Allgemeine Zeitung, Nr. 82, 22. März 1848.[Spaltenumbruch] Häusern der revolutionirenden Befreier. "Das Landvolk hatte bisher Wie am Priesterstand die Vorbereitung, so muß vom Haupt der "Ein Papst wird kommen der sprechen So schrieb Niccolo Tommaseo vor dreizehn Jahren, und von dem Das Heerwesen Italiens. * * Der Zeitpunkt eines Krieges, dessen Hauptschauplatz Italien In Sardinien ist das militärische Element schon seit Jahren ein- Im Frieden übersteigt die Zahl der unter den Waffen stehenden Jede der Festungsbrigaden zerfällt in 6, jede der Handwerker- *) Vor einigen Wochen geschriebrn. R. d. A. Z.
[Spaltenumbruch] Häuſern der revolutionirenden Befreier. „Das Landvolk hatte bisher Wie am Prieſterſtand die Vorbereitung, ſo muß vom Haupt der „Ein Papſt wird kommen der ſprechen So ſchrieb Niccolo Tommaſéo vor dreizehn Jahren, und von dem Das Heerweſen Italiens. * * Der Zeitpunkt eines Krieges, deſſen Hauptſchauplatz Italien In Sardinien iſt das militäriſche Element ſchon ſeit Jahren ein- Im Frieden überſteigt die Zahl der unter den Waffen ſtehenden Jede der Feſtungsbrigaden zerfällt in 6, jede der Handwerker- *) Vor einigen Wochen geſchriebrn. R. d. A. Z.
<TEI> <text> <body> <div type="jSupplement" n="1"> <floatingText> <body> <div type="jFeuilleton" n="2"> <div type="jComment" n="3"> <p><pb facs="#f0013"/><cb/> Häuſern der revolutionirenden Befreier.</p> <cit> <quote>„Das Landvolk hatte bisher<lb/> an den ſocialen Umgeſtaltungen ſo geringen Antheil, weil mit dieſen<lb/> Umgeſtaltungen ſo großes Unglück verbunden war daß die Nichttheil-<lb/> nahme zugleich Verdienſt war und Lohn. Es iſt wahr die Landbewohner<lb/> litten mit unter den Folgen der Revolutionen, aber ſie erduldeten nicht<lb/> deren entſetzlichſte Qual, die Enttäuſchungen; ſie litten unter jeder Art<lb/> von Tyrannei, aber die Gewohnheit des Duldens, die Tröſtungen häus-<lb/> licher Liebe, die religiöſen Hoffnungen ließen ſie weniger die Dornen<lb/> dieſes Lebens empfinden, das uns durch Nichtsthun, Gleichgültigkeit,<lb/> Hochmuth, durch die Wiſſenſchaft ſelbſt ſo qualvoll gemacht wird. Sie<lb/> duldeten und ſie dulden mit dem Troſte etwas auf der Welt thun, etwas<lb/> verdienen zu können, nicht im thörichten Glauben Tyrannei ſey ein<lb/> unüberſteigliches Hinderniß auf dem Tugendpfade. Wenn aber die<lb/> Menſchen wiſſen werden worüber ſie zürnen und warum ſie kämpfen,<lb/> wenn verwegene Verſchwörungen dem feierlichen Eidſchwur der vor den<lb/> Altären verſammelten Menge Platz machen müſſen, wenn die Revolu-<lb/> tionen nicht nur umwälzen und zerſtören ſondern aufbauen und ein-<lb/> richten werden, wenn wenige nicht Prieſter, viele Opfer der befreienden<lb/> Politik ſeyn werden: dann wird der ausgewählteſte Theil des Volks ſich<lb/> erheben das Schickſal Italiens zu prophezeien, und mit Freuden werden<lb/> ſie das neue Wort empfangen und mit Liebe wie mit Blut werden ſie<lb/> es befruchten. Dann wird des Ackerbauers Stand edler ſeyn als die<lb/> übrigen, und dieſer Tag wird unfehlbare Vorbedeutung bringen und<lb/> den Anfang der neuen Zeit bezeichnen. Bevor dieß aber ſich ereignet<lb/> könnte neues Unglück, das furchtbarſte von allem, uns treffen: die An-<lb/> ſteckung des Beiſpiels und die Larve der Civiliſation, welche uns durch<lb/> den Hochmuth des Beſſerſeyns noch mehr verderbt, könnte ſich auf das<lb/> italieniſche Landvolk erſtrecken. Wenn die erleichterte Verbindung<lb/> zwiſchen Ort und Ort, wenn gewiſſe in die Dörfer gedrungene Lebens-<lb/> bequemlichkeiten, kurz wenn die materiellen Wirkungen der Cultur durch<lb/> Inſtitutionen und Erziehung ſo geregelt würden daß ſie die Leute klüger<lb/> und nicht begehrlicher machten: dann wäre es an der Zeit dieſe Civili-<lb/> ſation, die wir heute langſam und wie hinterliſtig lauernd auf dem<lb/> Lande umherſchleichen ſehen, auf einmal mit Blitzesſchnelle zu ver-<lb/> breiten. Der Theil des Volks aber welcher am mächtigſten iſt durch<lb/> Kraft des Arms und Standhaftigkeit der Geſinnung wird jeden Frei-<lb/> heitsruf mit nur ſchwacher Stimme beantworten, wenn der Prieſter-<lb/> ſtand ſie nicht aufruft zur Freiheit. Von den meiſten Freiheitshelden<lb/> aber wird der Prieſterſtand nicht geachtet, nicht eines Blicks gewürdigt.“</quote> </cit><lb/> <p>Wie am Prieſterſtand die Vorbereitung, ſo muß vom Haupt der<lb/> Kirche die Loſung ausgehen.</p> <cit> <quote>„Ein Papſt wird kommen der ſprechen<lb/> wird: zu ſegnen bin ich berufen, den Segen kann ich nicht hindern.<lb/> Wie eine Löwin wird das Volk erſtehen, es wird ſich erheben wie ein<lb/> Löwe. Stärker denn irgendeine Waffe würde die Stimme eines Papſtes<lb/> ſeyn der das Bewußtſeyn hätte der eignen Kraft. Und mehr denn<lb/> hundert Schlachten würden die Worte gelten die er mit der Empfindung<lb/> der Liebe ſpräche: wollet nicht, ich bitte euch meine Brüder, wollet nicht<lb/> übel thun! Und auf daß der Päpſte Stimme Kraft erlange braucht<lb/> Eines nur wahr zu werden: ſie haben nur ihre Pflicht zu erkennen und<lb/> das Evangelium zu verſtehen und die Worte ihrer eignen Vorgänger.<lb/> Von Italien ging die Größe und Weltmacht der chriſtlichen Idee aus:<lb/> von Italien wird, ſo hoffe ich, das Beiſpiel des neuen chriſtlichen<lb/> Prieſterthums kommen. Wer den katholiſchen Glauben zerſtören wollte,<lb/> deſſen Centrum Italien iſt, wäre ein Feind des Vaterlands.“</quote> </cit><lb/> <p>So ſchrieb Niccolo Tommaſéo vor dreizehn Jahren, und von dem<lb/> was er geahnt iſt manches eingetroffen, und anderes wird eintreffen<lb/> wenn die italieniſche Nation ſich ihrer Aufgabe bewußt bleibt und klarer<lb/> bewußt wird; wenn ſie den legalen Weg nicht verläßt; wenn ſie fremden<lb/> Mächten die Anerkennung der Rechte nicht verſagt auf welche ſie ſelbſt<lb/> Anſpruch macht; wenn ſie endlich ſich frei erhält von der leidigen Nach-<lb/> ahmungsſucht franzöſiſcher Dinge, wohl bedenkend wie die Franzoſen<lb/> von jeher die unabhängige und nationale Entwicklung Italiens ge-<lb/> hemmt haben, Valois wie Anjou, Republik wie Napoleon.</p> </div> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Das Heerweſen Italiens.</hi> </hi> </head><lb/> <p>* * Der Zeitpunkt eines Krieges, deſſen Hauptſchauplatz Italien<lb/> ſeyn wird, ſcheint nicht fern zu ſeyn; <note place="foot" n="*)">Vor einigen Wochen geſchriebrn. <hi rendition="#et">R. d. A. Z.</hi></note> dafür zeugen ſowohl die<lb/> mächtigen Rüſtungen Oeſterreichs als auch die Sorgfalt welche die<lb/><cb/> übrigen italieniſchen Staaten ihrer Militärmacht zuwenden. Oeſter-<lb/> reich, das ſich wohl bewußt iſt daß bei einem bevorſtehenden Kampfe<lb/> der Beſitz Oberitaliens derjenigen Macht verbleiben wird die im<lb/> Stande iſt die Initiative zu ergreifen, und früher als die übrigen<lb/> Staaten mit einer den Berhältniſſen angemeſſenen Macht auf dem<lb/> Kampfplatze zu erſcheinen, hat deßhalb Vorſorge getroffen und das<lb/> lombardiſch-venezianiſche Königreich mit einer Truppenmacht beſetzt<lb/> die es ſchwer machen wird ihm den dadurch gewonnenen Vortheil<lb/> wieder zu entreißen. Zwar auch Sardinien, dieſes den Intereſſen<lb/> Oeſterreichs in Italien ſtets entgegenwirkende Reich, das in Italien<lb/> die Stelle von Preußen in Deutſchland einnehmen möchte, hat ſeine Trup-<lb/> pen auf den Kriegsfuß geſetzt, und es iſt nicht zu läugnen daß ſein<lb/> Heer das durch ſorgfältige Bildung und Leitung jeder andern euro-<lb/> päiſchen Armee an die Seite geſetzt werden darf, in die Wagſchale<lb/> des Kriegs ein bedeutendes Gewicht legt; allein es fragt ſich ob die<lb/> Geſammtſtreitkräfte der die Bahn des Fortſchritts theils mit, theils ge-<lb/> gen den eigenen Willen der Herrſcher betretenden Völker Italiens<lb/> denjenigen der öſterreichiſchen Monarchie in Italien die Spitze bieten<lb/> können; deßhalb laſſen wir hier eine Aufzählung der Militärmacht<lb/> der verſchiedenen Staaten folgen. Wir ſehen dabei — dieß ſey uns noch<lb/> vorauszuſchicken erlaubt — von aller Theilnahme des Volks in Maſſe,<lb/> dem Volksenthuſtasmus, der Begeiſterung des Ganzen für das freie<lb/> Italien, die freie Conſtitution u. ſ. w. ab; denn daß dieſe Begeiſte-<lb/> rung nicht vor dem Feinde Stich hält, dafür haben uns die Beiſpiele<lb/> des Jahrs 1821 in Neapel gonügende Beweiſe gegeben. Nur allein<lb/> Oberitalien möchte in dieſer Beziehung eine ehrenvolle Ausnahme<lb/> machen. Gehen wir nun zu Aufzählung der militäriſchen Streitkräfte<lb/> ſelbſt über.</p><lb/> <p>In Sardinien iſt das militäriſche Element ſchon ſeit Jahren ein-<lb/> gebürgert. Der König, Karl Albert, ſelbſt durch und durch Soldat,<lb/> und von der Wichtigkeit einer gut disciplinirten und gehörig ausge-<lb/> bildeten Armee aufs innigſte überzeugt, hat aus Sardinien, ähnlich<lb/> Preußen, jedoch mit den nöthigen Unterſchieden, einen vollſtändigen<lb/> Militärſtaat geſchaffen. Er ſelbſt überwacht die Ausbildung der<lb/> Truppen vom geringſten Detail bis zur vollſtändigen Ausbildung der<lb/> Heerführer, und ſo konnte es wohl nicht fehlen daß in Piemont im<lb/> Laufe der Zeit eine Armee entſtanden iſt die, was kriegeriſche Uebung<lb/> und Leitung betrifft, zu den ausgezeichnetſten Europa’s gerechnet wer-<lb/> den darf. (Wir verweiſen darüber auf die „Mittheilungen einer Reiſe<lb/> durch Deutſchland und Sardinien bis Genua,“ von dem berühmten<lb/> preußiſchen Artilleriegeneral und Militärſchrifrſteller C. v. <hi rendition="#g">Decker.</hi>)<lb/> Namentlich ſoll die Artillerie, ſowohl was das Perſonelle als das<lb/> Materielle betrifft, in einem ausgezeichneten Zuſtande ſich befinden.</p><lb/> <p>Im Frieden überſteigt die Zahl der unter den Waffen ſtehenden<lb/> Mannſchaft nie 30,000 Mann, ſie kann aber ſchon in der kurzen<lb/> Friſt von vierzig Tagen auf den vollſtändigen Feldfuß geſetzt werden.<lb/> Die <hi rendition="#g">Infanterie</hi> beſteht aus: 1 Garde-Grenadierregiment mit 3<lb/> Feld- und 1 Depotbataillone zu 6 Compagnien; 1 Jägerregiment<lb/> mit 2 Feld- und 1 Depotbataillon; 18 Linienregimentern mit 2<lb/> Feld- und 1 Depotbataillon, im Kriege mit 3 Feldbataillons; 1<lb/> Regiment Freiſchützen zu 9 Compagnien, und 1 Regiment Gebirgs-<lb/> ſchützen <hi rendition="#aq">(bersaglieri)</hi> die, ausſchließlich zum Gebirgskriege beſtimmt,<lb/> für denſelben ſehr zweckmäßig ausgerüſtet werden, und einen großen<lb/> Theil des Jahres ihre Uebungen im Gebirge anſtellen. Die Geſammt-<lb/> ſtärke der Infanterie beträgt im Frieden 25,000 Mann, auf dem Kriegs-<lb/> fuß wird ihre Zahl durch Einberufungen auf 63,000 M. gebracht. Die<lb/><hi rendition="#g">Reiterei</hi> zerſällt in 7 Liniencavallerieregimenter, von welchen eines auf<lb/> der Inſel Sardinien ſtationirt iſt, und deren Stärke im Frieden 5220,<lb/> im Feld 6000 Pferde beträgt. Die <hi rendition="#g">Artillerie</hi> hat eine der preu-<lb/> ßiſchen ganz ähnliche Einrichtung. Sie zerfällt in Brigaden. Das<lb/> Material iſt ausgezeichnet und ebenſo zweckmäßig die Inſtruction der<lb/> Mannſchaft. Sie wird in 4 Feld- und 2 Feſtungs- und 2 Hand-<lb/> werkerbrigaden eingetheilt. Die 4 Feldbrigaden beſtehen aus 12<lb/> Compagnien, von denen die erſte Brigade 2 reitende und 1 Fußbatterie,<lb/> die vierte Brigade 2 Poſitions- und 1 Fußbatterie, die 2 übrigen 3 Fuß-<lb/> batterien enthalten. Die reitenden und Fußbatterien führen ſechs 8-<lb/> Pfünder und zwei 7- oder 5- pfündige Haubitzen, die Poſitionsbar-<lb/> terien ſechs 12-Pfünder.</p><lb/> <p>Jede der Feſtungsbrigaden zerfällt in 6, jede der Handwerker-<lb/> brigaden in 4 Compagnien. Außerdem beſitzt Piemont noch in den<lb/> feſten Plätzen wie Genua, Feneſtrelles ꝛc. 4 Gebirgsbatterien deren<lb/></p> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [0013]
Häuſern der revolutionirenden Befreier.
„Das Landvolk hatte bisher
an den ſocialen Umgeſtaltungen ſo geringen Antheil, weil mit dieſen
Umgeſtaltungen ſo großes Unglück verbunden war daß die Nichttheil-
nahme zugleich Verdienſt war und Lohn. Es iſt wahr die Landbewohner
litten mit unter den Folgen der Revolutionen, aber ſie erduldeten nicht
deren entſetzlichſte Qual, die Enttäuſchungen; ſie litten unter jeder Art
von Tyrannei, aber die Gewohnheit des Duldens, die Tröſtungen häus-
licher Liebe, die religiöſen Hoffnungen ließen ſie weniger die Dornen
dieſes Lebens empfinden, das uns durch Nichtsthun, Gleichgültigkeit,
Hochmuth, durch die Wiſſenſchaft ſelbſt ſo qualvoll gemacht wird. Sie
duldeten und ſie dulden mit dem Troſte etwas auf der Welt thun, etwas
verdienen zu können, nicht im thörichten Glauben Tyrannei ſey ein
unüberſteigliches Hinderniß auf dem Tugendpfade. Wenn aber die
Menſchen wiſſen werden worüber ſie zürnen und warum ſie kämpfen,
wenn verwegene Verſchwörungen dem feierlichen Eidſchwur der vor den
Altären verſammelten Menge Platz machen müſſen, wenn die Revolu-
tionen nicht nur umwälzen und zerſtören ſondern aufbauen und ein-
richten werden, wenn wenige nicht Prieſter, viele Opfer der befreienden
Politik ſeyn werden: dann wird der ausgewählteſte Theil des Volks ſich
erheben das Schickſal Italiens zu prophezeien, und mit Freuden werden
ſie das neue Wort empfangen und mit Liebe wie mit Blut werden ſie
es befruchten. Dann wird des Ackerbauers Stand edler ſeyn als die
übrigen, und dieſer Tag wird unfehlbare Vorbedeutung bringen und
den Anfang der neuen Zeit bezeichnen. Bevor dieß aber ſich ereignet
könnte neues Unglück, das furchtbarſte von allem, uns treffen: die An-
ſteckung des Beiſpiels und die Larve der Civiliſation, welche uns durch
den Hochmuth des Beſſerſeyns noch mehr verderbt, könnte ſich auf das
italieniſche Landvolk erſtrecken. Wenn die erleichterte Verbindung
zwiſchen Ort und Ort, wenn gewiſſe in die Dörfer gedrungene Lebens-
bequemlichkeiten, kurz wenn die materiellen Wirkungen der Cultur durch
Inſtitutionen und Erziehung ſo geregelt würden daß ſie die Leute klüger
und nicht begehrlicher machten: dann wäre es an der Zeit dieſe Civili-
ſation, die wir heute langſam und wie hinterliſtig lauernd auf dem
Lande umherſchleichen ſehen, auf einmal mit Blitzesſchnelle zu ver-
breiten. Der Theil des Volks aber welcher am mächtigſten iſt durch
Kraft des Arms und Standhaftigkeit der Geſinnung wird jeden Frei-
heitsruf mit nur ſchwacher Stimme beantworten, wenn der Prieſter-
ſtand ſie nicht aufruft zur Freiheit. Von den meiſten Freiheitshelden
aber wird der Prieſterſtand nicht geachtet, nicht eines Blicks gewürdigt.“
Wie am Prieſterſtand die Vorbereitung, ſo muß vom Haupt der
Kirche die Loſung ausgehen.
„Ein Papſt wird kommen der ſprechen
wird: zu ſegnen bin ich berufen, den Segen kann ich nicht hindern.
Wie eine Löwin wird das Volk erſtehen, es wird ſich erheben wie ein
Löwe. Stärker denn irgendeine Waffe würde die Stimme eines Papſtes
ſeyn der das Bewußtſeyn hätte der eignen Kraft. Und mehr denn
hundert Schlachten würden die Worte gelten die er mit der Empfindung
der Liebe ſpräche: wollet nicht, ich bitte euch meine Brüder, wollet nicht
übel thun! Und auf daß der Päpſte Stimme Kraft erlange braucht
Eines nur wahr zu werden: ſie haben nur ihre Pflicht zu erkennen und
das Evangelium zu verſtehen und die Worte ihrer eignen Vorgänger.
Von Italien ging die Größe und Weltmacht der chriſtlichen Idee aus:
von Italien wird, ſo hoffe ich, das Beiſpiel des neuen chriſtlichen
Prieſterthums kommen. Wer den katholiſchen Glauben zerſtören wollte,
deſſen Centrum Italien iſt, wäre ein Feind des Vaterlands.“
So ſchrieb Niccolo Tommaſéo vor dreizehn Jahren, und von dem
was er geahnt iſt manches eingetroffen, und anderes wird eintreffen
wenn die italieniſche Nation ſich ihrer Aufgabe bewußt bleibt und klarer
bewußt wird; wenn ſie den legalen Weg nicht verläßt; wenn ſie fremden
Mächten die Anerkennung der Rechte nicht verſagt auf welche ſie ſelbſt
Anſpruch macht; wenn ſie endlich ſich frei erhält von der leidigen Nach-
ahmungsſucht franzöſiſcher Dinge, wohl bedenkend wie die Franzoſen
von jeher die unabhängige und nationale Entwicklung Italiens ge-
hemmt haben, Valois wie Anjou, Republik wie Napoleon.
Das Heerweſen Italiens.
* * Der Zeitpunkt eines Krieges, deſſen Hauptſchauplatz Italien
ſeyn wird, ſcheint nicht fern zu ſeyn; *) dafür zeugen ſowohl die
mächtigen Rüſtungen Oeſterreichs als auch die Sorgfalt welche die
übrigen italieniſchen Staaten ihrer Militärmacht zuwenden. Oeſter-
reich, das ſich wohl bewußt iſt daß bei einem bevorſtehenden Kampfe
der Beſitz Oberitaliens derjenigen Macht verbleiben wird die im
Stande iſt die Initiative zu ergreifen, und früher als die übrigen
Staaten mit einer den Berhältniſſen angemeſſenen Macht auf dem
Kampfplatze zu erſcheinen, hat deßhalb Vorſorge getroffen und das
lombardiſch-venezianiſche Königreich mit einer Truppenmacht beſetzt
die es ſchwer machen wird ihm den dadurch gewonnenen Vortheil
wieder zu entreißen. Zwar auch Sardinien, dieſes den Intereſſen
Oeſterreichs in Italien ſtets entgegenwirkende Reich, das in Italien
die Stelle von Preußen in Deutſchland einnehmen möchte, hat ſeine Trup-
pen auf den Kriegsfuß geſetzt, und es iſt nicht zu läugnen daß ſein
Heer das durch ſorgfältige Bildung und Leitung jeder andern euro-
päiſchen Armee an die Seite geſetzt werden darf, in die Wagſchale
des Kriegs ein bedeutendes Gewicht legt; allein es fragt ſich ob die
Geſammtſtreitkräfte der die Bahn des Fortſchritts theils mit, theils ge-
gen den eigenen Willen der Herrſcher betretenden Völker Italiens
denjenigen der öſterreichiſchen Monarchie in Italien die Spitze bieten
können; deßhalb laſſen wir hier eine Aufzählung der Militärmacht
der verſchiedenen Staaten folgen. Wir ſehen dabei — dieß ſey uns noch
vorauszuſchicken erlaubt — von aller Theilnahme des Volks in Maſſe,
dem Volksenthuſtasmus, der Begeiſterung des Ganzen für das freie
Italien, die freie Conſtitution u. ſ. w. ab; denn daß dieſe Begeiſte-
rung nicht vor dem Feinde Stich hält, dafür haben uns die Beiſpiele
des Jahrs 1821 in Neapel gonügende Beweiſe gegeben. Nur allein
Oberitalien möchte in dieſer Beziehung eine ehrenvolle Ausnahme
machen. Gehen wir nun zu Aufzählung der militäriſchen Streitkräfte
ſelbſt über.
In Sardinien iſt das militäriſche Element ſchon ſeit Jahren ein-
gebürgert. Der König, Karl Albert, ſelbſt durch und durch Soldat,
und von der Wichtigkeit einer gut disciplinirten und gehörig ausge-
bildeten Armee aufs innigſte überzeugt, hat aus Sardinien, ähnlich
Preußen, jedoch mit den nöthigen Unterſchieden, einen vollſtändigen
Militärſtaat geſchaffen. Er ſelbſt überwacht die Ausbildung der
Truppen vom geringſten Detail bis zur vollſtändigen Ausbildung der
Heerführer, und ſo konnte es wohl nicht fehlen daß in Piemont im
Laufe der Zeit eine Armee entſtanden iſt die, was kriegeriſche Uebung
und Leitung betrifft, zu den ausgezeichnetſten Europa’s gerechnet wer-
den darf. (Wir verweiſen darüber auf die „Mittheilungen einer Reiſe
durch Deutſchland und Sardinien bis Genua,“ von dem berühmten
preußiſchen Artilleriegeneral und Militärſchrifrſteller C. v. Decker.)
Namentlich ſoll die Artillerie, ſowohl was das Perſonelle als das
Materielle betrifft, in einem ausgezeichneten Zuſtande ſich befinden.
Im Frieden überſteigt die Zahl der unter den Waffen ſtehenden
Mannſchaft nie 30,000 Mann, ſie kann aber ſchon in der kurzen
Friſt von vierzig Tagen auf den vollſtändigen Feldfuß geſetzt werden.
Die Infanterie beſteht aus: 1 Garde-Grenadierregiment mit 3
Feld- und 1 Depotbataillone zu 6 Compagnien; 1 Jägerregiment
mit 2 Feld- und 1 Depotbataillon; 18 Linienregimentern mit 2
Feld- und 1 Depotbataillon, im Kriege mit 3 Feldbataillons; 1
Regiment Freiſchützen zu 9 Compagnien, und 1 Regiment Gebirgs-
ſchützen (bersaglieri) die, ausſchließlich zum Gebirgskriege beſtimmt,
für denſelben ſehr zweckmäßig ausgerüſtet werden, und einen großen
Theil des Jahres ihre Uebungen im Gebirge anſtellen. Die Geſammt-
ſtärke der Infanterie beträgt im Frieden 25,000 Mann, auf dem Kriegs-
fuß wird ihre Zahl durch Einberufungen auf 63,000 M. gebracht. Die
Reiterei zerſällt in 7 Liniencavallerieregimenter, von welchen eines auf
der Inſel Sardinien ſtationirt iſt, und deren Stärke im Frieden 5220,
im Feld 6000 Pferde beträgt. Die Artillerie hat eine der preu-
ßiſchen ganz ähnliche Einrichtung. Sie zerfällt in Brigaden. Das
Material iſt ausgezeichnet und ebenſo zweckmäßig die Inſtruction der
Mannſchaft. Sie wird in 4 Feld- und 2 Feſtungs- und 2 Hand-
werkerbrigaden eingetheilt. Die 4 Feldbrigaden beſtehen aus 12
Compagnien, von denen die erſte Brigade 2 reitende und 1 Fußbatterie,
die vierte Brigade 2 Poſitions- und 1 Fußbatterie, die 2 übrigen 3 Fuß-
batterien enthalten. Die reitenden und Fußbatterien führen ſechs 8-
Pfünder und zwei 7- oder 5- pfündige Haubitzen, die Poſitionsbar-
terien ſechs 12-Pfünder.
Jede der Feſtungsbrigaden zerfällt in 6, jede der Handwerker-
brigaden in 4 Compagnien. Außerdem beſitzt Piemont noch in den
feſten Plätzen wie Genua, Feneſtrelles ꝛc. 4 Gebirgsbatterien deren
*) Vor einigen Wochen geſchriebrn. R. d. A. Z.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |