappländer, eine<lb/> ſtreng lutheriſche Sekte, ſind treue Befolger<lb/> des zweiten Gebotes: „Du ſollſt dir kein<lb/> Bildnis noch irgendein Gleichnis machen ..“<lb/> Ihre bunten und maleriſchen Gewänder,<lb/> ihre eigenartigen Sitten und Gebräuche,<lb/> ihre ſonderbaren Lehmhütten, ihre Renn-<lb/> tierherden, die weiten ſchneebedeckten Ein-<lb/> öden, in denen ſie leben — alles dies ergibt<lb/> prachtvolle Motive für Filmaufnahmen.<lb/> Aber die Motive blieben bisher unverwertet.<lb/> Eine ganze Reihe von Filmphotographen<lb/> haben ſich an die Aufgabe herangewagt,<lb/> ſind aber an dem Widerſtand der Lappen<lb/> geſcheitert.</p><lb/> <p><hi rendition="#c">Einige Amerikaner, die zudringlich<lb/> wurden, mußten ihre kurz und klein<lb/> geſchlagene Kamera auf dem „Schlacht-<lb/> feld“ zurücklaſſen.</hi><lb/> Erſt zwei Engländern iſt es neuerdings ge-<lb/> lungen, die Lappländer auf der Platte der<lb/> Filmkamera feſtzuhalten.</p><lb/> <p>Nach ihrer Rückkehr erfährt man einiges<lb/> Nähere über ihr Abenteuer. In Lappland,<lb/> dem ſkandinaviſchen Gebiet nördlich des<lb/> Polarkreiſes, dreht ſich das ganze Leben um<lb/> das Renntier. Die Lappen wechſeln ihren<lb/> Aufenthalt mit dem dieſes nützlichen Ge-<lb/> ſchöpfes. Im Sommer ziehen ſie mit ihm<lb/> nach dem Norden im Winter nach dem<lb/> Süden. Die Engländer verſuchten zunächſt,<lb/> durch längeres Zuſammenleben mit den<lb/> Lappen deren Vertrauen zu gewinnen.<lb/> Aber ſie wären nie an ihr Ziel gelangt,<lb/> wenn der eine nicht ein großer Taſchen-<lb/> ſpieler, und der andere nicht<lb/><hi rendition="#c">im Beſitz zahlreicher Arzneien</hi><lb/> geweſen wäre. So aber war es möglich,<lb/> den Erwachſenen und Kindern Zauber-<lb/> kunſtſtücke zu zeigen, durch die das Eis ge-<lb/> brochen wurde. Die Arzneien erwieſen ſich<lb/> in vielen Fällen als wirkſame Heilmittel.<lb/> Allmählich ließen die gezähmten Lappen<lb/> ſich vor die Kamera bringen und nach eini-<lb/> ger Zeit war die Hütte, die den Engländern<lb/> zur Verfügung geſtellt worden war, immer<lb/> voll von Beſuchern.</p><lb/> <p>Als ein paar Wochen vergangen und die<lb/> beiden Engländer mit den Landesbewoh-<lb/> nern<lb/><hi rendition="#c">vertraut und ſchmutzig wie ſie</hi><lb/> geworden waren, ließen die Lappländer ſich<lb/> photographieren. Es konnten Maſſenſzenen<lb/> gefilmt werden, in denen Männer und<lb/> Frauen, Erwachſene und Kinder ſich be-<lb/> wegten. Damit war den Filmleuten aber<lb/> noch nicht Genüge getan. Der Plan lief<lb/> darauf hinaus, das Volk der Lappländer<lb/> nicht nur in beweglichen Maſſenſzenen, ſon-<lb/> dern auch im Leben einer einzelnen Familie<lb/> darzuſtellen. Zu dieſem Zweck mußten<lb/> Einzelperſonen ausgewählt werden und<lb/> dieſe Aufgabe erwies ſich als beſonders<lb/> ſchwierig. Die Lappländer hatten ſich<lb/> ſchließlich dazu verſtanden, in Gruppen und<lb/> Mengen die Aufnahme über ſich ergehen zu<lb/> laſſen. Aber allein oder zu zweien und<lb/> dreien der Kamera die Stirn zu bieten —<lb/> das war denn doch ein Unternehmen, zu<lb/> dem beſonderer Wagemut gehörte.</p><lb/> <p>Die beiden Engländer machten von ihrer<lb/> Hütte aus Schneeſchuh-Ausflüge nach den<lb/> benachbarten Dörfern, um die nötigen<lb/> Filmſterne zu gewinnen. Sie wohnten ein<lb/> paar Tage mit einer Lappenfamilie zuſam-<lb/> men und ſuchten ſich nach Möglichkeit an-<lb/> genehm zu machen. Der eine zeigte ſeine<lb/> Zauberkünſte, der andere half mit ſeinen<lb/> Arzneien aus und die Beziehungen wurden<lb/> immer freundlicher. Endlich wagte man<lb/> den Verſuch. Die Kamera wurde hervor-<lb/> geholt und die Aufnahme vorbereitet. Aber<lb/> ſobald der Lappenvater merkte, um was es<lb/> ſich handelte.</p><lb/> <p><hi rendition="#c">war es mit der Freundſchaft vorbei.</hi><lb/> Es blieb den Engländern nichts anderes<lb/> übrig, als ihre Siebenſachen zu packen und<lb/> weiter zu ziehen. Es koſtete unendliche<lb/> Mühe und eine anſehnliche Geldbelohnung,<lb/> bis es endlich gelang, einige Erwachſene als<lb/> Darſteller für das Lappendrama zu ge-<lb/> winnen.</p><lb/> <p>Als die Aufnahmen ſich dem Ende näher-<lb/> ten, mußte das Darſtellerperſonal um zwei<lb/> kleine Knaben vermehrt werden. Neue<lb/><cb/> Schwierigkeiten! Es war verhältnismäßig<lb/> leicht, mit den Knaben Fühlung zu gewin-<lb/> nen. Der Zauberkünſtler brachte ein paar<lb/> Knaben zum Nieſen, und zwar mit dem<lb/> Erfolge, daß einige Münzen aus der Naſe<lb/> zur Erde fielen. Mehr und mehr Knaben<lb/> geſellten ſich hinzu und das jugendliche Pu-<lb/> blikum fand an dem lohnenden Kunſtſtück<lb/> Geſchmack. Endlich fanden ſich zwei Kna-<lb/> ben bereit, die Filmrollen zu übernehmen.<lb/> Mit des Vaters Segen zogen ſie an der<lb/> Hand der Photographen davon. Unglück-<lb/> licherweiſe begegnete ihnen die Mutter. Als<lb/> ſie erfuhr, um was es ſich handelte,<lb/><hi rendition="#c">wünſchte ſie die Engländer zur Hölle</hi><lb/> und nahm ihre Kinder wieder an ſich.</p><lb/> <p>Aber auch dieſe Schwierigkeit wurde<lb/> ſchließlich überwunden. Nun ſollten ein<lb/> paar Renntiere gefilmt werden. Die Eng-<lb/> länder verſuchten die nötigen Tiere zu<lb/> kaufen, machten ſich aber dadurch ſehr un-<lb/> beliebt. Die Lappländer ſind mißtrauiſch.<lb/> Offenbar trauten ſie den Engländern die<lb/> Abſicht zu, eine eigene Renntierherde zu<lb/> gründen und den Lappen Konkurrenz zu<lb/> machen. Ein Lappländer verſicherte ſogar,<lb/> es ſei unchriſtlich und ſündhaft, ein Renn-<lb/> tier für Filmzwecke zu verkaufen. Am näch-<lb/> ſten Tage erkrankte ſeine Frau und den<lb/> Engländern war Gelegenheit geboten, mit<lb/> ihren Arzneien eine<lb/><cb/> <hi rendition="#c">Wunderkur</hi><lb/> zu vollbringen. Der Ehemann zeigte ſich<lb/> erkenntlich und der Renntierverkauf wurde<lb/> perfekt.</p><lb/> <p>Die Aufnahmen waren ein fortgeſetzter<lb/> Kampf mit Hinderniſſen. Eines Tages<lb/> waren die jugendlichen Filmſterne ver-<lb/> ſchwunden. Ein alter Lappe, dem Beden-<lb/> ken gekommen waren, hatte ſie nach Hauſe<lb/> geholt. Die Filmleute ſchnallten ihre<lb/> Schneeſchuhe an und legten einen Weg von<lb/> mehr als 20 Kilometern zurück, um die<lb/> Knaben wieder einzufangen. Das koſtete<lb/> drei Tage Arbeit. Dann ſtreikte der Lappe,<lb/> der die Hauptrolle ſpielte. Der lange Auf-<lb/> enthalt im Schnee paßte ihm nicht mehr.<lb/> Als man auch darüber hinweggekommen<lb/> war, liefen ein paar Renntiere davon. Nur<lb/> mit Mühe konnten dieſe unerſetzlichen Mit-<lb/> ſpieler wieder eingefangen werden. Hin<lb/> und wieder<lb/><hi rendition="#c">kam auch ein Schneeſturm</hi><lb/> und warf die ganze Szenerie über den<lb/> Haufen. Das waren faſt alltägliche Zwi-<lb/> ſchenfälle. Aber die Filmphotographen<lb/> nahmen Schwierigkeiten und Hinderniſſe<lb/> dieſer Art gern in den Kauf. Die Haupt-<lb/> ſache war, daß der Film trotz alledem Fort-<lb/> ſchritte machte und daß es ſchließlich gelang,<lb/> das Lappendrama erfolgreich zum Abſchluß<lb/> zu bringen.</p><lb/> <cb/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">BUECHER UND SCHRIFTEN</hi> </head><lb/> <div type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Ludwig Finckh: <hi rendition="#g">Das Vogelneſt.</hi></hi> </head><lb/> <p>Unter dieſem Titel erſcheint im G. Franzſchen<lb/> Verlag, München, Baaderſtraße 1 <hi rendition="#aq">a</hi>, ſoeben ein<lb/> Band, der ſich ſchon durch ſeine ſchlichte, aber<lb/> hübſche äußere Ausſtattung und billigen Preis<lb/> (Kart. M 1.80, Leinen M 2.50) vorzüglich als<lb/> Geſchenk empfiehlt. Was aus der Feder Ludwig<lb/> Finckhs, dieſes vielgeleſenen, bekannten und ge-<lb/> mütvollen ſchwäbiſchen Dichters fließt, bedarf<lb/> keiner beſonderen Empfehlung. Den Inhalt des<lb/> Bandes von 112 Seiten bilden 22 kurze, aber<lb/> feinſinnige Betrachtungen, die nach den Ueber-<lb/> ſchriften ſcheinbar in keinem Zuſammenhang mit-<lb/> einander ſtehen. Es ſind Gräſer und Halme —<lb/> ſagen wir von einem Finkenpärchen — zu einem<lb/> Vogelneſt geflochten. Der durch die ſämtlichen<lb/> Betrachtungen ziehende Hauptgedanke iſt die<lb/> Familie, Familienſinn, Freude an der Familien-<lb/> geſchichte und -forſchung, Intereſſe und Verſtänd-<lb/> nis für den Wert und die Bedeutung des Fami-<lb/> lienlebens, den Nachwuchs und die Ahnen zu<lb/> wecken, iſt die Abſicht des Dichters. Er weiß —<lb/> ſelbſt dafür begeiſtert — auch bei anderen ſolche<lb/> Begeiſterung zu erwecken. Wer es geleſen, wird<lb/> dies beſtätigen.</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Fall Uzarſki.</hi> </head><lb/> <p>Eine grauſige Kriminal-<lb/> geſchichte von Ad. <hi rendition="#g">Uzarſki.</hi> Delphin-Verlag<lb/> München. Wer die Schriften dieſes gewaltigen<lb/> Wortjongleurs und geiſtig-artiſtiſchen Grotesk-<lb/> komikers kennt, wird ſich das neue Buch kaum<lb/> entgehen laſſen, das in mancher Beziehung einen<lb/> Höhepunkt ſeines bisherigen literariſchen Schaf-<lb/> fens bedeutet. Man kann irgendeine Seite auf-<lb/> ſchlagen und zu leſen beginnen — gleich iſt man<lb/> mitten drinn und bezwungen von jeder Zeile<lb/> voll knapper komprimierter Wortkomik. Die<lb/> Florettwaffen dieſer Sprache gegen Spießertum<lb/> ſind fein geſchliffen, genußreich geführt und<lb/> immer ſiegreich auf überraſchende Manier. ro.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jAn" n="2"> <gap reason="insignificant"/> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Meiſterſchuß</hi> </head><lb/> <byline> <hi rendition="#b">Von Frank F. Braun</hi> </byline><lb/> <p>Der Oberſt lief an das offene Fenſter,<lb/> aber da war keine Kühle, tropiſche Hitze<lb/> ſchlug ihm entgegen und ſtieg zitternd, Kon-<lb/> turen verwiſchend zum Himmel Der ſtand<lb/> weißblau, erbarmungslos. „Exzellenz,“ rief<lb/> der Oberſt, „dieſe Stunde drückt mir die<lb/> Luft ab.“ Der General ſchaute kurz auf,<lb/> dann wandte er den Blick wieder den ver-<lb/> ſammelten Offizieren zu. Seine Ruhe war<lb/> nicht poſiert; von Geburt Nordamerikaner<lb/> hatte er ſich in dieſem kleinen Staat zwiſchen<lb/> zwei Ozeanen naturaliſieren laſſen und war<lb/> raſch in der Armee aufgerückt. Er führte<lb/> den Oberbefehl über die Regierungstruppen,<lb/> die wieder einmal hier im Süden eine Re-<lb/> bellion mißgünſtiger Generäle niederzu-<lb/> ſchlagen hatten. „Es iſt nichts ſo fein ge-<lb/> ſponnen,“ ſagte er, „einmal mußte auch die-<lb/> ſer Menſch ſich fangen. Herr Hauptmann<lb/> Sirdonio, Sie ſind dort am nächſten, wollen<lb/> Sie bitte die Türe öffnen.“</p><lb/> <p>Der junge Offizier tat, wie ihm geſagt.<lb/> Als die Tür ſich kaum bewegte, ſprang em<lb/> dünner Ton in den Raum, ſo, als ſchnappe<lb/> eine Feder ein.</p><lb/> <p>„Der erſte Kontakt. Er öffnet die Linſe<lb/> des photographiſchen Apparates dort in der<lb/> Wand. Denken wir uns jetzt, es ſei Nacht,<lb/> kein Licht fällt in dieſes Zimmer. Der Mann,<lb/> der hier eindrang, brauchte kein Licht. Er<lb/> fand ſeinen Weg im Dunkel. Sehen Sie ...“<lb/> Der General übernahm dieſe Rolle des Ein-<lb/> dringlings, er ſchlich an den Schrank, griff<lb/> an das Sicherheitsſchloß und wollte die Zahl<lb/> einſtellen, die es zurückſpringen ließ, da<lb/> ſprühte ein Blitz auf. Die Offiziere zuckten<lb/> zuſammen, aber der General lächelte kalt.<lb/> „Eine kleine Momentaufnahme,“ erläuterte<lb/> er, „wäre es Nacht, hätten wir die gelungene<lb/> Aufnahme, wie ein General den Akten-<lb/> ſchrank zu beſtehlen verſucht.“</p><lb/> <p>Der Scherz war zu dünn; keiner der Her-<lb/> ren belächelte ihn.</p><lb/> <p>„Und die Aufnahme heute nacht iſt ge-<lb/> lungen?“ fragte der Oberſt vom Fenſter,<lb/> „Exzellenz haben ſchon Nachricht darüber?“</p><lb/> <p>Der General nickte dem gelben Mann mit<lb/> dem pechfarbenen Schnurrbart zu. „Sie iſt<lb/> gelungen. Wir werden ſie in wenigen<lb/> Minuten hier haben.“</p><lb/> <p>Der Oberſt atmete auf. „Dieſe Diebſtähle<lb/><cb/> von wichtigen Papieren ..., es ging nicht<lb/> mehr mit richtigen Dingen zu.“ Er über-<lb/> legte. „Und Exzellenz meinen, jener Menſch<lb/> ſei noch unter uns in der Feſtung?“ Wieder<lb/> nickte der Angeredete nur. Und dann: „Er<lb/> floh nach dem Aufflammen des Blitzlichtes;<lb/> ihm blieb nicht Zeit nach dem eingebauten<lb/> Apparat zu ſuchen, um ihn etwa zu zer-<lb/> ſtören. Aber er kann nur aus dieſem Raum<lb/> geflohen ſein. Es hat niemand den Feſtungs-<lb/> gürtel paſſiert, und wer vermöchte in dieſer<lb/> Jahreszeit über den Rio Pantukan zu ent-<lb/> kommen?“</p><lb/> <p>Ein Major fuhr auf. „Exzellenz, in dieſer<lb/> Minute reiten die Nachrichten-Offiziere ab!“</p><lb/> <p>Der General begriff; er ſah ſich um. Der<lb/> Hauptmann Sirdonio ſtand in Gedanken<lb/> verſunken an der Tür. „Herr Hauptmann,“<lb/> bat der General, „eilen Sie an das Oſttor.<lb/> Der Poſten ſoll auch dieſe Herren aufhalten.<lb/> Vor zwölf Uhr verläßt keine lebende Seele<lb/> den Feſtungsbereich!“</p><lb/> <p>Der Hauptmann ſalutierte; dann ging er.<lb/> Er ſchritt die Treppe hinab; ſeine Füße<lb/> traten die Stufen, aber er wußte nichts von<lb/> dieſen Bewegungen. Vor acht Stunden hatte<lb/> er dieſen Raum zuletzt betreten, hatte ihn<lb/> verlaſſen in paniſcher Flucht, als das Licht<lb/> aufgeflammt war — nun ſollte er dieſem<lb/> Zimmer noch einmal entrinnen dürfen ...<lb/> Er wußte, niemand brauchte ihm das zuzu-<lb/> rufen, daß alles aus war. Ein Bild lügt<lb/> nicht. Dieſes Bild würde klar ausſagen und<lb/> ein Geſicht zeigen, wie nur je ein Porträt-<lb/> bild. — Er ſah ſich um. Niemand folgte ihm.<lb/> Natürlich nicht. Wer vermutete hinter dem<lb/> tüchtigen Hauptmann Sirdonio einen Spion,<lb/> ein Geſchöpf, das Dokumente ſtahl ... Er<lb/> lächelte, ſein junges Geſicht war plötzlich alt,<lb/> verſtaubt und grau. Warum ſtahl ich denn,<lb/> Exzellenz? ... Und ſein Lächeln war ſtär-<lb/> ker, bitterer, ward Hohn. Aber dann fand<lb/> er ſich. Ein Mann zahlt, ſagte er, niemand<lb/> muß mich dazu auffordern. Dies war ein<lb/> Spiel. Sie haben die Trümpfe in den Hän-<lb/> den. Auf ein andermal! Doch er wußte, dies<lb/> anderemal war nicht mehr ſeine Partie.</p><lb/> <p>Er überquerte den Hof und ſchritt durch<lb/> das Walltor. Der Doppelpoſten in ver-<lb/> waſchenem Khaki ſalutierte. „Hat jemand<lb/> paſſiert?“ — „Niemand, Herr Hauptmann!“<lb/><cb/> Sirdonio ſtand ſtill. Er ſah in das Land<lb/> hinaus. Dann tat er eine Bewegung, als<lb/> wiſche er etwas weg. Ein Bild? Er nahm<lb/> dem erſten Poſten das Gewehr aus der<lb/> Hand und ſtellte die Waffe mit dem Kolben<lb/> zur Erde. „Entſichert? Scharf geladen?“ —<lb/> „Befehl.“ Der Hauptmann nickte. „Das<lb/> Rohr,“ ſagte er und bückte ſich, „es ſcheint<lb/> nicht ganz ...“, da neigte er ſich wohl zu<lb/> weit, zu tief nach vorn, er wollte ſich ſtützen,<lb/> rutſchte mit der Hand am Lauf ab und be-<lb/> rührte für eine Sekunde den Abzughahn.<lb/> Der Krach prallte gegen den Waldabhang<lb/> und warf ſich im Echo zurück. Das Gewehr<lb/> fiel um. Der Mann ſtand noch einen Augen-<lb/> blick länger. Die Kugel hatte ihn glatt<lb/> durchbohrt. Sie hatte ſein Leben heraus-<lb/> geriſſen. Aber ſein Leben wog nur leicht; es<lb/> hielt dieſe Kugel nicht auf.</p><lb/> <p>Am Fenſter des Beratungszimmers ſtan-<lb/> den die Herren. Der General trat zu dem<lb/> Oberſt in das volle Licht. „Geben Sie her!“<lb/> Der Feldwebel in weißem Laborantenkittel<lb/> reichte die Platte hin. „Vorſicht, Exzellenz,<lb/> nur die Ränder berühren.“ Der General<lb/> hob die Glasſcheibe gegen den Himmel. Der<lb/> Oberſt beugte ſich zu ihm. „Man erkennt<lb/> deutlich eine Geſtalt,“ ſagte er, „man ...“<lb/> Da geſchah es. Sie vernahmen alle den<lb/> rollenden Knall. Sie wollten hinhorchen,<lb/> eine Vermutung anſtellen — da pfiff etwas<lb/> durch die Luft, ſchlug dem General die Platte<lb/> aus der Hand, daß ſie klirrend auf die Die-<lb/> len ſtürzte und krachte praſſelnd an die<lb/> Mauer. Die Männer ſtanden erſtarrt. Der<lb/> Feldwebel im Kittel kniete; er wollte die<lb/> Scherben zuſammenſuchen, aber dieſe Quer-<lb/> ſchlägerkugel hatte nur winzige Splitter hin-<lb/> terlaſſen.</p><lb/> <p>Ueber den Hof kam der eingeborene<lb/> Poſten geſtürzt. Der Oberſt rief ihn herauf.<lb/> Oben erzählt der Mann den Unglücksfall<lb/> am Wall, wie der Herr Hauptmann das<lb/> Gewehr hatte prüfen wollen, und wie er zu<lb/> Fall gekommen. Der General winkte ab.<lb/> — In die kleine Pauſe ſagte der Oberſt:<lb/> „Welcher teufliſche Zufall hat dieſe Kugel<lb/> geführt, daß ſie meinen beſten Offizier<lb/> nimmt und zugleich einen Spion entwiſchen<lb/> läßt!“ Er ahnte nicht einmal, wie nahe ſein<lb/> Satz die Zuſammenhänge ſtreifte. „Ja,“<lb/> ſagte der Feldwebel, „dieſer Spion wird<lb/> ſeinen Verſuch nicht noch einmal wieder-<lb/> holen. Wir können den Apparat abbauen.“<lb/> Er war gar nicht gefragt geweſen. Der Ge-<lb/> neral ſah ihn verwundert an, dann nickte<lb/> er nur.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Kammermuſik aus vier Jahrhunderten</hi> </head><lb/> <p>Freitag, den 18. Januar, 8 Uhr, im Bayer.<lb/> Hof, Kammermuſik-Abend mit Werken von Pur-<lb/> cell, Iſaak, Ortando di Laſſo, Hans Leo, J. S.<lb/> Bach und Marais.</p><lb/> <p>Ausführende: Gabriele von Lottner (Cembalo)<lb/> und das <hi rendition="#g">Münchner Rialon-Quartett</hi><lb/> (zum erſten Mate) Vaſentin Härtl, Joachim Ernſt,<lb/> Karl Lift, Willy Schmid.</p><lb/> <p>Karten bei Bauer, Halbreiter, Schmid und im<lb/> Amtl. Bauer. Reiſebureau.</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jAn" n="2"> <gap reason="insignificant"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [Seite 11[11]/0011]
Donnerstag, den 17. Januar „AZ am Abend“ Nr. 14
Filmen mit Hinderniſſen
Abenteuer einer Filmexpedition bei den Lappen
Lappland und ſeine Bewohner ſind dem
Publikum bisher auf der lebenden Lein-
wand noch nicht vorgeſtellt worden. Man
hat Indianer, Neger, Malayen und alle
nur erdenkbaren Völkerſchaften gefilmt, aber
noch keine Lappländer. Dies hat einen
religiöſen Grund. Die Lappländer, eine
ſtreng lutheriſche Sekte, ſind treue Befolger
des zweiten Gebotes: „Du ſollſt dir kein
Bildnis noch irgendein Gleichnis machen ..“
Ihre bunten und maleriſchen Gewänder,
ihre eigenartigen Sitten und Gebräuche,
ihre ſonderbaren Lehmhütten, ihre Renn-
tierherden, die weiten ſchneebedeckten Ein-
öden, in denen ſie leben — alles dies ergibt
prachtvolle Motive für Filmaufnahmen.
Aber die Motive blieben bisher unverwertet.
Eine ganze Reihe von Filmphotographen
haben ſich an die Aufgabe herangewagt,
ſind aber an dem Widerſtand der Lappen
geſcheitert.
Einige Amerikaner, die zudringlich
wurden, mußten ihre kurz und klein
geſchlagene Kamera auf dem „Schlacht-
feld“ zurücklaſſen.
Erſt zwei Engländern iſt es neuerdings ge-
lungen, die Lappländer auf der Platte der
Filmkamera feſtzuhalten.
Nach ihrer Rückkehr erfährt man einiges
Nähere über ihr Abenteuer. In Lappland,
dem ſkandinaviſchen Gebiet nördlich des
Polarkreiſes, dreht ſich das ganze Leben um
das Renntier. Die Lappen wechſeln ihren
Aufenthalt mit dem dieſes nützlichen Ge-
ſchöpfes. Im Sommer ziehen ſie mit ihm
nach dem Norden im Winter nach dem
Süden. Die Engländer verſuchten zunächſt,
durch längeres Zuſammenleben mit den
Lappen deren Vertrauen zu gewinnen.
Aber ſie wären nie an ihr Ziel gelangt,
wenn der eine nicht ein großer Taſchen-
ſpieler, und der andere nicht
im Beſitz zahlreicher Arzneien
geweſen wäre. So aber war es möglich,
den Erwachſenen und Kindern Zauber-
kunſtſtücke zu zeigen, durch die das Eis ge-
brochen wurde. Die Arzneien erwieſen ſich
in vielen Fällen als wirkſame Heilmittel.
Allmählich ließen die gezähmten Lappen
ſich vor die Kamera bringen und nach eini-
ger Zeit war die Hütte, die den Engländern
zur Verfügung geſtellt worden war, immer
voll von Beſuchern.
Als ein paar Wochen vergangen und die
beiden Engländer mit den Landesbewoh-
nern
vertraut und ſchmutzig wie ſie
geworden waren, ließen die Lappländer ſich
photographieren. Es konnten Maſſenſzenen
gefilmt werden, in denen Männer und
Frauen, Erwachſene und Kinder ſich be-
wegten. Damit war den Filmleuten aber
noch nicht Genüge getan. Der Plan lief
darauf hinaus, das Volk der Lappländer
nicht nur in beweglichen Maſſenſzenen, ſon-
dern auch im Leben einer einzelnen Familie
darzuſtellen. Zu dieſem Zweck mußten
Einzelperſonen ausgewählt werden und
dieſe Aufgabe erwies ſich als beſonders
ſchwierig. Die Lappländer hatten ſich
ſchließlich dazu verſtanden, in Gruppen und
Mengen die Aufnahme über ſich ergehen zu
laſſen. Aber allein oder zu zweien und
dreien der Kamera die Stirn zu bieten —
das war denn doch ein Unternehmen, zu
dem beſonderer Wagemut gehörte.
Die beiden Engländer machten von ihrer
Hütte aus Schneeſchuh-Ausflüge nach den
benachbarten Dörfern, um die nötigen
Filmſterne zu gewinnen. Sie wohnten ein
paar Tage mit einer Lappenfamilie zuſam-
men und ſuchten ſich nach Möglichkeit an-
genehm zu machen. Der eine zeigte ſeine
Zauberkünſte, der andere half mit ſeinen
Arzneien aus und die Beziehungen wurden
immer freundlicher. Endlich wagte man
den Verſuch. Die Kamera wurde hervor-
geholt und die Aufnahme vorbereitet. Aber
ſobald der Lappenvater merkte, um was es
ſich handelte.
war es mit der Freundſchaft vorbei.
Es blieb den Engländern nichts anderes
übrig, als ihre Siebenſachen zu packen und
weiter zu ziehen. Es koſtete unendliche
Mühe und eine anſehnliche Geldbelohnung,
bis es endlich gelang, einige Erwachſene als
Darſteller für das Lappendrama zu ge-
winnen.
Als die Aufnahmen ſich dem Ende näher-
ten, mußte das Darſtellerperſonal um zwei
kleine Knaben vermehrt werden. Neue
Schwierigkeiten! Es war verhältnismäßig
leicht, mit den Knaben Fühlung zu gewin-
nen. Der Zauberkünſtler brachte ein paar
Knaben zum Nieſen, und zwar mit dem
Erfolge, daß einige Münzen aus der Naſe
zur Erde fielen. Mehr und mehr Knaben
geſellten ſich hinzu und das jugendliche Pu-
blikum fand an dem lohnenden Kunſtſtück
Geſchmack. Endlich fanden ſich zwei Kna-
ben bereit, die Filmrollen zu übernehmen.
Mit des Vaters Segen zogen ſie an der
Hand der Photographen davon. Unglück-
licherweiſe begegnete ihnen die Mutter. Als
ſie erfuhr, um was es ſich handelte,
wünſchte ſie die Engländer zur Hölle
und nahm ihre Kinder wieder an ſich.
Aber auch dieſe Schwierigkeit wurde
ſchließlich überwunden. Nun ſollten ein
paar Renntiere gefilmt werden. Die Eng-
länder verſuchten die nötigen Tiere zu
kaufen, machten ſich aber dadurch ſehr un-
beliebt. Die Lappländer ſind mißtrauiſch.
Offenbar trauten ſie den Engländern die
Abſicht zu, eine eigene Renntierherde zu
gründen und den Lappen Konkurrenz zu
machen. Ein Lappländer verſicherte ſogar,
es ſei unchriſtlich und ſündhaft, ein Renn-
tier für Filmzwecke zu verkaufen. Am näch-
ſten Tage erkrankte ſeine Frau und den
Engländern war Gelegenheit geboten, mit
ihren Arzneien eine
Wunderkur
zu vollbringen. Der Ehemann zeigte ſich
erkenntlich und der Renntierverkauf wurde
perfekt.
Die Aufnahmen waren ein fortgeſetzter
Kampf mit Hinderniſſen. Eines Tages
waren die jugendlichen Filmſterne ver-
ſchwunden. Ein alter Lappe, dem Beden-
ken gekommen waren, hatte ſie nach Hauſe
geholt. Die Filmleute ſchnallten ihre
Schneeſchuhe an und legten einen Weg von
mehr als 20 Kilometern zurück, um die
Knaben wieder einzufangen. Das koſtete
drei Tage Arbeit. Dann ſtreikte der Lappe,
der die Hauptrolle ſpielte. Der lange Auf-
enthalt im Schnee paßte ihm nicht mehr.
Als man auch darüber hinweggekommen
war, liefen ein paar Renntiere davon. Nur
mit Mühe konnten dieſe unerſetzlichen Mit-
ſpieler wieder eingefangen werden. Hin
und wieder
kam auch ein Schneeſturm
und warf die ganze Szenerie über den
Haufen. Das waren faſt alltägliche Zwi-
ſchenfälle. Aber die Filmphotographen
nahmen Schwierigkeiten und Hinderniſſe
dieſer Art gern in den Kauf. Die Haupt-
ſache war, daß der Film trotz alledem Fort-
ſchritte machte und daß es ſchließlich gelang,
das Lappendrama erfolgreich zum Abſchluß
zu bringen.
BUECHER UND SCHRIFTEN
Ludwig Finckh: Das Vogelneſt.
Unter dieſem Titel erſcheint im G. Franzſchen
Verlag, München, Baaderſtraße 1 a, ſoeben ein
Band, der ſich ſchon durch ſeine ſchlichte, aber
hübſche äußere Ausſtattung und billigen Preis
(Kart. M 1.80, Leinen M 2.50) vorzüglich als
Geſchenk empfiehlt. Was aus der Feder Ludwig
Finckhs, dieſes vielgeleſenen, bekannten und ge-
mütvollen ſchwäbiſchen Dichters fließt, bedarf
keiner beſonderen Empfehlung. Den Inhalt des
Bandes von 112 Seiten bilden 22 kurze, aber
feinſinnige Betrachtungen, die nach den Ueber-
ſchriften ſcheinbar in keinem Zuſammenhang mit-
einander ſtehen. Es ſind Gräſer und Halme —
ſagen wir von einem Finkenpärchen — zu einem
Vogelneſt geflochten. Der durch die ſämtlichen
Betrachtungen ziehende Hauptgedanke iſt die
Familie, Familienſinn, Freude an der Familien-
geſchichte und -forſchung, Intereſſe und Verſtänd-
nis für den Wert und die Bedeutung des Fami-
lienlebens, den Nachwuchs und die Ahnen zu
wecken, iſt die Abſicht des Dichters. Er weiß —
ſelbſt dafür begeiſtert — auch bei anderen ſolche
Begeiſterung zu erwecken. Wer es geleſen, wird
dies beſtätigen.
Der Fall Uzarſki.
Eine grauſige Kriminal-
geſchichte von Ad. Uzarſki. Delphin-Verlag
München. Wer die Schriften dieſes gewaltigen
Wortjongleurs und geiſtig-artiſtiſchen Grotesk-
komikers kennt, wird ſich das neue Buch kaum
entgehen laſſen, das in mancher Beziehung einen
Höhepunkt ſeines bisherigen literariſchen Schaf-
fens bedeutet. Man kann irgendeine Seite auf-
ſchlagen und zu leſen beginnen — gleich iſt man
mitten drinn und bezwungen von jeder Zeile
voll knapper komprimierter Wortkomik. Die
Florettwaffen dieſer Sprache gegen Spießertum
ſind fein geſchliffen, genußreich geführt und
immer ſiegreich auf überraſchende Manier. ro.
_
Der Meiſterſchuß
Von Frank F. Braun
Der Oberſt lief an das offene Fenſter,
aber da war keine Kühle, tropiſche Hitze
ſchlug ihm entgegen und ſtieg zitternd, Kon-
turen verwiſchend zum Himmel Der ſtand
weißblau, erbarmungslos. „Exzellenz,“ rief
der Oberſt, „dieſe Stunde drückt mir die
Luft ab.“ Der General ſchaute kurz auf,
dann wandte er den Blick wieder den ver-
ſammelten Offizieren zu. Seine Ruhe war
nicht poſiert; von Geburt Nordamerikaner
hatte er ſich in dieſem kleinen Staat zwiſchen
zwei Ozeanen naturaliſieren laſſen und war
raſch in der Armee aufgerückt. Er führte
den Oberbefehl über die Regierungstruppen,
die wieder einmal hier im Süden eine Re-
bellion mißgünſtiger Generäle niederzu-
ſchlagen hatten. „Es iſt nichts ſo fein ge-
ſponnen,“ ſagte er, „einmal mußte auch die-
ſer Menſch ſich fangen. Herr Hauptmann
Sirdonio, Sie ſind dort am nächſten, wollen
Sie bitte die Türe öffnen.“
Der junge Offizier tat, wie ihm geſagt.
Als die Tür ſich kaum bewegte, ſprang em
dünner Ton in den Raum, ſo, als ſchnappe
eine Feder ein.
„Der erſte Kontakt. Er öffnet die Linſe
des photographiſchen Apparates dort in der
Wand. Denken wir uns jetzt, es ſei Nacht,
kein Licht fällt in dieſes Zimmer. Der Mann,
der hier eindrang, brauchte kein Licht. Er
fand ſeinen Weg im Dunkel. Sehen Sie ...“
Der General übernahm dieſe Rolle des Ein-
dringlings, er ſchlich an den Schrank, griff
an das Sicherheitsſchloß und wollte die Zahl
einſtellen, die es zurückſpringen ließ, da
ſprühte ein Blitz auf. Die Offiziere zuckten
zuſammen, aber der General lächelte kalt.
„Eine kleine Momentaufnahme,“ erläuterte
er, „wäre es Nacht, hätten wir die gelungene
Aufnahme, wie ein General den Akten-
ſchrank zu beſtehlen verſucht.“
Der Scherz war zu dünn; keiner der Her-
ren belächelte ihn.
„Und die Aufnahme heute nacht iſt ge-
lungen?“ fragte der Oberſt vom Fenſter,
„Exzellenz haben ſchon Nachricht darüber?“
Der General nickte dem gelben Mann mit
dem pechfarbenen Schnurrbart zu. „Sie iſt
gelungen. Wir werden ſie in wenigen
Minuten hier haben.“
Der Oberſt atmete auf. „Dieſe Diebſtähle
von wichtigen Papieren ..., es ging nicht
mehr mit richtigen Dingen zu.“ Er über-
legte. „Und Exzellenz meinen, jener Menſch
ſei noch unter uns in der Feſtung?“ Wieder
nickte der Angeredete nur. Und dann: „Er
floh nach dem Aufflammen des Blitzlichtes;
ihm blieb nicht Zeit nach dem eingebauten
Apparat zu ſuchen, um ihn etwa zu zer-
ſtören. Aber er kann nur aus dieſem Raum
geflohen ſein. Es hat niemand den Feſtungs-
gürtel paſſiert, und wer vermöchte in dieſer
Jahreszeit über den Rio Pantukan zu ent-
kommen?“
Ein Major fuhr auf. „Exzellenz, in dieſer
Minute reiten die Nachrichten-Offiziere ab!“
Der General begriff; er ſah ſich um. Der
Hauptmann Sirdonio ſtand in Gedanken
verſunken an der Tür. „Herr Hauptmann,“
bat der General, „eilen Sie an das Oſttor.
Der Poſten ſoll auch dieſe Herren aufhalten.
Vor zwölf Uhr verläßt keine lebende Seele
den Feſtungsbereich!“
Der Hauptmann ſalutierte; dann ging er.
Er ſchritt die Treppe hinab; ſeine Füße
traten die Stufen, aber er wußte nichts von
dieſen Bewegungen. Vor acht Stunden hatte
er dieſen Raum zuletzt betreten, hatte ihn
verlaſſen in paniſcher Flucht, als das Licht
aufgeflammt war — nun ſollte er dieſem
Zimmer noch einmal entrinnen dürfen ...
Er wußte, niemand brauchte ihm das zuzu-
rufen, daß alles aus war. Ein Bild lügt
nicht. Dieſes Bild würde klar ausſagen und
ein Geſicht zeigen, wie nur je ein Porträt-
bild. — Er ſah ſich um. Niemand folgte ihm.
Natürlich nicht. Wer vermutete hinter dem
tüchtigen Hauptmann Sirdonio einen Spion,
ein Geſchöpf, das Dokumente ſtahl ... Er
lächelte, ſein junges Geſicht war plötzlich alt,
verſtaubt und grau. Warum ſtahl ich denn,
Exzellenz? ... Und ſein Lächeln war ſtär-
ker, bitterer, ward Hohn. Aber dann fand
er ſich. Ein Mann zahlt, ſagte er, niemand
muß mich dazu auffordern. Dies war ein
Spiel. Sie haben die Trümpfe in den Hän-
den. Auf ein andermal! Doch er wußte, dies
anderemal war nicht mehr ſeine Partie.
Er überquerte den Hof und ſchritt durch
das Walltor. Der Doppelpoſten in ver-
waſchenem Khaki ſalutierte. „Hat jemand
paſſiert?“ — „Niemand, Herr Hauptmann!“
Sirdonio ſtand ſtill. Er ſah in das Land
hinaus. Dann tat er eine Bewegung, als
wiſche er etwas weg. Ein Bild? Er nahm
dem erſten Poſten das Gewehr aus der
Hand und ſtellte die Waffe mit dem Kolben
zur Erde. „Entſichert? Scharf geladen?“ —
„Befehl.“ Der Hauptmann nickte. „Das
Rohr,“ ſagte er und bückte ſich, „es ſcheint
nicht ganz ...“, da neigte er ſich wohl zu
weit, zu tief nach vorn, er wollte ſich ſtützen,
rutſchte mit der Hand am Lauf ab und be-
rührte für eine Sekunde den Abzughahn.
Der Krach prallte gegen den Waldabhang
und warf ſich im Echo zurück. Das Gewehr
fiel um. Der Mann ſtand noch einen Augen-
blick länger. Die Kugel hatte ihn glatt
durchbohrt. Sie hatte ſein Leben heraus-
geriſſen. Aber ſein Leben wog nur leicht; es
hielt dieſe Kugel nicht auf.
Am Fenſter des Beratungszimmers ſtan-
den die Herren. Der General trat zu dem
Oberſt in das volle Licht. „Geben Sie her!“
Der Feldwebel in weißem Laborantenkittel
reichte die Platte hin. „Vorſicht, Exzellenz,
nur die Ränder berühren.“ Der General
hob die Glasſcheibe gegen den Himmel. Der
Oberſt beugte ſich zu ihm. „Man erkennt
deutlich eine Geſtalt,“ ſagte er, „man ...“
Da geſchah es. Sie vernahmen alle den
rollenden Knall. Sie wollten hinhorchen,
eine Vermutung anſtellen — da pfiff etwas
durch die Luft, ſchlug dem General die Platte
aus der Hand, daß ſie klirrend auf die Die-
len ſtürzte und krachte praſſelnd an die
Mauer. Die Männer ſtanden erſtarrt. Der
Feldwebel im Kittel kniete; er wollte die
Scherben zuſammenſuchen, aber dieſe Quer-
ſchlägerkugel hatte nur winzige Splitter hin-
terlaſſen.
Ueber den Hof kam der eingeborene
Poſten geſtürzt. Der Oberſt rief ihn herauf.
Oben erzählt der Mann den Unglücksfall
am Wall, wie der Herr Hauptmann das
Gewehr hatte prüfen wollen, und wie er zu
Fall gekommen. Der General winkte ab.
— In die kleine Pauſe ſagte der Oberſt:
„Welcher teufliſche Zufall hat dieſe Kugel
geführt, daß ſie meinen beſten Offizier
nimmt und zugleich einen Spion entwiſchen
läßt!“ Er ahnte nicht einmal, wie nahe ſein
Satz die Zuſammenhänge ſtreifte. „Ja,“
ſagte der Feldwebel, „dieſer Spion wird
ſeinen Verſuch nicht noch einmal wieder-
holen. Wir können den Apparat abbauen.“
Er war gar nicht gefragt geweſen. Der Ge-
neral ſah ihn verwundert an, dann nickte
er nur.
Kammermuſik aus vier Jahrhunderten
Freitag, den 18. Januar, 8 Uhr, im Bayer.
Hof, Kammermuſik-Abend mit Werken von Pur-
cell, Iſaak, Ortando di Laſſo, Hans Leo, J. S.
Bach und Marais.
Ausführende: Gabriele von Lottner (Cembalo)
und das Münchner Rialon-Quartett
(zum erſten Mate) Vaſentin Härtl, Joachim Ernſt,
Karl Lift, Willy Schmid.
Karten bei Bauer, Halbreiter, Schmid und im
Amtl. Bauer. Reiſebureau.
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(2022-02-11T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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