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Allgemeine Zeitung, Nr. 79, 19. März 1848.

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[Spaltenumbruch] Kanzler. Franz Freiherr v. Pillerdorff, Hofkanzler. Joseph Freiherr
v. Weingarten, Hofkllnzler. Nach Sr. k. k. apostol. Majestät höchst
eigenem Befehle: Peter Edler v. Salzgeber, k. k. Hofrath.
Oesterreichische Monarchie.

Briefe aus Pesth und Preßburg haben wir nicht erhalten, aber die
Pesther Zeitung vom 14, die Preßburger vom 15: weder jene noch diese
reden von Unruhen in einer der beiden Städte.

Großbritannien.

Im Verfolge der Unterhaussitzung am 13 März wurde die
zweimal vertagte Debatte über Hrn. Hume's Amendement: die Einkom-
mensteuer auf ein Jahr zu beschränken, lebhaft wieder aufgenommen
und zum Schluß geführt. Hr. Hume beklagte daß neulich das Haus
von der vorliegenden Frage abschweifend eine Controverse über den
Werth oder Unwerth der Freihandelspolitik angesponnen habe, und bat
dießmal bei der Klinge zu bleiben. Das Mitglied für Glasgow, der han-
delskundige Hr. Mac Gregor, welcher in der öffentlichen Meinung als
eigentlicher Urheber der Peel'schen Freetrade-Maßregeln gilt, erklärte
gegen neuliche Anzüglichkeiten Hrn. Disraeli's: er sey nicht der Lehrer,
sondern der Schüler des ehrenw. Baronet. Wenn er jetzt, von diesem
abweichend, gegen die Einkommensteuer votire, so thue er es, einmal we-
gen der unbilligen Modalität und der Unpopularität dieser Taxe, und
dann weil er überzeugt sey daß dieselbe in die Länge doch nicht ausrei-
chen würde die Finanzschwierigkeiten des Landes zu heilen, sondern
daß es dazu einer durchgreifenden Revision des ganzen Steuersystems
bedürfe. Der Hauptredner gegen die Steuer aber war Hr. Cobden.
Er schilderte die innere Unbilligkeit der Steuer, welche ungewisses und
mühsam erworbenes Einkommen ganz auf die gleiche Weise behandle
wie sichere und bequeme Vermögenserträgnisse, in lebhaften Zügen, und
warnte die Regierung sich das was in andern Ländern vorgefallen zur
Lehre dienen zu lassen. Nicht von außen drohe für England Gefahr,
und darum könne und müsse das Desicit in den Finanzen durch
Minderung der Waffenmittel des Landes gedeckt werden; wohl aber drohe
Gefahr im Innern, wenn man die Gesetzgebung nicht auf jene strengen
Regeln der Gerechtigkeit stelle welche die vorhandenen Staatseinrichtun-
gen in England, wie in jedem andern Land, allein zu sichern vermögen.
Lord John Russell, welcher sehr leidend aussah und mit schwacher
Stimme sprach, vertheidigte den ursprünglichen Vorschlag der Regie-
rung in langer Rede, auf welche wir des nähern zurückkommen werden.
Alle andern Auskunftsmittel zur Deckung des Desicits und der laufen-
den Staatsbedürfnisse, die man in Vorschlag gebracht, scheinen ihm un-
zulänglich oder unthunlich, vollends aber der Rath bei der jetzigen Welt-
lage die Land- und Seemacht Britanniens zu vermindern beinahe thö-
richt. Lord John bat ihn nicht mißzuverstehen, wie man ihn neulich
mißverstanden habe; er wünsche die Erhaltung des Friedens, mit Frankreich
wie mit jedem andern Land, und hoffe auch daß derselbe Europen gewahrt
bleibe; aber was zu Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts
Geister wie Pitt, Fox und Burke nicht vermocht, nämlich die folgenschwe-
ren Ereignisse der damaligen französischen Revolution vorauszusagen, das
vermöge er jetzt noch viel weniger. Wer wage zu prophezeien was jetzt die
nächsten Monate, ja schon die nächsten Tage bringen können? Den Weisen
und den Klugen zieme es da nicht Sorglosigkeit zu heucheln wo alles in Un-
gewißheit schwanke, mitten im Grauen der Dunkelheit nicht zu behaupten
daß man in hellem Tagslicht wandle. (Hört!) Der Minister schloß mit
einigen energischen Worten in Bezug auf die bedrohliche Stimmung
Irlands, und deutete an daß er, wenn die heutige Abstimmung gegen
ihn ausfiele, alsbald vom Amte zurücktreten würde. Mehrere Redner,
sowohl radicale wie Hr. Wakley, als hochtorystische und protectionisti-
sche wie Oberst Sibthorp, folgten mit heftigen Aeußerungen gegen
die Taxe; endlich aber wurde das Hume'sche Amendement mit 363 ge-
gen 138, also mit einem Mehr von 225 Stimmen, verworfen, und es
hat bei dem ursprünglichen Regierungsantrag sein Verbleiben. -- Die
Oberhaussitzung war unbedeutend.

Im Beginn der Unterhaussitzung am 14 März stellte Hr.
Hindley wirklich die Tags zuvor angekündigte Frage an den Staats-
secretär des Auswärtigen: ob ein Schutz- und Trutzbündniß zwischen
England und Preußen geschlossen sey. Lord Palmerston: "Kein Ver-
trag irgendeiner Art (no treaty whatever) ist in letzter Zeit zwischen
England und Preußen geschlossen worden. Das einzige Bezügliche was
vorgekommen, und was auch zu dem erwähnten Gerüchte Anlaß gegeben
haben mag, ist: Preußen hat der brittischen Regierung erklärt daß es
[Spaltenumbruch] sich in Frankreichs innere Angelegenheiten in der jetzigen Krists in keine
Weise einmengen, sondern in Bezug darauf dieselbe Bahn verfolgen
wolle welche England einzuschlagen für geeignet erachten möge." (Hört!
und lauter Beifall). Das Haus ging dann an eine Verhandlung über
Abschaffung der Todesstrafe. -- Hr. Benjamin Hawes, der Unter-
staatssecretär der Colonien, welcher in der letzten allgemeinen Parla-
mentswahl durchgefallen, hat endlich einen Sitz gefunden: in der nöthig
gewordenen Einzelwahl für Kinsale ward er mit kleiner Stimmenmehr-
heit gegen den conservativen Bewerber Lord R. Clinton gewählt. Zwei
andere ministerielle Beamte, der Präsident des indischen Controlamtes
Sir J. C. Hobhouse und der Armeezahlmeister Macaulay, find aber
noch immer ohne Sitz. -- Lord Brougham war in der letzten Zeit,
während sein Freund Ludwig Philipp vom Throne sank, auf seinem
Landgute bei Cannes in Südfrankreich an der Halsbräune lebensgefähr-
lich erkrankt. Den neuesten Nachrichten zufolge ist er jetzt außer Gefahr,
und wird Ende dieses Monats seine Rückreise nach England antreten.


Es war ungegründet daß die Regierung die auf den 13 März
angesetzte Chartistenversammlung auf dem Gemeindanger von Ken-
sington bei London verboten. Das kann sie verfassungsmäßig nicht;
bloß im Bereich von zwei englischen Meilen um Westminster herum
können Meetings unter freiem Himmel kraft einer Parlamentsacte aus
der Zeit Georgs III untersagt werden. Obige Versammlung ging
übrigens, hitzige Reden abgerechnet, ganz ruhig vorüber, und die
zahlreich anwesenden Specialconstables fanden nichts zu thun. Ein-
fallender heftiger Regenschauer zerstreute die Versammelten. Char-
tistenmeetings sind auch in mehreren andern Städten des Landes ange-
kündigt, so in Sheffield, Salford, Birmingham Hull, in welcher
letztern Stadt sie ihr Hauptquartier zu haben scheinen. Nach Bir-
mingham sind von London 200 Mann Fußvolk mit einigem Geschütz
abgegangen. -- Im Londoner Hoftheater (her Majesty's Theatre) soll
demnächst unter Sanction der Königin eine Vorstellung zum Besten
der nothleidenden Handwerker der Hauptstadt gegeben werden, von
welcher man sich reiche Einnahme verspricht. Dieser Gedanke Milde
gegen die Leidenden und Strenge gegen die Unbotmäßigen Hand in
Hand gehen zu lassen, bemerkt das M. Chronicle, finde allgemei-
nen Beifall.


Dem M. Chronicle zufolge sind der Herzog und die Herzogin
v. Montpensier schon am 9 März über Ostende nach Deutschland abge-
reist, wahrscheinlich um ihre am Rhein befindliche Schwägerin, die
Herzogin von Orleans zu besuchen, oder nach England abzuholen.


Der Adelaide Observer meldet: "Die Neusüdwales-Expedi-
tion unter Hrn. Burnett hat den Boyne bis zum 24o 53' 50" der
Breite abwärts erforscht, wo die Fluth stark einzuwirken begann, und
die Erforschungen nicht weiter mit Nutzen fortgesetzt werden konnten.
Jndessen war man der Küste nahe genug gekommen um die Gewißheit
erlangt zu haben daß der Boyne in die Hervey's Bay ausmündet, wahr-
scheinlich an der Stelle wo Flinders früher zwei seichte Auslässe be-
merkte, die er nicht näher untersuchte. Hr. Burnett zweifelt nicht daß
der Boyne in weiter Ausdehnung für Segel- und Dampfschiffe brauch-
bar wird gefunden werden. Zunächst wünscht er nur daß ihn die Re-
gierung beauftragen möge seine Forschungen von der Seeseite her zu
vervollständigen."

Frankreich.

Hr. Marrast, jetzt Maire von Paris, hat die provisorische Verwal-
tung und die Liquidation der alten Civilliste und der Privatdomäne
abgegeben, und der ehemalige Deputirte von Paris, Hr. Vavin, ist mit
diesem Dienst beauftragt. Es wird bemerkt daß seine Verrichtungen
unentgeltlich seyen. -- Das Nationalanlehen macht nur langsame Fort-
schritte, doch haben am Montag drei starke Einzahlungen stattgefunden:
Gabriel Odier und Comp. 1,117,800, Mathieu und Comp. 1,570,000
und Billaud 300,000 Fr.


Wie das Vertrauen mit Riesenschritten
verschwindet, zeigt mehr als alles andere das enorme und stets fortwäh-
rende Sinken der Bankactien. Die Rente zeigt gleichfalls fordauernde
Neigung zum Fallen. Diesem Beispiel folgen auch die Eisenbahnactien.
Die Clubs und das Feiern der Arbeiter flößen die meiste Besorgniß ein;
jene bestehen vorzüglich aus diesen und wirken auch vorzugsweise auf sie.
Mit ihrer Hülfe werden auch die Wahlen zur Nationalversammlung
hier in dem Sinne durchgesetzt werden den das Rundschreiben des Hrn.
Ledru-Rollin an die Regierungscommissäre in den Provinzen hat. Ge-

[Spaltenumbruch] Kanzler. Franz Freiherr v. Pillerdorff, Hofkanzler. Joſeph Freiherr
v. Weingarten, Hofkllnzler. Nach Sr. k. k. apoſtol. Majeſtät höchſt
eigenem Befehle: Peter Edler v. Salzgeber, k. k. Hofrath.
Oeſterreichiſche Monarchie.

Briefe aus Peſth und Preßburg haben wir nicht erhalten, aber die
Peſther Zeitung vom 14, die Preßburger vom 15: weder jene noch dieſe
reden von Unruhen in einer der beiden Städte.

Großbritannien.

Im Verfolge der Unterhausſitzung am 13 März wurde die
zweimal vertagte Debatte über Hrn. Hume’s Amendement: die Einkom-
menſteuer auf ein Jahr zu beſchränken, lebhaft wieder aufgenommen
und zum Schluß geführt. Hr. Hume beklagte daß neulich das Haus
von der vorliegenden Frage abſchweifend eine Controverſe über den
Werth oder Unwerth der Freihandelspolitik angeſponnen habe, und bat
dießmal bei der Klinge zu bleiben. Das Mitglied für Glasgow, der han-
delskundige Hr. Mac Gregor, welcher in der öffentlichen Meinung als
eigentlicher Urheber der Peel’ſchen Freetrade-Maßregeln gilt, erklärte
gegen neuliche Anzüglichkeiten Hrn. Diſraeli’s: er ſey nicht der Lehrer,
ſondern der Schüler des ehrenw. Baronet. Wenn er jetzt, von dieſem
abweichend, gegen die Einkommenſteuer votire, ſo thue er es, einmal we-
gen der unbilligen Modalität und der Unpopularität dieſer Taxe, und
dann weil er überzeugt ſey daß dieſelbe in die Länge doch nicht ausrei-
chen würde die Finanzſchwierigkeiten des Landes zu heilen, ſondern
daß es dazu einer durchgreifenden Reviſion des ganzen Steuerſyſtems
bedürfe. Der Hauptredner gegen die Steuer aber war Hr. Cobden.
Er ſchilderte die innere Unbilligkeit der Steuer, welche ungewiſſes und
mühſam erworbenes Einkommen ganz auf die gleiche Weiſe behandle
wie ſichere und bequeme Vermögenserträgniſſe, in lebhaften Zügen, und
warnte die Regierung ſich das was in andern Ländern vorgefallen zur
Lehre dienen zu laſſen. Nicht von außen drohe für England Gefahr,
und darum könne und müſſe das Deſicit in den Finanzen durch
Minderung der Waffenmittel des Landes gedeckt werden; wohl aber drohe
Gefahr im Innern, wenn man die Geſetzgebung nicht auf jene ſtrengen
Regeln der Gerechtigkeit ſtelle welche die vorhandenen Staatseinrichtun-
gen in England, wie in jedem andern Land, allein zu ſichern vermögen.
Lord John Ruſſell, welcher ſehr leidend ausſah und mit ſchwacher
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rung in langer Rede, auf welche wir des nähern zurückkommen werden.
Alle andern Auskunftsmittel zur Deckung des Deſicits und der laufen-
den Staatsbedürfniſſe, die man in Vorſchlag gebracht, ſcheinen ihm un-
zulänglich oder unthunlich, vollends aber der Rath bei der jetzigen Welt-
lage die Land- und Seemacht Britanniens zu vermindern beinahe thö-
richt. Lord John bat ihn nicht mißzuverſtehen, wie man ihn neulich
mißverſtanden habe; er wünſche die Erhaltung des Friedens, mit Frankreich
wie mit jedem andern Land, und hoffe auch daß derſelbe Europen gewahrt
bleibe; aber was zu Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts
Geiſter wie Pitt, Fox und Burke nicht vermocht, nämlich die folgenſchwe-
ren Ereigniſſe der damaligen franzöſiſchen Revolution vorauszuſagen, das
vermöge er jetzt noch viel weniger. Wer wage zu prophezeien was jetzt die
nächſten Monate, ja ſchon die nächſten Tage bringen können? Den Weiſen
und den Klugen zieme es da nicht Sorgloſigkeit zu heucheln wo alles in Un-
gewißheit ſchwanke, mitten im Grauen der Dunkelheit nicht zu behaupten
daß man in hellem Tagslicht wandle. (Hört!) Der Miniſter ſchloß mit
einigen energiſchen Worten in Bezug auf die bedrohliche Stimmung
Irlands, und deutete an daß er, wenn die heutige Abſtimmung gegen
ihn ausfiele, alsbald vom Amte zurücktreten würde. Mehrere Redner,
ſowohl radicale wie Hr. Wakley, als hochtoryſtiſche und protectioniſti-
ſche wie Oberſt Sibthorp, folgten mit heftigen Aeußerungen gegen
die Taxe; endlich aber wurde das Hume’ſche Amendement mit 363 ge-
gen 138, alſo mit einem Mehr von 225 Stimmen, verworfen, und es
hat bei dem urſprünglichen Regierungsantrag ſein Verbleiben. — Die
Oberhausſitzung war unbedeutend.

Im Beginn der Unterhausſitzung am 14 März ſtellte Hr.
Hindley wirklich die Tags zuvor angekündigte Frage an den Staats-
ſecretär des Auswärtigen: ob ein Schutz- und Trutzbündniß zwiſchen
England und Preußen geſchloſſen ſey. Lord Palmerſton: „Kein Ver-
trag irgendeiner Art (no treaty whatever) iſt in letzter Zeit zwiſchen
England und Preußen geſchloſſen worden. Das einzige Bezügliche was
vorgekommen, und was auch zu dem erwähnten Gerüchte Anlaß gegeben
haben mag, iſt: Preußen hat der brittiſchen Regierung erklärt daß es
[Spaltenumbruch] ſich in Frankreichs innere Angelegenheiten in der jetzigen Kriſts in keine
Weiſe einmengen, ſondern in Bezug darauf dieſelbe Bahn verfolgen
wolle welche England einzuſchlagen für geeignet erachten möge.“ (Hört!
und lauter Beifall). Das Haus ging dann an eine Verhandlung über
Abſchaffung der Todesſtrafe. — Hr. Benjamin Hawes, der Unter-
ſtaatsſecretär der Colonien, welcher in der letzten allgemeinen Parla-
mentswahl durchgefallen, hat endlich einen Sitz gefunden: in der nöthig
gewordenen Einzelwahl für Kinſale ward er mit kleiner Stimmenmehr-
heit gegen den conſervativen Bewerber Lord R. Clinton gewählt. Zwei
andere miniſterielle Beamte, der Präſident des indiſchen Controlamtes
Sir J. C. Hobhouſe und der Armeezahlmeiſter Macaulay, find aber
noch immer ohne Sitz. — Lord Brougham war in der letzten Zeit,
während ſein Freund Ludwig Philipp vom Throne ſank, auf ſeinem
Landgute bei Cannes in Südfrankreich an der Halsbräune lebensgefähr-
lich erkrankt. Den neueſten Nachrichten zufolge iſt er jetzt außer Gefahr,
und wird Ende dieſes Monats ſeine Rückreiſe nach England antreten.


Es war ungegründet daß die Regierung die auf den 13 März
angeſetzte Chartiſtenverſammlung auf dem Gemeindanger von Ken-
ſington bei London verboten. Das kann ſie verfaſſungsmäßig nicht;
bloß im Bereich von zwei engliſchen Meilen um Weſtminſter herum
können Meetings unter freiem Himmel kraft einer Parlamentsacte aus
der Zeit Georgs III unterſagt werden. Obige Verſammlung ging
übrigens, hitzige Reden abgerechnet, ganz ruhig vorüber, und die
zahlreich anweſenden Specialconſtables fanden nichts zu thun. Ein-
fallender heftiger Regenſchauer zerſtreute die Verſammelten. Char-
tiſtenmeetings ſind auch in mehreren andern Städten des Landes ange-
kündigt, ſo in Sheffield, Salford, Birmingham Hull, in welcher
letztern Stadt ſie ihr Hauptquartier zu haben ſcheinen. Nach Bir-
mingham ſind von London 200 Mann Fußvolk mit einigem Geſchütz
abgegangen. — Im Londoner Hoftheater (her Majesty’s Theatre) ſoll
demnächſt unter Sanction der Königin eine Vorſtellung zum Beſten
der nothleidenden Handwerker der Hauptſtadt gegeben werden, von
welcher man ſich reiche Einnahme verſpricht. Dieſer Gedanke Milde
gegen die Leidenden und Strenge gegen die Unbotmäßigen Hand in
Hand gehen zu laſſen, bemerkt das M. Chronicle, finde allgemei-
nen Beifall.


Dem M. Chronicle zufolge ſind der Herzog und die Herzogin
v. Montpenſier ſchon am 9 März über Oſtende nach Deutſchland abge-
reist, wahrſcheinlich um ihre am Rhein befindliche Schwägerin, die
Herzogin von Orleans zu beſuchen, oder nach England abzuholen.


Der Adelaide Obſerver meldet: „Die Neuſüdwales-Expedi-
tion unter Hrn. Burnett hat den Boyne bis zum 24º 53' 50″ der
Breite abwärts erforſcht, wo die Fluth ſtark einzuwirken begann, und
die Erforſchungen nicht weiter mit Nutzen fortgeſetzt werden konnten.
Jndeſſen war man der Küſte nahe genug gekommen um die Gewißheit
erlangt zu haben daß der Boyne in die Hervey’s Bay ausmündet, wahr-
ſcheinlich an der Stelle wo Flinders früher zwei ſeichte Ausläſſe be-
merkte, die er nicht näher unterſuchte. Hr. Burnett zweifelt nicht daß
der Boyne in weiter Ausdehnung für Segel- und Dampfſchiffe brauch-
bar wird gefunden werden. Zunächſt wünſcht er nur daß ihn die Re-
gierung beauftragen möge ſeine Forſchungen von der Seeſeite her zu
vervollſtändigen.“

Frankreich.

Hr. Marraſt, jetzt Maire von Paris, hat die proviſoriſche Verwal-
tung und die Liquidation der alten Civilliſte und der Privatdomäne
abgegeben, und der ehemalige Deputirte von Paris, Hr. Vavin, iſt mit
dieſem Dienſt beauftragt. Es wird bemerkt daß ſeine Verrichtungen
unentgeltlich ſeyen. — Das Nationalanlehen macht nur langſame Fort-
ſchritte, doch haben am Montag drei ſtarke Einzahlungen ſtattgefunden:
Gabriel Odier und Comp. 1,117,800, Mathieu und Comp. 1,570,000
und Billaud 300,000 Fr.


Wie das Vertrauen mit Rieſenſchritten
verſchwindet, zeigt mehr als alles andere das enorme und ſtets fortwäh-
rende Sinken der Bankactien. Die Rente zeigt gleichfalls fordauernde
Neigung zum Fallen. Dieſem Beiſpiel folgen auch die Eiſenbahnactien.
Die Clubs und das Feiern der Arbeiter flößen die meiſte Beſorgniß ein;
jene beſtehen vorzüglich aus dieſen und wirken auch vorzugsweiſe auf ſie.
Mit ihrer Hülfe werden auch die Wahlen zur Nationalverſammlung
hier in dem Sinne durchgeſetzt werden den das Rundſchreiben des Hrn.
Ledru-Rollin an die Regierungscommiſſäre in den Provinzen hat. Ge-

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[1255/0007] Kanzler. Franz Freiherr v. Pillerdorff, Hofkanzler. Joſeph Freiherr v. Weingarten, Hofkllnzler. Nach Sr. k. k. apoſtol. Majeſtät höchſt eigenem Befehle: Peter Edler v. Salzgeber, k. k. Hofrath. Oeſterreichiſche Monarchie. Briefe aus Peſth und Preßburg haben wir nicht erhalten, aber die Peſther Zeitung vom 14, die Preßburger vom 15: weder jene noch dieſe reden von Unruhen in einer der beiden Städte. Großbritannien. London, 14 März. Im Verfolge der Unterhausſitzung am 13 März wurde die zweimal vertagte Debatte über Hrn. Hume’s Amendement: die Einkom- menſteuer auf ein Jahr zu beſchränken, lebhaft wieder aufgenommen und zum Schluß geführt. Hr. Hume beklagte daß neulich das Haus von der vorliegenden Frage abſchweifend eine Controverſe über den Werth oder Unwerth der Freihandelspolitik angeſponnen habe, und bat dießmal bei der Klinge zu bleiben. Das Mitglied für Glasgow, der han- delskundige Hr. Mac Gregor, welcher in der öffentlichen Meinung als eigentlicher Urheber der Peel’ſchen Freetrade-Maßregeln gilt, erklärte gegen neuliche Anzüglichkeiten Hrn. Diſraeli’s: er ſey nicht der Lehrer, ſondern der Schüler des ehrenw. Baronet. Wenn er jetzt, von dieſem abweichend, gegen die Einkommenſteuer votire, ſo thue er es, einmal we- gen der unbilligen Modalität und der Unpopularität dieſer Taxe, und dann weil er überzeugt ſey daß dieſelbe in die Länge doch nicht ausrei- chen würde die Finanzſchwierigkeiten des Landes zu heilen, ſondern daß es dazu einer durchgreifenden Reviſion des ganzen Steuerſyſtems bedürfe. Der Hauptredner gegen die Steuer aber war Hr. Cobden. Er ſchilderte die innere Unbilligkeit der Steuer, welche ungewiſſes und mühſam erworbenes Einkommen ganz auf die gleiche Weiſe behandle wie ſichere und bequeme Vermögenserträgniſſe, in lebhaften Zügen, und warnte die Regierung ſich das was in andern Ländern vorgefallen zur Lehre dienen zu laſſen. Nicht von außen drohe für England Gefahr, und darum könne und müſſe das Deſicit in den Finanzen durch Minderung der Waffenmittel des Landes gedeckt werden; wohl aber drohe Gefahr im Innern, wenn man die Geſetzgebung nicht auf jene ſtrengen Regeln der Gerechtigkeit ſtelle welche die vorhandenen Staatseinrichtun- gen in England, wie in jedem andern Land, allein zu ſichern vermögen. Lord John Ruſſell, welcher ſehr leidend ausſah und mit ſchwacher Stimme ſprach, vertheidigte den urſprünglichen Vorſchlag der Regie- rung in langer Rede, auf welche wir des nähern zurückkommen werden. Alle andern Auskunftsmittel zur Deckung des Deſicits und der laufen- den Staatsbedürfniſſe, die man in Vorſchlag gebracht, ſcheinen ihm un- zulänglich oder unthunlich, vollends aber der Rath bei der jetzigen Welt- lage die Land- und Seemacht Britanniens zu vermindern beinahe thö- richt. Lord John bat ihn nicht mißzuverſtehen, wie man ihn neulich mißverſtanden habe; er wünſche die Erhaltung des Friedens, mit Frankreich wie mit jedem andern Land, und hoffe auch daß derſelbe Europen gewahrt bleibe; aber was zu Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts Geiſter wie Pitt, Fox und Burke nicht vermocht, nämlich die folgenſchwe- ren Ereigniſſe der damaligen franzöſiſchen Revolution vorauszuſagen, das vermöge er jetzt noch viel weniger. Wer wage zu prophezeien was jetzt die nächſten Monate, ja ſchon die nächſten Tage bringen können? Den Weiſen und den Klugen zieme es da nicht Sorgloſigkeit zu heucheln wo alles in Un- gewißheit ſchwanke, mitten im Grauen der Dunkelheit nicht zu behaupten daß man in hellem Tagslicht wandle. (Hört!) Der Miniſter ſchloß mit einigen energiſchen Worten in Bezug auf die bedrohliche Stimmung Irlands, und deutete an daß er, wenn die heutige Abſtimmung gegen ihn ausfiele, alsbald vom Amte zurücktreten würde. Mehrere Redner, ſowohl radicale wie Hr. Wakley, als hochtoryſtiſche und protectioniſti- ſche wie Oberſt Sibthorp, folgten mit heftigen Aeußerungen gegen die Taxe; endlich aber wurde das Hume’ſche Amendement mit 363 ge- gen 138, alſo mit einem Mehr von 225 Stimmen, verworfen, und es hat bei dem urſprünglichen Regierungsantrag ſein Verbleiben. — Die Oberhausſitzung war unbedeutend. Im Beginn der Unterhausſitzung am 14 März ſtellte Hr. Hindley wirklich die Tags zuvor angekündigte Frage an den Staats- ſecretär des Auswärtigen: ob ein Schutz- und Trutzbündniß zwiſchen England und Preußen geſchloſſen ſey. Lord Palmerſton: „Kein Ver- trag irgendeiner Art (no treaty whatever) iſt in letzter Zeit zwiſchen England und Preußen geſchloſſen worden. Das einzige Bezügliche was vorgekommen, und was auch zu dem erwähnten Gerüchte Anlaß gegeben haben mag, iſt: Preußen hat der brittiſchen Regierung erklärt daß es ſich in Frankreichs innere Angelegenheiten in der jetzigen Kriſts in keine Weiſe einmengen, ſondern in Bezug darauf dieſelbe Bahn verfolgen wolle welche England einzuſchlagen für geeignet erachten möge.“ (Hört! und lauter Beifall). Das Haus ging dann an eine Verhandlung über Abſchaffung der Todesſtrafe. — Hr. Benjamin Hawes, der Unter- ſtaatsſecretär der Colonien, welcher in der letzten allgemeinen Parla- mentswahl durchgefallen, hat endlich einen Sitz gefunden: in der nöthig gewordenen Einzelwahl für Kinſale ward er mit kleiner Stimmenmehr- heit gegen den conſervativen Bewerber Lord R. Clinton gewählt. Zwei andere miniſterielle Beamte, der Präſident des indiſchen Controlamtes Sir J. C. Hobhouſe und der Armeezahlmeiſter Macaulay, find aber noch immer ohne Sitz. — Lord Brougham war in der letzten Zeit, während ſein Freund Ludwig Philipp vom Throne ſank, auf ſeinem Landgute bei Cannes in Südfrankreich an der Halsbräune lebensgefähr- lich erkrankt. Den neueſten Nachrichten zufolge iſt er jetzt außer Gefahr, und wird Ende dieſes Monats ſeine Rückreiſe nach England antreten. Es war ungegründet daß die Regierung die auf den 13 März angeſetzte Chartiſtenverſammlung auf dem Gemeindanger von Ken- ſington bei London verboten. Das kann ſie verfaſſungsmäßig nicht; bloß im Bereich von zwei engliſchen Meilen um Weſtminſter herum können Meetings unter freiem Himmel kraft einer Parlamentsacte aus der Zeit Georgs III unterſagt werden. Obige Verſammlung ging übrigens, hitzige Reden abgerechnet, ganz ruhig vorüber, und die zahlreich anweſenden Specialconſtables fanden nichts zu thun. Ein- fallender heftiger Regenſchauer zerſtreute die Verſammelten. Char- tiſtenmeetings ſind auch in mehreren andern Städten des Landes ange- kündigt, ſo in Sheffield, Salford, Birmingham Hull, in welcher letztern Stadt ſie ihr Hauptquartier zu haben ſcheinen. Nach Bir- mingham ſind von London 200 Mann Fußvolk mit einigem Geſchütz abgegangen. — Im Londoner Hoftheater (her Majesty’s Theatre) ſoll demnächſt unter Sanction der Königin eine Vorſtellung zum Beſten der nothleidenden Handwerker der Hauptſtadt gegeben werden, von welcher man ſich reiche Einnahme verſpricht. Dieſer Gedanke Milde gegen die Leidenden und Strenge gegen die Unbotmäßigen Hand in Hand gehen zu laſſen, bemerkt das M. Chronicle, finde allgemei- nen Beifall. Dem M. Chronicle zufolge ſind der Herzog und die Herzogin v. Montpenſier ſchon am 9 März über Oſtende nach Deutſchland abge- reist, wahrſcheinlich um ihre am Rhein befindliche Schwägerin, die Herzogin von Orleans zu beſuchen, oder nach England abzuholen. Der Adelaide Obſerver meldet: „Die Neuſüdwales-Expedi- tion unter Hrn. Burnett hat den Boyne bis zum 24º 53' 50″ der Breite abwärts erforſcht, wo die Fluth ſtark einzuwirken begann, und die Erforſchungen nicht weiter mit Nutzen fortgeſetzt werden konnten. Jndeſſen war man der Küſte nahe genug gekommen um die Gewißheit erlangt zu haben daß der Boyne in die Hervey’s Bay ausmündet, wahr- ſcheinlich an der Stelle wo Flinders früher zwei ſeichte Ausläſſe be- merkte, die er nicht näher unterſuchte. Hr. Burnett zweifelt nicht daß der Boyne in weiter Ausdehnung für Segel- und Dampfſchiffe brauch- bar wird gefunden werden. Zunächſt wünſcht er nur daß ihn die Re- gierung beauftragen möge ſeine Forſchungen von der Seeſeite her zu vervollſtändigen.“ Frankreich. Paris, 15 März. Hr. Marraſt, jetzt Maire von Paris, hat die proviſoriſche Verwal- tung und die Liquidation der alten Civilliſte und der Privatdomäne abgegeben, und der ehemalige Deputirte von Paris, Hr. Vavin, iſt mit dieſem Dienſt beauftragt. Es wird bemerkt daß ſeine Verrichtungen unentgeltlich ſeyen. — Das Nationalanlehen macht nur langſame Fort- ſchritte, doch haben am Montag drei ſtarke Einzahlungen ſtattgefunden: Gabriel Odier und Comp. 1,117,800, Mathieu und Comp. 1,570,000 und Billaud 300,000 Fr. # Paris, 14 März. Wie das Vertrauen mit Rieſenſchritten verſchwindet, zeigt mehr als alles andere das enorme und ſtets fortwäh- rende Sinken der Bankactien. Die Rente zeigt gleichfalls fordauernde Neigung zum Fallen. Dieſem Beiſpiel folgen auch die Eiſenbahnactien. Die Clubs und das Feiern der Arbeiter flößen die meiſte Beſorgniß ein; jene beſtehen vorzüglich aus dieſen und wirken auch vorzugsweiſe auf ſie. Mit ihrer Hülfe werden auch die Wahlen zur Nationalverſammlung hier in dem Sinne durchgeſetzt werden den das Rundſchreiben des Hrn. Ledru-Rollin an die Regierungscommiſſäre in den Provinzen hat. Ge-

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 79, 19. März 1848, S. 1255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine79_1848/7>, abgerufen am 23.11.2024.