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Allgemeine Zeitung, Nr. 160, 8. Juni 1860.

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Der Corresp. Hayas gehen folgende "zuverlässige" Nachrichten über
die Ereignisse in Palermo zu. Am 27 Mai um vier Uhr Morgens griffen
die auf dem Berge Gebilrosso lagernden Insurgenten mit den Alpenjägern
unter Garibaldi voran die Stadt Palermo an den Thoren Porta Reale,
Porta San Antonnio und Porta di Termini an. Nachdem der Posten wel-
cher die letztere vertheidigt, mit dem Bayonnet über den Haufen geworfen ist,
bemächtigt sich Garibaldi um halb sieben Uhr des Stadthauses, dessen Um-
gebungen er befestigen läßt, und setzt sich darin mit seinen Ossicieren und dem
Stadtausschusse fest. Unter dem Donner der Kanonen und des Kleingewehr-
feuers pflanzt sich der Aufstand in alle Stadttheile fort, und kurz vor sechs
Uhr fangen die Citadelle und die neapolitanischen Schiffe an die Stadt zu
bombardiren, welche um halb acht Uhr in der Gewalt Garibaldi's ist. Um
zehn Uhr bricht an mehreren Stellen Feuer aus, und eine neue Attake wird
gegen die Batterie an der Porta Marquada gerichtet. Die Citadelle schleu-
dert fortwährend Bomben auf die Stadt, deren Häuser unter ungeheuren
Staubwolken zusammenstürzen. Eines der zuerst getroffenen Gebäude ist
der herrliche Bankpalast, dessen Dach theilweis von einer Bombe fortgerissen
wird. Unterdessen läuten die Glocken der Klöster und Kirchen fort-
während. Schon am Morgen legen sich die Schiffe, welche im Ha-
fen waren und an deren Bord sich eine große Anzahl von Familien geflüchtet
hatten, hinter die Linie der ausländischen Kriegsschiffe. Die in Palermo ansässigen
Franzosen waren an Bord des "Vauban" und der "Mouette" eingeschifft, welche
zwischen dem englischen Linienschiff "Hannibal" und der österreichischen Fre-
gatte "Schwarzenberg" auf der Rhede liegen. Die k. Truppen sind nord-
wärts in der Citadelle und füdwärts im k. Palast und in Monreale concen-
trirt. Um 9 Uhr Abends läßt daß Bombardement nach. In der Nacht ist
die Stadt erleuchtet. Der ganze Centralstadttheil von Toledo, San Fran-
cisco, Santa Catarina, das Theater Carolino, der schöne Senatsplatz sie-
hen in Flammen. Die Verwundeten werden ins Garciakloster gebracht und
ins Mevetricihospital. Die Thüren der Gefängnisse von Theania stehen
offen, und die Linientruppen welche dieselben vertheidigten, ziehen sich auf
drei bereitstehende neapolitanische Schiffe zurück. 28 Mai. Morgen läßt
Garibaldi dem General Lanza anzeigen daß, wenn die Beschießung fort-
dauere er sich genöthigt sehen werde, einen Theil der 200 gefangenen Soldaten
erschießen zu lassen. Mittags greifen die Insurgenten den k. Palast an.
Die Citadelle feuert beständig auf die Stadt. Die k. Fahne weht nicht mehr
auf dem Hafendamm.

Die L. C. sagt: Die Times, indem sie behauptet Frankreich habe Nea-
pels Verlangen nach Vermittelung geradezu zurückgewiesen, war kaum gut
unterrichtet. Der Kaiser soll der neapolitanischen Regierung haben erklären lassen
daß er erst wissen wolle auf welcher Grundlage Neapel sich die von ihm ver-
langte freundliche Dazwischenkunft Frankreichs denke. Der Commandeur
Carassa stellte zuerst folgende Forderungen an die europäischen Mächte:
1) Man sollte dem König von Neapel den ganzen Besitzstand des Königreichs
beider Sicilien verbürgen; 2) der Thron dieses Königreichs sollte dem Haus
Bourbon gesichert werden; 3) die Mächte sollten, wenn es nothwendig wäre,
mit den Waffen zu Gunsten des Königs interveniren. Frankreich ließ die
dießfällige Note Caraffa's ganz ohne Antwort.

Nachrichten aus Messina vom 3 d., mittelst
directen Postschiffs, melden daß die Stadt vollkommen verödet ist; alle
Waaren sind an Bord der Schiffe gebracht, sämmtliche Consuln abgereist,
mit Ausnahme des französischen, der alle seine Effecten an Bord des "Des-
cartes" hat bringen lassen, und die Stadt verlassen wird sobald der Kampf
losbricht. Das Aufstandscomite von Palermo zeigt im Namen des Dicta-
tors an daß über die Aunexion abgestimm werden soll; andere infurgirte
Städte verlangen von den benachbarten Gemeinden daß man ihnen Lebens-
mittel schicke. Ganz Palermo ist barrikadirt und befestigt; Garibaldi hat
einen ungeheuren Vorrath neuer sehr mörderischer Granaten. Die Douaniers
gehen mit Waffen und Gepäck zu den Insurgenten über. Die sehr stark
bearbeitete Armee soll 2000 Verwundete und Kranke zählen. Tausend Frei-
willige aus Cagliari sind in Marsala gelandet. Bei der Affaire von Ca-
tanea wurden die Bauern trotz ihres tapfern Widerstands von den Truppen
zurückgeschlagen nachdem sie 200 Mann verloren hatten. Allen Insurgenten-
haufen ist Befehl ertheilt worden sich zu concentriren für den Entfcheidungs-
kampf. Alle diese Nachrichten sind verbürgt. (T. H.)

Gestern ist das zweite Bataillon des 90sten Linien-
Infanterieregiments welches in Nizza garnisoniren soll, angekommen. Zahl-
reiche Neugierige giengen ihm bis St. Laurent entgegen, wo Senator Pietri
und der französische Consul dasselbe erwarteten. (Messager de Nice.)

Der neapolitanische Minister Martino ist vom König
berufen nach Neapel abgereist. Vorher hatte er eine lange Unterredung mit
dem Papst. Rom ist ruhig, starke Patrouillen durchstreifen die Stadt. Ca-
stellani wurde verbannt. Man sagt der Papst habe die Meinung ausgedrückt
Louis Napoleon und Victor Emmanuel seyen entschlossen das Programm der
Broschüre: "Der Papst und der Congreß" auszuführen. (Times.)

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Genua 5 Jun.: General Letizia, welcher von Palermo
nach Neapel kam, soll eine neue Capitulation mitgebracht haben. (T. H.)

Dem Corr. merc. zufolge wird sogleich nach Votirung des Vertrags
vom 24 März durch den Senat, die kaiserliche Regierung die Annexion von
Mittelitalien an die sardinischen Staaten officiell förmlich anerkennen. Wie
dasselbe Blatt berichtet, hat die Kammercommission welche über Erhöhung
der Civilliste zu berichten hat, im Einklang mit dem Ministerium und dem
Minister des k. Hauses, beschlossen, zu beantragen daß die Krondotation auf
101/2 Millionen festgesetzt werde. Der Nazione zufolge wäre die vom
Giornale di Roma gebrachte Nachricht daß Orsini im Gefechte zu Le Grotte
fiel, ungenau.

In Turiner und Marseiller Depeschen der französischen Blätter finden
wir noch folgendes: Schiffe mit Munition von Neapel gehen fortwährend
ab. 500 verwundete Gefangene Garibaldi's (?) kamen in Neapel an, sehr
vorsorglich von Garibaldi behandelt. Er hofft auf Abfall. Garibaldi mußte
auf den Waffenstillstand eingehen weil es ihm an Munition fehlte. Die
sardinischen Unterthanen befinden sich an Bord des "Governolo." General
Letizia, der mit dem Befehl den Waffenstillstand zu erneuern, nach Palermo
abgieng, soll in Neapel bemerlich gemacht haben die Soldaten verweigern sich
zu schlagen (?), und die Desertionen beginnen zahlreich zu werden. Der
Enthusiasmus für Garibaldi beginnt die Armee zu ergreifen.

Abuchtar Pascha, Minister der Civil-
liste, ist an Stelle Hassib Pascha's zum Finanzminister ernannt worden und
wird durch den Minister ohne Portefeuille, Chefik Pascha, ersetzt. Theodor
Balazzi ist gestorben. (W. T. B.)

Auf Verlangen des Generals Montauban
ist eine Abtheilung von 200 Seesoldaten unter Oberstlientenant Martin des
Pallieres am 18 von Hongkong nach der Insel Tschusan abgegangen, welche
im Verein mit 6000 Engländern den Chinesen wieder abgenommen werden
soll. Am 25 April soll der Angriff beginnen. (Constitutionnel.)

Handels- und Börsennachrichten.

[Tabelle]


Die Politik der Vereinigten Staaten von Nordamerika
und die Nationalconvention in Chicago.

Während in der demokratischen Partei
noch die Verhandlungen über eine Wiedervereinigung schweben, bei welcher
Douglas dem Süden geopfert werden würde, haben sich die zwei Gegen-
parteien bereits in Schlachtordnung gegen sie aufgestellt, und werden -- ein
sehr großer Vortheil in einem Wahlfeldzug -- einen vollen Monat lang das
Terrain für sich haben. Zwei Gegenparteien dem Namen nach, in Wirk-
lichkeit jedoch nur eine, denn die "Unionspartei" (Fillmore-Partei von 1856)
ist so schwach und unbedeutend, daß sie kaum in Betracht kommt, ausgenom-
men da wo sie durch Hinneigung zu der einen oder der andern der Haupt-
parteien ihr ein Uebergewicht über die andere verschafft. Obenein hat sie nun
noch, austatt, wie allgemein erwartet wurde, den alten Sam Huston von Texas
zu ihrem Bannerträger zu erwählen, dessen romantische Vergangenheit ihm
auch aus andern Parteien starken Zulauf verschafft haben würde, einen an
Talenten wie an Popularität sehr schwachen Candidaten in der Person des
Bundessecretärs Bell von Tennessee aufgestellt. Weder für diesen noch für
den ihm als Vicepräsidentschaftscandidaten beigesellten glatten, aber mark-
losen Schönredner Edward Everett läßt sich irgendwelche Begeisterung er-
wecken. Nur für den Fall daß die Spaltung der demokratischen Partei an-
dauern sollte, läge die entfernte Möglichkeit vor daß die Unionspartei in eini-
gen südlichen Staaten siegte. Wenn dieß geschähe, und dann noch ferner die
Republicaner in den freien Staaten keine absolute Majorität der Wahl-
männerstimmen gewännen, könnte Bell wenigstens mit bei einer vom Re-
präsentantenhaus vorzunehmenden engern Wahl concurriren; doch das wäre
auch das alleräußerste worau seine Anhänger bei einem fast unmöglichen
Zusammentreffen günstiger Umstände rechnen können. Ein Programm haben
sie gar nicht aufgestellt, sondern nur in sehr gedunsenen Phrasen ihre Vater-
landsliebe und Loyalität betheuert, sonst aber alle brennenden Fragen unserer
Parteipolitik vornehm ignorirt. Es hat Zeiten gegeben wo eine solche Pro-
grammlosigkeit der herrschenden Volksstimmung entsprach, wo es keines an-
dern Losungsworts bedurfte als: "Sturz des jetzt herrschenden Regime's
quand meme!" So ward 1840 Harrison erwählt. Doch solches Verfah-
ren hat eben nur dann Erfolg wenn es ein ganz spontanes, der Ausdruck

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Der Correſp. Hayas gehen folgende „zuverläſſige“ Nachrichten über
die Ereigniſſe in Palermo zu. Am 27 Mai um vier Uhr Morgens griffen
die auf dem Berge Gebilroſſo lagernden Inſurgenten mit den Alpenjägern
unter Garibaldi voran die Stadt Palermo an den Thoren Porta Reale,
Porta San Antonnio und Porta di Termini an. Nachdem der Poſten wel-
cher die letztere vertheidigt, mit dem Bayonnet über den Haufen geworfen iſt,
bemächtigt ſich Garibaldi um halb ſieben Uhr des Stadthauſes, deſſen Um-
gebungen er befeſtigen läßt, und ſetzt ſich darin mit ſeinen Oſſicieren und dem
Stadtausſchuſſe feſt. Unter dem Donner der Kanonen und des Kleingewehr-
feuers pflanzt ſich der Aufſtand in alle Stadttheile fort, und kurz vor ſechs
Uhr fangen die Citadelle und die neapolitaniſchen Schiffe an die Stadt zu
bombardiren, welche um halb acht Uhr in der Gewalt Garibaldi’s iſt. Um
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gegen die Batterie an der Porta Marquada gerichtet. Die Citadelle ſchleu-
dert fortwährend Bomben auf die Stadt, deren Häuſer unter ungeheuren
Staubwolken zuſammenſtürzen. Eines der zuerſt getroffenen Gebäude iſt
der herrliche Bankpalaſt, deſſen Dach theilweis von einer Bombe fortgeriſſen
wird. Unterdeſſen läuten die Glocken der Klöſter und Kirchen fort-
während. Schon am Morgen legen ſich die Schiffe, welche im Ha-
fen waren und an deren Bord ſich eine große Anzahl von Familien geflüchtet
hatten, hinter die Linie der ausländiſchen Kriegsſchiffe. Die in Palermo anſäſſigen
Franzoſen waren an Bord des „Vauban“ und der „Mouette“ eingeſchifft, welche
zwiſchen dem engliſchen Linienſchiff „Hannibal“ und der öſterreichiſchen Fre-
gatte „Schwarzenberg“ auf der Rhede liegen. Die k. Truppen ſind nord-
wärts in der Citadelle und füdwärts im k. Palaſt und in Monreale concen-
trirt. Um 9 Uhr Abends läßt daß Bombardement nach. In der Nacht iſt
die Stadt erleuchtet. Der ganze Centralſtadttheil von Toledo, San Fran-
cisco, Santa Catarina, das Theater Carolino, der ſchöne Senatsplatz ſie-
hen in Flammen. Die Verwundeten werden ins Garciakloſter gebracht und
ins Mevetricihoſpital. Die Thüren der Gefängniſſe von Theania ſtehen
offen, und die Linientruppen welche dieſelben vertheidigten, ziehen ſich auf
drei bereitſtehende neapolitaniſche Schiffe zurück. 28 Mai. Morgen läßt
Garibaldi dem General Lanza anzeigen daß, wenn die Beſchießung fort-
dauere er ſich genöthigt ſehen werde, einen Theil der 200 gefangenen Soldaten
erſchießen zu laſſen. Mittags greifen die Inſurgenten den k. Palaſt an.
Die Citadelle feuert beſtändig auf die Stadt. Die k. Fahne weht nicht mehr
auf dem Hafendamm.

Die L. C. ſagt: Die Times, indem ſie behauptet Frankreich habe Nea-
pels Verlangen nach Vermittelung geradezu zurückgewieſen, war kaum gut
unterrichtet. Der Kaiſer ſoll der neapolitaniſchen Regierung haben erklären laſſen
daß er erſt wiſſen wolle auf welcher Grundlage Neapel ſich die von ihm ver-
langte freundliche Dazwiſchenkunft Frankreichs denke. Der Commandeur
Caraſſa ſtellte zuerſt folgende Forderungen an die europäiſchen Mächte:
1) Man ſollte dem König von Neapel den ganzen Beſitzſtand des Königreichs
beider Sicilien verbürgen; 2) der Thron dieſes Königreichs ſollte dem Haus
Bourbon geſichert werden; 3) die Mächte ſollten, wenn es nothwendig wäre,
mit den Waffen zu Gunſten des Königs interveniren. Frankreich ließ die
dießfällige Note Caraffa’s ganz ohne Antwort.

Nachrichten aus Meſſina vom 3 d., mittelſt
directen Poſtſchiffs, melden daß die Stadt vollkommen verödet iſt; alle
Waaren ſind an Bord der Schiffe gebracht, ſämmtliche Conſuln abgereist,
mit Ausnahme des franzöſiſchen, der alle ſeine Effecten an Bord des „Des-
cartes“ hat bringen laſſen, und die Stadt verlaſſen wird ſobald der Kampf
losbricht. Das Aufſtandscomité von Palermo zeigt im Namen des Dicta-
tors an daß über die Aunexion abgeſtimm werden ſoll; andere infurgirte
Städte verlangen von den benachbarten Gemeinden daß man ihnen Lebens-
mittel ſchicke. Ganz Palermo iſt barrikadirt und befeſtigt; Garibaldi hat
einen ungeheuren Vorrath neuer ſehr mörderiſcher Granaten. Die Douaniers
gehen mit Waffen und Gepäck zu den Inſurgenten über. Die ſehr ſtark
bearbeitete Armee ſoll 2000 Verwundete und Kranke zählen. Tauſend Frei-
willige aus Cagliari ſind in Marſala gelandet. Bei der Affaire von Ca-
tanea wurden die Bauern trotz ihres tapfern Widerſtands von den Truppen
zurückgeſchlagen nachdem ſie 200 Mann verloren hatten. Allen Inſurgenten-
haufen iſt Befehl ertheilt worden ſich zu concentriren für den Entfcheidungs-
kampf. Alle dieſe Nachrichten ſind verbürgt. (T. H.)

Geſtern iſt das zweite Bataillon des 90ſten Linien-
Infanterieregiments welches in Nizza garniſoniren ſoll, angekommen. Zahl-
reiche Neugierige giengen ihm bis St. Laurent entgegen, wo Senator Pietri
und der franzöſiſche Conſul dasſelbe erwarteten. (Meſſager de Nice.)

Der neapolitaniſche Miniſter Martino iſt vom König
berufen nach Neapel abgereist. Vorher hatte er eine lange Unterredung mit
dem Papſt. Rom iſt ruhig, ſtarke Patrouillen durchſtreifen die Stadt. Ca-
ſtellani wurde verbannt. Man ſagt der Papſt habe die Meinung ausgedrückt
Louis Napoleon und Victor Emmanuel ſeyen entſchloſſen das Programm der
Broſchüre: „Der Papſt und der Congreß“ auszuführen. (Times.)

[Spaltenumbruch]

Genua 5 Jun.: General Letizia, welcher von Palermo
nach Neapel kam, ſoll eine neue Capitulation mitgebracht haben. (T. H.)

Dem Corr. merc. zufolge wird ſogleich nach Votirung des Vertrags
vom 24 März durch den Senat, die kaiſerliche Regierung die Annexion von
Mittelitalien an die ſardiniſchen Staaten officiell förmlich anerkennen. Wie
dasſelbe Blatt berichtet, hat die Kammercommiſſion welche über Erhöhung
der Civilliſte zu berichten hat, im Einklang mit dem Miniſterium und dem
Miniſter des k. Hauſes, beſchloſſen, zu beantragen daß die Krondotation auf
10½ Millionen feſtgeſetzt werde. Der Nazione zufolge wäre die vom
Giornale di Roma gebrachte Nachricht daß Orſini im Gefechte zu Le Grotte
fiel, ungenau.

In Turiner und Marſeiller Depeſchen der franzöſiſchen Blätter finden
wir noch folgendes: Schiffe mit Munition von Neapel gehen fortwährend
ab. 500 verwundete Gefangene Garibaldi’s (?) kamen in Neapel an, ſehr
vorſorglich von Garibaldi behandelt. Er hofft auf Abfall. Garibaldi mußte
auf den Waffenſtillſtand eingehen weil es ihm an Munition fehlte. Die
ſardiniſchen Unterthanen befinden ſich an Bord des „Governolo.“ General
Letizia, der mit dem Befehl den Waffenſtillſtand zu erneuern, nach Palermo
abgieng, ſoll in Neapel bemerlich gemacht haben die Soldaten verweigern ſich
zu ſchlagen (?), und die Deſertionen beginnen zahlreich zu werden. Der
Enthuſiasmus für Garibaldi beginnt die Armee zu ergreifen.

Abuchtar Paſcha, Miniſter der Civil-
liſte, iſt an Stelle Haſſib Paſcha’s zum Finanzminiſter ernannt worden und
wird durch den Miniſter ohne Portefeuille, Chefik Paſcha, erſetzt. Theodor
Balazzi iſt geſtorben. (W. T. B.)

Auf Verlangen des Generals Montauban
iſt eine Abtheilung von 200 Seeſoldaten unter Oberſtlientenant Martin des
Pallières am 18 von Hongkong nach der Inſel Tſchuſan abgegangen, welche
im Verein mit 6000 Engländern den Chineſen wieder abgenommen werden
ſoll. Am 25 April ſoll der Angriff beginnen. (Conſtitutionnel.)

Handels- und Börſennachrichten.

[Tabelle]


Die Politik der Vereinigten Staaten von Nordamerika
und die Nationalconvention in Chicago.

Während in der demokratiſchen Partei
noch die Verhandlungen über eine Wiedervereinigung ſchweben, bei welcher
Douglas dem Süden geopfert werden würde, haben ſich die zwei Gegen-
parteien bereits in Schlachtordnung gegen ſie aufgeſtellt, und werden — ein
ſehr großer Vortheil in einem Wahlfeldzug — einen vollen Monat lang das
Terrain für ſich haben. Zwei Gegenparteien dem Namen nach, in Wirk-
lichkeit jedoch nur eine, denn die „Unionspartei“ (Fillmore-Partei von 1856)
iſt ſo ſchwach und unbedeutend, daß ſie kaum in Betracht kommt, ausgenom-
men da wo ſie durch Hinneigung zu der einen oder der andern der Haupt-
parteien ihr ein Uebergewicht über die andere verſchafft. Obenein hat ſie nun
noch, auſtatt, wie allgemein erwartet wurde, den alten Sam Huſton von Texas
zu ihrem Bannerträger zu erwählen, deſſen romantiſche Vergangenheit ihm
auch aus andern Parteien ſtarken Zulauf verſchafft haben würde, einen an
Talenten wie an Popularität ſehr ſchwachen Candidaten in der Perſon des
Bundesſecretärs Bell von Tenneſſee aufgeſtellt. Weder für dieſen noch für
den ihm als Vicepräſidentſchaftscandidaten beigeſellten glatten, aber mark-
loſen Schönredner Edward Everett läßt ſich irgendwelche Begeiſterung er-
wecken. Nur für den Fall daß die Spaltung der demokratiſchen Partei an-
dauern ſollte, läge die entfernte Möglichkeit vor daß die Unionspartei in eini-
gen ſüdlichen Staaten ſiegte. Wenn dieß geſchähe, und dann noch ferner die
Republicaner in den freien Staaten keine abſolute Majorität der Wahl-
männerſtimmen gewännen, könnte Bell wenigſtens mit bei einer vom Re-
präſentantenhaus vorzunehmenden engern Wahl concurriren; doch das wäre
auch das alleräußerſte worau ſeine Anhänger bei einem faſt unmöglichen
Zuſammentreffen günſtiger Umſtände rechnen können. Ein Programm haben
ſie gar nicht aufgeſtellt, ſondern nur in ſehr gedunſenen Phraſen ihre Vater-
landsliebe und Loyalität betheuert, ſonſt aber alle brennenden Fragen unſerer
Parteipolitik vornehm ignorirt. Es hat Zeiten gegeben wo eine ſolche Pro-
grammloſigkeit der herrſchenden Volksſtimmung entſprach, wo es keines an-
dern Loſungsworts bedurfte als: „Sturz des jetzt herrſchenden Régime’s
quand même!“ So ward 1840 Harriſon erwählt. Doch ſolches Verfah-
ren hat eben nur dann Erfolg wenn es ein ganz ſpontanes, der Ausdruck

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[2677/0013] Der Correſp. Hayas gehen folgende „zuverläſſige“ Nachrichten über die Ereigniſſe in Palermo zu. Am 27 Mai um vier Uhr Morgens griffen die auf dem Berge Gebilroſſo lagernden Inſurgenten mit den Alpenjägern unter Garibaldi voran die Stadt Palermo an den Thoren Porta Reale, Porta San Antonnio und Porta di Termini an. Nachdem der Poſten wel- cher die letztere vertheidigt, mit dem Bayonnet über den Haufen geworfen iſt, bemächtigt ſich Garibaldi um halb ſieben Uhr des Stadthauſes, deſſen Um- gebungen er befeſtigen läßt, und ſetzt ſich darin mit ſeinen Oſſicieren und dem Stadtausſchuſſe feſt. Unter dem Donner der Kanonen und des Kleingewehr- feuers pflanzt ſich der Aufſtand in alle Stadttheile fort, und kurz vor ſechs Uhr fangen die Citadelle und die neapolitaniſchen Schiffe an die Stadt zu bombardiren, welche um halb acht Uhr in der Gewalt Garibaldi’s iſt. Um zehn Uhr bricht an mehreren Stellen Feuer aus, und eine neue Attake wird gegen die Batterie an der Porta Marquada gerichtet. Die Citadelle ſchleu- dert fortwährend Bomben auf die Stadt, deren Häuſer unter ungeheuren Staubwolken zuſammenſtürzen. Eines der zuerſt getroffenen Gebäude iſt der herrliche Bankpalaſt, deſſen Dach theilweis von einer Bombe fortgeriſſen wird. Unterdeſſen läuten die Glocken der Klöſter und Kirchen fort- während. Schon am Morgen legen ſich die Schiffe, welche im Ha- fen waren und an deren Bord ſich eine große Anzahl von Familien geflüchtet hatten, hinter die Linie der ausländiſchen Kriegsſchiffe. Die in Palermo anſäſſigen Franzoſen waren an Bord des „Vauban“ und der „Mouette“ eingeſchifft, welche zwiſchen dem engliſchen Linienſchiff „Hannibal“ und der öſterreichiſchen Fre- gatte „Schwarzenberg“ auf der Rhede liegen. Die k. Truppen ſind nord- wärts in der Citadelle und füdwärts im k. Palaſt und in Monreale concen- trirt. Um 9 Uhr Abends läßt daß Bombardement nach. In der Nacht iſt die Stadt erleuchtet. Der ganze Centralſtadttheil von Toledo, San Fran- cisco, Santa Catarina, das Theater Carolino, der ſchöne Senatsplatz ſie- hen in Flammen. Die Verwundeten werden ins Garciakloſter gebracht und ins Mevetricihoſpital. Die Thüren der Gefängniſſe von Theania ſtehen offen, und die Linientruppen welche dieſelben vertheidigten, ziehen ſich auf drei bereitſtehende neapolitaniſche Schiffe zurück. 28 Mai. Morgen läßt Garibaldi dem General Lanza anzeigen daß, wenn die Beſchießung fort- dauere er ſich genöthigt ſehen werde, einen Theil der 200 gefangenen Soldaten erſchießen zu laſſen. Mittags greifen die Inſurgenten den k. Palaſt an. Die Citadelle feuert beſtändig auf die Stadt. Die k. Fahne weht nicht mehr auf dem Hafendamm. Die L. C. ſagt: Die Times, indem ſie behauptet Frankreich habe Nea- pels Verlangen nach Vermittelung geradezu zurückgewieſen, war kaum gut unterrichtet. Der Kaiſer ſoll der neapolitaniſchen Regierung haben erklären laſſen daß er erſt wiſſen wolle auf welcher Grundlage Neapel ſich die von ihm ver- langte freundliche Dazwiſchenkunft Frankreichs denke. Der Commandeur Caraſſa ſtellte zuerſt folgende Forderungen an die europäiſchen Mächte: 1) Man ſollte dem König von Neapel den ganzen Beſitzſtand des Königreichs beider Sicilien verbürgen; 2) der Thron dieſes Königreichs ſollte dem Haus Bourbon geſichert werden; 3) die Mächte ſollten, wenn es nothwendig wäre, mit den Waffen zu Gunſten des Königs interveniren. Frankreich ließ die dießfällige Note Caraffa’s ganz ohne Antwort. Marſeille, 6 Jun.Nachrichten aus Meſſina vom 3 d., mittelſt directen Poſtſchiffs, melden daß die Stadt vollkommen verödet iſt; alle Waaren ſind an Bord der Schiffe gebracht, ſämmtliche Conſuln abgereist, mit Ausnahme des franzöſiſchen, der alle ſeine Effecten an Bord des „Des- cartes“ hat bringen laſſen, und die Stadt verlaſſen wird ſobald der Kampf losbricht. Das Aufſtandscomité von Palermo zeigt im Namen des Dicta- tors an daß über die Aunexion abgeſtimm werden ſoll; andere infurgirte Städte verlangen von den benachbarten Gemeinden daß man ihnen Lebens- mittel ſchicke. Ganz Palermo iſt barrikadirt und befeſtigt; Garibaldi hat einen ungeheuren Vorrath neuer ſehr mörderiſcher Granaten. Die Douaniers gehen mit Waffen und Gepäck zu den Inſurgenten über. Die ſehr ſtark bearbeitete Armee ſoll 2000 Verwundete und Kranke zählen. Tauſend Frei- willige aus Cagliari ſind in Marſala gelandet. Bei der Affaire von Ca- tanea wurden die Bauern trotz ihres tapfern Widerſtands von den Truppen zurückgeſchlagen nachdem ſie 200 Mann verloren hatten. Allen Inſurgenten- haufen iſt Befehl ertheilt worden ſich zu concentriren für den Entfcheidungs- kampf. Alle dieſe Nachrichten ſind verbürgt. (T. H.) Nizza, 28 Mai.Geſtern iſt das zweite Bataillon des 90ſten Linien- Infanterieregiments welches in Nizza garniſoniren ſoll, angekommen. Zahl- reiche Neugierige giengen ihm bis St. Laurent entgegen, wo Senator Pietri und der franzöſiſche Conſul dasſelbe erwarteten. (Meſſager de Nice.) Rom, 2 Jun.Der neapolitaniſche Miniſter Martino iſt vom König berufen nach Neapel abgereist. Vorher hatte er eine lange Unterredung mit dem Papſt. Rom iſt ruhig, ſtarke Patrouillen durchſtreifen die Stadt. Ca- ſtellani wurde verbannt. Man ſagt der Papſt habe die Meinung ausgedrückt Louis Napoleon und Victor Emmanuel ſeyen entſchloſſen das Programm der Broſchüre: „Der Papſt und der Congreß“ auszuführen. (Times.) Turin, 5 Jun.Genua 5 Jun.: General Letizia, welcher von Palermo nach Neapel kam, ſoll eine neue Capitulation mitgebracht haben. (T. H.) Dem Corr. merc. zufolge wird ſogleich nach Votirung des Vertrags vom 24 März durch den Senat, die kaiſerliche Regierung die Annexion von Mittelitalien an die ſardiniſchen Staaten officiell förmlich anerkennen. Wie dasſelbe Blatt berichtet, hat die Kammercommiſſion welche über Erhöhung der Civilliſte zu berichten hat, im Einklang mit dem Miniſterium und dem Miniſter des k. Hauſes, beſchloſſen, zu beantragen daß die Krondotation auf 10½ Millionen feſtgeſetzt werde. Der Nazione zufolge wäre die vom Giornale di Roma gebrachte Nachricht daß Orſini im Gefechte zu Le Grotte fiel, ungenau. In Turiner und Marſeiller Depeſchen der franzöſiſchen Blätter finden wir noch folgendes: Schiffe mit Munition von Neapel gehen fortwährend ab. 500 verwundete Gefangene Garibaldi’s (?) kamen in Neapel an, ſehr vorſorglich von Garibaldi behandelt. Er hofft auf Abfall. Garibaldi mußte auf den Waffenſtillſtand eingehen weil es ihm an Munition fehlte. Die ſardiniſchen Unterthanen befinden ſich an Bord des „Governolo.“ General Letizia, der mit dem Befehl den Waffenſtillſtand zu erneuern, nach Palermo abgieng, ſoll in Neapel bemerlich gemacht haben die Soldaten verweigern ſich zu ſchlagen (?), und die Deſertionen beginnen zahlreich zu werden. Der Enthuſiasmus für Garibaldi beginnt die Armee zu ergreifen. Konſtantinopel, 5 Jun.Abuchtar Paſcha, Miniſter der Civil- liſte, iſt an Stelle Haſſib Paſcha’s zum Finanzminiſter ernannt worden und wird durch den Miniſter ohne Portefeuille, Chefik Paſcha, erſetzt. Theodor Balazzi iſt geſtorben. (W. T. B.) Hongkong, 23 April.Auf Verlangen des Generals Montauban iſt eine Abtheilung von 200 Seeſoldaten unter Oberſtlientenant Martin des Pallières am 18 von Hongkong nach der Inſel Tſchuſan abgegangen, welche im Verein mit 6000 Engländern den Chineſen wieder abgenommen werden ſoll. Am 25 April ſoll der Angriff beginnen. (Conſtitutionnel.) Handels- und Börſennachrichten. Die Politik der Vereinigten Staaten von Nordamerika und die Nationalconvention in Chicago. ♌ New-York, 18 Mai.Während in der demokratiſchen Partei noch die Verhandlungen über eine Wiedervereinigung ſchweben, bei welcher Douglas dem Süden geopfert werden würde, haben ſich die zwei Gegen- parteien bereits in Schlachtordnung gegen ſie aufgeſtellt, und werden — ein ſehr großer Vortheil in einem Wahlfeldzug — einen vollen Monat lang das Terrain für ſich haben. Zwei Gegenparteien dem Namen nach, in Wirk- lichkeit jedoch nur eine, denn die „Unionspartei“ (Fillmore-Partei von 1856) iſt ſo ſchwach und unbedeutend, daß ſie kaum in Betracht kommt, ausgenom- men da wo ſie durch Hinneigung zu der einen oder der andern der Haupt- parteien ihr ein Uebergewicht über die andere verſchafft. Obenein hat ſie nun noch, auſtatt, wie allgemein erwartet wurde, den alten Sam Huſton von Texas zu ihrem Bannerträger zu erwählen, deſſen romantiſche Vergangenheit ihm auch aus andern Parteien ſtarken Zulauf verſchafft haben würde, einen an Talenten wie an Popularität ſehr ſchwachen Candidaten in der Perſon des Bundesſecretärs Bell von Tenneſſee aufgeſtellt. Weder für dieſen noch für den ihm als Vicepräſidentſchaftscandidaten beigeſellten glatten, aber mark- loſen Schönredner Edward Everett läßt ſich irgendwelche Begeiſterung er- wecken. Nur für den Fall daß die Spaltung der demokratiſchen Partei an- dauern ſollte, läge die entfernte Möglichkeit vor daß die Unionspartei in eini- gen ſüdlichen Staaten ſiegte. Wenn dieß geſchähe, und dann noch ferner die Republicaner in den freien Staaten keine abſolute Majorität der Wahl- männerſtimmen gewännen, könnte Bell wenigſtens mit bei einer vom Re- präſentantenhaus vorzunehmenden engern Wahl concurriren; doch das wäre auch das alleräußerſte worau ſeine Anhänger bei einem faſt unmöglichen Zuſammentreffen günſtiger Umſtände rechnen können. Ein Programm haben ſie gar nicht aufgeſtellt, ſondern nur in ſehr gedunſenen Phraſen ihre Vater- landsliebe und Loyalität betheuert, ſonſt aber alle brennenden Fragen unſerer Parteipolitik vornehm ignorirt. Es hat Zeiten gegeben wo eine ſolche Pro- grammloſigkeit der herrſchenden Volksſtimmung entſprach, wo es keines an- dern Loſungsworts bedurfte als: „Sturz des jetzt herrſchenden Régime’s quand même!“ So ward 1840 Harriſon erwählt. Doch ſolches Verfah- ren hat eben nur dann Erfolg wenn es ein ganz ſpontanes, der Ausdruck

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 160, 8. Juni 1860, S. 2677. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine160_1860/13>, abgerufen am 23.11.2024.