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Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 77. Berlin, 29. Juni 1741.

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[Beginn Spaltensatz] blieben ist, die Trauer angelegt. Vor etlichen Ta-
gen erhielten Se. Eminentz der Herr Cardinal von
Fleury 3 Curiers von dem Marschall von Belle=Jsle,
und zwar so geschwinde hinter einander, daß Die-
selben die Briefschafften des erstern noch nicht gelesen
hatten, als der zweyte schon eintraf, und daß Sie
eben die Briefe des zweyten aufbrechen wollten, als
der dritte schon anlangete. Ob sich gleich Se. Kö-
nigliche Majestät noch nicht erkläret haben, wohin
Dero Truppen marschieren werden; so sagt man
doch, daß die Armeen 4 Lager formiren möch-
ten, nehmlich eins bey Dünkercken, um auf die Be-
wegungen der Engelländer Achtung zu geben, eins
an der Maas, eins an der Mosel, und eins im
Bischoffthum Speyer.

Haag, vom 23. Junii.

Es wird sich nunmehro bald zeigen, mit was vor
Augen der Französische Hof den glücklichen Fortgang
der Englischen Waffen in America ansiehet. Die
bisherige scheinbare Kaltsinnigkeit zwischen den bey-
den Haupt=Linien des Hauses Bourbon dürffte sich
nächstens in eine starcke und öffentliche Vereinigung
verwandeln Das Jnteresse von Franckreich hat in
die jetzigen Americanischen und Europäischen Ange-
legenheiten einen viel zu starcken Einfluß, als daß die-
se Crone einen müßigen Zuschauer dabey abgeben
könte. Die wachsende Macht der Engelländer in
America, die Pragmatische Sanction, und die be-
vorstehende Absendung eines beträchtlichen Corps
Englischer Truppen nach Flandern, sind lauter solche
Dinge, welche die friedfertigen Gedancken des weisen
Cardinals von Fleury unterbrechen werden. Der
hier befindliche Französische Ambassadeur, Marquis
von Fenelon, erklärte sich zwar letztens in einer mit
den Deputirten des Staats gehaltenen Conferentz,
daß die Vermehrung der Truppen seines Königs
bloß die Sicherheit Seiner eigenen Lande zum Grun-
de habe; allein, da sich selbige höher erstreckt, als
man dem Publico vorzubilden sucht, und da sie, be-
sondern Briefen aus Paris zu folge, fünf und funfzig
bis sechszig tausend Mann beträgt: so ist leicht zu
urtheilen, daß hierunter wichtige Absichten verborgen
liegen. Wozu noch ferner kömmt, daß die jüngsten
Nachrichten von erwehntem Paris melden, der gröste
Theil von den Haus=Truppen des Königs sey schon
bordert, die Equipagen anzuschaffen, und sich zum
Marsch bereit zu halten. Ja es verlautet so gar,
[Spaltenumbruch] der Hof zu Versailles habe den 25sten des gegen-
wärtigen Monaths zum Aufbruch einiger Bataillons,
und Escadrons, bestimmet, wovon uns die Zeit ehe-
stens eine deutlichere Erklärung geben möchte. Die
neuen Festungs= Wercke zu Dünkercken sollen, wie
man mit Briefen von der Französischen Gräntze ver-
nimmt, nur in 4 Batterien bestehen, 3 zu 6 und
die 4te zu 9 Canonen, welches zusammen 27
Canonen ausmacht. Doch die Franzosen haben die
Kunst gelernet, bey gewissen Umständen, und aus ge-
wissen Ursachen, große Dinge als klein, und kleine
Dinge als groß, vorzustellen.

Livorno, vom 6. Junii.

Einige Briefe aus Corsica melden, es habe sich da-
selbst der Ruf ausgebreitet, daß ehestens ein Corps
Spanischer Truppen, 7000 Mann starck, von besag-
ter Jnsul Besitz nehmen solle, und daß diese Trup-
pen auf der Jnsul Majorca schon zu Schiffe gebracht
wären. Den jüngsten Nachrichten von Toulon zu
folge, wurden allda in größter Eil viele Kriegs=Schif-
fe ausgerüstet; weil der Französische Hof geson-
nen sey, das Raub=Nest Tunis bombardiren zu
lassen.

Genua, vom 6. Junii.

Der Marquis Stephanus von Mari, ernennter
Ambassadeur des Königs von Spanien an die Re-
publick Venedig, hat nunmehro seine letzten Verhal-
tungs Befehle von Madrit empfangen, und wird ehe-
stens von hier abreisen. Er ist befehliget, dem Se-
nat zu Venedig die Erklärung zu thun, das Se. Ca-
tholische Maj. mit der Durchl. Republick ferner in
gutem Vernehmen leben wollten, und daß Sie hoff-
ten, besagte Republick werde bey den künftigen Con-
juncturen in Jtalien eine genaue Neutralität beobach-
ten.

Florenz, vom 5. Junii.

Die jetzigen Umstände, da man nehmlich ehestens
einen Krieg in Jtalien befürchten muß, haben den
Groß Hertzog von Toscana auf die Entschliessung ge-
bracht, die kostbarsten Meublen, Silber=Geschirre,
und andere Effecten, aus dem Pallast Pitti nach
Wien in Sicherheit schaffen zu lassen. Sie werden
wircklich schon eingepackt, und sollen in kurtzem von
hier nach Livorno, und von dort über Trieste nach er-
wehntem Wien abgehen. Dieses ist ein Zeichen, daß
unser Groß=Hertzog so bald nicht wieder anhero kom-
men möchte.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] blieben ist, die Trauer angelegt. Vor etlichen Ta-
gen erhielten Se. Eminentz der Herr Cardinal von
Fleury 3 Curiers von dem Marschall von Belle=Jsle,
und zwar so geschwinde hinter einander, daß Die-
selben die Briefschafften des erstern noch nicht gelesen
hatten, als der zweyte schon eintraf, und daß Sie
eben die Briefe des zweyten aufbrechen wollten, als
der dritte schon anlangete. Ob sich gleich Se. Kö-
nigliche Majestät noch nicht erkläret haben, wohin
Dero Truppen marschieren werden; so sagt man
doch, daß die Armeen 4 Lager formiren möch-
ten, nehmlich eins bey Dünkercken, um auf die Be-
wegungen der Engelländer Achtung zu geben, eins
an der Maas, eins an der Mosel, und eins im
Bischoffthum Speyer.

Haag, vom 23. Junii.

Es wird sich nunmehro bald zeigen, mit was vor
Augen der Französische Hof den glücklichen Fortgang
der Englischen Waffen in America ansiehet. Die
bisherige scheinbare Kaltsinnigkeit zwischen den bey-
den Haupt=Linien des Hauses Bourbon dürffte sich
nächstens in eine starcke und öffentliche Vereinigung
verwandeln Das Jnteresse von Franckreich hat in
die jetzigen Americanischen und Europäischen Ange-
legenheiten einen viel zu starcken Einfluß, als daß die-
se Crone einen müßigen Zuschauer dabey abgeben
könte. Die wachsende Macht der Engelländer in
America, die Pragmatische Sanction, und die be-
vorstehende Absendung eines beträchtlichen Corps
Englischer Truppen nach Flandern, sind lauter solche
Dinge, welche die friedfertigen Gedancken des weisen
Cardinals von Fleury unterbrechen werden. Der
hier befindliche Französische Ambassadeur, Marquis
von Fenelon, erklärte sich zwar letztens in einer mit
den Deputirten des Staats gehaltenen Conferentz,
daß die Vermehrung der Truppen seines Königs
bloß die Sicherheit Seiner eigenen Lande zum Grun-
de habe; allein, da sich selbige höher erstreckt, als
man dem Publico vorzubilden sucht, und da sie, be-
sondern Briefen aus Paris zu folge, fünf und funfzig
bis sechszig tausend Mann beträgt: so ist leicht zu
urtheilen, daß hierunter wichtige Absichten verborgen
liegen. Wozu noch ferner kömmt, daß die jüngsten
Nachrichten von erwehntem Paris melden, der gröste
Theil von den Haus=Truppen des Königs sey schon
bordert, die Equipagen anzuschaffen, und sich zum
Marsch bereit zu halten. Ja es verlautet so gar,
[Spaltenumbruch] der Hof zu Versailles habe den 25sten des gegen-
wärtigen Monaths zum Aufbruch einiger Bataillons,
und Escadrons, bestimmet, wovon uns die Zeit ehe-
stens eine deutlichere Erklärung geben möchte. Die
neuen Festungs= Wercke zu Dünkercken sollen, wie
man mit Briefen von der Französischen Gräntze ver-
nimmt, nur in 4 Batterien bestehen, 3 zu 6 und
die 4te zu 9 Canonen, welches zusammen 27
Canonen ausmacht. Doch die Franzosen haben die
Kunst gelernet, bey gewissen Umständen, und aus ge-
wissen Ursachen, große Dinge als klein, und kleine
Dinge als groß, vorzustellen.

Livorno, vom 6. Junii.

Einige Briefe aus Corsica melden, es habe sich da-
selbst der Ruf ausgebreitet, daß ehestens ein Corps
Spanischer Truppen, 7000 Mann starck, von besag-
ter Jnsul Besitz nehmen solle, und daß diese Trup-
pen auf der Jnsul Majorca schon zu Schiffe gebracht
wären. Den jüngsten Nachrichten von Toulon zu
folge, wurden allda in größter Eil viele Kriegs=Schif-
fe ausgerüstet; weil der Französische Hof geson-
nen sey, das Raub=Nest Tunis bombardiren zu
lassen.

Genua, vom 6. Junii.

Der Marquis Stephanus von Mari, ernennter
Ambassadeur des Königs von Spanien an die Re-
publick Venedig, hat nunmehro seine letzten Verhal-
tungs Befehle von Madrit empfangen, und wird ehe-
stens von hier abreisen. Er ist befehliget, dem Se-
nat zu Venedig die Erklärung zu thun, das Se. Ca-
tholische Maj. mit der Durchl. Republick ferner in
gutem Vernehmen leben wollten, und daß Sie hoff-
ten, besagte Republick werde bey den künftigen Con-
juncturen in Jtalien eine genaue Neutralität beobach-
ten.

Florenz, vom 5. Junii.

Die jetzigen Umstände, da man nehmlich ehestens
einen Krieg in Jtalien befürchten muß, haben den
Groß Hertzog von Toscana auf die Entschliessung ge-
bracht, die kostbarsten Meublen, Silber=Geschirre,
und andere Effecten, aus dem Pallast Pitti nach
Wien in Sicherheit schaffen zu lassen. Sie werden
wircklich schon eingepackt, und sollen in kurtzem von
hier nach Livorno, und von dort über Trieste nach er-
wehntem Wien abgehen. Dieses ist ein Zeichen, daß
unser Groß=Hertzog so bald nicht wieder anhero kom-
men möchte.

[Ende Spaltensatz]
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Zitationshilfe: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 77. Berlin, 29. Juni 1741, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_berlin077_1741/2>, abgerufen am 23.11.2024.